Der Opportunist, der Opportunist, der weiß immer, was besser für ihn ist

Auch eine kulturelle Vereinnahmung: Jetzt wollen alle Teil der Alternativen Medien sein

von Gaia Louise Vonhof (Kommentare: 7)

Dreht sich der Wind? Fast könnte man es meinen, wenn man die Berichterstattungen in den letzten Tagen aufmerksam verfolgt hat. Oder drehen sich nur die Fähnchen der einst regierungstreuen Medien?© Quelle: Youtube / tagesschau / Achtung Reichelt / Pixabay / dehaasbe

Lauterbach bei Maischberger auf dem heißen Stuhl, Springer-Presse deckt Gates-Verschwörung auf und Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt mimt den Don Krawallo der Alternativen Medien. Sind die Wahrheitsleugner aus dem Tiefschlaf erwacht – oder verlassen sie nur kurz vor dem Wut-Winter-Vulkanausbruch das sinkende Schiff?

Schon in 2021 war Karl Lauterbach mit vierzig Auftritten der nerdige König des Regierungsfernsehens in diversen Polittalkshows. Nur zum Vergleich: Auf Platz zwei hinter dem Gesundheitsminister folgt der Sylt-Hochzeitswagen mit  Christian Lindner schon weit abgeschlagen mit gerade einmal 14 Auftritten.

Allein in den ersten 4 Monaten dieses Jahres war Lauterbach mit acht Talkshow-Auftritten erneut Spitzenreiter (dieses Mal gefolgt von Habeck).

Gäbe es ein Gesamtpaket der medialen Dauerpräsenz, dann müsste das Twitter-Gewitter des Bundesgesundheitsministers eingerechnet werden.

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Lauterbachs Tweets kommen oft zu später Stunde und sie sind noch viel öfter missverständlich. Weiß der Sozialdemokrat Lauterbach eigentlich, dass er hier zumindest quantitativ in der Tradition des mittlerweile gelöschten Donald Trump steht?

Lauterbachs Twitterei fällt auf und dann passiert es: Ausgerechnet bei Maischberger, aus der Mitte des gefühlt sicheren, gemeinsamen Lagers heraus, befragte die Moderatorin ihren Dauergast diese Woche zu dessen nächtlichen Twittereien: „Beschäftigen sie sich nachts jetzt einmal mit anderen Dingen?“

Aber das war nur der Schlussakkord einer öffentlich-rechtlichen Sendung, in der Lauterbach den Spiegel vorgehalten bekam, nicht nur in Bezug auf die oftmalige Unlogik seiner Aussagen, sondern auch bezogen auf seine Corona-Maßnahmen.

Als Lauterbach sich – konfrontiert mit dem maskenfreien Oktoberfest bei gleichzeitiger Maskenpflicht in der Bahn – herausreden will, dass es im Herbst wieder hohe Inzidenzen gibt, lässt Maischberger ihn nicht von der Angel, hakt überraschenderweise nach:

„Das Oktoberfest und die Bahn sind zeitgleich. Warum soll ich in der Bahn eine Maske tragen, aber beim Oktoberfest nicht?“

Immerhin fällt Lauterbach noch irgendwas ein, wo anderen nichts mehr einfällt. Aber das ist so, wenn Logik und gesunder Menschenverstand den eigenen Zielen schon so lange im Wege stehen:

„Zum Oktoberfest gehen die Leute freiwillig, mit der Bahn müssen sie oft (zur Arbeit) fahren.“

Maischberger lässt es dieses Mal aber nicht unwidersprochen im Raum stehen: „Kann das denn der Standard sein, dass Deutschland das schärfste Infektionsschutzgesetz in ganz Europa hat?“ quält sie den zappelig werdenden Minister weiter.

Und die Moderatorin stellt weitere unangenehme Fragen, wie zum Beispiel: Warum er ein Gesetz formulieren würde, das jeder für sich nach Bedarf auslegen könne. Oder wieso er mit einer Pflicht-Quarantäne für Menschen ohne Symptome eine Belastung der Grundversorgung riskiere.  

Lauterbach lernt gerade kritisches und konfrontatives Nachfragen bei den Öffentlich-Rechtlichen kennen, also den Einsatz schlichten journalistischen Handwerkszeugs. Eine Premiere.

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Neu auch, dass die Mainstream-Presse überhaupt über das berichtet, was seit Jahren als Verschwörungstheorie von der mainstream-medialen Bildfläche wegdiffamiert und ignoriert wird.

Jetzt steht es auf einmal schwarz auf weiß in der Welt, was bis vor Kurzem so unsagbar zu sein schien, dass es einfach nicht zur Sprache kam: Bill Gates ist nicht mehr nur der Philanthrop und Wohltäter, sondern:

„Wichtige Entscheidungen trafen nicht die Staatschefs und die Weltgesundheitsorganisation, sondern die Stiftung von Bill und Melinda Gates und deren Netzwerk.“

Und:

„Unsere Recherche in den USA, Brüssel und Deutschland zeichnet nach, wie das Netzwerk die Regie übernahm, und wie es lobbyierte, um seine Pläne durchzusetzen.“

Jetzt nicht lachen, denn es ist eigentlich zum Heulen: Was seit Jahren auf den Kanälen der Alternativen Medien rauf und runter georgelt wird, haben jetzt Welt am Sonntag und Politico (seit 2021 auch bei Springer) staatenübergreifend in monatelanger Investigativ-Arbeit recherchiert. (alexander-wallasch.de berichtete). Und veröffentlicht, immerhin, denn darum geht’s ja.

Da ist dann zu lesen, dass die Gates Foundation ein Vakuum in der Weltgesundheitsorganisation genutzt hat, ihre Ziele durchzusetzen mit viel Geld für Lobbying, das Gates Geld weitergegeben hat an die Pharmafirmen/Impfstoffentwickler und seine Foundation der WHO obendrauf auch noch gesagt hat, „so muss es gemacht werden“. Das Investigativ-Team von Welt/Politico redet jedenfalls explizit von einer Abhängigkeit der WHO von Gates.

So stand das noch nie in den Mainstream Medien: „Die Gates Foundation wurde nicht gewählt. Sie ist ‚also nicht demokratisch legitimiert‘, bestimmt aber faktisch die Politik“.

Bei Springer feiern sich „seriöse" Journalisten für eine vermeintliche Entdeckung, die die breite Mehrheit der unabhängigen Medien, Wissenschaftler et cetera schon seit Jahr und Tag publizieren. Und dafür werden sie geächtet, gesperrt, lächerlich und verächtlich gemacht und in die Pfui-Ecke der Verschwörungs-Irgendwas befördert.

Auch wenn die Welt letztlich gutgeheißt und nicht hinterfragt, dass Gates und Konsorten mit ihrem Handeln die Macht souveräner Staatengemeinschaften und somit demokratische Prozesse delegitimieren, so bleibt es eine Zäsur, dass dieses Thema überhaupt publiziert wird – ohne auf der Verschwörer-Schwurbel-Seite zu landen.

Wichtige Frage: Ist das nur ein Alibi-Ausreißer oder der Anfang eines Kehrtwende-Manövers zurück zur Vierten Gewalt bei den Mainstream-Medien?

Die hat Ex-Bild-Chef Julian Reichelt unfreiwillig vollzogen durch seinen Rausschmiss bei Bild, sonst wäre er heute noch da. Und dort wäre er ganz sicher der Alte geblieben.

Hochgepimpt hat sich Reichelt unter anderem mit Roland Tichys junger Garde, Reichelt hat die Jung-Journalisten vom Altmeister der Alternativen Medien gleich im ganzen Team abgeworben.

Dreht sich der Wind? Wendet sich gar das Blatt und die Mainstream-Medien erinnern sich (wieder) an ihre Aufgabe als Vierte Gewalt? Fast könnte man das meinen, wenn man die Berichterstattungen in den letzten Tagen aufmerksam verfolgt.

Aber die Verbiegungen und Verletzungen des journalistischen Auftrags, die mit Füßen getretenen ethischen Grundsätze, das alles ist ein sehr großer Scherbenhaufen.

Hinzu kommen eine ganze Reihe Journalisten, von etablierten Kollegen diffamiert, die nicht nur politisch geächtet wurden, sondern ein Friendly Fire nie dagewesener Art und Weise aus den Reihen der Vierten Gewalt über sich ergehen lassen mussten.  

Bisher kein Wort dazu von Leuten wie Reichelt, und Typen wie Fleischhauer beim Focus machen es noch ganz anders: Sie diffamieren einfach weiter, glauben, Angriff sie die beste Verteidigung. Aber wer im Sumpf steckt, sollte nicht strampeln.

Und eine letzte Frage darf hier noch gestellt werden: Wenn die Mainstream-Medien anfangen, unbequeme Fragen zu stellen, und damit zwangsweise zu den  Alternativen Medien wechseln – wird das einfach nur Zeit oder ist das schon medial-kulturelle Vereinnahmung?

Song von Alex Olivari: Kurz vor dem Ziel

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