Bald Ebbe in Hamburgs Bußgeld-Kasse? Hansestadt kassierte bis jetzt 8 Millionen

Corona-Abkassiererei: Rentnerpaar widerspricht vor Gericht und gewinnt

von Gaia Louise Vonhof

In Hamburg sind noch knapp 1.500 Widerspruchsverfahren wegen Bußgeldbescheiden bezüglich Verstößen gegen Corona-Maßnahmen anhängig.© Quelle: Freepik.com / somemeans

Noch bis Anfang Mai, nachdem deutschlandweit die meisten staatlichen Corona-Maßnahmen längst beendet waren, hatten Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern als eine Art Corona-Hardliner an strengen Maßnahmen festgehalten.

Beide Länder nutzten als einzige bundesweit noch für mehrere Wochen eine Hotspot-Klausel für „Regionen mit kritischer Pandemielage“. Hier wurden die Maskenpflicht in Innenräumen und im Einzelhandel und die 2G-plus-Zugangsregel bei Tanzveranstaltungen einfach weiter aufrechterhalten.

Nach der Aktualisierung der letzten gültigen Änderung des Infektionsschutzgesetzes sind die Länder seit dem 19. März 2022 nur noch befugt, ausgewählte niedrigschwellige Auflagen anzuordnen. Corona-Maßnahmen sind im Moment also Ländersache, genauso wie die Bußgelder für deren Nichtbefolgung.

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Und die Liste im Bußgeldkatalog ist lang – das Abkassieren für Verstöße in Hamburg startet ab 150 Euro für das Nichteinhalten eines Mindestabstandes zum Beispiel und erreicht das Ende der Fahnenstange mit bis zu 25.000 Euro für unerlaubten Spiel- und Trainingsbetrieb der Bundesliga. Sport-Veranstalter, die sich einen solchen Betrag wahrscheinlich sogar leisten könnten.

Auf Hamburgs Bußgeld-Liste schlägt die Position „Kontaktdaten nicht vollständig oder zutreffend angegeben“ ebenfalls mit 150 Euro pro Person zu Buche. Dazu gleich mehr. Widersprochen gegen so einen Bußgeldbescheid hatte ein Rentnerehepaar.

Wie jetzt das Amtsgericht Hamburg entschied, war den Ruheständlern zu Unrecht ein zu hohes Bußgeld aufgebrummt worden. 357 Euro sollte das Paar dafür berappen, dass sie vor knapp einem Jahr das Kontaktformular in einer Bäckerei in Hamburg-Harburg, in der sie essen waren, unvollständig ausgefüllt hatten. Aufgedeckt durch eine Kontrolle des Ordnungsamtes. Dagegen hatten sie sich vor Gericht gewehrt.

Nun hat das Amtsgericht Hamburg vor zwei Wochen den 86-jährigen Mann freigesprochen und im gleichen Atemzug handwerkliche Unsauberkeiten in der Corona-Eindämmungsverordnung des Senats moniert. Darin sei, um es auf diesen Fall zu beziehen, nicht festgelegt worden, in welchem Zeitraum das Kontaktformular hätte ausgefüllt werden müssen. Das Verfahren gegen die 87-jährige Frau, die unter Demenz leidet, soll nun eingestellt werden, so ein Gerichtssprecher.

Dieser Fall war dem CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker Anlass für eine Schriftliche Kleine Anfrage (SKA). Aus der Antwort des Senats ging hervor, dass aktuell bei Staatsanwaltschaft und Amtsgericht noch knapp 1.500 Verfahren im Zusammenhang mit Bußgeldbescheiden wegen Verstößen gegen Corona-Maßnahmen in der Schwebe sind. Insgesamt waren in Hamburg bis Ende April dieses Jahres mehr als 53.000 Anzeigen bei der Bußgeldstelle eingegangen.

Seelmaecker begrüßte den Richterspruch zugunsten des wehrhaften Seniorenpaares: „So wichtig die Kontrolle zur Einhaltung der Corona-Maßnahmen auch gewesen sein mag, so wichtig ist gleichzeitig ein Vorgehen mit Augenmaß. Dieses ist hier verloren gegangen.“

Kritische Geister könnten jetzt meinen, dass das Augenmaß nicht nur in diesem Fall, der sicher kein Einzelfall ist, fehlte. Vielmehr ermangelte bereits die Einführung solcher Bestrafungen für die Nichteinhaltung der Corona-Maßnahmen jeglichen Augenmaßes und Angemessenheit.

Die Gesamteinnahmen durch diese Bußgeldverfahren beziffern sich bislang auf mehr als acht Millionen Euro. Einnahmen, die zustande kommen durch versteuerte Gelder von zumeist steuerpflichtigen Bürgern, und eingetrieben werden durch Institutionen und Ämter, die durch den Steuerzahler finanziert werden.

Fast ist anzunehmen, dass die warme Jahreszeit unter dem aktuellen Infektionsschutzgesetz mit den weitestgehend pausierenden Zwängen ein Sommerloch in den Bußgeldkassen bedeuten könnte – so auch Ebbe in Hamburgs Kassen?

Abhilfe wird schon vorbereitet von Berufs-Paniker Lauterbach, der, ungeachtet sinkender Inzidenzen und einer entspannten Situation auf den Intensivstationen, in gewohnter  Manier vor der Herbst-Welle warnt:

Original Beitrag von Prof. Karl Lauterbach auf Twitter

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Nicht nur das lange Festhalten von Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg an Maßnahmen, deren Wirksamkeit inzwischen von immer mehr Experten und betroffenen Bürgern infrage gestellt werden, sondern auch die Erfahrungen der letzten zwei Jahre haben gezeigt: Die Befürchtungen des Gesundheitsministers traten nicht ein, dafür wurden die von ihm geforderten Maßnahmen aber umso konsequenter in die Realität umgesetzt.

Wenn im Herbst für Lauterbach & Co alles wie – wahrscheinlich? – geplant nach dem gleichen Schema läuft, dann würden also nicht nur Pharma-Multis, Impfärzte und Maskenbeschaffer weiterhin Kasse machen, sondern auch die Länder über ihre Bußgeld-Eintreiber. Oder es zumindest versuchen.

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