Toddn Kandzioras Wochenrückblick 03/2021

Der König ist tot. Es lebe der König.

von Toddn Kandziora (Kommentare: 2)

Wer ist Donald Trump? Wird die Geschichte ohne ihn neu geschrieben?© Quelle: Pixabay / Gerd Altmann, heblo

Nun ist er also weg. Der Mann mit dem orangefarbigen Gesicht. Der 45. Präsident der USA mit der großen, blonden Föhnlocke und der hübschesten Frau mit den tollsten Wangenknochen, die je im Weißen Haus gesehen wurden.

Statt seiner sitzt nun ein recht sonderbarer „Sleepy Joe“ Biden auf dem wichtigen Stuhl, von dem aus die Welt genesen und Allmacht ausgestrahlt werden soll. Wer heute jedoch die wirkliche Macht besitzt, mehr Macht als der Präsident der mächtigsten Nation auf Erden – trotz Atomkoffer und goldenen Kugelschreiber – das wurde in den letzten Tagen der Amtszeit Trump jedem klar, der noch eins und zwei zusammenzählen wollte.

Wahre Macht haben die Besitzer der sozialen Medien im Internet und den Milliarden von Smartphones. Obszön reiche Unternehmer neuzeitlicher Technologiekonzerne. Eine Handvoll skurriler Typen, die genug Selbstbewusstsein hatten, die öffentliche Kommunikation des Präsidenten der USA einfach abzustellen und damit alle in den Jahren seiner Amtszeit gespeicherten Trump-Kommentare zu löschen. Für immer und für ewig. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Ich glaube zwar nicht, dass all die Trump-Kommentare der letzten Jahre eine größere Bedeutung für kommende Generationen bekommen hätten. Darum geht es mir nicht. Ich mochte Trump nicht einmal. Aber ich mag auch den neuen Präsidenten nicht, diesen müden und vergesslichen zudem noch – drücken wir es höflich aus – mit höchst merkwürdigen Verhaltensweisen ausgestatteten Joe Biden.

Wenn es heute möglich ist einem amtierenden Präsidenten nicht nur das Wort zu entziehen, sondern seinen hunderttausendfach von ihm selbst digital verbreiteten Standpunkt aus der Geschichte zu entfernen, dann wird diese Möglichkeit bei jeder anderen Person ebenfalls zukünftig denkbar, wenn nur die Nase nicht gefällt. Eine bestimmte Gruppe von Superreichen hat diese Macht und wendet sie an. Aber wird sich diese digitale Auslöschung unliebsamer Personen auf das Internet beschränken? Wie kann man das noch steigern, was ist die nächste Eskalationsstufe, wenn man der letzten überdrüssig ist?

Gute Frage, nächste Frage. Kommen wir zum neuen Präsidenten. Ich mag keine Multimillionäre, erst recht keine Milliardäre als Präsidenten vorgesetzt bekommen. Die sind mir nicht geheuer, diese Geldadel-Clans der Kennedys, Bushs oder Trumps. Nun ein Biden. Auf der Ebene menschlicher Existenz ist es bereits vollkommen schnuppe, ob einer Demokrat oder Republikaner ist. Für diese Supereliten sind das seit Generationen sowieso uninteressante Nebensächlichkeiten.

Auch aus diesem Grunde lagen meine Sympathien bei Bernie Sanders. Diesem etwas schrulligen Senatsvertreter des kleinen Bundesstaates Vermont. Ein waschechter Sozi der alten Schule. Als Bernie Sanders sich 2015 bereiterklärte, sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen zu lassen, da lag er bald in der allgemeinen Wählergunst deutlich vor der Hillary Clintons.

Doch 54% der Delegierten stimmten trotzdem dafür, diese mehr als unsympathische Frau als Kandidatin der demokratischen Partei für das Präsidentenamt gegen Trump aufzustellen. Trump selbst soll kurz nach der Wahl behauptet haben: hätten die Demokraten Bernie und nicht Hillary aufgestellt, so hätte er wohl keine Chance bei der wahlberechtigten Bevölkerung gehabt und der 45. Präsident wäre Sanders geworden, nicht Trump.

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Aber das in den USA tonangebende Establishment wollte nun mal einen der ihren auf dem fett gepolsterten Stuhl im Weißen Haus positioniert wissen. Und Bernie Sanders, nein, der war keiner von ihnen. Also setzten sie was sie hatten auf Hillary und verloren die Wahl dann trotzdem an einen aus ihrer Mitte. Denn Donald Trump stammte aus ihren Kreisen und eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. So dachten sie zumindest. Und so kam diese Welt mit den USA im Mittelpunkt zum ersten Mal überhaupt ohne einen neuen Krieg aus und vier Jahre mit diesem komisch wirkenden Mann und seinem orangefarbenen Gesicht über die Runden.

Anstatt mit einem Präsidenten Sanders, der möglicherweise die Welt ein klein wenig besser hätte machen können. Aber wer weiß es letztendlich schon – hatte Barack Obama diesen Vorschuss-Scheck nicht auch vergessen einzulösen? Möglicherweise wäre Mr. Sanders der erste Präsident geworden, der sich tatsächlich für die unterprivilegierte Klassen eingesetzt hätte: Mit einer Politik der Ausweitung notwendiger Sozialleistungen für Millionen prekär abgehängter Menschen. Vielleicht hätte er es so geschafft einen Mindestlohn von fünfzehn Dollar durchzusetzen.

Vielleicht hätte Sanders die „Too big to fall“ Banken zerschlagen und einen neuen Glass-Steagall Act aufgelegt, ein Bundesgesetz, das schon einmal Ende der 1920er Jahre die immer wahnsinniger agierenden Bankgeschäfte regulieren sollte. All diese Forderungen hatte er ja auf Wahlkampfreden in überfüllten Stadien skandiert. Bernie Sanders wollte die Steuerschlupflöcher schließen, die es den multinationalen Unternehmen erlauben, Gelder in Off-Shore-Steuerparadiese zu verschieben.

Und… hört, hört, er hatte eine Legalisierung von Marihuana angestrebt. Das allerdings war sicher der geringste aller Gründe, warum er nicht mitspielen durfte. Sanders hätte den Giganten nicht nur die gute Butter vom Brot gekratzt, anzunehmen war, dass er sie am großen Exklusiv-Buffet auch ein bisschen würgen wollte.

Und daher sitzt jetzt seit einigen Tagen wieder einer der ihren auf dem fett gepolsterten Stuhl in Washington-DC. Doch wirklich etwas zu sagen, das wird auch Joe Biden nicht haben. Aus Gründen, die nicht nur seiner Vergesslichkeit oder Müdigkeit geschuldet sind. Ganz Amerika ist dieser Marionetten müde. So stereotyp links es klingen mag, so universell wahr ist es doch: Ein paar Superreiche halten seit geraumer Zeit die wirkliche, die große Macht in ihren Händen, haben die Faust geschlossen und werden diese Faust nicht wieder öffnen, um abzugeben, was sie umklammern.

Zumindest nicht auf friedlichen Wegen und nach guten Worten. Wozu eigentlich noch Wahlen, frage sicher nicht nur ich mich. Wozu überhaupt noch Präsidenten wählen oder, um in dieser Kolumne endlich zu Hause anzukommen, deutsche Kanzler*innen. Aber was ich davon halte, interessiert niemanden. Meine Stimme kommt da oben nicht an. In diesem Sinne, go Biden go. Du bist, was das Establishment von Amerikas Gnaden dem amerikanischen Volk als Retter hingestellt hat. Aber um wen vor was zu retten? Einer wie Bernie Sanders wäre euch dahintergekommen, wohl möglich sogar gefährlich geworden. Das kann ich hier einfach so behaupten, denn Sanders bekam keine Gelegenheit, mich und viele andere Lügen zu strafen.

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