VON RA DIRK SCHMITZ
„Der Westen“ und Deutschland als das Maß aller Dinge
Es wirkt wie eine Realsatire, wenn ausgerechnet Deutschland ernsthaft den moralischen Anspruch erhebt, zu entscheiden, wer zum „Westen“ gehört und wer nicht. Genau das geschieht derzeit im öffentlich-rechtlichen Staatsfunk.
In der ersten Folge eines Deutschlandfunk-Podcasts „Der neue Westen“ wird unter dem Titel „Gehören die USA jetzt nicht mehr zum Westen?“ von der Clownstribüne die Zugehörigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika zur westlichen Wertegemeinschaft infrage gestellt.
Nicht etwa als rhetorische Provokation, sondern als ernsthafte Reflexion über die älteste Verfassungsdemokratie der Welt.
https://www.deutschlandfunk.de/der-neue-westen-1-gehoeren-die-usa-jetzt-nicht-mehr-zum-westen-100.html
Die Verfassung der Vereinigten Staaten wurde 1787 verabschiedet und trat 1789 in Kraft. Sie ist die älteste geltende geschriebene Verfassung weltweit. Die USA waren von Anfang an eine Republik mit Gewaltenteilung, Wahlen und Grundrechten, insbesondere mit umfassender Religions- und Meinungsfreiheit – also mit den zentralen Elementen einer modernen Verfassungsdemokratie. Trotz vieler Krisen wie Bürgerkrieg, Kriege, politischer Polarisierung hat sich das US-System vital erhalten – im Gegensatz zu fast allen europäischen Staaten, insbesondere zu Deutschland.
Diese Deutschlandfunk-Arroganz offenbart nicht nur eine alarmierende Selbstüberschätzung, sondern ein tiefes Missverständnis darüber, was der „Westen“ eigentlich ist. Der „Westen“ ist nicht Wokismus, Männer in Frauenkleidern, Ukraine-Krieg und das systematische Fluten unseres Landes mit Demokratie- und Freiheitsfeinden.
Der Westen ist keine geografisch oder inhaltlich homogene Zone, sondern eine Wertegemeinschaft – über eine Milliarde Menschen von den USA über Europa bis nach Japan und Australien eint eines:
Das Bekenntnis zu Freiheit, Meinungsvielfalt, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit. Dass ausgerechnet Deutschland sich nun anmaßt, darüber zu urteilen, ob ducked Staaten diesem Kanon noch entsprechen, ist nicht nur idiotisch – es ist eine intellektuelle Unverschämtheit.
Was ist der Westen – und warum war er erfolgreich?
Bevor man darüber urteilt, wer zum Westen gehört, sollte man verstehen, was der Westen überhaupt ist – jenseits geopolitischer Linien und gegenwärtiger Machtverhältnisse. Der Westen ist kein Ort, sondern ein Zivilisationsmodell, geboren aus einer einzigartigen Synthese von griechischer Philosophie, römischem Rechtsdenken, jüdisch-christlicher Moraltradition und der Erfahrung der Aufklärung.
Platon lehrte das Ringen um Wahrheit durch echten Dialog (Dialektik) mit dem zutiefst Anderen, Aristoteles das Denken in Maß und Vernunft, Cicero das Ideal der Republik und des Naturrechts. Augustinus und Thomas von Aquin verbanden Glaube und Vernunft. Im 17. und 18. Jahrhundert erhob sich der Westen mit Locke, Montesquieu, Kant und anderen zur Idee der Menschenwürde, der Freiheit des Individuums und der Gewaltenteilung – Grundprinzipien, die bis heute als normativer Kern des Westens gelten; nur in Deutschland immer mehr in Abrede gestellt werden. Demgegenüber schützen die Deutschen „die Freiheit vor sich selbst“. Schutzhaft nannte man das ab 1933.
Der historische Erfolg des Westens lag nicht in seiner Geografie oder Militärkraft, sondern in seiner institutionellen Selbstbeschränkung: der Freiheit zur Kritik, der Gewaltenteilung, der Wissenschaft als Irrtumsbetrieb, dem Vertrauen in Markt und Verantwortung. Der Westen ist stark, solange er offen ist – für Dissens, für Innovation, für den dauernden Zweifel am eigenen System als Basis der Verbesserung. Vielleicht stürzt Deutschland deshalb gerade ab.
Der französische Philosoph Raymond Aron formulierte es so:
„Der Westen ist keine geographische Einheit, sondern eine geistige Haltung.“
Und sein Landmann Pierre Manent ergänzte:
„Der Westen ist der Ort, wo das Politische die Suche nach dem Guten mit der Begrenzung von Macht verbindet.“
Gerade deshalb war der Westen nicht nur ökonomische Power und Coca-Cola, sondern eine Verheißung – für Dissidenten in der Sowjetunion, für Freiheitskämpfer in Südafrika, für Bürgerrechtler in den USA.
Wenn nun ausgerechnet ein Land wie Deutschland, das diese Erfolgsgeschichte in großen Teilen importierte, nach 1945 zwangsimportieren musste, aber nie originär geprägt hat, sich als „Gralshüter des Westens“ aufspielt, stellt sich eine beunruhigende Frage: Versteht man hier noch, was man zu verteidigen vorgibt?
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Vance in München – die unbequeme Diagnose
Ein erstes Erdbeben mit brutaler Kritik durch die älteste Verfassungsdemokratie war die Münchner Sicherheitskonferenz 2025, auf der der neu gewählte US-Vizepräsident J.D. Vance eine klare, unbequeme Rede hielt – und ja, er war (noch) eingeladen. Er nutzte seine Bühne nicht zur behaupteten Provokation unfähiger Politclowns, sondern zur Diagnose eines Zustands, den viele in Europa verdrängen:
„Die Bedrohung, die uns immer mehr Sorgen macht, sind nicht Russland oder China – sondern sie kommt von innen heraus aus Europa.“
Vance kritisierte die Erosion demokratischer Prinzipien in Europa, die zunehmende Unfähigkeit zum offenen Diskurs und eine politische Kultur, die auf Kontrolle und medialer, politischer und moralinsaurer Abgrenzung basiert. In Bezug auf Deutschland sprach er offen die Migrationsthematik an:
„Einer von fünf Deutschen ist heute Ausländer – doch man darf das kaum mehr laut sagen, ohne zum Problem erklärt zu werden.“
Er warnte davor, dass Demokratien zerbrechen, wenn sie beginnen, politische Opposition zu delegitimieren und missliebige Meinungen aus dem Diskurs zu verbannen. Was in Deutschland unter dem Begriff „Kampf gegen rechts“ firmiert, ist nicht nur aus Washingtons Sicht gefährliche, sich immer protofaschistischer gebärende politische Monokultur.
Die Reaktionen auf Vances Rede bewiesen das: Verteidigungsminister Pistorius empörte sich öffentlich, das deutsche Medienestablishment reagierte reflexhaft mit Ablehnung – kaum jemand setzte sich ernsthaft mit dem Vance-Inhalt auseinander. Stattdessen wurde Vance als „Populist“ abgetan. Alleine die Form der Abwehr bestätigte alles, was Vance sagte und noch viel mehr.
Verbote, Zensur, Konformismus – der neue Geist der deutschen Volksdemokratie
Parallel dazu läuft in Deutschland eine Debatte über ein mögliches Parteiverbot der AfD – ein autoritärer Reflex der Unfähigkeit der Problemlösung durch den herrschenden Parteienstaat. Gleichzeitig arbeiten Landesmedienanstalten mit automatisierten Systemen wie KIVI, um soziale Medien zukünftig vollständig auf „unzulässige“ Inhalte zu durchsuchen – eine algorithmische Vorzensur, bei der Begriffe wie „Desinformation“ und „Hassrede“ zur politischen Waffe werden. All das geschieht unter dem Deckmantel des Schutzes, doch es ist ein Schutz vor der Realität des Absturzes – nicht vor dessen Gefahren.
In diesem Klima der Intoleranz gegenüber Nonkonformität stellt sich die Frage: Wer entfernt sich wirklich von den Werten des Westens? Ein Land wie die USA, das erbitterte Debatten offen austrägt – oder ein Europa, das Debatten zunehmend durch „trusted flagger“ ersetzt?
Dass nun ausgerechnet der Deutschlandfunk, ein von Zwangssteuern finanzierter öffentlich-rechtlicher Sender, „ernsthaft“ mit inzidierter Antwort laut fragt, ob die USA noch zum Westen gehören, offenbart die geistige Insolvenz einer politischen und medialen parasitären Klasse, die glaubt, Normengeber einer Weltordnung zu sein, an deren tatsächlicher Gestaltung sie mangels Kraft nicht mehr teilnimmt. Wenn Lars Klingbeil, Magister der Soziologie, meint:
„Es liegt jetzt an uns, der kommenden Regierung, ob Deutschland diese neue Weltordnung gestaltet ...“
Ein Mann, der als Zivi bei der Bahnhofsmission das einzige Mal außerhalb der SPD gearbeitet hat, eine reinrassige Vita als Darstellender, keine Ahnung von Finanzwirtschaft oder Ökonomie, wird Finanzminister und Vizekanzler.
Ist das der „bessere Westen“?
Es wäre an der Zeit, dass CDUCSUSPDGrüne ihre Rolle nicht mehr als moralisches Korrektiv „der Welt“ versteht, sondern als Teil eines multinationalen vielstimmigen Ganzen unabhängiger Staaten und sich durchaus auch rassisch-religiös definierender Völker. Statt anderen Nationen ihren Platz zu erklären oder abzusprechen, sollte sich der politisch-mediale Überbau in Germanistan fragen, ob dieser überhaupt noch in der Lage ist, Freiheit, Widerspruch und Meinungsvielfalt zu ertragen.
Solange auf Kritik mit Ausgrenzung, auf Opposition mit Verbot und auf Debatte mit moralisierender Belehrung reagiert wird, hat niemand das Recht, über den „wahren Westen“ zu urteilen – schon gar nicht die traurigen Gestalten aus Berlin.
Dirk Schmitz M.A., seit 1991 Rechtsanwalt, langjähriger ehrenamtlicher Richter, Kommunikationswissenschafter, engagierter Verteidiger. Schmitz sieht durch den Zeitgeist Meinungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit gerade in Masken- und Impfzeiten in Gefahr. Als “alter Liberaler” ohne FDP-Hintergrund steht Schmitz für Bürgerrechte und “die Freiheit des Andersdenkenden”.
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Kommentar von Franz Ludwigsburger
Der Begriff Westen in seiner heute gebräuchlichen Interpretation existiert erst seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Früher sprach man von Europa oder dem Abendland. Der Artikel begräbt hinter einer Schönfärbung und Hagiographie den wahren Kern der Macht Europas und seiner Epigonen. Dieser lang in der brutalen Anwendung von militärischen Machtmitteln, die durch die Wissenschaft und Industrie ins Gigantische gesteigert wurden. Das demokratische Dekorum diente als Beschwichtigung für den Pöbel, damit dieser sich mitgenommen fühlt. Die USA waren immer schon eine oligarchische Republik, mit gelegentlichen partiellen Elitenaustausch. So wurde der Einfluß der Pflanzeraristokratie nach dem Bürgerkrieg vollends durch Banker und Industrielle ersetzt. Siehe hierzu auch C.W. Mills The Power Elite.. Nun ist die europäische Zivilisation in eine finale Verfallsphase geraten (gilt auch für die USA) und beginnt sich innerlich zu dekompostieren. Dies alles vor dem Hintergrund des industriellen Aufstiegs der ehemaligen Kolonien und den Gefahren der modernen Technik. Hinzu kommen Kanppheiten an Ressourcen ect.. Emmanuel Tood hat diese Phase als Nihilismus bezeichnet. Es ist historisch nicht ungewöhnlich, daß eine zu Tode verletzte Zivilisation ihn ihrem Endkampf wild und erratisch um sich schlägt und dabei sagar die positiven Elemente ihrer Zivilisation buchstäblich selbst zerstört. Zivilisationen sterben nicht von Mörderhand, sondern durch sich selbst. der letzte Anstoß kann natürlich von außen kommen, aber er wirft nur ein längst hohles, entkerntes Gebäude um.
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Kommentar von Carl Peter
Hoffentlich erlebt der Westen grade eine Sinnpause, und nicht das Ende.
Pausieren soll ja der Erholung und Regeneration dienen, damit mit frischer Energie neue Aufgaben bewältigt werden - wer mit Denkfaulheit und Rückschritten in vergangene Strukturen an einer Weltbeherrschung herumbastelt, hat nicht verstanden, dass der Mensch keine Elends- oder Spassmaschine mit begrenzter Lebensdauer ist, sondern ein einmaliges und wunderbares Wesen, jeder Einzelne.
Europa versteht sich ja als Keimzelle des Westens und hält nach wie vor Amerika für seine Kolonie, die man noch glaubte bis zum ersten Weltkrieg im Griff zu haben, sich aber ohne die Hilfe aus Amerika beinahe im zweiten Weltkrieg selbst zerstört hätte.
Es ist aber vielleicht auch so, dass sich Amerika zunehmend von Europa befreien will, um seinerseits Europa in den Zustand einer Kolonie zu versetzen.
Grade in Deutschland hat man sich seit dem zweiten Weltkrieg kulturell von Amerika abhängig gemacht und immer mehr zugelassen, dass "Hollywood" die Bedingungen diktiert - bis heute halte ich Deutschland für eine kulturelle Besatzungszone, jetzt sogar in vielfältiger Weise, was glücklicherweise nicht auf alle europäischen Länder abfärbt.
Am Schlimmsten trifft es wohl die Ukrainer, die garnicht wissen, was ihnen mit dem Hinschlachten ihrer Jugend grade passiert - ihre Einverleibung in Europa kann garnicht noch schlechter laufen, denn ohne die Hilfe von Amerika können sie ihrer endgültigen Zerstückelung nicht mehr entkommen.
Da hat sich Europa mit der Ukraine gründlichst verspekuliert - aber das Spielen mit Menschenleben wird von den Spielfiguren nicht durchschaut, dafür sind sie eben nicht gemacht.
Der Westen hat sich für das Beste gehalten, was der Welt passieren kann - aber wer alle Grenzen, Zäune und Mauern niederreissen will, bedenkt dabei nicht, wo er dann in Ruhe und Frieden leben will.
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Kommentar von .TS.
"Gerade deshalb war der Westen nicht nur ökonomische Power und Coca-Cola, sondern eine Verheißung – für Dissidenten in der Sowjetunion, für Freiheitskämpfer in Südafrika, für Bürgerrechtler in den USA"
War es das wirklich, oder ist das nur Verklärung der nach wie vor geschätzten Fassade der man lange Zeit geglaubt hat?
Repression und machtergreifender Filz war nie wirklich weg, nur eben weit genug weg als daß sich die überwiegende Mehrheit im Alltag nicht groß damit beschäftigen musste.
Eines ist jedenfalls gewiss - Zustände die einem weitreichende Freiheit und Eigenverantwortung zugestehen sind nie stabil, und die Bequemlichkeit diese nicht zu pflegen rächt sich rascher als einem lieb ist.
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Kommentar von Edlosi
Vielen Dank für den ausgezeichneten Text!