Die Massenzuwanderung war eine moralische Erpressung durch linke Asyl-NGOs und ihre medialen Unterstützer

„Die Bürger wollen keine Masseneinwanderung zu ihrem persönlichen Nachteil“

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 6)

„Diese ideologischen Vorfeldorganisationen wollen ein anderes Deutschland und fördern die Migration, um die bestehende bürgerliche Gesellschaft zu dekonstruieren.“© Quelle: Foto privat

Dr. Hans-Georg Maaßen am Montag über die Asylpolitik der Ampelregierung und über den vom ihm selbst formulierten Begriff der „Zangennarrative“ als Manipulationsinstrumente, mit denen man einen möglichen politischen Widerstand der Massen brechen will.

Alexander Wallasch: Aktuell hat das Bundeskabinett beschlossen, Asylverfahren zu verändern. Allerdings kann man den Eindruck haben, dass es eher darum geht, das Asylverfahren für den Missbrauch attraktiver zu machen und die Zahl der Einreisen zu erhöhen. So soll im Asylverfahren die „Regelüberprüfung“ abgeschafft werden. Sie hatten früher im Bundesinnenministerium unter der Regierung von Helmut Kohl maßgebend das Asylrecht mitgestaltet. Was bedeutet es, wenn im Asylverfahren die „Regelüberprüfung“ abgeschafft wird?

Hans-Georg Maaßen: Wenn über Flüchtlingsschutz gesprochen wird, werden oftmals in der politischen Diskussion und in der Medienberichterstattung einige wichtige rechtliche Rahmenbedingungen weggelassen.

Eine Grundregel des Flüchtlingsschutzes ist, dass nur die Flüchtlinge bei uns schutzbedürftig sind, die nicht anderswo schon Schutz gefunden haben oder hätten finden können. Flüchtlinge, die in ihrem Herkunftsstaat oder einem sicheren Drittstaat geschützt werden können, brauchen unseren Schutz nicht. Die allermeisten Asylsuchenden, die heute zu uns kommen, sind nach dieser Grundregel nicht schutzbedürftig.

Und eine andere Grundregel des Flüchtlingsschutzes besagt, dass Flüchtlinge nur so lange Schutz genießen, wie sie schutzbedürftig sind. Wenn also der Fluchtgrund weggefallen ist, weil sich die Verhältnisse im Herkunftsstaat verändert haben, sind sie nicht mehr schutzbedürftig, und ihnen ist grundsätzlich das Asylrecht zu entziehen. Das gleiche gilt für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, wenn Krieg und Bürgerkrieg beendet sind. Die Flüchtlinge müssen dann grundsätzlich in ihre Heimat zurückkehren, und sie sollten es auch, um am Wiederaufbau ihrer Heimat mitzuwirken. Flüchtlingsschutz ist deshalb grundsätzlich nur temporär. Das heißt allerdings nicht, dass ein Flüchtling, der sich zum Beispiel bereits seit zehn Jahren in Deutschland aufhält, automatisch das Land verlassen muss, wenn sich die Situation in der Heimat ändert. Ihm kann unter Umständen wegen der Verwurzelung in Deutschland ein anderer Aufenthaltstitel erteilt werden. Aber er dürfte in den Heimatstaat abgeschoben werden, wenn er Straftaten begeht, was bei einem Flüchtlingsstatus grundsätzlich verboten ist.

Die Regelüberprüfung sieht vor, dass drei Jahre nach einer Anerkennung als Asylberechtigter geprüft werden muss, ob der Fluchtgrund noch besteht. Hat sich die Situation im Herkunftsstaat geändert und besteht kein Fluchtgrund mehr, ist die Asylanerkennung zu widerrufen. Diese Regelung soll nach dem Willen der Bundesregierung gestrichen werden.

Alexander Wallasch: Ist das nicht ein wichtiges Element des Asylgesetzes?

Hans-Georg Maaßen: Sicherlich. Nach dem Willen der Koalition werden anerkannte Flüchtlinge ein Leben lang den Flüchtlingsstatus behalten, auch wenn sich die Situation im Herkunftsland vollkommen geändert hat. Aus dem temporären Flüchtlingsschutz wird ein Daueraufenthaltsrecht zur Einwanderung. Das wird zur Folge haben, dass diese Leute weiterhin einen Flüchtlingsreisepass mit allen Vergünstigungen besitzen, auch wenn die Voraussetzungen längst nicht mehr vorliegen. Sie können erleichtert eingebürgert werden, und bei Straftaten dürfen sie nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden. Stellen Sie sich vor, die Bundesregierung würde in anderen Rechtsbereichen so arbeiten, nur weil der Verwaltungsaufwand angeblich zu hoch wäre. Zum Beispiel, wenn ein Sozialleistungsbescheid nie aufgehoben würde, weil sich der Staat überhaupt nicht dafür interessiert, ob nach Jahren die Voraussetzungen für die Zahlung von Sozialleistungen noch vorliegen.

Alexander Wallasch: Das Bundeskabinett hat nicht nur beschlossen, die Regelüberprüfung abzuschaffen, es wurde auch beschlossen, dass Asylbewerber eine von Behörden unabhängige, bezahlte Beratung in Anspruch nehmen dürfen. Dafür macht der Staat Deals mit diesen NGOs. Das heißt, sie müssen sich nicht wie bisher aus sich selbst finanzieren. Sie werden staatlich dafür subventioniert, um gegen die Arbeit der Juristerei des Staates vorzugehen. Wohin soll das alles noch führen?

Hans-Georg Maaßen: Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei diesen NGOs zu einem Teil um linke Vorfeldorganisationen handelt, die eng mit den ökosozialistischen Parteien kooperieren. Diese ideologischen Vorfeldorganisationen wollen ein anderes Deutschland und fördern die Migration, um die bestehende bürgerliche Gesellschaft zu dekonstruieren. Letztendlich werden aus dem Staatshaushalt linke Gruppen finanziert, die die Ideologie der ökosozialistischen Parteien unterstützen und umsetzen.

Alexander Wallasch: Bei der Auswahl der Zuwanderer aus Afghanistan war das ja schon so. Da ist von der Ampel beschlossen worden, dass man eintausend Ortskräfte Monat für Monat holt, samt Familie. Also sagen wir, zwischen drei- bis viertausend Leute alle dreißig Tage. Dafür wurden Deals mit deutschen NGOs vor Ort gemacht. Die wählen jetzt, finanziert vom Staat, diese Ortskräfte individuell aus. Die kommen dann hierher. Aber wie soll man nach Prüfung jemals diese Asylbewerber ablehnen, die bereits von staatlich finanzierten Organisationen ausgewählt wurden? Dann kann man die Asylprüfung doch auch gleich abschaffen.

Hans-Georg Maaßen: Diese Menschen werden wahrscheinlich nicht im Rahmen des Asylverfahrens, sondern auf Grund von Regelungen über die Aufnahme bei besonders gelagerten politischen Interessen einreisen dürfen. Das Aufenthaltsgesetz enthält für besondere Fallgestaltungen derartige Regelungen. Ich habe Zweifel, ob diese Regelungen für eine derartige Massenzuwanderung eine hinreichende Rechtsgrundlage darstellten, denn sie sind nicht dazu geschaffen worden, die Bundesregierung zu ermächtigen, viele tausende von Menschen einwandern zu lassen.

Ich habe den Eindruck, dass diese Regierungskoalition wie auch die letzten Merkel-Regierungen die Massenzuwanderung von hunderttausenden Menschen, die offenkundig kein Recht auf Flüchtlingsschutz haben, vorsätzlich betreibt und damit eine ideologisch motivierte Absicht verfolgt. Unterstützt wird sie dabei von ihren NGOs als Vorfeldorganisationen und von der Asylindustrie, die in den letzten Jahren unglaublich hohe Profite aus dem Zuzug von Migranten erzielte.

Hinzu kommt, dass die Regierungskoalition keinerlei Anstrengungen unternimmt, um abgelehnte Asylsuchende wieder außer Landes zu bringen. Von den über 300.000 vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern wurden im vergangenen Jahr noch nicht einmal 11.000 abgeschoben. Würde der Staat im Bereich des Steuerrechts so handeln wie im Bereich der Asylpolitik, könnten wir uns freuen, denn dann würde er nur bei weniger als vier Prozent der Steuerbescheide die Steuern wirklich erheben. Wir leisten uns dagegen eine teure Asylbürokratie und Asyljustiz, allerdings ist es weitgehend egal, ob ein Asylantrag anerkannt oder abgelehnt wird, denn der Ausländer wird in aller Regel bleiben können. Ein abgelehnter Asylantrag bleibt regelmäßig folgenlos, denn abgeschoben wird nur in einem ganz kleinen Umfang, und dann oftmals nur, wenn es sich um Straftäter handelt.

Alexander Wallasch: „Jetzt sind sie nun mal hier“, so oder so ähnlich wurde Kanzlerin Merkel zitiert. Ja, sie sind hier, aber haben wir keine Möglichkeit, die Menschen wieder loszuwerden?

Hans-Georg Maaßen: Natürlich könnten wir die meisten dieser Menschen wieder abschieben, wenn wir es denn politisch wollten. Ich habe in anderen Ländern erlebt, dass man dort mehrere hunderttausend illegale Ausländer abgeschoben hatte. Möglich ist es, man muss es nur wollen. Aber unsere Politik will es nicht. Und statt offen zu sagen, dass sie es nicht will, verwendet sie Zangennarrative, mit denen sie unter Inanspruchnahme von Amtsautorität den Menschen einredet, das sei nicht machbar, das sei juristisch unmöglich oder das könnten wir nicht entscheiden, sondern müsse europäisch gelöst werden.

Angela Merkel war eine Meisterin dieser Zangennarrative, mit denen sie den Bürgern im Brustton der Überzeugung die größten Zumutungen verkaufte. Denken sie allein an „Wir schaffen das“ oder „Stirbt der Euro, stirbt Europa.“ Oder denken sie an Aussagen von Politikern zur Begründung, warum es keine Zurückweisung an den Grenzen geben konnte. Es wurde gesagt, die Bundespolizei sei nicht in der Lage, die Grenzen zu sichern, es sei rechtlich nicht möglich, Asylsuchende zurückzuweisen. Oder die Behauptung, würden wir Asylsuchende an der Grenze zurückweisen, würde Schengen zerstört werden oder es könnte sogar zu einem Bürgerkrieg auf dem Balkan kommen. Und vor allem die Aussage: Wir müssen den Menschen helfen.

All das waren intellektuelle Zumutungen, dumme Ausreden oder Vorwände, die 2015/2016 gebracht wurden, um zu verklären, dass die Politik aus ideologischen Gründen keine Zurückweisungen wollte. Es waren Zangennarrative, weil sie keine weitere Diskussion zuließen, es sei denn, man hätte offen den Konflikt gesucht und gesagt, dass es sich um inhaltlich unzutreffende, dumme Ausreden handelte. Aber kaum jemand wagte den offenen Konflikt.

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Alexander Wallasch: Zwei Einwände: Der damalige Innenminister Seehofer sagte damals, dass seine Politik nicht mehr mehrheitsfähig sei. Deshalb hätte er es unterlassen, das durchzusetzen, was er eigentlich wollte. Und das zweite Argument war immer: Wir können ja gar nicht abschieben, weil die Herkunftsländer ihre eigenen Leute nicht wieder aufnehmen.

Hans-Georg Maaßen: Zum ersten Punkt: Es mag sein, dass eine harte Abschiebungspolitik im heutigen Bundestag nicht mehrheitsfähig ist. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung will, dass das Asyl- und Ausländerrecht auch angewandt und vollzogen wird. Die Bürger wollen keine Masseneinwanderung zu ihrem persönlichen Nachteil. Sie wollen keine arabischen Clans, die sich maßlos in und an Deutschland bereichern. Und sie wollen auch keine linken NGOs und keine Asylindustrie, die mit der Masseneinwanderung Milliarden aus Steuermitteln verdient. Vor allem wollen sie nicht, dass überall, aber auch wirklich überall zu ihren Lasten gespart wird, während sich linke Asylfunktionäre und Schleuserorganisationen reich verdienen. Und wenn die Staatsmedien die gegenwärtige Migrationssituation nicht durch ihre Propaganda verschleiern und beschönigen würden, wäre selbst dem letzten treuen SPD-Wähler bewusst, dass diese Zustände unhaltbar sind.

Zum zweiten Punkt, den sie ansprachen: Jeder Staat ist verpflichtet, seine eigenen Staatsangehörigen wieder aufzunehmen. Viele Staaten tun es nicht, weil sie wissen, dass Deutschland die Aufnahmepflicht dieser Staaten auch nicht durchsetzt. Deutschland wird außenpolitisch von diesen Staaten nicht ernst genommen. Noch schlimmer: Viele dieser Staaten verachten uns wegen unserer Schwäche, unsere Interessen außenpolitisch durchzusetzen. Wir zahlen munter Entwicklungshilfe, gewähren Bürgschaften, setzen uns für Kooperationsabkommen mit diesen Staaten ein und müssen auf der anderen Seite als Bittsteller auftreten und darum betteln, dass diese Staaten bereit sind, zumindest die schlimmsten Verbrecher aus ihrem Land wieder einreisen zu lassen. Der Fall Anis Amri, der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, war so ein Beispiel. Deutschland unterstützte Tunesien in größtem Umfang, und dieser Staat war nicht einmal bereit, den Mann zurückzunehmen.

Alexander Wallasch: Hatte die frühere Bundeskanzlerin Merkel nicht versucht, solche Probleme mit dem Scheckbuch zu lösen? Waren das Schritte in die falsche Richtung?

Hans-Georg Maaßen: Die Probleme wurden ja nicht gelöst. Noch nicht einmal mit dem Scheckbuch. Die Migrationspolitik der damaligen Bundeskanzlerin war nicht von den Umständen getrieben, sondern war im Wesentlichen ideologisch. Bei einigen Politikern kam auch noch Feigheit vor „schlechten Bildern“ in den Medien hinzu. Sie fürchteten Bilder von kleinen Flüchtlingskindern, die an der Grenze zurückgewiesen werden. „Diese Bilder werde ich nicht aushalten“, sagte damals ein Politiker. Es war eine moralische Erpressung durch linke Asyl-NGOs und ihre medialen Unterstützer. Deshalb war man dankbar, dass gegen Zahlung von Geld die Türkei diesen Politikern die unangenehme Arbeit und die schlechten Bilder abnahm. Ich glaube, dass die damalige Kanzlerin aufgrund ihrer Biografie durchaus in der Lage war, „schlechte Bilder“ auszuhalten. Wie wir spätestens 2018 bei ihrem Streit mit Seehofer über die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze gesehen hatten, ging es ihr nicht um Humanität oder das Vermeiden schlechter Bilder, sondern um eine dahinterstehende ideologische Politik.

Alexander Wallasch: Und es gibt, glaube ich, ein positives Gegenbeispiel. Die griechische Bevölkerung hat gejubelt, als das griechische Fernsehen Bilder gezeigt hat von Griechen, die am Evros nachts mit ihren Treckern mit voller Beleuchtung die Grenze zur Türkei bewacht haben, weil das Militär nicht weitergekommen ist oder nicht gut genug aufgestellt war, um da diese Flüchtlingsströme aufzuhalten. Also es gibt in der EU bei den Bevölkerungen offensichtlich unterschiedliche Auffassungen.

Hans-Georg Maaßen: Ja, es gibt unterschiedliche Auffassungen in der medialen Berichterstattung und infolgedessen in der Wahrnehmung durch die Bevölkerung. Die migrationsfreundliche Propaganda bis hin zur Indoktrinierung und das permanente Verwenden von Zangennarrativen gegenüber der Bevölkerung ist dort längst nicht so stark und vor allem so erfolgreich wie in Deutschland.

Alexander Wallasch: Sie sprechen von „Zangennarrativen“. Was verstehen Sie darunter?

Hans-Georg Maaßen: Es ist auffallend, dass die politische Linke seit jeher versucht, Menschen zu erziehen und zu einem bestimmten Verhalten zu bestimmen, das sie eigentlich nicht wollen. Sie hat aus der Geschichte gelernt und setzt deshalb rohe Gewalt zur Erreichung ihrer Ziele nur noch selten ein. Sie arbeitet mit Täuschung, mit Manipulationstechniken, mit psychologischem Druck und den klassischen Zersetzungs- und Ausgrenzungstechniken. Und vor allem versucht sie, die absolute Dominanz über den gesellschaftlichen Diskurs und das Denken der Menschen zu erlangen. Wenn die Menschen die linke Ideologie nicht mehr in Frage stellen, weil sie sich überhaupt keine Alternative mehr vorstellen können, ist das Ziel der linken Ideologie, einen neuen Menschen zu schaffen, schon zu einem großen Teil erreicht. Deshalb ist die Dominanz in den Medien so wichtig, denn ohne sie kann man das Wissen und Denken der gewöhnlichen Bevölkerung – oder wie die Linken sagen: der Massen – nicht lenken.

Ein Manipulationsinstrument sind die Zangennarrative, mit denen man einen möglichen politischen Widerstand der Massen brechen will. Würde man diese Narrative infrage stellen, müsste man einen offenen Konflikt eingehen, aber die wenigsten Deutschen haben es gelernt, Konflikte offen auszutragen. Mit der Amtsautorität eines Ministers oder Kanzlers werden offensichtlich vorgeschobene meist moralisierende Rechtfertigungen abgegeben, die kaum jemand in Frage stellt, weil man sich dann aus einer scheinbar fachlich oder auch moralisch unterlegenen Position heraus in einen offenen Konflikt begeben würde. Dazu zähle ich zum Beispiel Aussagen, dass etwas praktisch oder rechtlich nicht möglich ist oder dass etwas inhuman und unmoralisch ist. Zum Beispiel wie der Vorwurf, wir hätten kein Recht, zuerst an uns zu denken. Oder, wir seien ein reiches Land und könnten von unserem Reichtum abgeben. Oder: Wer über Migrantenkriminalität redet, schüre Ausländerhass.

Das sind Aussagen, die eine Diskussion oder Alternativen ausschließen. Sie könnten auch mit einem „Basta“ beendet werden oder von einem Pastor auf der Kanzel stammen. Die Leute werden dahingehend manipuliert, sich mit ihrer eigenen Ansicht oder ihrem unguten Bauchgefühl gegenüber der Politik auf der falschen Seite zu wähnen oder ihnen wird suggeriert, dass das, was sie wollen, entweder juristisch nicht möglich, praktisch nicht umsetzbar oder moralisch falsch sei. Wer dagegen opponiert, sucht den Konflikt mit der Obrigkeit. Und dazu bringt kaum jemand den Mut auf.

Besonders perfide ist der moralisierende Ansatz. Man wirft den Bürgern, die einfach nur wollen, dass ihre Rechte gewahrt werden, ein selbstbezogenes und moralisch falsches Verhalten vor. Kritiker der Migrationspolitik, die lediglich wollen, dass das Asyl- und Ausländerrecht angewandt wird, werden als inhuman diffamiert. Auch bei der Klima- und der Ukrainepolitik sind die Mechanismen ähnlich. Und das verfängt und zeigt Wirkung, weil die Menschen sich durch diese moralische, rechtliche und praktische Zange eingeschüchtert fühlen, die ihnen den Widerstand nimmt.

Alexander Wallasch: Nachfrage zur moralischen Erpressung: Hat das nicht schon viel früher begonnen, nämlich damit, dass man den Menschen zunächst empfänglich dafür macht, überhaupt solche moralischen Beschränkungen und Ängste zu haben?

Hans-Georg Maaßen: Sicherlich fing es schon früher an, moralische Kategorien in die Politik hineinzubringen, auch um den politischen Gegner zur Übernahme der eigenen Norm des Moralischen zu zwingen oder ihn ansonsten als unmoralisch, als inhuman und so weiter zu diffamieren. Ich habe allerdings den Eindruck, dass das seit 2015 noch viel weitergegangen ist und eine neue Qualität erreicht hat. Politik und Moral vertragen sich nicht, das ist klar.

Und Recht und Moral vertragen sich ebenfalls nicht. Recht ist das moralische oder ethische Minimum, auf das sich eine Gesellschaft verständigt. Moral oder Ethik sind etwas Privates oder der Standard des Umgangs innerhalb einer bestimmten Gesellschaftsgruppe, aber nicht etwas universelles, denn in einer pluralistischen demokratischen Gesellschaft darf jeder ein anderes Verständnis von Moral haben und nach seiner Moral glücklich werden. Das Recht dagegen ist das Minimum, auf das sich alle verständigt haben.

Jetzt wird aber eine bestimmte politische Moral herrschend und dominant, die sich als besser ansieht als die anderen individuellen Moralvorstellungen. Dies betrifft beispielsweise die Migrationspolitik, die Genderpolitik oder die Umweltpolitik. Und mehr noch. Sie stellt das Recht als allgemeinen Standard des moralischen Minimums in Frage und spricht anderen das Recht auf gleichwertige Moralvorstellungen ab. Damit stellt sie aber auch das Politische in Frage, denn in der Politik treffen unterschiedliche Lebens- und Moralvorstellungen aufeinander und ringen miteinander. Spricht aber die Moralvorstellung einer gesellschaftlichen Gruppe den anderen das Recht auf eigene Moralvorstellungen und eigene Lebensentwürfe ab, befinden wir uns im Bereich der Ideologie und der ideologischen Feindbekämpfung.

Alexander Wallasch: Vielen Dank für das Gespräch!

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