Ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Argument der "Verschwörungstheorie" vor dem Fakt "Verschwörung" kapitulieren muss?

Die Twitter-Files 13: Wie Pfizer Twitter nutzte, um die Debatte über die Covid-Impfstoffe zu unterdrücken

von Tara Grimm

Bereits in der Vergangenheit hat Pfizer bewiesen, dass sein Interesse an Profit das an Menschenleben möglicherweise überwiegt.© Quelle: Pixabay / Gerald Altmann / Freepik, Montage Bertolt Willison

„Manche Verschwörungen sind tatsächlich wahr." Mit diesen Worten eröffnet Elon Musk am 9. Januar das 13. Kapitel der Twitter-Files und übergibt dann an den Autor und ehemaligen Journalisten der New York Times, Alex Berenson.

Dieser hat in den vergangenen drei Jahren, laut Wikipedia, „hauptsächlich auf Twitter zahlreiche Behauptungen über das Virus und seine Impfstoffe verfasst [hat], die von der Mehrheitsmeinung der Wissenschaft abweichen." Ein Umstand, der Anlass dafür sein könnte, ihm eine gewisse Voreingenommenheit zu unterstellen. Doch wie die bisherigen Enthüllungen, so basiert auch dieser Teil auf internen Dokumenten aus der Twitter-Zentrale und somit auf überprüfbaren Fakten.

Berenson stellt das Ergebnis seiner Recherchen unter die Überschrift „Wie Dr. Scott Gottlieb – ein hochrangiges Mitglied des Aufsichtsrates von Pfizer – denselben Twitter-Lobbyisten wie das Weiße Haus nutzte, um die Debatte über die Covid-Impfstoffe zu unterdrücken, einschließlich eines führenden Kollegen der US-amerikanischen FDA (US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel)". Damit wird bereits angezeigt, dass dieser Teil der Twitter-Files eine neue Qualität aufweist.

Basierend auf der bisherigen Aufdeckung, insbesondere des orchestrierten Zusammenspiels der Medienplattform Twitter, einerseits und verschiedenster staatlicher Behörden wie FBI, Heimatschutzministerium, Justizministerium und sogar der CIA andererseits, veröffentlicht Berenson nun Interna über die Zensurbestrebungen eines leitenden Angestellten des Pharmakonzerns Pfizer. Die Informationen scheinen folglich konkreter zu werden, sowohl in Bezug auf die agierenden Personen als auch hinsichtlich der Thematik. Und anders als bei den vorherigen Kapiteln fasst Berenson seine Erkenntnisse nicht in einem mehrteiligen Thread auf Twitter zusammen, sondern in einem Artikel auf seiner Website.

„Am 27. August 2021", beginnt Berenson, „entdeckte Dr. Scott Gottlieb – ein Pfizer-Direktor mit über 550.000 Followern auf Twitter – einen Tweet, den er nicht mochte, einen Tweet, der die Verkaufszahlen der mRNA-Vakzine von Pfizer hätte beeinträchtigen können." Dieser Tweet habe auf korrekte Weise erklärt, dass eine natürliche Immunität nach überstandener Covid-Infektion wirksamer sei als jeder Impfschutz. Berenson führt aus, dass diese Äußerung, mit der das Weiße Haus aufgefordert wurde, „der Wissenschaft zu folgen", nicht etwa von einem Impfgegner wie Robert F. Kennedy Jr. stammte, sondern von Dr. Brett Giroir, welcher unter der Trump-Administration nicht nur der US-Vertreter im Vorstand der WHO gewesen war, sondern im Jahr 2019 auch als vorübergehender Kommissar der FDA nominiert und bestätigt wurde.

Obwohl Giroir gleichzeitig Menschen mit einem schwachen Immunsystem dazu aufrief, sich impfen zu lassen, ging Dr. Scott Gottlieb gegen ihn vor. Er wandte sich an Todd O'Boyle, einen Spitzen-Lobbyisten im Washingtoner Twitter-Büro, der interessanterweise gleichzeitig Twitters zentraler Kontakt zum Weißen Haus war. Der Post sei „zersetzend", beschwerte sich Gottlieb und äußerte die Befürchtung, „er könnte am Ende viral gehen und für neue Berichte sorgen."

Über Jira, ein internes System, mit welchem Twitter eingehende Beschwerden bearbeitete, leitete O'Boyle die Mail von Gottlieb an das Team „Strategische Reaktionen" bei Twitter weiter. „Bitte beachten Sie den Bericht des früheren Kommissars der FDA", schrieb er, was auf den ersten Blick nicht sonderlich bemerkenswert erscheint, jedenfalls sofern man die Tatsache unbeachtet lässt, dass sich hier ein weiterer externer Akteur mehr oder weniger unverhohlen an Twitter wandte, um die Zensur einer unerwünschten Meinungsäußerung einzufordern.

Doch der eigentliche Skandal findet sich an dieser Stelle in einer Auslassung. Wie Brett Giroir hatte auch Scott Gottlieb tatsächlich in der Vergangenheit die Position des Kommissars der FDA bekleidet. Was O'Boyle allerdings verschwieg, war, dass Gottlieb inzwischen sozusagen die Seiten gewechselt hatte und direkt nach seiner Zeit in der Regierungsbehörde im Jahr 2019 in den Vorstand von Pfizer gewählt worden war. Berenson schreibt dazu:

„Abgesehen davon, dass er ein ehemaliger Kommissar der FDA war, Mitarbeiter bei CNBC und ein prominenter Befürworter der Covid-Politik, war er leitendes Vorstandsmitglied bei Pfizer, das den mRNA-Spritzen im Jahr 2021 fast die Hälfte seiner Umsätze in Höhe von 81 Millionen USD verdankte. Pfizer zahlte Gottlieb für seine Arbeit in diesem Jahr 365.000 USD."

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Obwohl die Analysten des Teams „Strategische Reaktionen" feststellten, dass keine Verletzung der Twitter-Richtlinien vorlag, wurde der Tweet von Giroir als „irreführend" markiert, wodurch die Sichtbarkeit beinahe vollkommen eingeschränkt wurde. Und dabei blieb es auch, selbst als zahlreiche Studien belegten, dass Giroirs Aussagen über die natürliche Immunität der Wahrheit entsprochen hatten.

Wie Berenson dokumentiert, schlug Gottlieb nur kurze Zeit später wieder zu. Am 3. September 2021 beschwerte er sich erneut bei O'Boyle, dieses Mal über Justin Hart, einen Lockdown- und Impfkritiker, dessen Twitter-Account mehr als 100.000 Nutzer folgen. In dem von Gottlieb beanstandeten Tweet hatte sich Hart zu der verschwindend geringen COVID-19-Sterblichkeit bei Kindern geäußert.

„Warum Gottlieb gegen Harts Äußerung Einspruch einlegte, ist nicht klar", so Berenson, "allerdings stand Pfizer kurz vor der Zulassung seiner Spritze für Kinder zwischen 5 und 11 Jahren, was Pfizer einen weiteren umfangreichen Markt eröffnen sollte, falls die Eltern davon überzeugt werden könnten, dass Covid eine reale Bedrohung für ihre Kinder darstellt." Auch in diesem Fall sprach O'Boyle vom "früheren Kommissar der FDA Gottlieb" und ignorierte dessen aktuelle Position bei Pfizer. Die Vorwürfe seien jedoch so abwegig gewesen, dass Twitter zu diesem Zeitpunkt jegliches Eingreifen ablehnte.

Im folgenden Abschnitt beschreibt Berenson dann, wie Gottlieb im Oktober 2022 auch gegen ihn vorzugehen begann. Dabei sei Gottlieb allerdings nur Teil einer größeren Verschwörung gewesen, die unter anderem das Weiße Haus von Joe Biden einschließe. Auf Twitter sei auf öffentlicher und privater Ebene ein derartiger Druck aufgebaut worden, dass man im Grunde keine andere Wahl gehabt habe, als seinen Account zu sperren. Berenson kündigt an, das Weiße Haus, Gottlieb, Pfizer und andere in Kürze zu verklagen.

Nachdem Berenson am 13. Oktober 2022 diesbezügliche Beweise veröffentlicht hatte, erklärte Gottlieb am folgenden Tag auf CNBC, dass er Twitter lediglich deshalb zum Handeln aufgefordert habe, weil er wegen der zunehmenden Androhungen von Gewalt gegen Impf-Befürworter besorgt sei. Ein Argument, das in diesen Tagen fast schon inflationär verwednet wurde. „Ich bin nicht besorgt wegen der Debatte, die geführt wird", erklärte Gottlieb gegenüber dem CNBC-Moderator Kernan, „ich bin besorgt wegen der physischen Drohungen, die gegen die Sicherheit von Menschen getätigt werden."

Darüber hinaus beleuchtet Berenson weitere Fakten zur Person Gottlieb, die dessen Glaubwürdigkeit und Integrität zusätzlich in Frage stellen. Denn Gottlieb ist nicht nur Vorstandsmitglied von Pfizer. Er ist außerdem eines von sieben Mitgliedern der geschäftsführenden Kommission des Vorstands sowie Chef des Komitees für Regularien und Konformität, welches „die Konformität mit Gesetzen, Regulierungen und internen Prozessen" überwacht, die „auf pharmazeutische Verkäufe und Marketing-Aktivitäten anzuwenden sind."

Dass Gottliebs Zensurbestrebungen direkt mit seiner Tätigkeit für Pfizer in Zusammenhang stehen, dürfte kaum mehr zu bestreiten sein. Erschwerend kommt hinzu, dass Pfizer in der Vergangenheit bereits den unrühmlichen Beweis angetreten hat, dass sein Interesse an Profit das an Menschenleben möglicherweise überwiegt. Wie Berenson ausführt, hat das Unternehmen eine lange Geschichte bezüglich der Verletzung von Gesetzen und ethischen Vorgaben, zu deren Einhaltung die Pharma-Industrie verpflichtet ist. Im Jahr 2009 zahlte Pfizer beispielsweise die Rekordsumme von 2,3 Milliarden USD wegen betrügerischen Marketings für mehrere Medikamente. Und 1996 starben in Nigeria 11 Kinder im Rahmen einer klinischen Studie für ein Antibiotikum. Ein Vorfall, der John le Carré als Vorlage für seinen Roman „Der ewige Gärtner" diente.

„Also, wie wird Pfizer auf den schwarz auf weiß belegten Beweis aus den Twitter-Aufzeichnungen reagieren, dass eines seiner mächtigsten Vorstandsmitglieder insgeheim versuchte, die Diskussion über die mRNA-Spritzen zu unterdrücken, die bei Weitem das bestverkaufte Produkt seit 2020 waren? Und wird CNBC sich auch weiterhin von Gottlieb dafür benutzen lassen, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen?"

Mit diesen zwingenden Fragen schließt Berenson dieses Kapitel der Twitter-Files ab. Ruft man sich das Statement des FBI auf die jüngsten Enthüllungen im Hinblick auf seine zentrale Rolle bei der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Erinnerung, in welchem jede Kritik als „Verschwörungstheorie" abgekanzelt wurde, mögen Berensons Fragen beinahe rhetorisch erscheinen. Allerdings nutzt sich bekanntlich auch die effizienteste Waffe bei übermäßigem Gebrauch unweigerlich ab. Und so könnte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis das Argument der "Verschwörungstheorie" vor dem Fakt "Verschwörung" kapitulieren muss.

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