Der Corona-Guru der verflossenen Kanzlerin ist wieder aufgetaucht und buhlt um Medienaufmerksamkeit

Drosten droht wieder: Kranke schaden der Wirtschaft, weiß Lockdown-Macher Nummer eins

von Gregor Leip (Kommentare: 1)

Irgendwo in der Twilight-Zone zwischen strengen Regeln und milden Voraussagen ist auch Staatsvirologe Christian Drosten wieder aufgetaucht.© Quelle: Pixabay/creozavr, Youtube/ZDF Heute, Montage AW

Auf der Überholspur Richtung Coronajahr 2022/23 erleben wir auf den letzten Metern vor Herbst und Winter wieder jede Menge politische Fehlentscheidungen, und falsche Prognosen.

„Tatsächlich hat Deutschland im Moment die strengsten Regeln“, sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Hinzu kommt, dass das am Donnerstag im Bundestag verabschiedete neue Infektionsschutzgesetz von Oktober bis Ostern 2023 wieder weitergehende Regeln zu Masken und Tests vorsieht.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigt unverdrossen die x-te Auflage neuer Coronaregeln für den Herbst:

„Im Moment werden die Regeln angegriffen, weil sie zu streng sind. Das sind aber genau die Regeln, die wir benötigen, um das rechtzeitig in den Griff zu bekommen.“

Der Minister rechnet mit einer "mittelschweren Herbstwelle", er sieht derzeit aber keine Lockdowns auf Deutschland zukommen:

„Lockdowns sind nicht mehr vertretbar. Es sei denn, wir kämen zurück in die pandemische Lage.“

Irgendwo in dieser Twilight-Zone zwischen strengen Regeln und milden Voraussagen, zwischen Sorge und Wichtigtuerei ist auch Staatsvirologe Christian Drosten von der Berliner Charité wieder aufgetaucht und warnt vor einer neuen starken „Inzidenzwelle“ in Kombination mit neuen Virusvarianten „noch vor Dezember“.

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Er warnt, weiß aber nicht mehr so recht, wovor eigentlich. Der Köcher ist leer. Drosten macht trotzdem noch den halben Lauterbach. Aber mit welcher Hoffnung verbunden? Mal wieder einen Sessel bei Anne Will zu ergattern? Klassische Aufmerksamkeitsdefizite?

Aber so ein Sessel muss man sich mit der Thesenmaschine – kleine Schwester des Phrasendreschers – erst noch verdienen: Schwere Krankheitsverläufe sieht selbst Drosten nicht mehr. Stattdessen hat er sich ein neues Szenario ausgedacht, um sich in Sachen Panik den Lauterbach-Level vom Oktober 2021 zurückzuerobern.

Damals nämlich traf der heutige Gesundheitsminister Karl Lauterbach folgende Aussage:

„Klar ist aber, dass die meisten Ungeimpften von heute bis dahin entweder geimpft, genesen oder leider verstorben sind, denn das Infektionsgeschehen mit schweren Verläufen betrifft vor allem Impfverweigerer.“

Eingetreten ist dieses Horrorszenario bekannterweise nicht, also muss eine neue Idee her, mit ähnlichem Potential. Und hier wagt sich der vermeintliche Christian Drosten an Lauterbach vorbei aus der Deckung:

Die Infizierten müssten „vielleicht nicht ins Krankenhaus, aber sehr viele sind eine Woche krank", führte Drosten aus. "Wenn es zu viele auf einmal sind, wird es zum Problem."

Selbst bei leichten Krankheitsverläufen werden diese wahrscheinlich zu erheblichen Arbeitsausfällen führen, sagte der Direktor der Virologie an der Berliner Charité am Wochenende in einem Interview der Süddeutschen Zeitung (SZ)

Erstaunlich hier, dass Drosten nicht zu begreifen scheint, was als Gedanke nicht besonders kompliziert ist: Wirtschaftsschädigende Arbeitsausfälle gab es wegen der Lockdowns, einer desaströsen Wirtschaftspolitik und Sanktionen gegen Russland, sicher nicht wegen Erkältungs- oder grippeähnlicher Symptome.

Auch der Wirtschaft riet Drosten in der SZ, sich mit Stellvertreterregelungen und Team-Bildung auf eine Krankheitswelle vorzubereiten. Der Corona-Guru der verflossenen Kanzlerin forderte jetzt daher bessere Vorkehrungen der Politik.

„Bevor so viele krank werden, dass man nichts mehr einkaufen kann, dass die Krankenhäuser nicht mehr funktionieren oder kein Polizeibeamter auf der Wache sitzt, muss man Maßnahmen ergreifen".

Dazu gehöre für Drosten auch eine erneute Maskenpflicht in Innenräumen.

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Christian Drosten hat sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Er ist sicherlich kein Wirtschaftsfachmann und auch nicht Vertreter eines Wirtschaftsverbandes, dessen Wortmeldung Gewicht hätte.

Die tatsächlichen Probleme am Arbeitsmarkt sind dem Ukraine-Szenario geschuldet und werden bereits diskutiert. Das Drosten dieses heikle Thema nun für sein Comeback auf der großen Coroona-Apokalypse-Bühne missbraucht, überrascht doppelt, die Fehlerquote ist einfach zu hoch.

Fakt ist, das die Industrie aufgrund der exorbitant steigenden Gaspreise einen Produktionsstillstand und einen damit verbundenen Arbeitsausfall der Arbeitnehmer befürchtet.

Und nicht jeder Erkrankte ist automatisch arbeitsunfähig. So zeigen neuere Studien, etwa eine von der National Academy of Sciences in den USA, dass jeder dritte positiv Getestete keinerlei Symptome aufweist.

Zudem können Kurzarbeit und Homeoffice dazu beigetragen haben, dass sich viele Beschäftigte mit leichteren Infektionen gar nicht erst krankgemeldet haben.

Ende Februar 2022 dürften auf Basis dieser Annahmen ungefähr 725.000 Erwerbstätige mit COVID-19 infiziert gewesen sein. Dies würde einer Krankenstandsquote von 1,6 Prozentpunkten entsprechen.

Im Jahr 2019 haben sich durchschnittlich 4,4 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer krankgemeldet. Im Pandemiejahr 2021 belief sich der durchschnittliche Krankenstand in der gesetzlichen Krankenversicherung auf rund 4,34 Prozent.

Es ist also kein messbarer Zusammenhang zwischen einer möglichen Viruserkrankung in Deutschland und dem Krankenstand der Arbeitnehmer erkennbar.

Das Arbeitsmarkt-Szenario, das Christian Drosten hier auf Grundlage einer möglichen Ansteckungsrate mit Corona ab Dezember 2022 mit dem Düsterstift skizziert, hat seine möglichen Ursachen in einem ganz anderen Bereich.

Neben dem schon erwähnten sanktionsbedingten Ausfällen auf dem Energiemarkt berichtet der Focus heute von Engpässen in der Gastronomie, die aber weder etwas mit Krankheitsquoten durch Corona-Infektionen oder Energieengpässen zu tun haben.

Ein Gastwirt berichtet stellvertretend für die Branche, dass er einfach kein Personal finde.

Laut einer Umfrage des Branchenverbands suchen mindestens 60 Prozent der gastgewerblichen Betriebe nach Fach- und Hilfskräften.

Discobetreiber Yahya Firat macht den Staat und zu hohe Transferleistungen für die Krise verantwortlich. „Ich hatte Fälle von Leuten, die allein so 1600 Euro im Monat beziehen“, so Firat. Da sei die Bereitschaft, in einem Club zu arbeiten, gering.

Auch diese Situation hat mit Drostens Vorhersagen über coronabedingte Ausfälle nichts zu tun. Wenn wir uns dennoch in Deutschland darauf einlassen, werden wir durch erneute Infektionsschutzmassnahmen die Probleme nur unnötig vervielfältigen.

Aber das wissen wir längst. Und Leute wie Christian Drosten wissen das auch. Wenn er aber dennoch daran festhält, wird er seine Gründe dafür haben. Und er wird sich darauf einstellen müssen, sich irgendwann erklären zu müssen. Selbst die großen Talkshows sind der Corona-Prahlhans-Geschichten mittlerweile überdrüssig, wie Karl Lauterbach zuletzt schmerzlich erfahren musste, als die Scheinwerfer im Studio angingen.

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