„Genießen Sie Ihre verbleibende Zeit als Minister“

Ein offener Brief an Christian Lindner aus seinem Wahlkreis

von Corinne Henker (Kommentare: 21)

Meine Stimme verloren Sie endgültig mit Ihrer Zustimmung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht.© Quelle: Youtube / Finanzministerium TV Screenshot

Sehr geehrter Herr Lindner, als niedergelassene Fachärztin gehöre ich zum klassischen Wählerklientel Ihrer Partei. Tatsächlich war ich für lange Zeit FDP-Stammwählerin und großer Fan von Guido Westerwelle, den ich in Essen auch einmal live erleben konnte.

Er hatte verstanden, dass Wohlstand und Innovation (unternehmerische) Freiheit brauchen, dass man gewisse Ungleichheiten akzeptieren muss, da sozialistische Gleichmacherei letztlich immer nur zu gleicher Armut für alle führt - abgesehen vom kleinen Kreis derer, die sich für gleicher halten als die anderen.

Bedauerlicherweise konnte sich Herr Westerwelle nicht gegen die Ober-Populistin Merkel durchsetzen. Die schwarz-gelbe Regierung 2009 bis 2013 war eine einzige Enttäuschung: Einstieg in die EU-Transferunion und Atomausstieg markieren den Beginn einer langen Kette von Fehlentscheidungen.

Dennoch wählte ich auch 2013 noch einmal FDP: weniger aus Überzeugung, sondern nur deshalb, weil mir Schwarz-Gelb gegenüber der GroKo als kleineres Übel erschien.

Im Nachhinein bedaure ich noch mehr, dass es die FDP 2013 nicht über die Fünf-Prozent-Hürde schaffte. Als schwächster potentieller Koalitionspartner wäre sie für Merkel ein gefundenes Fressen gewesen: Zwangsläufig hätte man der Grenzöffnung 2015 zugestimmt und das Thema FDP wäre 2017 endgültig erledigt gewesen.

Aber Sie waren 2015 nicht mehr im Bundestag und konnten auf diese Weise 10,7 Prozent der Wähler 2017 davon überzeugen, dass Sie mit den Merkelschen Fehlentscheidungen nichts zu tun hatten. Ich gehörte nicht zu diesen 10,7 Prozent, aber Ihre damalige Äußerung „Lieber gar nicht regieren als schlecht regieren“ ließ mich hoffen, dass Sie meine Stimme irgendwann wieder wert sein könnten.

Doch es kam anders. Der erste Schock traf mich im Februar 2020, als Sie den demokratisch gewählten FDP-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich zum Rücktritt nötigten und seitdem eine linke Minderheitsregierung tolerieren.

Damals konnte ich Ihr mangelndes Rückgrat noch in gewisser Weise entschuldigen: Es hieß, sie wurden von Frau Merkel mit der Drohung genötigt, dass sie sonst alle CDU-FDP-Koalitionen platzen ließe. Und das Demokratieverständnis von Frau Merkel ist ja allseits bekannt. Doch es wurde schlimmer: Nicht nur hier in NRW trug Ihre Partei nahezu kritiklos alle Corona-Schikanen mit. Also wurde es auch 2021 nichts mit meiner Stimme für die FDP.

Frau Merkel war clever genug, die katastrophalen Folgen ihrer populistischen Fehlentscheidungen nach veröffentlichter Meinung vorauszusehen, und nahm sich rechtzeitig selbst aus der Schusslinie. Sie traten ihre Nachfolge an, geführt von grüner Kompetenz in Person von Robert Habeck und Annalena Baerbock.

Olaf Scholz grinste zustimmend. Gute Entscheidung! Zumindest dann, wenn man seine Wähler davon überzeugen will, dass die FDP mit Freiheit, Eigenverantwortung, sozialer Marktwirtschaft oder einfach nur Vernunft und Pragmatismus so gar nichts mehr anfangen kann.

Meine Stimme verloren Sie endgültig mit Ihrer Zustimmung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Seitdem arbeiten Sie eifrig daran, auch die Nicht-Mediziner aus Ihrer Wählerschaft zu vergraulen. Ich sehe ein, Sie haben es schwer gegen die rot-grün dominierten Leitmedien: Wenn es (vermeintlich) gut läuft in der Ampel-Koalition, ist es ein Verdienst der Grünen, gibt es Streit, trägt allein die FDP die Schuld. Aber mit ihrem aktuellen Schlingerkurs - erst milde Kritik, um dann stets doch einzuknicken und jeden grünen oder roten Irrsinn abzusegnen – vergraulen Sie Ihre immer kleiner werdende Wählerschaft, ohne bei den Medien oder der grünen Sekte irgendwelche Sympathien zu erwecken.

Bemerkenswert finde ich in dieser Hinsicht auch, dass Frau Strack-Zimmermann der Lieblingsgast Ihrer Partei für ÖRR-Talkshows zu sein scheint. Aus meiner Sicht ist sie der Ralf Stegner der FDP: Mit ihrer plumpen Aggressivität und maßlosen Selbstüberschätzung verschreckt sie selbst gutmütigste Wähler. Man hört, Sie wollen diese Dame als Spitzenkandidatin für die nächste EU-Wahl aufstellen. Gute Idee! Allerdings könnte sie mit Frau von der Leyen oder Herrn Hofreiter harte Konkurrenz bekommen. Und die SPD verfügt mit Herrn Kühnert und Frau Esken sogar über zwei Supertalente.

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Und jetzt die (vorläufige) Krönung: Ihre Wahlempfehlung für die SED-Nachfolger! Keine Sorge, ich habe Sie durchaus verstanden: Sie implizieren, dass es AfD-Wählern vorrangig um „populistische Sozialpolitik“ ginge und dass man dafür lieber die Linkspartei wählen sollte, denn die ist wenigstens nicht „rechts". Trotz Ihrer „Klarstellung“ fasse ich diese Aussage aus zwei Gründen als persönliche Beleidigung auf.

Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe 22 Jahre das totalitäre SED-System ertragen müssen, ehe ich im Mai 1989 fliehen konnte. Wenn jetzt der amtierende Finanzminister und Chef der „Freien Demokraten“ eine Wahlempfehlung für die SED-Nachfolger gibt, ist das einfach nur widerlich! Da hilft auch die Einschränkung „notfalls“ nicht weiter. Ihre Aussage ist ein Angriff auf alle Opfer der SED-Diktatur.

Zum anderen ist es doch die Ampel-Regierung selbst, die eine „populistische Sozialpolitik“ betreibt: Bürgergeld, erhöhter Mindestlohn, 9-Euro- bzw. 49-Euro-Ticket, geplante Kindergrundsicherung, Änderungen beim Wohngeld. Und es zeigen sich bereits die vorhersehbaren Folgen: Inflation und Rezession. Natürlich haben wir diese nicht nur der Ampel-Regierung zu verdanken, aber selbstverschuldet sind sie durch die Kette an Fehlentscheidungen seit der „Griechenland-Rettung“ 2010 eben doch.

Mittlerweile erkennen das immer mehr Bürger: Stattliche 79 Prozent gaben in einer Umfrage von ARD-Deutschlandtrend Ende Mai an, mit der Arbeit Ihrer Regierung „weniger“ oder „gar nicht“ zufrieden zu sein. Eine Mehrheit der Bürger im Land lehnt unkontrollierte Massenmigration ins Sozialsystem, Atomausstieg oder Habecks „Gebäudeenergiegesetz“ ab - aber Sie scheren sich nicht darum. Und wenn nun 20 Prozent der Wähler in Umfragen bzw. 52,7 Prozent in Sonneberg ihren Missmut zum Ausdruck bringen, indem sie ihre Stimme der AfD geben (wollen), erklärt man das zum drohenden Untergang der Demokratie.

Frau Faeser will die AfD verbieten (und könnte das dank ihrer Getreuen Haldenwang und Harbarth sogar schaffen) und der bisher untadelige Rechtsanwalt Sesselmann wird einer Gesinnungsprüfung unterzogen. Stefan Kramer, der Sozialpädagoge, der trotz fehlender juristischer Ausbildung zum Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen ernannt wurde, hat ja die Unabhängigkeit seiner Behörde bereits unter Beweis gestellt, als er potentielle AfD-Wähler als „20 Prozent brauner Bodensatz“ bezeichnete. Wie können Sie solche Aussagen als „freier Demokrat“ tolerieren und sogar ich eine („notfalls“-)Wahlempfehlung für die Regierung aussprechen, die Herrn Kramer 2015 ins Amt hievte?

Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf die sonstigen „Leistungen“ Ihrer Regierung. Das 49-Euro-Ticket ist ein Rohrkrepierer. Das neue „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ wird mit Sicherheit keine tatsächlich benötigten Fachkräfte ins Land bringen. Welche international gesuchte Fachkraft geht freiwillig in ein Land, das von Inflation und Rezession gebeutelt wird, die höchsten Energiepreise, Steuern und Sozialabgaben hat, in dem die Infrastruktur verrottet und das Bildungssystem rasant absteigt?

Hier sieht man, welche „Fachkräfte“ Ihre Politik tatsächlich ins Land holt. Und das „Gebäudeenergiegesetz“ ist eine einzige Katastrophe. Ein großer Teil der bereits vorhandenen Wärmepumpen muss demnächst wieder ausgebaut werden, weil flourierte Gase als gebräuchliches Kältemittel demnächst von der EU verboten werden.

Die Behauptung, dass Wärmepumpen CO2 sparen würden, kann ohnehin im Bereich „Sagen und Märchen“ abgelegt werden. Und dennoch wollen Sie und Ihre Kollegen das Gesetz mit marginalen Änderungen kurzfristig durch den Bundestag prügeln.

Von der irrsinnigen „Hitzeschutz“-Plänen des Herrn Lauterbach möchte ich hier gar nicht reden. Werden Sie sich eigentlich auch um den Kälteschutz kümmern, wenn es im nächsten Winter als Folge Ihrer Politik zu einer Gasmangellage kommen sollte und Herr Habeck wieder zum Sparen auffordert?

Meinen Sie wirklich, dass Sie so die Bürger von Ihrer Politik überzeugen können? Wenn es jemand wagt, Ihre Politik zu kritisieren, kommt regelmäßig der Ausspruch „Wir müssen es besser erklären“ oder „Wir müssen die Menschen mitnehmen“. Zugegebenermaßen hört man das häufiger von Grünen und SPD als von der FDP. Aber man hört von Ihnen auch keinen Widerspruch.

In gewisser Weise kann ich verstehen, dass Sie als Politiker uns Bürger für dumm halten: Schließlich haben wir Leute wie Robert Habeck, Annalena Baerbock, Karl Lauterbach, Nancy Faeser, Olaf Scholz oder auch Sie in ihre Ämter gewählt. Aber so langsam wacht das Fußvolk auf und beginnt sich zu wehren.

Persönlich verfüge ich über einen IQ auf der 99. Perzentile (Mensa-Test), überdurchschnittliche Bildung und überdurchschnittliches Einkommen durch eigene Arbeit. Ich gehöre zu den 14 bis15 Millionen Nettosteuerzahlern außerhalb des öffentlichen Dienstes, die diesen Laden (noch!) am Laufen halten.

Das Letzte, was ich brauche, sind Studienabbrecher, die niemals in ihrem Leben sinnvolle Arbeit geleistet haben, aber mir vorschreiben wollen, wie ich zu denken, zu leben und zu wählen habe! Und eine besondere Zumutung ist aus meiner Sicht, dass Leute über die Energieversorgung unseres Landes entscheiden dürfen, die offensichtlich noch nicht einmal den 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik verstanden haben. Wie steht es eigentlich um Ihre naturwissenschaftlichen Grundkenntnisse?

Offenbar haben Sie „Freiheit“ und „Demokratie“ aus dem tatsächlichen Handeln der FDP verbannt und setzen lieber darauf, dass sie im ökosozialistischen Einerlei gleicher sind als die Anderen. Bisher lief das so gut, dass es u.a. zu einer Luxus-Hochzeit auf Sylt und einer Villa in Berlin reichte. Dafür kann man schon tolerieren, dass die Regierungskollegen dem Fußvolk private Mobilität verbieten und den Wohnraum zuteilen wollen.

Ich hoffe aber, dass auch Ihre verbliebenen Wähler Ihre Heuchelei erkennen und Sie bei den nächsten Wahlen in Bund und Ländern endlos gültig unter die 5-Prozent-Hürde verbannen. Herr Rösler, Ihr Vorgänger als FDP-Vorsitzender, konnte bei seinem Ausscheiden immerhin auf eine ordentliche Ausbildung als Arzt verweisen, machte Karriere u.a. beim WEF und ist jetzt Honorarkonsul für Vietnam in der Schweiz. Ich bezweifle, dass es für Sie ähnlich gut laufen wird.

In diesem Sinne: Genießen Sie Ihre verbleibende Zeit als Minister!

Dr. med. Corinne Henker

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