Von Gregor Leip
400 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert die Menschheit jährlich. Wissenschaft.de hat versucht, zu berechnen, wie viele Liter Öl für die Plastikherstellung benötigt werden. Das Portal wollte wissen: Wie viel Erdöl steckt in einer Polyethylen-Einkaufstüte? Antwort:
„Aus einem Kilo Erdöl gewinnt man ein knappes halbes Kilo Polyethylen, teilt das Umweltbundesamt mit. Da man für die Tütenherstellung noch Erdgas und Energie benötigt, kann man mit dem Verhältnis 2 zu 1 rechnen. Eine durchschnittliche Einkaufstüte wiegt etwa 20 Gramm. Für deren Produktion braucht man also 40 Gramm Erdöl. Da ein Liter Öl rund 800 Gramm wiegt, benötigt die Herstellung dieser Plastiktüte 50 Milliliter oder ein Zwanzigstel Liter Erdöl.“
Vereinfacht zusammengefasst: Für die genannten 400 Millionen Tonnen Plastikmüll braucht es hinsichtlich des Gewichts eine noch höhere Menge an Öl. Neun Milliarden Tonnen Plastikmüll hat die Menschheit bisher insgesamt produziert.
Weitere Vergleichsgröße: Der Ölverbrauch für Personenkraftwagen liegt etwa bei einem Viertel der Menge und für Plastik bei rund zehn Prozent.
Wenn wir den bis heute von der Menschheit produzierten Plastikmüll nehmen und zu einem Würfel aufschichten, hätte dieser Würfel eine Kantenlänge von über 4000 Metern, verdichtet eine Kantenlänge von über 2000 Metern. Unverdichtet kann die Plastikmüllmenge also mit dem Mount Everest konkurrieren (eher Kegelform). Jetzt verhandeln in Genf 184 Staaten darüber, wie diese gigantische Menge an Plastikmüll reduziert werden kann.
Zunächst ist die Menge von 400 Millionen Tonnen pro Jahr unfassbar hoch, zumal Plastik leicht ist und im Volumen noch unvorstellbarer erscheint (siehe die vorangehende Berechnung).
Unklar bleibt in der Medienberichterstattung zum Genfer Treffen, wie viel dieser 400 Millionen Tonnen jährlich im Kreislauf verbleiben und wie viele Millionen Tonnen beispielsweise verbrannt oder recycelt wiederverwendet werden. 22 Prozent der Plastikmüllmenge sollen zudem, so wird berichtet, illegal entsorgt werden.
Wie ist die Situation und Entwicklung in Deutschland? Discounter, allen voran die drei großen Ketten Aldi, Lidl und Netto, kommen ohne Plastikverpackungen längst nicht mehr aus.
Historisch betrachtet hat Aldi mit seinen Filialen mit dem Abverkauf seiner Warenpalette aus dem Karton begonnen. Der Verkauf von Frischwaren blieb zunächst dem Einzelhandel, dem Gemüsehändler, Schlachter, Fischverkäufer und Käseladen vorbehalten. Ohne die notwendige Verpackung und Verschweißung von Frischwaren in Plastikfolie waren Gemüse, Obst, Käseprodukte und Fleischwaren nur als haltbare Dauerwaren erhältlich – natürlich wurden auch hier Verpackungen benötigt.
Verpackungen unterliegen vielfach strengen nationalen und europäischen Auflagen. Immer mehr erweiterten die Discounter seit ihrer Gründung ihr Angebot bis hin zu riesigen offenen Kühltheken mit in Folie eingeschweißten Frischwaren.
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In Deutschland gibt es etwa 15.000 Discounter – jeweils mit meterlangen offenen Kühltheken. Wer kennt sie nicht, die wohlige Discounter-Gänsehaut, wenn man im Sommer durch den Laden geht – noch gesteigert, wenn man an den um 2–4 Grad heruntergekühlten offenen Kühltheken vorbeigeht? Hier wäre eine Energieverbrauchsberechnung pro Jahr mal interessant. Der Billigdiscounter ist ein wichtiges Volkssedativum – noch traut sich der grüne Staat nicht an diese Kühlungen in den Konsumtempeln.
Im Jahr 2020 feierte der „Grüne Punkt“ sein 30-jähriges Jubiläum. Wer jetzt vermutet, das ginge auf die Kappe der Grünen, sie hätten hier maßgeblich für die Einführung gesorgt, der irrt: Der 2024 verstorbene CDU-Bundesumweltminister Klaus Töpfer verlangte damals von Unternehmen, die Verpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen.
Wozu führte das alles in den folgenden Jahrzehnten? Die Deutschen gehören weltweit zu den fleißigsten Mülltrennern.
Aber hinter dieser Sammel- und Trennwut verbirgt sich ein Wehmutstropfen: Die Verpackungsindustrie und vornehmlich die vom Verkauf der plastikverpackten Waren profitierenden Discounter erreichten einen anhaltenden, ungebremsten Verkauf ihrer Waren nach dem Motto: Die Umverpackungen werden doch anschließend vernünftig entsorgt, so die Beruhigung.
Werden die sorgsam getrennten Verpackungen wirklich durch Recycling dem Kreislauf wieder zugeführt und belasten somit die Umwelt nicht?
Das Sammeln, Granulieren und Wiederverwenden ist längst im Bewusstsein der Kunden etabliert. Minister Töpfer und die Unternehmen hatten ihr Ziel erreicht: Weiteres ungebremstes Verkaufen von plastikverpackten Waren.
In den letzten Jahren wird allerdings zunehmend klarer, dass die Trennung von Plastikmüll nicht zur erhofften umfassenden Kreislaufwirtschaft geführt hat. Die Kunden wurden getäuscht. Und sie ließen sich vielfach gern täuschen – eine sedierte Bequemlichkeit.
Politik und produzierende Unternehmen haben durch die Einführung des Grünen Punktes eben nicht nur für eine umweltgerechte Verwertung gesorgt, sondern einen riesigen Täuschungs- und Beruhigungsapparat aufgebaut, der dafür gesorgt hat, dass die Kunden weiterhin ungebremst Plastikverpackungen akzeptieren in der scheinbaren Gewissheit, dass sie einer umweltneutralen Kreislaufwirtschaft unterliegen.
Ein Teil des geflissentlich getrennten Plastikmülls wird – dem deutschen Kunden und Weltmeister im Mülltrennen weitestgehend unbekannt – einfach nach Asien verschifft, dort umweltschädlich verbrannt oder einfach irgendwo verklappt. 2023 seien rund 158.000 Tonnen Kunststoff-Abfälle aus der Bundesrepublik dorthin transportiert worden und damit circa 51.000 Tonnen mehr als ein Jahr zuvor, teilte etwa der Entsorgungsverband BDE mit.
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Kommentar von H S
Das einzig wirklich Lebensfeindliche ist die Gier nach Geld, die über alles gestellt wird.
Oder anders gesagt: man kann nicht ewig nur ausrauben. Und jetzt wird geweint, ich lach mich tot.
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Kommentar von Joly Joker
Ich bin ein weitgereister Mensch und habe die Müllentstehung auch in unterentwickelten Staaten miterlebt. Deshalb halte ich es für unsinnig dem Westen die Vermüllung des Planeten zu zuschieben. Es ist richtig, dass wir Müll nach Afrika und Asien zwecks Sortierung und Wiederverwertung exportieren. Allerdings ist doch schon bewiesen, dass in diesen Ländern Plastikmüll selbst erzeugt und einfach weggeworfen wird. Dort gibt es kein Recycling und Vorsortierung. Unsere Exporte dienen eigentlich nur einer Müll-Mafia als permanente Bereicherungsmöglichkeit. Wir dürfen weltweit Verpackungsmaschinen verkaufen und die Verpackungsfolien; aber unsere Verbrennungsanlagen werden nicht oder kaum nachgefragt, und wenn dann nur ohne Filter. Das gilt auch für die Kohlekraftwerke. Weitere Vermüllung findet auch durch unsere Lebensmittelexporte statt. Wir schicken diese Lebensmittel tropentauglich und mehrfach verpackt. Diese Verpackungen werden dann auf der Straße oder im Fluss entsorgt. Ich denke mal, dass ohne diese Verpackung von Lebensmitteln die Entwicklungsländer eine reduzierte Bevölkerungsreduktion hätten. Auch hier wären ohne sterile Verpackungen unser Leben deutlich kürzer.
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Kommentar von Ostdeutsche
Ich denke ähnlich wie Herr Salzmann. Warum nicht den Müll in einer modernen Anlage verbrennen und damit einen Stadtteil (oder was auch immer) heizen?
Übrigens ist es ein Wermutstropfen, der irgendwo hineinfällt (Wermut=bitter). Mit Wehmut hat es nichts zu tun.
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Kommentar von Dr. Wolfgang Salzmann
Ich halte den Artikel für dumm und moralisierend, der in keiner Weise zu irgendeinem sinnvollen Erkenntnisgewinn beiträgt.
Die absoluten Mengen zu benennen ist lächerlich, da kann man auch andere Analogien finden die beeindruckende Zahlenwerte liefern, ohne Relevanz zu haben - sei's die Menge an Nahrung, die ein Volk von 85 Millionen im Jahr zu sich nimmt oder die Menge an Wasser die dieses trinkt. Das ganze am besten dann auch noch versinnbildlicht in Gestalt von irgendwelchen Bergen oder Würfeln ...
Fakt ist: Würde man den Kunststoffverpackungsmüll energetisch verwenden, so würde man den hohen Heizwert nutzen und damit einen wertvollen Beitrag zur Energieversorgung der Gesellschaften leisten. Das ist jedoch aus ideologischen Gründen verboten, lieber baut man Windräder, die am Ende ihres Lebens mit einem Anfall von enormen Mengen an Plastikmüll aus den Flügeln für eine wirkliche Entsorgungsproblematik sorgen. Kunststoffabfälle hingegen lassen sich hervorragend thermisch/energetisch verwenden.
Und was in Asien oder Afrika im Meer landet oder anderswie auf eine unseres Erachtens schlimme Weise entsorgt wird, ist doch zu aller erst einmal die Verantwortung der dortigen Gesellschaften. Schließlich haben wir es dort mit souveränen Staaten zu tun und nicht mit irgendwelchen Neokolonialistischen Mündeln der ach so überlegenen Europäer, die zu entscheiden und zu beurteilen haben, ob der Rest der Welt alles stets richtig oder falsch macht.
Abgesehen einmal davon: die Entwicklung der modernen Verpackungstechnologien war die Voraussetzung dafür, den Verlust von Lebensmitteln durch Verderb dramatisch zu senken. Und damit einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit der Gesellschaften als auch der Vermeidung von enormen Lebensmittel-Verlusten im Rahmen der Lieferketten zu erreichen.
Antwort von Alexander Wallasch
Wie gesagt: Wir sind hier nicht bei X oder Facebook. Beleidigungen gegen die Arbeit unser Autoren löschen wir in der Regel.
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Kommentar von T S
Man kann auch im Edelladen einkaufen und dort die plastikfrei präsentierten Auslagen mit geschmeicheltem Gewissen in die mitgebrachte Baumwolltasche packen.
Daß die Transportverpackung derweil von emsigen Mitarbeitern still heimlich und leise längst zuvor abgemacht wurde und sich im Hinterhof bis zur nächsten Abholung türmt so genau will man das ja dann doch nicht wissen.
Der Großteil des Plastemülls entsteht bereits vor der Ankunft beim Endverbraucher, von Fischernetzen und Trasnportsäcken über Hilfsmittel, Transport- und Umverpackungen bis hin zu Versandverpackungen auf den letzten Metern.
Was hilft? Letztlich generell weniger und dafür bewußter, langlebiger und hochqualitativer konsumieren. Sowie bei Lebensmitteln möglichst lokal kaufen, denn das saftige Schlangengemüse oder der Weinbergpfirsich aus der Nachbarschaft braucht kein Gurkdom oder Polsternetz für die Fernreise aus den Subtropen.
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Kommentar von winfried Claus
Es gibt Plastik, was sich selbst zersetzt und zu Erde wird. Das normale Plastik wird einfach verbrannt und man holt noch etwas von seiner Energie heraus. So passiert das hier!
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Kommentar von Palmström
Wer erteilt die Ausfuhrgenehmigung für Sekundär-Plastik? Die Beamtenschaft im grün-roten Rock.