Von Gregor Leip
Die Zahl chinesischer Studierender an westlichen Universitäten steht im Fokus einer zunehmend angespannten geopolitischen Lage. Besonders in den USA hat ein deutlicher Rückgang der Einschreibungen aus China für Schlagzeilen gesorgt. Laut einem Artikel von Zeit Online vom 29. Mai 2025 sank die Zahl chinesischer Studierender an US-Universitäten von 370.000 im Jahr 2019 auf 277.000 im Jahr 2024. Die Zeitung führt dies auf eine „zunehmend chinafeindliche Politik“ der USA zurück und beginnt ihren Bericht mit dem Satz: „Die USA gehen weiter gegen Ausländer vor.“
Doch ist diese Einschätzung differenziert genug? Ein Blick auf die Hintergründe in den USA, Deutschland und Großbritannien zeigt ein komplexes Zusammenspiel aus Sicherheitsbedenken, wirtschaftlicher Konkurrenz und politischen Spannungen.
US-Außenminister Marco Rubio setzt sich laut Zeit Online für eine konsequente Widerrufung von Visa für chinesische Studierende ein. Republikanische Politiker argumentieren, dass an US-Universitäten, die sie als „zu woke“ und „linksliberal“ kritisieren, antisemitische und antiamerikanische Umtriebe zunehmen. Darüber hinaus sehen sie in chinesischen Studierenden ein Sicherheitsrisiko. Insbesondere befürchten sie, dass einige Studierende, vor allem solche mit staatlichen Stipendien aus China, sensible Technologien und Forschungsergebnisse an die chinesische Regierung weitergeben könnten.
Diese Bedenken sind nicht neu. Bereits seit Jahren gibt es in den USA Diskussionen über Wirtschaftsspionage und den Transfer von Know-how durch chinesische Studierende und Wissenschaftler. Die US-Regierung hat darauf mit strengeren Visa-Regeln, Zöllen auf chinesische Produkte und Einschränkungen für chinesische Unternehmen reagiert, um den technologischen und wirtschaftlichen Vorsprung der USA zu sichern. Ob diese Maßnahmen tatsächlich „ausländerfeindlich“ sind, wie von Zeit Online dargestellt, oder vielmehr Teil einer strategischen Absicherung im globalen Wettbewerb, bleibt umstritten.
Auch in Deutschland sind chinesische Studierende in den letzten Jahren verstärkt ins Blickfeld geraten. Im Wintersemester 2022/23 waren etwa 42.600 Studierende aus China an deutschen Hochschulen eingeschrieben. In Bundesländern wie Baden-Württemberg zahlen sie als Nicht-EU-Bürger neben den regulären Semesterbeiträgen von etwa 200 Euro zusätzliche Studiengebühren von 1.500 Euro pro Semester, während andere Bundesländer keine solchen Gebühren erheben.
Im Vergleich dazu sind die Kosten in Großbritannien (typischerweise zwischen 15.000 und 46.000 Pfund pro Jahr für ein Bachelorstudium, in Ausnahmefällen wie Medizin bis zu 50.000 Pfund) oder den USA (zwischen 15.000 und 60.000 Dollar pro Jahr, je nach Universität) deutlich höher, was Deutschland für viele attraktiv macht.
Doch auch hier gibt es Misstrauen. Einige deutsche Hochschulen, wie die Universität Erlangen-Nürnberg, äußern Bedenken, dass chinesische Studierende – insbesondere Doktoranden mit staatlichen Stipendien – möglicherweise Informationen für die chinesische Regierung sammeln könnten. So hat Erlangen-Nürnberg einzelne Doktoranden aufgrund von Spionageängsten ausgeschlossen. Es besteht die Sorge, dass chinesische Unternehmen über Studierende an deutsche Technologien und Innovationen gelangen, sei es durch Spionage oder unerlaubten Wissenstransfer. Diese Befürchtungen wurden durch Berichte über die enge Verzahnung von chinesischen Universitäten, Unternehmen und der Regierung verstärkt.
Weiterlesen nach der Werbung >>>
Ihre Unterstützung zählt
Die Sorge um Wissenstransfer ist eng mit Chinas wirtschaftlichem Aufstieg verknüpft. Jahrzehntelang profitierten westliche Unternehmen wie Volkswagen von Kooperationen mit chinesischen Partnern. Diese waren jedoch oft mit verpflichtendem Technologietransfer verbunden, da ausländische Firmen in China nur unter solchen Bedingungen operieren durften. Inzwischen hat China dieses Wissen genutzt, um eigene, global konkurrenzfähige Produkte zu entwickeln – oft ohne westliche Unterstützung. Heimkehrende Studierende, die im Ausland wertvolle Kenntnisse erworben haben, tragen ebenfalls dazu bei.
Ein Wendepunkt in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit war die Corona-Pandemie. Die anfängliche mangelnde Transparenz der chinesischen Regierung bezüglich der Forschung in Wuhan, etwa zur Herkunft des Virus, hat das Vertrauen in gemeinsame Forschungsprojekte nachhaltig erschüttert. Deutsche Hochschulen, die zuvor Austauschprogramme und gemeinsame Lehrpläne mit China entwickelten, hinterfragen nun die Risiken solcher Kooperationen.
Im Vergleich zu Studierenden aus anderen Regionen, etwa aus muslimischen Ländern, die durch „Pro-Palästina“-Aktivismus oder andere politische Engagements auffallen, bleiben chinesische Studierende in ihren Gastländern oft unauffällig. Sie scheinen weder politisch noch religiös stark in Erscheinung zu treten, was sie für Gastländer wie Deutschland schwer greifbar macht. Doch genau diese Zurückhaltung nährt in manchen Kreisen Misstrauen: Operieren sie „unter dem Radar“, um strategische Ziele der chinesischen Regierung zu verfolgen?
Die Debatte um chinesische Studierende an westlichen Universitäten zeigt die Herausforderungen einer globalisierten Wissenschaftswelt. Einerseits sind internationale Studierende eine Bereicherung für Forschung und kulturellen Austausch, andererseits werfen die geopolitischen Ambitionen Chinas Fragen nach Sicherheit und Fairness auf. Pauschalisierungen wie „Ausländerfeindlichkeit“ greifen zu kurz, um die komplexen Beweggründe hinter Visa-Einschränkungen oder Kooperationsbedenken zu erklären. Stattdessen braucht es eine differenzierte Diskussion, die sowohl die Vorteile der Zusammenarbeit als auch die Risiken eines ungleichen Wissenstransfers berücksichtigt.
Westliche Länder stehen vor einem Balanceakt: Sie müssen ihre Universitäten offen und attraktiv halten, ohne naive Technologie- und Wissenstransfers zu riskieren. Für Deutschland könnte dies bedeuten, Kooperationen mit China kritischer zu prüfen, ohne den Austausch komplett einzustellen. Denn eines ist klar: Chinesische Studierende werden auch in Zukunft ein wichtiger Teil der globalen Wissenschaftslandschaft bleiben.
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Zur Anmeldung
Kommentare
melden
Kommentar von .TS.
Wenn Chinas Interesse am westlichen Akademikbetrieb sinkt bedeutet wohl vor allem eines: Daß es sich für China kaum noch lohnt hierher zu kommen.
Wozu auch - Wissenschaft können sie selber längst auf Weltspitzenniveau, und Wokewünschdirwas ist dort unerwünscht.
melden
Kommentar von Walter Knoch
Studierende sind Studierende, wenn sie sich mit Ihren Unterlagen beschäftigen, eine Vorlesung hören etc. Wenn Sie sich am späten Abend ihre Zeit mit einer ebenso schweißtreibenden wie lustvollen Tätigkeit vertreiben, sind sie keine Studierenden, Studenten bleiben sie. MUSS ich ausgerechnet bei Wallasch jetzt auch diese Genderunart lesen! Hoffentlich nicht, ansonsten würde ich mich hier gerne verabschieden.
Antwort von Alexander Wallasch
Ja, gern woanders hingehen! Danke sehr für das bisherige Vertrauen.
melden
Kommentar von Bernd Wessels
Falls bei Wallasch zukünftig mehr gegenderter Bockmist zu lesen ist, wird es weniger Leser geben. Das garantiert Ihnen einer davon.
melden
Kommentar von Dr. Klaus Rocholl
"... Chinas Studierende" ???
Jetzt geht das hier auch schon los mit dieser geisteskranken Sprachstörung!
DANKE für die frühe Warnung - ein Artikel weniger, den ich lesen muß.