Wie Zuzug seit 1700 die Deutschen veränderte – und warum 2015 alles kippte

Gibt es das deutsche Volk noch? Migration und Identität auf dem Prüfstand

von Gregor Leip (Kommentare: 11)

Wunsch oder Wirklichkeit?© Quelle: Pixabay/Kamyq, Screenshot

Man will uns einreden, das deutsche Volk sei ein Märchen, zerfleddert durch Migration und Multikulti. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Das deutsche Volk existiert – vielfältig, widersprüchlich, aber real. Die Frage ist, ob wir es bewahren oder durch politische Experimente opfern.

Deutsche Sprache, Kultur und Geschichte haben eine klare Kontinuität – trotz aller Umbrüche. Von 1700 bis 1960 war Zuwanderung fast ausschließlich europäisch, kulturell nah. Erst die politisch gewollte Massenmigration ab den 1960er-Jahren, vor allem die Zäsur von 2015, hat die Frage nach dem „deutschen Volk“ zur Zerreißprobe gemacht.

Die Debatte um das „deutsche Volk“ ist ein ideologischer Dschungel. Für die einen ist es eine Illusion, aufgelöst durch Migration. Für die anderen ein Fels in der Brandung: Sprache, Geschichte, Kultur.

Aber statt sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen und sich mit Unterstellungen zu beschimpfen, lohnt ein Blick auf die Zahlen: Wie hat sich die deutsche Bevölkerung durch Zuzug seit 1700 verändert? Wie „multikulti“ sind die Deutschen wirklich? Und wie steht Deutschland im Vergleich zu Völkern, die sich selbstbewusst als solche begreifen?

Ein historischer Zuzug nach Deutschland bzw. ins heutige deutsche Staatsgebiet war bis etwa Mitte der 1960er Jahre europäisch, erst danach mit der massenhaften Anwerbung von Türken ein globaler.

Deutschland war keineswegs „schon immer“ ein Einwanderungsland, wie oft behauptet. Bis in die 1960er-Jahre war Migration begrenzt, meist regional und fast durchweg europäisch-kulturell geprägt. Im 18. Jahrhundert, im Heiligen Römischen Reich, gab es Binnenwanderung, aber auch starke Abwanderung. Schätzungen zufolge zogen zwischen 1749 und 1803 etwa 90.000 bis 100.000 Menschen aus Südwestdeutschland in die Donauländer, 25.000 nach Russland und 200.000 nach Amerika. Zuzug von außen war selten, aber kulturell nah: Friedrich II. holte etwa 284.000 Siedler nach Preußen, vor allem Polen, Böhmen oder Hugenotten, die sich schnell integrierten.

Ab Ende des 19. Jahrhundert wuchs die Bevölkerung des Deutschen Kaiserreichs (gegründet 1871) von 41 Millionen auf 66,3 Millionen (1912) . Das lag allerdings an hohen Geburtenraten und sinkenden Sterberaten, nicht an Masseneinwanderung.

Zuzug gab es, etwa polnische Arbeitsmigranten ins Ruhrgebiet, doch diese waren kulturell europäisch verwandt. Die Auswanderung in die USA war größer: Millionen Deutsche verließen das Land zwischen 1820 und 1920.

Im 20. Jahrhundert blieb Migration bis Anfang 1960 durchweg europäisch geprägt. Nach 1945 kamen Millionen Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten – Deutsche oder kulturell Nahe. In den 1950er- und 1960er-Jahren wurden Gastarbeiter aus Italien, Griechenland oder Jugoslawien angeworben, ebenfalls Europäer.

Erst ab den 1960er-Jahren, mit der Anwerbung türkischer Arbeitsmigranten, begann eine globale, kulturell fernere Migration.

Die tatsächliche Zuwanderung muss immer ins Verhältnis gesetzt werden zum Lebensgefühl der Deutschen. Verkürzt formuliert: Wer sich selbst für weltoffen hält, ist noch lange kein Weltenbürger.

Die Zäsur kam 2015, als die Bundesregierung unter Angela Merkel die Grenzen öffnete. Laut Statistischen Bundesamt lebten 2021 etwa 14,2 Millionen Eingewanderte in Deutschland (17,3 Prozent der Bevölkerung), viele seit 2015. Dazu kommt eine nicht unerhebliche Zahl von Nachkommen von Migranten. Das war oft kein natürlicher Wandel, sondern vielfach politische Steuerung.

Migration war in Deutschland nie gleich verteilt. Industrieregionen wie das Ruhrgebiet, Bayern oder Baden-Württemberg zogen Migranten an, ländliche Gebiete wie Mecklenburg-Vorpommern oder die Oberpfalz blieben homogener. Im 19. Jahrhundert kamen Polen ins Ruhrgebiet. In Ostdeutschland war Zuzug bis 1990 durch die DDR-Isolation minimal, später kamen Polen oder Russlanddeutsche.

Die Flucht, Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen ab Ende 1944 und rund um das Kriegende 1945 sorgten für eine nie dagewesene Binnenmigration von Deutschen. Mit einer Migrationsgeschichte von Nichtdeutschen hat das allerdings nichts zu tun.

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Aktuelle Daten zeigen krasse Unterschiede: Großstädte wie Berlin (ca. 35 Prozent Migrationshintergrund), Hamburg oder München sind kulturell vielfältig, ländliche Regionen wie Ostfriesland oder die Lausitz „deutsch“. Der „Go East“-Trend seit 2017 bringt Binnenmigration aus dem Westen, aber Ostdeutschland bleibt weniger „bunt“. Diese Kluft zeigt: Es gibt im Detail durchaus unterschiedlichen Identitäten.

2022 hatten 28,7 Prozent der Deutschen einen Migrationshintergrund, das heißt, sie oder ein Elternteil wurden nicht in Deutschland geboren. Davon kommen 62 Prozent aus Europa, 24 Prozent aus Asien, 5 Prozent aus Afrika.

Bis 1960 war Migration fast ausschließlich europäisch – Polen, Böhmen, Hugenotten, Italiener –, kulturell nah und nach wenigen Generationen weitestgehend assimiliert bis auf wenige kulturelle Eigenheiten.

Seit den 1960er-Jahren, vor allem nach 2015, wuchs die Diversität durch globale Migration. Doch 71 Prozent der Bevölkerung haben keinen Migrationshintergrund – eine Mehrheit mit tiefen Wurzeln.

Die Wende von 2015 war politisch erzwungen. Über eine Million Migranten, viele aus kulturell fernen Regionen, veränderten die Demographie. Städte sind heute oft fremd, während ländliche Regionen stabil bleiben. Migration ist kein Naturgesetz, sondern vielfach eine Frage der Politik.

Wie steht Deutschland im Vergleich zu Nationen, die ihre Identität als Volk nicht infrage stellen bzw. deren Identität nicht in Frage gestellt wird? Mit nur etwa zwei Prozent Ausländern ist Japan sehr japanisch. Migration ist strikt reguliert, das „japanische Volk“ unumstritten. Aus diesem Blickwinkel erscheint Deutschland tatsächlich mosaikartiger – die Diversität ist höher, die Einheit fragiler.

Polen lebt seine Identität durch Sprache, Kultur und Geschichte. Heute sind nur 5 Prozent Ausländer. Das „polnische Volk“ ist klarer definiert als das deutsche, das durch jüngere Migration gespalten ist.

Schweden war lange homogen, hat aber seit den 1970er-Jahren durch Asylpolitik über 25 Prozent Migrationshintergrund. Dennoch hält Schweden an seiner Identität fest. Deutschland hat mehr Migration und weniger Rückhalt, was die eigene Identität betrifft.

Von 1700 bis etwa 1960 war Migration europäisch, kulturell nah, oft unauffällig. Erst seit den 1960er-Jahren, vor allem seit 2015, wurde sie global und konfliktträchtig.

28,7 Prozent Migrationshintergrund sind viel, aber 71 Prozent ohne Migrationshintergrund zeigen Kontinuität. Herkunft, parallel verlaufende Familiengeschichten und Schicksale, Sprache, Kultur, Geschichte – von Luther bis zur Verfassung – sind ein Fundament, das nicht wegdiskutiert werden kann.

Doch die politisch erzwungene Massenmigration fördert Risse. Während Japan oder Polen ihre Identität verteidigen, bekämpfen linkspolitische Kreise in Deutschland die Identitätsbeschreibung. Aber ein Volk ist mehr als Zahlen. Es ist ein „Wir“, gewachsen aus Geschichte und Werten. Das deutsche Volk existiert – vielfältig, widersprüchlich, aber real. Die Frage ist, ob wir es bewahren oder durch politische Experimente opfern.

Anmerkung: ich bin kein Historiker. Ich habe aber nach bestem Wissen recherchiert und geschlussfolgert. Bitte ergänzen oder verbessern Sie meine Zusammenfassung gern in den Kommentaren.

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