Wem Ukrainepolitik gegen Russland wichtiger ist als Energieversorgung, stellt seine Legitimität infrage.

Habecks Gasmangel ist politisch gewollt – Deutschland wird von Putin windelweich geprügelt

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 10)

Der Rubelkurs ist nicht, wie US-Präsident Biden großspurig ankündigte, durch die Sanktionen zu „Rubble“ (Schutt) geworden, sondern er ist nach Einschätzung von CBS heute die stärkste Währung weltweit.© Quelle: privat

Habecks Gasproblem: Herr Habeck hat Probleme mit dem Russengas. In der vergangenen Woche verkündete er nämlich in seiner Funktion als Bundesminister, „der mit Deutschland noch nie etwas anzufangen“ wusste, die zweite Stufe des Notfallplans Gas. Gas sei ab sofort ein knappes Gut.

Im dunklen Anzug und mit einer Krawatte, passend für jede Trauerfeier, meinte er, es könne sogar ein harter Winter auf uns zukommen, und die Bürger sollten Energie einsparen, zum Beispiel beim Duschen.

Dann ließ der Minister verlauten, er befürchte, der Russe könne uns sogar schon im Juli den Gashahn zudrehen. Sein Chef der Bundesnetzagentur warnte vor einem Totalausfall des Russengases. Es könne sein, dass, wenn am 11. Juli die angekündigte zehntägige Wartung der Gaspipeline North Stream 1 beginne, die Russen nach dem 21. Juli den Gashahn nicht wieder aufdrehen. Und dann, und nicht erst im Winter, sitzen wir auf dem Trockenen. Gas sparen ist deshalb erste Bürgerpflicht.

Sicherlich, ohne Russengas wird zuhause das Duschen kälter und die Gasrechnung teurer. Dass das Frieren und Sparen für die Gasrechnung aber nicht alles sein wird, sollte auch dem deutschen Milchmädchen klar sein.

Aber darüber möchte die Politik ungern reden, denn auch hier gilt die klassische „de Maizière-Formel“, mit der unangenehme Wahrheiten zurückgehalten werden: Teile der Antwort würden die Bevölkerung verunsichern, andere Teile würden die künftige Arbeit der Behörden erschweren.

Offener in ihren Einschätzungen sind dagegen einige Industriekapitäne, vor allem von der hauptbetroffenen chemischen Industrie. Der Chef der Ludwigshafener BASF Martin Brudermüller sagte, dass ein Ausfall der russischen Gaslieferungen zur Zerstörung der deutschen Volkswirtschaft führen würde.

Der Chef von Evonik Industries, dem größten deutschen Spezialchemieunternehmen, Christian Kullmann, der zugleich auch Präsident des Bundesverbandes der chemischen Industrie ist, stellte in der vergangenen Woche im WDR-Fernsehen fest, dass ohne Gas die chemische Industrie nicht mehr produzieren könne.

Und er erläuterte dann, was dies für unsere Volkswirtschaft bedeutet: Rund 90 Prozent aller Industrieprodukte seien in irgendeiner Weise von der chemischen Industrie abhängig, ob dies Verpackungen, Farben, Düngemittel, Medikamente, Lebensmittel oder Treibstoffe usw., usw. sind. Die chemische Industrie sei in unserer Volkswirtschaft das Herz, und wenn es aufhört zu schlagen, würden alle anderen Industrien und dann die gesamte Volkswirtschaft zum Stillstand kommen.

Und stehe einmal die chemische Industrie still, sei es ungewiss, wie sie wieder zum Laufen gebracht werden könnte, denn eine solche Situation hätte es in Deutschland noch nie gegeben.

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Man sei auf einen solchen Restart auch nicht vorbereitet. Jedenfalls könne man den Hebel nicht einfach wieder auf „Ein“ schalten. Um zu erahnen, was das bedeutet, braucht man keinen Universitätsabschluss. Würde nichts oder fast nichts mehr produziert, explodieren die Preise für das, was noch da ist, und die Beschäftigten in der Industrie wären auf unabsehbare Zeit beschäftigungslos. Die Inflation würde dann so richtig losgehen.

Und wenn die deutsche Industrie kollabiert, wird das Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft und die Stabilität Europas haben. Das ist das, was droht, wenn die USA- und Ukraine-Lobbyisten im Bundestag und in Brüssel sich mit ihrer irrsinnigen Forderung nach einem Gasimportembargo durchsetzen würden oder wenn Russland kein Gas mehr an Deutschland liefert.

Putin ist ein Fuchs. Es war natürlich eine überaus kluge Entscheidung von ihm, von Schröder und von Merkel, Deutschland vom russischen Gas abhängig zu machen wie einen Drogenabhängigen vom Heroin. Deutschland hätte zwar auch auf andere Gaslieferanten setzen können, um dieser Abhängigkeit zu entgehen, aber Frau Merkel setzte als Bundeskanzlerin wie auch ihr Vorgänger ganz auf den lupenreinen Demokraten im Kreml. Putins Kalkulation war ganz simpel: Wenn die Deutschen von der russischen Energie komplett abhängig sind, dann können sie den Russen außenpolitisch schon nicht in die Arme fallen. Ein bisschen vielleicht schon, schließlich müssen sie ja etwas mit der NATO mitlaufen, aber wenn denen klar ist, dass ohne Russengas nichts läuft (und zwar im wörtlichen Sinne), dann werden sie schon zahm werden und wenn nicht, dann wird der Gashahn zugedreht und die Volkswirtschaft bricht zusammen.

Ohne Volkswirtschaft kein Geld, ohne Geld keine Außenpolitik gegen Russland. Und wenn es kein Plan von den Dreien war, Deutschland energiepolitisch abhängig zu machen und damit außenpolitisch zu neutralisieren, dann ist es doch sehr gut bislang für Putin gelaufen. Man muss sagen, Chapeau. Vor allem, dass die drei es geschafft hatten, jeden Widerstand gegen die Abhängigkeitspolitik in deutschen Ministerien und Diensten kleinzuhalten.

Jetzt sind wir nun einmal abhängig und kommen so schnell nicht vom Russengas los. Alternative Lieferanten werden in den nächsten Monaten das Russengas nicht ersetzen können und wenn überhaupt, dann zu Wucherpreisen, mit denen unsere Wirtschaft international nicht mehr konkurrieren kann.

Wenn wir aus politischem Übermut, wie es die USA- und Ukraine-Lobbyisten im Bundestag wollen, auf das Russengas verzichten, bricht unsere Volkswirtschaft, die Währung und die innere Stabilität weg und wir können uns die Ukraine finanziell nicht mehr leisten. Wenn wir Putin weiter mit unserer Sanktions- und Ukrainepolitik ärgern, kann es sein, dass er uns aus Groll den Gashahn zudreht. Eine dumme Situation. Man könnte sagen, wir haben dank Angela Merkel und Freunden die Idiotenkarte gezogen. Большое спасибо, дорогая Ангела Меркель!

Die Sanktionen, die Deutschland und die EU gegenüber Russland verhängt haben, waren für uns ein Desaster. Vorgeblich sollte Russland wirtschaftlich in die Knie gezwungen werden. Die deutschen Politiker meinten in Kenntnis der Gas-Abhängigkeit allen Ernstes, dass man Russland so behandeln könne wie Nordkorea, Kuba oder den Iran. Die Sanktionen haben Russland geschadet, aber vor allem uns.

Der Rubelkurs ist nicht, wie US-Präsident Biden großspurig ankündigte, durch die Sanktionen zu „Rubble“ (Schutt) geworden, sondern hat in den letzten Monaten gegenüber dem US-Dollar um 35 Prozent an Wert zugelegt und ist nach Einschätzung von CBS heute die stärkste Währung weltweit.

Unsere Sanktionen haben dazu geführt, dass sich das Handelsbilanzdefizit der EU-Staaten zugunsten Russland dramatisch erhöht hat. Lag es noch vor einem Jahr bei 3,2 bis 3,9 Mrd. Euro, ist es durch die Exportverbote einerseits und den dramatischen Anstieg der Energiepreise andererseits auf rund 17 Mrd. Euro im April angestiegen. Wir verhängen also Sanktionen, die uns erheblich schaden und die Russland ohne weiteres verdauen kann.

Wir sind in der Situation des Schwächeren, der sich mit dem Stärkeren prügeln will, und sich dabei auch noch permanent selbst ins Gesicht schlägt. Und das liegt an der Realitätsverweigerung der politischen Führung, die immer noch glaubt, dass die G7-Staaten und die EU Weltpolizei spielen und andere Staaten mit Sanktionen überziehen könnten, wie sie es politisch für richtig halten. Russland zeigt, dass dies ein Irrglaube ist.

Wenn es einen Gasmangel in Deutschland geben sollte, ist dies kein Schicksalsschlag, dem man nicht ausweichen kann, sondern es ist ein politisch gewollter Gasmangel, der entweder dadurch erfolgt, dass wir selbst nicht mehr das Russengas abnehmen oder dass Russland uns den Gashahn als Gegensanktion zudreht. Wir sollten niemals vergessen und niemals verzeihen, dass es Merkel, Schröder und deren Freunde waren, die uns bewusst in diese Abhängigkeit führten und die diese Abhängigkeit noch dadurch verschärften, dass sie Kernkraftwerke stilllegten.

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Bereits im Kindergarten sollte man gelernt haben, dass es unklug ist, sich mit Stärkeren anzulegen. Man kann es zwar versuchen, aber man wird hoffentlich sehr schnell einsehen, dass man seine Ziele nicht dadurch erreicht, dass man auf dem Pausenhof zur Belustigung der Mitschüler windelweich geprügelt wird. Vor allem sollte man sich dann nicht auch noch selber ins Gesicht schlagen.

Habeck und die Bundesregierung stehen vor einer simplen Entscheidung: Wollen sie sich weiter mit Putin schlagen – oder nicht. Wollen sie durch ein Gasimportembargo oder durch die Provokation von Gegensanktionen Russlands, dass wir kein Russengas erhalten und dass in Folge unsere Volkswirtschaft kollabiert – oder wollen sie uns aus der Krise führen.

Deutschland ist derzeit nicht in der Situation, dass wir irgendeine Chance haben, uns auf dem Pausenhof mit Russland erfolgreich zu prügeln.

Wir sind nicht so stark, wie manche Politiker sagen, und uns war es nie gut bekommen, wenn wir es versuchten, uns mit Russland anzulegen. Es ist primäre Aufgabe des Wirtschaftsministers und der Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass die existenziellen Lebensbedingungen für Bevölkerung und Wirtschaft gewährleistet sind. Hierzu zählt die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung.

Will die Bundesregierung dies nicht gewährleisten, weil sie glaubt, dass ihre Ukrainepolitik gegen Russland wichtiger ist als eine ausreichende Energieversorgung, stellt sie ihre eigene Legitimität in Frage. Die Bundesregierung und ihr Wirtschaftsminister haben nicht das Recht, zugunsten ihrer Ukrainepolitik die Existenzgrundlagen der Bevölkerung und der Wirtschaft zu gefährden. Tun sie es dennoch, haben auch sie die Folgen zu tragen.

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