Toddn Kandzioras Wochenrückblick 05/2022

Hallo, hier bin ich wieder!

von Toddn Kandziora

Kolumnist Toddn Kandziora klingt heute wie ein guter Freund von Robert Habeck, aber es stellt sich am Ende als ein geschicktes Manöver heraus – aber lest selbst:© Quelle: Pixabay / ZigarrenZone

Ich hatte mir zu Anfang dieses Jahres ein paar Wochen Kolumnen-Schreib-Auszeit genommen. Das war nötig. Und das tat mir gut. Ein paar Wochen sich wenig bis keine Gedanken über das Land, seine Leute und meine neuen Bestimmer*:innen zu machen. (Ich gender das Wort mit Absicht.) Ein paar Wochen waren es, in denen ich Nachrichten Nachrichten sein ließ und sofort das Radio abstellte, wenn linientreue Radiomoderatorinnen in das Horn der Angst bliesen oder versuchten, einen möglichen Krieg gegen Putin zu jeder wachen Stunde zu einem gerechten zu erklären.

Es fällt mir schwer, in dieser Zeit dem täglichen Irrsinn zu folgen und Worten zu lauschen, die mit gespaltener Zunge ausgesprochen werden. Einer Menge von Leuten da draußen sicher auch. Doch sind wir in der Unterzahl, so hat es den Anschein. Wir sind zu wenige, als das unser Gewicht im Diskurs der neuen Zeit die Waage der eigenen Gerechtigkeitsempfindung positiv beeinflussen könnte.

Was schreibe ich hier überhaupt von Gerechtigkeitsempfindung? Die Welt, in der wir leben, ist nicht gerecht. Das war sie noch nie. Und meine Empfindung von Gerechtigkeit ist nicht wichtig oder ausschlaggebend für wen oder was auch immer.

Natürlich ist es wenig gerecht, dass ein Mr. Jeff Bezos in knapp vier Sekunden so viel Kohle macht wie ich nicht in einem ganzen Jahr. Es ist aber auch nicht gerecht, dass ich in meiner Wohnung an vier Wasserhähnen drehen kann und daher im Gegensatz zu Millionen Menschen auf dieser Welt nicht in die Verlegenheit komme zu verdursten. Und verhungern werde ich ebenfalls in absehbarer Zeit nicht.

Auch dann nicht, wenn die Preise von Monat zu Monat steigen und ein normal sterblicher Deutschländer heute staunend mit offenen Mund seinen von Monat zu Monat weniger gut gefüllten Einkaufswagen durch die immer noch erstaunlich gut gefüllten Regale schiebt. Nein, verhungern und verdursten werden die meisten der hier lebenden in nächster Zeit sehr wahrscheinlich nicht.

Aber vielleicht werde ich mir bald keine Tankfüllung für meinen alten Benziner leisten können. Möglich ist das. Aber wäre das ungerecht? Ich weiß es nicht mehr wirklich. Welche irdische Gerechtigkeit gab mir dieses große Privileg, dass ich seit vierzig Jahren Jahr auf Jahr mit meinem eigenen Wagen durch das Land düsen darf?

Womit hatte oder habe ich mir das verdient? Durch die Gnade einer Geburt in einem reichen Land? Ist das gerecht gegenüber Milliarden anderer Menschen die nicht einmal ein Paar Schuhe an ihren Füßen ihr Eigen nennen können?

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Gut, ich werde dank zweier Holzöfen in meiner ländlichen Zonenrandgebietsbehausung in diesem Winter auch nicht wirklich frieren müssen. Noch habe ich genug Holz vor der Hütte und im Notfall ist der nächste Wald ja nicht weit. Millionen anderer im Land geht jedoch in dieser Zeit die Angstdüse, dass sie die zu erwartenden Nachzahlung ihres Energieversorgers nicht werden begleichen können.

Da wird sich durch staatliche Zuschüsse für Geringverdiener oder eines dringend erforderlichen Umdenkens der derzeitig eingeschlagenen Energiepolitik etwas bewegen müssen. Aber ich denke nicht, dass es viele Menschen sein werden, die in unserem Land erfrieren werden. Das passiert viel eher ärmeren Menschen in anderen Ländern und in den Auffanglagern an den Grenzen Europas.

Das sind nur einige der krude Gedanken, die mir in letzter Zeit durch meinen Kopf schwirren. Und nein, ich bin mir sicher, ich habe weder von Klein-Greta, Frau Rackete oder einer anderen privilegierten reichen Göre aus dem Hause Reemtsma einen mit dem Baseballschläger auf den Hinterkopf verpasst bekommen.

Eigentlich war ich schon immer so. In meiner ganz eigenen, gerechten Gedankenwelt. Ich bin nur einmal bisher in meinem Leben geflogen. Weil ich wissen wollte, wie das so ist mit dem Fliegen. Flugangst? Nein, hatte ich nicht. Ich machte mir aber Sorgen, was den sogenannten ökologischen Fußabdruck anbelangt. Als ich den Führerschein in der Tasche hatte, Mitte der Achtzigerjahre und ich noch mächtig gewaltig unter dem Eindruck von Hoimar v. Ditfurths Buchs „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist so weit“ stand, da entschied ich für mich, dass ich mich entscheiden müsse. Entweder Auto fahren oder Flugzeug oder Schiffsreisen. Ich entschied mich fürs Autofahren.

Ich werde mich hüten, Menschen belehren zu wollen. Vorzuschreiben, wie er oder sie von A nach B kommen soll oder darf. Das mir durch meine Entscheidung viele Eindrücke, Bekanntschaften und Naturerlebnisse, entgangen sind ... Tja, so ist das halt mit den eigenen Entscheidungen.

Natürlich fände ich es gut, wenn Reisen mit Kreuzfahrtschiffen weniger bis verboten werden oder der Billigflug von Berlin nach München statt 28 Euro das kosten würde, was er unserer Erde kostet. Ich habe einmal gelesen das ein Flug von Hamburg nach Sidney, würde die Umweltbelastung in den Preis mit einbezogen mehr als zweihunderttausend Euro kosten müsse. Derzeit kostet der Flug um die fünfhundert Euro. Nun, wie auch immer. Ich fahre Auto, das reicht mir an privater Umweltverunreinigung und halte jetzt die Klappe was das Fliegen oder die Schiffsreisen anderer Menschen angeht.

Ich fahre seit vierzig Jahren nur gebrauchte Autos. Ich habe mir nie ein neues geleistet. Nebenbei bemerkt, ich hätte mir eh nie einen Neuwagen leisten können. Aber selbst, wenn ich es gekonnt hätte, ich bin davon überzeugt, ich hätte es nicht getan. Einen Gebrauchten weiterzufahren, soll übrigens zweitausendmal umweltgerechter ein, als sich einen Neuwagen zu kaufen. Und bitte kein E-Auto, denn da fällt die Umweltbilanz noch viel mieser aus. Darüber wird aber wenig bis nicht kommuniziert in unseren sauberen Medien. Von meiner Denke aus gesehen sind die Kubaner die umweltfreundlichsten Autofahrer dieser Erde. Die fahren seit siebzig Jahren ihre alten Caddies und gut ist.

Und überhaupt, Neuwaren kaufen ist gar nicht mein Ding. Ich mag Flohmärkte, Secondhand, und ich weiß einen guten Tauschhandel zu schätzen. Jetzt bei diesem schal-grauen Lichteinfall von draußen betrachtet, war mein erster und letzter Neukauf in meinem Leben im letzten Jahr eine Matratze im Ausverkauf für 198 Euro. Eine nagelneue, noch von niemanden vorher durchgelegene Matratze. Ich fühlte mich wie ein König mit ihr in unserer ersten gemeinsamen Nacht.

Die Dinge unseres Lebens sollten einen Wert besitzen. Sie sollten lange halten und anständig produziert sein, sie dürfen dann auch etwas kosten. Sie sollten so zeitlos wie ein Bauhaus-Möbel und mehrere Generationen zu überdauern in der Lage sein.

Das fände ich schön. Und ja, ich spreche dieses Wort aus: Die Produkte sollten nachhaltig produziert sein. Das ist kein links-grünes Ökogeschwafel, es wäre einfach besser, finde ich.

Und jetzt, am Ende meiner heutigen Kolumne angekommen, habe ich doch tatsächlich fast geschafft, was ich wollte. Ich wollte weder über eine gewisse Sache schreiben noch über Politiker, welchen Geschlechts auch immer. Ich habe es hinbekommen, mich nicht über den täglich verordneten Wahnsinn aufzuregen, noch die ein oder andere gesteuerte Angstgeschichte zu erwähnen.

Und das ist auch gut so.

Kommt gut durch eure kommende Woche, bleibt wir ihr seid. Ändert etwas, wenn ihr es für angebracht haltet oder es Zeit dafür ist. Lasst euch nicht verbiegen in dieser schwierigen Zeit, das sagte einmal einer der es zu wissen glaubte.

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