Cancel Culture kann jeden treffen – Eine neue Form des Mobbings gegen Andersdenkende

Ich hatte zwanzig Semester lang einen Lehrauftrag, bis …

von Jan-Heie Erchinger (Kommentare: 10)

„Natürlich versuchte ich konstruktiv und in Ruhe die Beschwerden zu entkräften. Ich fand, dass ich schlüssig argumentierte – und das Ganze in freundlichem Vortrag.“© Quelle: Pixabay / JEESHOOTS-com, Bildmontage Alexander Wallasch

Ja, bis ich in den Sozialen Netzwerken im letzten Sommer 2020 meine Zustimmung zu Sebastian Kurz´ Engagement zur Schließung der Balkanroute in 2016 in einem privaten Post rückblickend noch einmal unterstrich.

Eine Studentin meines Seminars in spe (WS 21/22) schrieb mir als Kommentar darunter, dass es sie interessieren würde, wie ihre Mitkommilitonen das bewerten würden. Offenkundig stand sie meiner Meinung ablehnend gegenüber.

Ich halte mich selbst für einen offenen und diskussionsbereiten Menschen. Also antwortete ich offenherzig, dass wir das gerne im Kurs ‚kurz‘ diskutieren könnten.

Daraus ergab sich dann eine lebhafte und interessante Diskussion im Seminar. Ein normales und gesittetes politisches Gespräch.

Mir wurde zwar durch meine Zustimmung, die europäischen Außengrenzen nicht für jeden offenhalten zu wollen, einiges unterstellt. Ich konnte allerdings meine Meinung differenziert darlegen und nahm genauso gegenteilige Einstellungen und daraus resultierende Wortmeldungen und Argumente wahr, die ebenfalls geäußert wurden.

Es ging in der Diskussion dann auch um die von mir befürwortete Optionspflicht bezüglich der doppelten Staatsbürgerschaft bei Ländern außerhalb der EU und unseres westlichen Kulturkreises. Ich bin der Meinung, dass man sich in diesem Fall bis zum 23. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden sollte. Diese Meinung wurde mir vorgeworfen, man hatte das 'gegoogelt´.

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Ich vertrete dies auch öffentlich mit dem Parteiprogramm unserer kleinen Partei ´Die Haie – Partei mit Biss´, für die ich bei den letzten Kommunalwahlen sogar in den Gemeinde- und Ortsrat gewählt wurde.

Letztlich schienen manche der Studierenden der Meinung zu sein, dass ich damit fremdenfeindlich argumentiere.

Diesen Vorwurf der vermeintlichen Fremdenfeindlichkeit meinerseits weise ich allerdings in aller Form zurück! Für mich sind alle Menschen gleich viel wert. Ich lehne z.B. Rassismus einhundertprozentig ab.

Meine musikalischen Idole und Einflüsse als Profi-Musiker von Aretha Franklin über Prince bis Oscar Peterson beweisen besonders, dass solche Unterstellungen bei mir jeder Grundlage entbehren.

Es ist an dieser Fachhochschule Praxis, dass die Studierenden nach dem Seminar den Dozenten bewerten.

Jetzt hatte ich dieses konkrete Seminar mittlerweile schon zwanzig Mal in den vergangenen zehn Jahren gehalten. Mein Kurs und ich wurden von den meisten Studierenden bei der sogenannten ´Evaluierung´ zwanzig Mal meistens zwischen sehr gut und gut bewertet.

Ich konnte immer meine Erfahrungen und Kernkompetenzen in das Seminar einbringen, gleichzeitig mit den Studierenden kreativ arbeiten – die Stimmung in den zehn Jahren war oft wirklich gut!

Ganz klar koche ich auch nur mit Wasser. Manches bringe ich gut, bei anderem mag es Luft nach oben geben, ich bin nicht perfekt!

Fachlich behaupte ich selbstbewusst, dass das Seminar bei mir viele der Studierenden konkret weiterbrachte, inspirierte, Anregungen gab, bildete! Für ihre zukünftigen Arbeitsfelder ist einiges dabei und ich bekam und bekomme das immer wieder zurückgemeldet!

Ich bin stolz auf die Arbeit im Seminar, auch ich habe in der Lehrfunktion dazugelernt. Sehr gerne würde ich das weitermachen!

Auch das Seminar im letzten Wintersemester lief trotz dieser kleinen Diskussion konstruktiv ab. Ich konnte einige sehr gute Noten geben und war auch im Vergleich zu den anderen zwanzig Semestern mit den Ergebnissen sehr zufrieden.

Dann wurde ich in der Evaluierung von manchen teilnehmenden Studierenden mit mangelhaft bewertet. Den Evaluierungszettel gaben allerdings nicht alle ab.

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Ich bin der Meinung, dass einige Studierende aufgrund meiner eher Helmut-Schmidt-artigen Meinung zum Thema Migration gegen mich mobil gemacht haben. Für mich stellt es sich so dar, dass man mir planvoll einen Evaluierungsdenkzettel verpassen wollte.

Parallel dazu wurde offensichtlich meine vorgesetzte Professorin mit Negativem über mich konfrontiert. Auch das erscheint mir organisiert angeschoben worden sein.

Nachdem ich nach den Evaluierungsergebnissen auf diese Professorin zuging, teilte sie mir gleich mit, dass es ihr gegenüber schon Wortmeldungen zu meiner Person und meinem Seminar durch Studierende gegeben hätte.
Wir vereinbarten darauf ein Gespräch, was coronatechnisch via Zoom am Rechner ablief.

Mich wundert heute noch, dass wir völlig alleine sprachen, anwesend waren lediglich die Professorin und ich.

Natürlich versuchte ich konstruktiv und in Ruhe die Beschwerden zu entkräften. Ich fand, dass ich schlüssig argumentierte und das Ganze in freundlichem Vortrag.

Kurz danach bekam ich einen Brief, dass der Lehrauftrag nicht zum Sommersemester verlängert würde. Grundsätzlich würden sie den Pool an Lehrenden vergrößern und in Zukunft vielleicht im Wechsel anbieten, dann würde man auch wieder auf mich zukommen.

Jetzt, im Juli 22, ist man jedenfalls noch nicht auf mich zugekommen. Usus war aber immer, dass die Termine im zukünftigen Wintersemester ungefähr jetzt schon abgestimmt wurden. Insofern befürchte ich, dass nichts mehr kommt. Schade.

Ich habe hier den Eindruck, dass einmal mehr die Meinungsfreiheit im Bereich der Lehre konkret eingeschränkt wird. Ich entsprach mit meiner Meinung offenkundig nicht einer gewünschten Grundhaltung, die man von Lehrenden in diesem Hause erwartet.

Erleichternd für das Haus: Lehrbeauftragte haben hier keinen Anspruch auf Erteilung eines erneuten Lehrauftrags. Nach zwanzig Semestern wurde ich gecancelt? Eine neue Kultur reißt hier ein, die meiner Meinung nach zu nichts Gutem führen kann.

Quelle: privat

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