Der brave Bürger hat gefälligst das Maul zu halten

„Impfen macht frei“ – Horror-Urteil aus Karlsruhe

von Martin Schwab (Kommentare: 6)

Hier ein Urteil – Dort die staatliche Förderung© Quelle: https://x.com/retep_kire/status/1264650970237210626/photo/1 /Screenshot

Oftmals wurde in der Corona-Zeit eine Illustration gepostet, die dem Eingangstor des Konzentrationslagers Auschwitz nachgebildet, auf der statt „Arbeit macht frei“ aber die Aufschrift „Impfen macht frei“ zu sehen war.

Prof. Dr. Martin Schwab

Das Landgericht Köln hatte mit Urteil vom 12. Juni 2024 – 113 KLs 16/23 – die Verurteilung eines Mannes bestätigt, der auf Facebook eine solche Illustration gepostet hatte.

Der 3. Strafsenat des BGH hat mit Beschluss vom 4.2.2025 – 3 StR 468/24 diese Verurteilung bestätigt. Öffentlich bekannt wurde dieser Beschluss erst durch eine Pressemitteilung des BGH vom 29.4.2025: https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/2025084.html.

Unterstellt man, dass die Pressemitteilung den Kern der schriftlichen Entscheidungsgründe authentisch spiegelt, gehen von diesem Beschluss ganz schlimme Signale aus.

Der BGH billigt die vom LG Köln getroffene Wertung, die Illustration bagatellisiere das NS-Unrecht in seinem wahren Gewicht. Das ist grob rechtsfehlerhaft: Wollte der Angeklagte wirklich das NS-Unrecht bagatellisieren, hätte er auch seiner eigenen Kritik an der COVID-Impfkampagne die Durchschlagskraft genommen.

Der BGH billigt auch die Annahme des LG Köln, die Veröffentlichung der Illustration sei geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören. Dabei lässt der BGH dem LG Köln zwei Argumentationslinien durchgehen:

1. Die „Abbildung insinuiere, den Betroffenen staatlicher Coronaschutzmaßnahmen werde gleiches Unrecht zugefügt wie den Opfern des Holocausts; deshalb sei sie geeignet, ihre Betrachter aggressiv zu emotionalisieren.“

2. Der Darstellung sei Appellcharakter dahin beizumessen, „sich gegen staatliche Maßnahmen rechtzeitig zur Wehr zu setzen, bevor es zu einem staatlichen Impfzwang komme.“

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Beide Argumentationslinien sind rechtlich haltlos.

Ad 1.: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (siehe z.B. Beschluss vom 4.11.2009 – 1 BvR 2150/08 Rn. 104) darf eine Äußerung nur dann als strafbare Volksverhetzung gebrandmarkt werden, wenn andere als die vom Gericht zugrunde gelegte Deutungen mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden konnten. Die vom LG Köln und vom BGH bevorzugte Deutung der Illustration in dem Sinne, den Menschen werde durch die Corona-Maßnahmen gleiches Unrecht zugefügt wie den NS-Opfern, ist indes ihrerseits mehr als fernliegend.

Viel näher liegt demgegenüber die Interpretation, dass der Angeklagte auf eine drohende Fehlentwicklung hinweisen wollte: Freiheit, die – und so äußerten sich prominente Politiker damals unverhohlen – von einer Impfung abhängig gemacht wird, ist keine Freiheit. Die NS-Zeit begann nicht mit Vernichtungslagern, sondern mit ausgrenzender und diffamierender Feindbild-Rhetorik; ebensolche mussten wir auch in der Corona-Zeit gegenüber „Impfverweigerern“ erleben.

Wenn hier jemand jemanden aggressiv emotionalisiert hat, dann nicht der Angeklagte, sondern die Impffanatiker in Politik, Gesellschaft und Medien. Die Illustration bringt die Sorge des Angeklagten zum Ausdruck, dass wir bei ungehindertem Fortgang erneut in totalitären Verhältnissen landen könnten. Anders kann man diese Darstellung nicht verstehen.

Ad 2.: Besonders schwere Bedenken wirft die These auf, derjenige, der appelliere, sich im Falle staatlichen Impfzwangs zur Wehr zu setzen, störe den öffentlichen Frieden.

Ist allen klar, was das bedeutet? Wenn der Staat mit Rechtszwang auf den menschlichen Körper zugreift, hat der brave Bürger gefälligst das Maul zu halten, strammzustehen und bis zum Kadaver zu parieren. Buchstäblich bis zum Kadaver. Denn tödliche Impfkomplikationen spielen im Duktus der Urteilsgründe, soweit sie aus der Pressemitteilung ersichtlich sind, keine Rolle.

Gerade dieser Passus rechtfertigt die Einordnung des BGH-Urteils als Horror-Urteil. Denn mit ihm stellt der BGH der Staatsgewalt eine schrankenlose Lizenz zum Übergriff in verfassungsrechtlich gewährleistete bürgerliche Freiheiten aus.

Das Urteil des BGH atmet nicht den Geist eines liberalen Rechtsstaats, sondern den Ungeist eines autoritären Obrigkeitsstaats.

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