„Der Verfassungsschutz darf grundsätzlich keine Einzelpersonen beobachten“

Jetzt redet Hans-Georg Maaßen über seine Verfolger

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 9)

„Das ist ein Geheimdienst, vor dem die Gründer der Bundesrepublik Deutschland und die Opfer der Stasi zu Recht Angst hatten.“© Quelle: privat

Hier ist endlich die schon länger erwartete Gegenrede des ehemaligen Chefs des Verfassungsschutzes gegen seine Überwachung. Keine Verteidigung, sondern ein glühendes Plädoyer für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat.  

In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Ihre früheren Mitarbeiter des Bundesverfassungsschutzes Sie beobachten und akribisch Daten über Sie sammeln. Sie hatten durch einen Anwalt im vergangenen August Ihre Ex-Behörde dazu aufgefordert, Ihnen mitzuteilen, ob und welche Daten über Sie gespeichert sind. Fünf Monate später antwortete der Verfassungsschutz mit einem zwanzig Seiten langen Bericht, in dem dezidiert aufgeführt wird, was Sie wo und wann Regierungskritisches sagten oder schrieben. Den Bericht hatten Sie selbst öffentlich gemacht. Waren Sie vom Inhalt überrascht?

Natürlich war ich darüber überrascht, wie skrupellos Innenministerin Faeser den Verfassungsschutz gegen politische Gegner einsetzt. Hubertus Knabe, der frühere Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, hatte dazu gesagt, dass er so eine Datensammlung wie über mich noch nicht einmal in Stasi-Akten über Prominente gesehen hatte. Es ist erschütternd, mit welcher Detailtiefe der Verfassungsschutz kritische Bürger durchleuchtet. Es zeigt, dass bei der Innenministerin ein besonderes Maß an Fanatismus und Hass gegen mich und andere prominente Regierungskritiker bestehen muss.

Überrascht war ich auch, weil der Verfassungsschutz grundsätzlich keine Einzelpersonen beobachten darf. Das ist Teil des Trennungsgebots, wonach der Geheimdienst keine Polizeibefugnisse und die Polizei keine Geheimdienstbefugnisse ausüben dürfen. Der Verfassungsschutz ist als Geheimdienst für die Aufklärung von Organisationen zuständig, die eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung sind. Personen werden nur im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu diesen Organisationen beobachtet. Personen, die keiner gefährlichen Organisation angehören, dürfen vom Geheimdienst grundsätzlich nicht bearbeitet werden, sondern sind Sache der Polizei, aber auch nur dann, wenn von ihnen eine konkrete Gefahr ausgeht, dass sie schwere Straftaten begehen.

Die Logik dahinter ist, dass eine Gefahr für die Stabilität und Existenz unserer freiheitlichen demokratische Grundordnung nicht von irgendwelchen radikalen Personen ausgeht, die sich vielleicht radikal äußern, sondern nur von Gruppen, Banden, Parteien, also von Organisationen. Würde man dem Verfassungsschutz die Aufgabe geben, Einzelpersonen zu überwachen, könnte er wie ein totalitärer Geheimdienst nach Belieben Leute beobachten und ihnen durch seine Maßnahmen die Menschenrechte entziehen. Das sollte durch das Trennungsgebot gerade verboten sein.

Dieser Grundsatz ist leider in den letzten Jahren aufgeweicht worden. Jetzt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der Verfassungsschutz offensichtlich glaubt, jeden beliebigen Bürger beobachten zu dürfen, der ihm negativ aufgefallen ist. Das ist ein Geheimdienst, vor dem die Gründer der Bundesrepublik Deutschland und die Opfer der Stasi zu Recht Angst hatten.

Was steht in dem zwanzig Seiten langen Dokument überhaupt drin?

Mir wird dort unter anderem vorgeworfen, dass Personen aus dem Umfeld des festgenommenen Reichsbürgers Prinz Heinrich XIII Reuß ein Video von mir über Facebook teilten und über mich sagten, dass ich ein „Republikaner“ sei. Auch soll ich in Bünde an einer Veranstaltung teilgenommen haben, an der auch eine Person teilnahm, die Kontakt zu Prinz Heinrich XIII Reuß hatte.

Wohlgemerkt: Diese dritte Person ist nicht Beschuldigter oder Angeklagter, sondern man wirft mir vor, dass ich an einer Veranstaltung teilnahm, an der jemand teilnahm, der den angeschuldigten Reichsbürger kennt.

Weiter warf man mir unter anderem vor, dass ich die NZZ als „Westfernsehen“ bezeichnete, und auch, dass ich schrieb, dass unfähige Politiker schlimmer für die innere Sicherheit seien als die Reichsbürger. Der Verfassungsschutz machte sich die Mühe, alle meine Videos, Reden, Interviews und Zeitschriftenbeiträge zu lesen, zu analysieren und in Datenbanken zu übertragen. Es sind sicherlich eine ganze Reihe von Mitarbeitern auf mich angesetzt worden, um zu schnüffeln, ob sie Belastungsmaterial gegen mich finden.

Schauen Sie sich den Bericht des Verfassungsschutzes auf meiner Webseite an. Sie werden nichts finden, was in irgendeiner Weise extrem oder verfassungsfeindlich ist. Wenn der Verfassungsschutz so etwas über mich schreibt, dann kann er das auch über jeden anderen Bürger zusammentragen, den er gesellschaftlich „fertig machen“ will. Außerdem muss man davon ausgehen, dass er auch noch geheime Informationen durch Telefon-, Post- und Wohnraumüberwachung sammelt, über die er allerdings keine Auskunft gibt.

Sie waren selbst Chef des Verfassungsschutzes, wer wenn nicht Sie weiß, wie solche Akten entstehen. Was sagen Sie als Fachmann überhaupt zur Arbeit ihrer ehemaligen Mitarbeiter?

Ich bin schockiert, dass sich die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes dazu instrumentalisieren ließen und nicht sagten: „Nein, das machen wir nicht“. Ich habe als Beamter immer wieder sehen müssen, wie wenig Rückgrat Spitzenbeamte hatten, die sich nicht trauten, einem Minister oder einer Kanzlerin zu sagen: „Das, was Sie von mir verlangen, dürfen Sie nicht verlangen.“ Allerdings ist heute der Beamtenapparat leider durchpolitisiert und auf politische Linie gebracht worden.

Der politische Hintergrund meiner Überwachung ist ziemlich eindeutig: Ich werde in Kürze formell die WerteUnion als Partei gründen. Und unser gemeinsames Ziel wird sein, eine Politikwende auf Bundesebene 2025 zu erreichen. Die regierenden Parteien werden alles versuchen, um zu verhindern, dass es zu einer Politikwende kommt.

Gerade Grüne und SPD sehen mich offensichtlich als eine größere Gefahr für ihre Vorherrschaft an als die AfD, die mittels medialer Dämonisierung und Ausgrenzung in Schach gehalten wird, damit sie nicht regieren kann. Die WerteUnion dagegen, die sich aus der CDU abgespalten hat, ist für den Machterhalt von SPD und Grünen gefährlicher, weil wir die Brandmauer nicht anerkennen. Die Brandmauer ist nämlich die Garantie für SPD und Grüne, dass sie noch mindestens die nächsten zehn Jahre in irgendeiner Form mitregieren können.

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Mit was rechnen Sie noch?

Die linksradikalen Grünen hatten durch eine Änderung des Beamtenrechts eine Sonderregelung eingeführt, um mir meine Pensions-, Rentenbezüge und meinen Krankenversicherungsschutz zu streichen. Diese Regelung, das ist der Paragraf 56 des Beamtengesetzes, wird am 1. April in Kraft treten. Ich muss mich darauf einstellen, dass diese Regelung gegen mich eingesetzt wird, weil man offensichtlich glaubt, wenn man mir die wirtschaftliche Existenzgrundlage zerstört, könnte man mich politisch stoppen. Das entspricht der klassischen sozialistischen Zersetzungstechnik.

Als weitere Maßnahme beabsichtigen Politiker der linken Parteien einen „Maaßen-Untersuchungsausschuss“ einzurichten, um mich öffentlich vorzuführen und zu kriminalisieren. Schließlich muss ich auch damit rechnen, dass die der SPD und den Grünen nahestehende Terrorgruppe Antifa Übergriffe gegen mich und meine Verbündeten durchführen wird. Ich rechne mit dem vollen Programm der sozialistischen Feindbekämpfung.

Wieso „der SPD und den Grünen nahestehend“?

Nun, erinnern Sie sich noch an den Solidaritäts-Tweet der SPD-Vorsitzenden Esken „58 und Antifa. Selbstverständlich“? Oder an die Aussage: „War für uns selbstverständlich, uns als Teil der Antifa zu empfinden“? Oder an den Gastbeitrag der Innenministerin Faeser bei einem Antifa-Blatt? Oder denken Sie an die Solidaritätsbekundungen der „Grünen Jugend“ gegenüber den verurteilten Verbrechern der Hammerbande der Antifa, die wahllos ihre Opfer wegen ihrer politischen Gesinnung aussuchte, folterte und als Krüppel zurückließ. Die Antifa ist aus meiner Sicht der militante Arm der Linksradikalen in SPD, Grünen und bei SED/Die Linken.

Wenn dies zutrifft, dann ist es eine sehr beunruhigende Entwicklung für Sie und für Deutschland ...

Schon, aber was mich noch mehr beunruhigt, sind zwei andere Punkte: Erstens, dass der überwiegende Teil der Massenmedien – und allen voran die Staatsmedien – dies als völlig normal empfindet und keinerlei Kritik daran äußert. Zweitens, dass man diese Sonderregelungen und Ausgrenzungs- und Verfolgungsmaßnahmen nur so einordnen kann, dass linke Politiker von SPD und Grünen offensichtlich davon überzeugt sind, dass sie ewig regieren werden.

Würden sie in Erwägung ziehen, dass sie im September 2025 bei der Bundestagswahl abgewählt und durch eine Koalition ersetzt werden, an der keine linke Partei teilnimmt, verhielten sie sich vorsichtiger, denn sie müssten zum Beispiel damit rechnen, dass ihre Regelüberschreitungen und der Einsatz des Verfassungsschutzes gegen politische Gegner dann auch gegen sie angewandt werden könnte.

Aber sie ziehen es offensichtlich noch nicht einmal in Erwägung, dass sie durch Wahlen die Macht verlieren könnten. Ich habe den Eindruck, dass sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern wollen, dass es zu einer Politikwende kommt. Und das bedeutet für mich, dass sie auch keine Wahlergebnisse zulassen oder akzeptieren werden, die dazu führen, dass diese Parteien abgewählt werden. Im Zweifel sollen dann diese Wahlen „rückgängig“ gemacht werden. Und das macht mir Angst, denn das ist das Ende unserer Demokratie

Erleben wir derzeit politische Verfolgung?

Die Menschenrechtssituation in Deutschland ist seit dem Ende der DDR noch nie so schlecht gewesen wie heute. Menschen verlieren ihre Arbeit, weil sie mit der AfD sympathisieren, Unternehmer verlieren ihre Aufträge, weil sie angeblich bei Treffen mit „Rechten“ gesehen wurden, es finden gegen vermeintliche „Rechte“ Übergriffe statt, die nicht oder unzureichend geahndet werden, nichtlinke Parteien oder Organisationen sind kaum in der Lage, Versammlungsräume anzumieten, weil die Veranstalter Angst vor Repressionen durch den linken Mob haben. Der Verfassungsschutz wird gegen Leute eingesetzt, die eine neue oppositionelle Partei gründen wollen. Dies widerspricht einer freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Der Staat ist verpflichtet, einen Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechtes zu schaffen, in dem sich jeder entfalten kann; auch Regierungsgegner. Stattdessen werden Menschen aufgehetzt zu einem „Kampf gegen Rechts“, also gegen die legitime Opposition, und damit wird der Mob zu Übergriffen ermutigt. Man muss kein Asylrechtsexperte oder Jurist sein, um zum Ergebnis zu kommen, dass die politische Linke wie in allen sozialistischen Staaten der Auffassung ist, dass es Menschenrechte nur für Linke gibt, nicht aber für die Gegner des Sozialismus, die als Faschisten, Nazis, Reaktionäre oder Konterrevolutionäre mit aller Härte und Brutalität bekämpft werden.

Kontraste leitete am Donnerstag eine Sendung über das „Geheimtreffen“ in Potsdam mit den Worten ein: Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, dauerte es gerade einmal sechs Monate, bis alle Parteien verboten waren. Welche Rolle spielen die Medien?

Die Medien haben sich in Deutschland in den letzten zwanzig Jahren grundsätzlich geändert. Ihre Aufgabe nach dem Verständnis des Grundgesetzes besteht darin, die Bürger wahrheitsgemäß und in aller Breite und mit einer Vielfalt von Meinungen zu informieren und die Politik der Regierenden kritisch zu begleiten. Seit einigen Jahren haben sie zunächst schleichend, heute aber ganz offensichtlich ihre Rolle geändert.

Sie wollen nicht mehr wahrhaftig und in aller Breite informieren, sondern sie wollen Haltung zeigen und im Dienst einer politischen Haltung Propaganda und Agitation verbreiten. Und sie wollen auch nicht mehr den Regierenden auf die Finger schauen, sondern sie sehen ihre Aufgabe eher darin, die Regierenden der linken Parteien vor Kritik zu schützen und die Oppositionellen kleinzuhalten und zu bekämpfen. Bei manchen investigativen Journalisten kann man den Eindruck haben, dass sie sich nicht wie Journalisten, sondern wie Personen gerieren, die unter der Tarnung, als Journalisten zu arbeiten, klassische geheimdienstliche Zersetzungsarbeit gegen Regierungskritiker betreiben.

Das „Freie Wort“, Tageszeitung aus Südthüringen, zitiert sie dahingehend, dass Sie eine Koalition mit der AfD eine Absage erteilen – aber so ganz deutlich war das ja nicht. Können Sie das präzisieren?

Ich sagte, dass ich mit allen rede. Ich lehne Brandmauern als undemokratisch ab, weil man als Demokrat mit allen Menschen reden muss. Eine andere Frage ist, ob man mit allen Menschen zusammenarbeiten will. Und das hängt aus meiner Sicht davon ab, ob man gemeinsame Wert- und Zielvorstellungen hat und ob der andere bereit ist, gemeinsam unsere Ziele zu verwirklichen. Und da würde ich mit jedem zusammenarbeiten, der bereit ist, Deutschland wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Danke für das Gespräch!

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