Toddn Kandzioras Wochenrückblick 39/2021

Kurzer Blick über das Pulverfass

von Toddn Kandziora

Kolumnist Toddn glaubt, der neue Mensch muss sich anstrengen, um in der nahen Zukunft bestehen zu können. Und es wird für alle sehr teuer werden.© Quelle: Pixabay / intographics

Deutschland hat gewählt. Letzten Sonntag. Was hinten rauskommt, wissen wir noch nicht. Denn trotz der Unregelmäßigkeiten am Wahltag in Berlin sind GRÜNE und FDP schon am Spieltisch am Auswürfeln, wer der neue König im Ländle sein darf und welche neuen Kleider er zu tragen hat, über deren Schönheit wir uns erfreuen dürfen.

Die für die Wahl in Berlin verantwortliche Wahlleiterin Petra Michaelis ist diese Woche aus Gründen zurückgetreten. Schauen wir doch mal, ob eine mögliche Neuwahl in der armen, jedoch sexy Hauptstadt Auswirkungen auf zwei der drei Direktmandate haben wird. Jene zwei von drei Direktmandate für Gregor Gysi und Gesine Lötzsch, die es der Linken ermöglichte, trotz Nichterreichen der Fünfprozenthürde in den Bundestag einzuziehen.

Aber vielleicht braucht es trotz mehrerer Unregelmäßigkeiten keine Neuwahl. Vielleicht reicht wieder einmal ein Anruf von Frau Merkel. Ein kurzes Telefonat in welchem sie bestätigt, dass die Berliner Wahlergebnisse vom 26. September 2021 nicht zu beanstanden sind, dass die Berliner Ergebnisse so gut ausfielen, wie sie eben ausfallen sollten.

Ebenso selbstverständlich gut für viele „Demokrat*innen“ im heutigen Deutschland war sicher auch das der Sender RT-Deutsch auf YouTube gelöscht wurde. Ein Klick und weg waren sie schon, die mehr als 600 000 Abonnenten dieses von Russland finanzierten Infokanals infamer Lügenverbreitung und widerlicher Unwahrheiten.

Einen Tag darauf waren noch weitere Kanäle weg vom Fenster. Infokanäle und mediale Personen, die ihre bösen Lügen und Unwahrheiten, ihre Hetze und rechte Propaganda nicht mehr weiterverbreiten können.

Wohl an ihr guten „Bürger*innen“. Die anständigen „Bevölkerung*innen“ müssen geschützt werden. Nicht nur vor dem Virus, auch vor allen falschen Meinungen zu Covid-19, vor den vielen falschen Expertisen und Forschungsergebnissen, vor all dem falschen Falschen an sich und überhaupt rein muss er der wundervolle unser aller Leben rettende, verflucht wirksame Stoff – rein in die lebensrettende Spritze.

Denn geheiligt seist du großer gütiger und hilfreicher mRNA-Stoff. Meinen täglichen Gesundheitsschutz gib mir heute und verführe mich nicht in Versuchung einem falschen Messias meinen Glauben zu schenken. Amen.

Was war noch so los im Pulverfass des täglichen Grausens? Wo fange ich da an, wo höre ich besser auf? Ich fange bei der für mich nahe liegenden Tankstelle an. Die erhöht fast täglich die Preise für Benzin. Inzwischen kostet der Liter Super so viel wie die Flasche trinkbarer Roter.

Schon schade, dass so ein Auto mit Verbrennungsmotor nicht mit Wein fährt. Das käme billiger. Schätze, ich werde mich an die sich stetig steigenden Spritpreise gewöhnen müssen oder einen Antrag bei der nächsten Parteizentrale der Grünen betreffs Förderung eines E-Lastenfahrrades stellen.

Doch auch das Laden des Akkus für ein E-Lastenbike könnte bei den zu erwartenden, ausufernden Strompreisen bald teuer werden. Oder gar nicht mehr möglich sein bei den vielen kleinen „Blackouts“ der letzten Tage.

Das Land verdunkelt sich. Ein Land, das inzwischen ohne gesicherte eigene Energieversorgung dasteht, macht sich auf, gleich die ganze Erde zu retten.

Und das Interessante an all dem ist: Diejenigen, welche die Zeche zu zahlen haben, finden nicht einmal etwas dabei. Denn sie haben die dafür verantwortliche politische Führung letzten Sonntag gerade erst wiedergewählt.

Und weil wir „Deutschen“ wieder gut und edel sind, lassen wir uns auch nicht lumpen 96-jährige Damen zu jagen. Wie Frau Irmgard Furchner, die während des Naziregimes im damaligen KZ Stutthof als angestellte Schreibmaschinenkraft wegen Beihilfe und Mord in 11.412 Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Mord in achtzehn weiteren Fällen vor dem Jugendstrafgericht am Landgericht Itzehoe der Prozess gemacht werden sollte.

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Jugendstrafgericht deshalb, weil sie zum Zeitpunkt ihrer Beschäftigung als Sekretärin erst 18 Jahre alt war. Und „gejagt“ wurde sie, weil sie bereits im Vorfeld zur Verhandlung mitgeteilt haben soll, nicht vor Gericht zu erscheinen. Sie ersuchte den zuständigen Richter, ihr die Peinlichkeit zu ersparen, da sie Angst vor dem zu erwartenden Hohn und Spott der Besucher hatte.

So verließ sie zum Zeitpunkt der Verhandlung ihr Seniorenheim in Quickborn-Heide und ließ sich mit einem Taxi zum U-Bahnhof Norderstedt Mitte in Hamburg fahren, um wo auch immer hinzuflüchten. Mit 96 Jahren und ihrem Reiserollator.

Nachdem der zuständige Richter Haftbefehl erließ, wurde sie jedoch durch ein Sondereinsatzkommando auf ihrer Flucht schnell gefasst und verhaftet. Möge sie nun der Gerechtigkeit wegen lebenslänglich erhalten und den Rest ihres Lebens hinter eisernen Gittern bei Wasser und Brot fristen. Nazitipse die Olle.

Jetzt zu etwas ganz anderem; Wenn ich im heutigen neuen Normal-Nachrichten verfolge, komme ich oft nicht mehr mit. Ich zweifle bis verzweifle und verstehe hier und da unsere schöne, neue Welt nicht mehr. Mag es daran liegen, dass ich zu einem alten, griesgrämigen Mann mutiere, oder daran, dass ich dem Gestern nachtrauere, dem Heute misstraue und vor dem Morgen Angst habe.

Möglich aber auch, ich lebe schon zu lange. Nicht falsch verstehen jetzt. In dieser sich so schnell verändernden Welt kommen mir, einem hier schon länger Lebenden fünfzig Lebensjahre vor, wie einem Menschen aus der Zeit Jesus Geburt wohl mehr als tausend Jahre.

Ein Jünger Jesus, der hätte mittels Zeitsprung tausend Jahre später in einem fremden Land landen können und er hätte sich zurechtgefunden. Da ist ein Brunnen. Klasse. Ich habe Wasser. Da ist ein Reh. Toll. Hier ist ein angespitzter Stock oder mein Messer. Ich habe Essen und Leder für Hosen und Schuhe. Und so weiter. Alles, was dieser Jünger tausend Jahre später gesehen hätte, dessen Nutzen hätte er erkannt. Er hätte damit umgehen und arbeiten können, sich in der Zukunft zurechtgefunden und ohne größeres Problem leben können.

Dem heutigen Menschen, der die Sechzig kratzt oder überschritten hat, dem die alte analoge Welt noch bekannt ist, dieser hätte große Schwierigkeiten, wenn er von 1971 kommend im Jahr 2021 landen würde.

Der analoge Mensch - und ich rede hier auch von mir - der ist in seiner Jugend schon mal ohne Telefonanschluss, ohne Farbfernseher, Zentralheizung, Wasserklo, Elektroauto, Computer, ja nicht einmal einem Taschenrechner in der Schule aufgewachsen.

Ich stelle mir jetzt vor, dieser Mensch würde in einem neumodischen Auto sitzen. Er wüsste nicht, wie dieses zu starten wäre. Wie würde er sich vor einem Computer mit Tastatur verhalten? Was würde er mit einem Smartphone in der Hand anstellen?

Und andersrum betrachtet: Wie würde sich ein heutiger Homo Digitalis im Jahre 1971 fühlen? Wäre er in der Lage, in einer fremden Stadt ohne Hilfe von A nach B zu kommen? Könnte er Brunnen graben? Gemüse anbauen? Ein Reh (wahlweise auch Huhn oder Fisch) verwerten? Ich denke nicht. Aber gut, ich übertreibe absichtlich: Natürlich war das Graben eines Brunnens und die Sache mit dem Reh keine tägliche Aufgabe der 1971 hier Lebenden, aber ihr wisst schon, was ich meine.

Die vierte industrielle Revolution wird nicht nur die „Alten“ fressen, sondern und immer schneller auch ihre Kinder. Mit dem Übergang von der dritten - insbesondere dem technischen Fortschritt nach 1945 bis hin zur Entwicklung des Internets - ist die Büchse der Pandora gegen die Schöpfung durch den Menschen geöffnet worden.

Mithalten in der Zukunft werden wahrscheinlich Transhumanisten. Neue Menschen, die bereit sind, ihre biologischen Grenzen zu erweitern und sich mittels Nanotechnologie und weiteren „verfügbaren Mitteln“ zu optimieren.

Der neue Mensch wird - nein, er muss - intelligenter, gesünder, stärker und glücklicher sein, um mithalten zu können und um in der nahen Zukunft bestehen zu können. Was immer es kosten mag. Und es wird viel kosten, da bin ich ganz sicher. Einfach Mensch sein wollen wird seinen Preis haben.

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