Der Corona-Untersuchungsausschuss im Landtag Brandenburg am 1.9.2023

Lothar Wieler desinfiziert seine Hände in Unschuld

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Wieler ist dünnhäutig. Immer wieder verweist er auf das PEI. Er wirkt erleichtert, als er endlich den Zeugenstand räumen kann.© Quelle: Tim Krause

Die Frau im roten Kleid verfolgt Lothar Wieler durch den Sitzungssaal: „Meine Schwester hat Ihre Impfung getötet, Herr Wieler! Lungenembolie, plötzlich und unerwartet!“

Von Tim Krause

Der ehemalige RKI-Chef geht weiter, etwas schneller. Er versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Die vergangenen dreieinhalb Stunden der Zeugenvernehmung vor der Mittagspause haben dem Teint eines der Protagonisten der größten Grundrechtekrise der deutschen Nachkriegsgeschichte nichts anhaben können.

Wieler sieht aus, als hätte er für die heutige Vernehmung nur mal eben kurz seinen Urlaub unterbrochen. Der „Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Krisenpolitik der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19“ ist bereits der zweite Brandenburger Corona-Untersuchungsausschuss, erneut auf Initiative der AfD-Fraktion.

Er soll laut Antragstext, „das politische Handeln von Landesregierung und Behörden seit Beginn bis zum Einsetzungsbeschluss der „SARS-CoV-2/COVID-19-Pandemie“ untersuchen. Der Landesbezug ist dabei das eine entscheidende Kriterium, das andere ist der Beweisbeschluss – der den Vorsitzenden Danny Eichelbaum von der CDU-Fraktion immer wieder dazu veranlasst, kritische Fragen an den ehemaligen RKI-Chef als unzulässig abzuweisen.

Der Tag beginnt mit der nicht allzu großen Überraschung, dass der Vorsitzende Danny Eichelbaum (CDU) den Antrag der AfD-Fraktion auf Verlesen der Aussagegenehmigung abweist. Damit ist für die Öffentlichkeit nicht mehr exakt nachzuvollziehen, welche Fragen Wieler eigentlich beantworten muss und welche nicht. Das ist entscheidend für die Qualität der Aufarbeitung der sogenannten Corona-Pandemie.

Ihre Folgen für zehntausende Menschen, ja für den ganzen Staat und sein Selbstverständnis, werden noch lange zu spüren sein. Zu Beginn der Sitzung stellt Eichelbaum eine Frage zur Person, nach deren Beantwortung durch Wieler man die Sitzung eigentlich getrost hätte verlassen können; denn sie enthielt bereits einen Großteil der Antworten, die Wieler heute geben sollte: Das Robert Koch-Institut habe nur seine gesetzlichen Aufgaben erfüllt.

Dazu habe gehört, der "Ständigen Impfkommission STIKO" eine Geschäftsstelle zur Verfügung zu stellen und für die STIKO Untersuchungen, Modellierungen und epidemiologische Berechnungen vorzunehmen. Dabei wird Wieler nicht müde zu betonen, dass das RKI der STIKO und dem Bundesgesundheitsministerium faktisch nur zugearbeitet habe.

Die STIKO sei unabhängig und entscheide eigenständig, dann gebe sie Empfehlungen ab, die daraufhin vom RKI veröffentlicht würden. Diese Empfehlungen hätten dann im Verlauf der Corona-Pandemie in die nationale Impfstrategie gemündet. Das RKI habe dann die Bundesregierung bei der Umsetzung dieser Impfstrategie beraten.

Analysieren, beraten, empfehlen, zuarbeiten, aber nichts entscheiden, denn das tun die anderen: Das ist im Wesentlichen Wielers Darstellung seiner und der Verantwortung seiner Behörde im Verlauf der Corona-Krise.

"Nach bestem Wissen und Gewissen abgewogen"

Dennoch ergeben sich bei der Vernehmung einige interessante Aspekte, die ein ernüchterndes Licht auf die Funktionsweise des deutschen Gesundheitswesens werfen. Denn einerseits habe das RKI Daten über die Wirkung der COVID-Impfstoffe erhoben, so Wieler, doch für die Zulassung der Impfungen und die Erfassung möglicher Nebenwirkungen sei das Paul-Ehrlich-Institut zuständig gewesen. Das RKI sei lediglich dafür da, die Stiko beratend zu unterstützen und die Effektivität der Impfungen mittels so genannter „Post-Marketing-Studien“ zu erfassen.

Wieler spricht oft von Partnern und Informationen, von „National-Public-Health- Instituten“ und einer „großen Vielzahl von Informationsquellen“. Mit Kritik an mRNA-Impfstoffen habe man „nach bestem Wissen und Gewissen abgewogen“, so Wieler; eine Formulierung, die von ihm häufiger zu hören ist.

Die Frage nach der Methode, mit der die Impfeffektivität der Corona-Impfstoffe gemessen wurde, bringt Wieler ins Schleudern. Der Vergleich des Infektionsverlaufs von Geimpften und Ungeimpften sei mittels der Methode nach Farrington erfolgt, diese habe jedoch „ihre Limitationen“, wie Wieler auf Nachfrage einräumt.

Es gebe hunderte Studien über die Effektivität, diese seien relativ übereinstimmend. Die meisten davon habe das RKI aber nicht selbst erarbeitet. Ob es Studien zu Impfnebenwirkungen beim RKI gebe, weiß Wieler nicht, schließlich sei er „nicht mehr im Haus". Immer wieder weicht Wieler aus und verweist auf PEI und STIKO.

Die Ärztin Dr. Daniela Oeynhausen, Mitglied im Ausschuss für die AfD-Fraktion, benennt eine der zentralen Erkenntnisse in Wielers Aussagen:

„Wir wissen, dass ein Großteil der Meldebögen wegen Covid-19 unvollständig ausgefüllt wurden: Bei bis zu 75 Prozent fehlte die Angabe zum Impfstatus. Trotzdem will Wieler eine Impfwirksamkeit aus den wenigen zur Verfügung stehenden Zahlen zuverlässig errechnen. Das ist unseriös. Denn es bleibt außen vor, warum es zu dieser mangelhaften Datenlage kam. Offenbar fehlte dem RKI genauso wie der Landesregierung jegliche Motivation, für eine zuverlässige Datengrundlage zu sorgen.“

Wieler kommt sichtlich ins Schwitzen und geht auf die meisten wesentlichen Fragen nicht mehr ein. Einige Male wendet er sich an den Vorsitzenden Eichelbaum mit der etwas hilflos klingenden Frage, ob er denn jetzt wirklich im Sinne des Beweisbeschlusses antworten müsse.

Auf die Frage der CDU-Abgeordneten Dr. Saskia Ludwig nach den Brandenburger Corona-Maßnahmen für Kinder und Jugendliche sowie deren „drastische Folgen“ geht Wieler nicht ein; auch die Frage des AfD-Ausschussmitglieds Lars Hünich, ob denn, aufgrund der beobachteten zeitlichen Nähe, möglicherweise die Impfung das Virus verändert habe, beantwortet Wieler nicht.

Der Bestseller-Autor, Publizist und Datenanalyst Tom Lausen ist schon seit Beginn aufmerksamer Beobachter des Untersuchungsausschusses. Sein Eindruck:

„Die Fragen haben es nicht geschafft, eine Tiefe in die Befragung zu bringen. Den Politikern war nicht klar, dass eine hohe Verantwortung vom RKI bezüglich Impfung, Impfwirksamkeit und Impfempfehlung ausgeht. Die Abgeordneten haben es nicht geschafft, die ganz wichtigen Fragen von Herrn Wieler beantwortet zu bekommen. Bei dem sehr wichtigen Fragenkomplex rund um eine Überlastung des Gesundheitssystems sind der AfD sämtliche Fragen abgelehnt worden. Wenn also Gerichte heute und in der Vergangenheit Beschlüsse gefällt haben und sich auf die Überlastung des Gesundheitssystems abgestützt haben, dann haben sie auch keine weitere Sachkunde einholen wollen. Und wie wir heute gesehen haben, hatte das RKI diese Sachkunde offenbar auch nicht.“

Lausen lenkt dabei die Aufmerksamkeit auf ein pikantes Detail:

„Es ist dem Abgeordneten Lars Hünich einmal gelungen, mit einem Vorhalt Herrn Wieler zu entlocken, dass das RKI und auch er als Präsident Befehle oder Anweisungen von einem Generalstabsarzt der Bundeswehr entgegennehmen mussten: Dr. Hans-Ulrich Holtherm, der in dieser sogenannten Pandemie schon im Januar 2020 als Vorgesetzter des RKI quasi einberufen wurde, leitete seit März 2020 den COVID-Stab als vorgesetzte Stelle des RKI.“

Weiterlesen nach der Werbung >>>

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Die eine oder andere Frage schafft es, den Druck auf Wieler zu erhöhen: Saskia Ludwig etwa stellt fest, dass der Ex-RKI-Chef schwere Grundrechtseinschränkungen befürwortet habe, obwohl es nie einen Mangel an Intensivbetten gegeben habe. In Deutschland hätte dabei nur die Hälfte der beatmeten Patienten überlebt, das sei eine wesentlich höhere Sterberate als in anderen Ländern gewesen.

Und Ludwig zitiert Wielers Aussage, dass „Ungeimpfte nicht mehr als normale Menschen zu behandeln“ seien. Wieler erwidert ihr, dass die Lockdowns das Infektionsgeschehen massiv reduziert hätten – das gehe aus Studien des RKI hervor. Die Maßnahmen der WHO, die ja auch das RKI befürwortet hatte, hätten weltweit über 44 Millionen Menschenleben gerettet.

Als der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Hans-Christoph Berndt, darauf hinweist, dass es keine einzige Studie gebe, die diese Zahl belege, reagiert Wieler dünnhäutig. Immer wieder verweist er auf das PEI. Er wirkt erleichtert, als er endlich den Zeugenstand für dessen geladene Vertreterin räumen kann.

Dr. Brigitte Keller-Stanislawski, ehemalige Leiterin der Sicherheitsabteilung für biologische Arzneimittel- und Medizinprodukte beim Paul-Ehrlich-Institut, listet bei ihrer Vernehmung gleich zu Beginn eine lange Reihe festgestellter, möglicher Impf-Nebenwirkungen auf und stellt im selben Satz fest:

„Zuständig für die Überwachung der Sicherheit der Impfstoffe ist die Europäische Arzneimittelkommission bzw. die EU-Kommission.“

Man habe beim PEI immer alle Verdachtsmeldungen seitens der „Zulassungsinhaber“, auch aus anderen europäischen Ländern, erhalten und gemeldet.

Keller-Stanislawski spricht sehr häufig davon, dass sich alle wesentlichen Informationen auf der PEI-Homepage fänden. Ärzte seien jedenfalls verpflichtet, mögliche Impfkomplikationen an ihre übergeordnete Landesbehörde zu melden.

Und dann tut Keller-Stanislawski das, worauf sich schon Wieler zuvor immer wieder zurückgezogen hatte: Der ostentative Hinweis auf die Zuständigkeit. Zuständig seien stets die STIKO und das "Bundesministerium für Gesundheit" gewesen. Das PEI bekomme Meldungen nämlich anonymisiert, daher könnten nur die Gesundheitsämter den Einzelfällen fachlich nachgehen.

Tom Lausen bewertet Keller-Stanislawskis Auftritt eindeutig:

„Schon jetzt ist erkennbar, dass die Behörde vollkommen überfordert gewesen ist mit der Vielzahl der Impfnebenwirkungen und Todesfallmeldungen, sodass sie gar nicht in der Lage war, die Fälle ordnungsgemäß und gründlich zu bearbeiten. Rückfragen an Gesundheitsämter oder Ärzte waren selten und zeitlich gar nicht zu stemmen. Sie gab 3315 Todes-Verdachtsmeldungen zu, wovon alleine 88 aus dem Land Brandenburg stammten. Mein persönlicher Eindruck hierzu: Todesfallmeldungen nach Impfung sind lediglich ein verwaltungstechnisches Problem, weil es zu viele waren. Sowohl die AfD als auch die CDU stellen hervorragende Fragen, die restlichen Fraktionen beginnen sich erstmalig über das Corona-Geschehen zu informieren.“

Große Betroffenheit hinterlässt die Schilderung Keller-Stanislawskis, dass das PEI von der Vielzahl der Impfnebenwirkungen überrascht und überfordert wurde:

„Es gab Leute, die haben sich nur um Todesfälle gekümmert und Leute, die haben sich nur um Myokarditis gekümmert, wir hatten ja viel mehr Arbeit als zuvor, nur durch diesen Impfstoff. Wir haben aus anderen Abteilungen Hilfe bekommen, weil wir zu wenig Leute für die Bearbeitung der Impfnebenwirkungen hatten.“

Die vielleicht wichtigste Frage, nämlich ob es kontrollierte Zufallsstudien gibt, die belegen, dass der Nutzen der Covidimpfung tatsächlich die Schäden überwiegt, wurde vom Ausschussvorsitzenden leider nicht zugelassen. Somit bleibt die Behauptung, die Impfung sei im Saldo empfehlenswert, weiter in der Luft hängen.

Das Interesse der Grünen-Fraktion an der Aufklärung der Corona-Krise kann man als überaus überschaubar bezeichnen: Von den beiden Ausschussmitgliedern der Regierungspartei kommt keine einzige Frage. Das überrascht, denn mittlerweile liegen massenhaft Beweise über die Wirklichkeit der sogenannen Pandemie auf dem Tisch. Der kanadische Datenanalyst Dr. Denis Rancourt, ein prominenter Physiker, hat eine verblüffende Analyse der weltweiten “Gesamtsterblichkeit“ präsentiert.

Rancourt zeigt mit den Sterblichkeitsdaten verschiedener Länder, dass es eine erhöhte Sterblichkeit nur dort gab, wo Maßnahmen wie Lockdowns, Beatmung oder ähnliches ergriffen wurden, aber die Behandlung mit Antibiotika gegen bakterielle Lungenentzündungen verboten und ausgesetzt waren.

Übersterblichkeit gebe es ebenfalls durch die Impfkampagne, und zwar je höher die Impfquote, umso höher sei auch die Übersterblichkeit. Hätten die Regierungen nichts unternommen – hätte es keine erhöhte Sterblichkeit gegeben. „Es gab keine Pandemie, die eine Übersterblichkeit verursacht hätte. Die Maßnahmen, die die Regierungen ergriffen haben, haben die Übersterblichkeit verursacht. Und: Die Impfkampagne hat definitiv eine Übersterblichkeit verursacht“, so Dr. Rancourt zu den Ergebnissen seiner Studie.

Die Sitzung des Brandenburger Corona-Untersuchungsausschusses wurde gegen 18 Uhr überraschend unterbrochen und auf den 13.10.2023 vertagt. AfD-Obmann Lars Hünich hält das für völlig falsch und ineffizient:

„Es sind jetzt anderthalb Monate Zeit bis zur nächsten Sitzung. Man hätte auch morgen Früh weitermachen können. Das ist eine massive Behinderung des Ausschusses.“

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare