Es ist gesünder, mit einem Kinderschänder oder Mörder ein Gespräch zu führen als mit der AfD

"Merz ist kein Konservativer – Ich hatte von Anfang an vor ihm gewarnt"

von Hans-Georg Maaßen (Kommentare: 12)

"Ich kann mich nicht erinnern, dass die innenpolitische Situation in Deutschland jemals schon vergleichbar instabil war wie heute."© Quelle: Foto privat

Hans-Georg Maaßen ist gegen jede Form von von Radikalismus und erst recht Extremismus. Er sieht die Chance zu Veränderung darin, das richtige Momentum abzuwarten:

„Um eine Politikwende zu erreichen, muss man nicht radikal sein. Die Situation dafür muss da sein. Und wenn sie da ist, werden wir eine Politikwende in Deutschland erreichen, auch wenn viele Menschen zuvor politisches Lehrgeld zahlen mussten. Ich hoffe, dass das Lehrgeld nicht zu hoch sein wird. Und dann müssen wir zusammen Deutschland mit Vernunft und mit Augenmaß wieder vom Kopf auf die Füße stellen.“

Hier unser Interview:

Alexander Wallasch: Die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme bewegt sich erneut auf ein Allzeithoch zu ...

Hans-Georg Maaßen: Täglich kommen allein zwischen 500 bis 700 Migranten zu uns. Mehr als eine Viertelmillion im Jahr, vergleichbar einer deutschen Großstadt wie meiner Heimatstadt Mönchengladbach. Das sind nur die registrierten Migranten. Für diese Menschen müssen aus dem Steueraufkommen Unterkünfte und Infrastruktur geschaffen werden, wie Krankenhausbetten, Kindergartenplätze, Schulen und so weiter.

Also so viele wie für eine Großstadt. Darüber wird heute anders als 2015 kaum gesprochen. Das Volk hat andere Probleme und die Nachrichten blenden die Massenzuwanderung nach Deutschland weitgehend aus. Wenn ich von Massenzuwanderung rede, meine ich nicht die Ukrainer, die bei uns Schutz suchen, sondern Menschen aus dem Mittleren Osten und aus Afrika, die über die unterschiedlichsten Routen nach Deutschland einreisen. Teilweise kommen sie zu uns und behaupten, ukrainische Flüchtlinge zu sein.

Die Bereitschaft des politisch-medialen Establishments, selbst die blödsinnigsten Schutzbehauptungen von Asylsuchenden zu glauben, war selten größer als jetzt, wenn zum Beispiel in einigen Medien schwarzafrikanische Menschen als Ukrainer vorgestellt wurden. Wir haben ein Problem mit dem Missbrauch des Asylrechts. Diesen Ausdruck des früheren Berliner Innensenators Lummer verwende ich hier bewusst, weil die aggressiven Linken in Deutschland jegliche Diskussion über Asylmissbrauch verhindern und Personen, die das aussprechen, diffamieren.

Die Menschen, die heute zu uns kommen, sind in der Masse keine Flüchtlinge, die politisch verfolgt wurden oder die unseres Schutzes bedürfen. Es sind regelmäßig Leute, die aus wirtschaftlichen Gründen zu uns kommen. Natürlich ist es nachvollziehbar, wenn junge Menschen schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen zuhause entfliehen wollen. Deutschland ist für manche dieser jungen nicht asylberechtigten Männer ein Paradies, da sie hier ein unbeschwertes Leben führen können, losgelöst von familiärer Kontrolle oder Stammeskontrolle, und tun und lassen können, was sie wollen. Anders als zuhause. Und Straftaten, die sie hier begehen, haben nicht die gleichen spürbaren Konsequenzen wie sie es zuhause kennen.

Die Einschleusung von Migranten ist Big Business, ein großes Geschäft. Daran verdienen sehr, sehr viele. Die kriminellen Schleuser-Organisationen und ihre Helfer im Ausland, aber auch unsere heimische legale Asylindustrie. In keinem anderen Bereich der Organisierten Kriminalität kann man so leicht mit geringem Risiko so viel Geld verdienen. In Afrika werden Menschen in ihren Dörfern für die Schleusung angeworben. Dabei wird ihnen in Deutschland alles versprochen. Oftmals sind die Geschleusten enttäuscht und fühlen sich betrogen, wenn sie feststellen, dass sie hier nicht das versprochene Haus mit Kühen und Frauen erhalten.

Alexander Wallasch: Die empfindliche deutsche Seele von 2022 würde Ihnen jetzt sagen: Aber, lieber Herr Maaßen, Sie müssen doch das Einzelschicksal bedenken. Hier werden lieber alle aufgenommen, auch jene, die nicht berechtigt sind, um auszuschließen, dass versehentlich zwei abgewiesen werden, die vielleicht eine Berechtigung gehabt hätten. Das ist ja so die klassische Argumentation mittlerweile entlang von Merkels humanitärem Imperativ ...

Hans-Georg Maaßen: Das ist keine humanitäre, sondern eine dümmliche Argumentation, die allerdings in unserer heutigen Medienöffentlichkeit verfängt, da emotionalisiert wird und sachliche Argumente diffamiert werden. Sicherlich gibt es auch politisch Verfolgte, die nach Deutschland wollen. Nur, nach internationalem Recht haben politisch Verfolgte kein Recht, sich das Land auszusuchen, das sie am schönsten finden, um Asyl zu beantragen.

Sie haben nicht das Wahlrecht, zu entscheiden, um den ganzen Globus zu reisen und in Deutschland Asyl zu beantragen. Das geht nicht. Sie sind verpflichtet, in dem nächsten Zufluchtsland um Asyl nachzusuchen. Hinzu kommt, dass das Asylrecht auch nur temporären Schutz gewähren soll. Es ist kein Einwanderungsrecht. Es soll nur Schutz gewähren, solange die Verfolgungssituation anhält. Entfällt die Verfolgungssituation im Heimatland, sind die Leute nicht mehr schutzbedürftig. Deutschland ist von sicheren Drittstaaten umgeben. Wir bräuchten grundsätzlich nicht für Migranten, die über die um uns liegenden EU-Staaten kommen, ein Asylverfahren durchzuführen. Wir tun es aber, weil andere EU-Staaten teilweise nicht gewillt sind, ihre Verpflichtungen zu erfüllen und weil maßgebende Politiker diese Migranten aufnehmen wollen.

Alexander Wallasch: Sie sind ja nicht nur politischer Kommentator. Sie sind ja auch Beteiligter und haben es ja selbst erlebt, als Horst Seehofer vor die Kameras trat und sagte: Es gibt keine Mehrheiten für meine Politik. Es war ein Aufgeben. Ich habe mich damals – es muss um 2018 gewesen sein – erschrocken, weil er als gewählter Politiker zunächst einmal einen Wählerauftrag hat entlang seines zur Wahl vorgestellten politischen Programms. Und auf einmal sagt der gewählte Seehofer: Wir haben für unsere kontrollierte Migrationspolitik bei sicheren Grenzen keine Mehrheit mehr im Land. Auch die Mehrheiten in der eigenen Partei unter Merkel hatten sich ja geändert ...

Hans-Georg Maaßen: Ich hatte den Eindruck, dass Seehofer damals kapitulierte, weil er einsah, dass selbst in seiner eigenen Partei das Heer der Opportunisten, die sich mit den linken Medien nicht anlegen wollten, einfach zu groß ist. Und Leute, die seine Position mit Überzeugung und Rückgrat vertreten, gab es einfach zu wenige. Dieser Opportunismus kommt daher, dass die überwältigende Zahl der Medien, vor allem der Staatsmedien, die Migrationspolitik von Merkel mitgetragen haben. Damals wurde mir von leitenden Redakteuren gesagt: Wir dürfen doch nicht der Kanzlerin in den Rücken fallen und damit die Rechtsextremisten stärken. Das ist bis heute so. Jeder, der sich gegen diese ungesteuerte und unbegrenzte Migrationspolitik wehrt und eine andere Position vertritt, wird vor allem von den Staatsmedien diffamiert und diskreditiert. Kein Politiker, der eine politische Karriere anstrebt, möchte sich mit diesen Medien anlegen – er wird den Kürzeren ziehen und am öffentlich-rechtlichen Pranger stehen und als Rechtspopulist, Rassist oder Schwurbler diffamiert werden.

Leider glaubt ein Großteil der Menschen in Deutschland immer noch diese Agitation und Propaganda und versteht einfach nicht, dass diese Medien manipulieren und dass hier eine Politik zum Schaden der Bürger betrieben wird.

Vor Kurzem sprach ich mit einem CDU-Bundestagsabgeordneten über Friedrich Merz und seine Absage, an einer CDU-nahen Veranstaltung teilzunehmen, weil der Publizist Henryk M. Broder und der Anwalt Joachim Steinhöfel teilnehmen sollten. Merz – so heißt es in unwidersprochenen Medienberichten – hätte seine Absage mit einer angeblichen AfD-Nähe dieser Personen begründet. Der Abgeordnete zeigte sich maßlos enttäuscht von Merz. Er hätte ihn als Hoffnungsträger gesehen und unterstützt. Jetzt würde er mit dem linken Führungspersonal aus der Merkelzeit und mit den Grünen ihre Politik fortsetzen. Er empfand es als Verrat. Ich hatte ihn von Anfang an vor Merz gewarnt. Merz ist aus meiner Sicht kein Konservativer. Mein Gesprächspartner meinte aus seinen Begegnungen, Friedrich Merz sei der Erste, der sich vor sich selbst distanziert, wenn er in den Medien ein Lüftchen Gegenwind spürt. Dann würde er erklären, dass er falsch verstanden worden sei, es nicht so gemeint hätte oder schlecht beraten worden sei. Er entschuldige sich und rudere wie ein Weltmeister zurück.

Aus meiner Sicht beschreibt das die Haltung, die ich bei vielen Politikern wahrnehme. Unter vier, allenfalls sechs Augen sind sie mutig, üben Kritik und stimmen mir zu. Aber sobald Journalisten in der Nähe sind, trauen sie sich nicht, das in ein Mikrofon zu sprechen, weil sie wissen, wenn sie es öffentlich aussprechen, werden sie diffamiert und diskreditiert und ins rechte Lager gesteckt. Merz zeigte durch sein Verhalten gegenüber Broder und Steinhöfel, dass es heute schon ausreicht, wenn allein der Verdacht besteht beziehungsweise grüne Propagandisten dies einfach behaupten, jemand sei AfD-nah, um ihn zu canceln, zu diffamieren und aus dem gesellschaftlichen Leben des Mainstreams auszuschließen. Also aufpassen, wenn man mit anderen im Aufzug steht und wenn man einkaufen geht: Man könnte auf jemanden treffen, der die falsche Auffassung vertritt.

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Alexander Wallasch: Ich habe neulich den Abgeordneten der AfD, Petr Bystron interviewt. Darf man das überhaupt noch?

Hans-Georg Maaßen: Wenn man zur linken Mainstreamgesellschaft gehören will, ist dies ein Todesurteil. Wer mit AfD-Leuten redet, ihnen auch noch eine Bühne gibt, muss damit rechnen, dass die linke Mainstreamgesellschaft unerbittlich ist und dies nicht verzeiht. Für das eigene Fortkommen ist es heutzutage gesünder, wenn man mit einem Kinderschänder oder Mörder ein Interview führt als mit jemandem, der als AfD-nah gilt.

Alexander Wallasch: Ich wäre ja bereit dazu, auch Gespräche zu führen mit Claudia Roth, mit Katrin Göring-Eckardt oder wem auch immer, aber die entziehen sich. Sie glauben gar nicht, wie viele Anfragen ich gestellt habe. Und selbst diese vermeintlichen Heroes wie Wagenknecht und Lafontaine, die verweigern sich auch regelmäßig. Die nutzen durchaus unser Publikum und die Reichweite der neuen Medien, geben ihre Interviews aber weiterhin bei Focus und Co. Das heißt, unsere Medien werden durch diese Dialogverweigerung von außen natürlich auch geprägt, dann in einer bestimmten Form.

Hans-Georg Maaßen: Natürlich entziehen die sich einem Interview. Das gehört zu ihrer politischen Strategie. Niemals mit jemandem ein Interview führen, der dem politischen Feind eine Plattform bietet. Dadurch würde man ja diesem Medium die Möglichkeit geben, sich als objektiv darzustellen. Wer mit dem politischen Feind redet, ist selbst ein Feind. Das ist die klassische KPD-Strategie der 1920er Jahre. Machen Sie doch einfach öffentlich, wen Sie zu einem Interview eingeladen haben und wer abgesagt oder nicht geantwortet hat.

Alexander Wallasch: Nochmal zurück aufs Mittelmeer. Von Zentralafrika über das Wasser nach Italien bis nach Deutschland, das ist ja alles Kilometer für Kilometer durchorganisiert. Ein besonders erfolgreiches neues Teilstück bildet hier die private Organisation (NGO) „Seebrücke“. Dort sind mittlerweile 309 deutsche Städte registriert, die sich öffentlich verpflichtet haben, acht Forderungen der NGO zu erfüllen. Und da sind CDU-Bürgermeister darunter. Der Bürgermeister von Würzburg beispielsweise. Wie ist denn so was möglich? Wie sehr muss man Angst vor unpopulären Entscheidungen haben, dass man so einen Deal mit den Deutschlandhassern eingeht? Diese NGO verkauft Antifa-Aufkleber auf ihrer Internetseite. Und alle Parteien, außer der AfD, arbeiten mit denen zusammen. Was sind das für Menschen, diese Bürgermeister wie Herr Schuchardt aus Würzburg? Hassen die auch schon ihr Land?

Hans-Georg Maaßen: Es sind unterschiedliche Charaktere. Teilweise Linke, die in CDU und CSU den langen Marsch durch die Funktionen machten. Teilweise Leute, die sich dem politischen Gegner anbiedern, weil sie hoffen, dass er sie politisch lobt und schont. Teilweise naive unpolitische Figuren – ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Politiker völlig unpolitisch sind und eigentlich nur an ihre Karriere denken –, die einfach nur zu den wirklich Guten gehören wollen. Auch Leute, die auch bereit sind, die Regenbogenflagge zu hissen, um zum Ausdruck zu bringen: Bitte nicht mich angreifen, ich bin ein Rechtgläubiger, ich gehöre zum Mainstream.

Alexander Wallasch: Die Regenbogenflagge als Symbol der Kapitulation?

Hans-Georg Maaßen: Genau. Die Regenbogenflagge ist nicht etwas politisch Unschuldiges, mit dem man zum Ausdruck bringt, dass man nichts gegen eine bestimmte Orientierung hat, auch wenn das heute gerne so gesagt wird, um uns für dumm zu verkaufen. Unsere Vorfahren ließen sich von den Kommunisten auch nicht einreden, dass die rote Flagge die Flagge der Arbeiterbewegung ist und dass sie sie hissen müssten, um zu zeigen, dass sie nichts gegen Arbeiter hätten. Jeder wusste, dass die Flagge für eine bestimmte Ideologie stand. Auch die Regenbogenflagge ist die Flagge einer politischen Ideologie. Es ist diese linksextreme Woke-Ideologie aus den USA, die ich das Bolschewokentum nenne.

Diese Ideologie ist totalitär, weil sie jeden Widerspruch ausschließt und mit totalitären Methoden versucht, Menschen dazu zu bringen, dieser Ideologie zu folgen. Sie ist nach meiner Einschätzung mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Wer aber diese Flagge hisst, bringt damit zum Ausdruck, dass er Anhänger oder Unterstützer dieser Ideologie ist und sie jedenfalls nicht bekämpfen will.

Und natürlich geht es auch um Karrieren: Wenn jemand als vermeintlich Konservativer von den Medien gelobt wird wegen woker oder anderer linker Äußerungen, oder weil er zum Beispiel bei der Pride-Parade mitmarschierte, dann ist das Rückenwind für eine Karriere, gerade in dieser CDU.

Ich habe den Eindruck, die CDU ist gar nicht an konservativen oder realpolitischen Wählern interessiert. Eher möchte sie, dass diese Leute aus Frust nicht zur Wahl gehen, als dass sie Politik für diese Leute machen will. Dieses Kalkül ging immer wieder auf: Bei der Landtagswahl in NRW sind 45 Prozent der Wähler zuhause geblieben. Die links-grüne CDU stellt sich als alternativlose bürgerliche Partei dar und wenn die Wähler diese Alternativlosigkeit nicht akzeptieren wollen, sollen sie halt zu Hause bleiben.

Alexander Wallasch: Sie meinten vorhin, die Medien transportieren die politische Botschaft hin zum Bürger. Aber wenn man auf Reichelt, auf Schuler und Röhn schaut, dann scheint sich da etwas zu bewegen, es gibt aufrechte und prominente Medienvertreter, die nicht mehr mitmachen wollen ...

Hans-Georg Maaßen: Herr Reichelt ist als Chefredakteur der BILD nach meiner Wahrnehmung deshalb entlassen worden, weil er die „falsche“ politische Auffassung vertrat. Er war von den linken Mainstreammedien und den Bolschewoken immer wieder wegen seiner politischen Berichterstattung angegriffen worden. Er war diesen Leuten sicher ein Dorn im Auge. Da hat man einen Anlass gesucht, um den Springer-Verlag unter Druck zu setzen, sich von Reichelt zu trennen. Leider zeigt der Springer-Verlag kein Rückgrat. Er hat sich aus meiner Sicht vollkommen der woken Ideologie unterworfen. Dabei war der Springer-Verlag in der Vergangenheit noch einer der wenigen Verlage, die sich kritisch gegenüber dem linksgrünen Mainstream geäußert hatten. Und jetzt verlassen die letzten vernünftigen und dieser Ideologie kritisch gegenüberstehenden Journalisten den Springer-Verlag. Entweder gehen sie freiwillig oder werden wie Reichelt entlassen.

Alexander Wallasch: Die Bildzeitung hat schon 2015 Refugees-Welcome-Aufkleber verteilt. Mit so einem Aufkleber am Anzug ist dann Sigmar Gabriel stolz wie Bolle durch den Bundestag marschiert. Aber Springer macht das bis heute ganz geschickt. Die haben immer einen Alibi-Artikel in der Hinterhand oder hinter der Paywall, den sie dagegenhalten können, der genau das Gegenteil sagt. Vielleicht ist das ja vernünftiger Journalismus, ich weiß es nicht. Aber offensichtlich wird die Alibi-Seite jetzt weggestrichen. Komplett und weil nicht mehr notwendig. Es braucht keine Rechtfertigung mehr. Das allerdings lässt tief blicken auf den Zustand des Landes und das Selbstverständnis dieser Medien.

Hans-Georg Maaßen: Ja, diesen Eindruck kann man haben.

Alexander Wallasch: Diese Leute drängen jetzt zu den alternativen Medien oder gründen neue Ableger, wie jetzt Julian Reichelt. Und so, wie vielleicht der Welt-Autor Tim Röhn auch schon erste Freischwimmbewegungen macht. Aber wer bei uns landet, der bekommt von unseren Lesern auch eine klare Ansage. Die fragen zurecht: Was habt ihr eigentlich gemacht die letzten sechs Jahre? Und dann werden Zitate gezogen, die ein fahles Licht werfen. Beispiel Reichelt: Ich habe gerade sein Twitter die Jahre zurück durchforstet, da waren schon bittere diffamierende Pillen dabei. Wie kann man denen ohne viel Bitternis ein Zeichen geben und sagen: "So, ihr seid jetzt hier, also lasst uns zusammen was machen". Ich glaube, das ist die größte Schwierigkeit.

Hans-Georg Maaßen: Ich wünsche Reichelt viel Erfolg. In der Berichterstattung zur Migrationspolitik hatte die BILD danebengelegen und schwere Fehler in der Information der Öffentlichkeit gemacht. Ich weiß nicht, welche Rolle Herr Reichelt damals spielte.

Alexander Wallasch: Sie gehören zu den stärksten Stimmen bei den neuen oder alternativen Medien. Aber Ihre CDU-Mitgliedschaft wird Ihnen das eine oder andere Mal noch kritisch aufs Butterbrot
geschmiert.

Hans-Georg Maaßen: Mir haben viele Bürger im Bundestagswahlkampf in Südthüringen gesagt: "Wir finden sie toll, wir würden Sie wählen. Aber sie stehen für die falsche Partei. Wir wählen nie, nie, nie wieder CDU."

Ich konnte den Menschen auch nicht erklären, warum die CDU einen Herrn Laschet als Kanzlerkandidaten aufgestellt hat. Es war überhaupt nicht vermittelbar. Ich war ja nicht Listenkandidat gewesen, sondern Direktkandidat. Ich habe da immerhin weit mehr als 20 Prozent bekommen. Offensichtlich hatten viele aber nicht verstanden, wenn man den Direktkandidaten Maaßen wählt, bekommt man nicht Merkel oder Laschet.

Alexander Wallasch: Wollen Sie es noch mal probieren?

Hans-Georg Maaßen: Keiner weiß, wie die nächsten Monate und das nächste Jahr aussehen. Im Moment befindet sich alles im Fluss. Ich kann mich nicht erinnern, dass die innenpolitische Situation in Deutschland jemals schon vergleichbar instabil war wie heute. Die Politik macht den Menschen bewusst Angst mit ihrer Coronapolitik, tut nichts für eine ausreichende kostgengünstige Energieversorgung, sondern warnt die Menschen vor einem kalten Winter.

Es ist nicht Aufgabe der Regierung, vor einem kalten Winter zu warnen, sondern für ausreichende Energie- und Lebensmittelvorräte zu sorgen. Die Regierung ist nicht gewählt worden, um zu warnen – das ist Aufgabe der Opposition – sondern, um zu handeln. Wir haben einen Bundeskanzler, der nicht zuletzt durch die Cum-Ex-Affäre politisch und moralisch angeschlagen ist. Wir haben Minister im Bundeskabinett, die ich für unqualifiziert halte, ihren Aufgaben nachzukommen. Und wir stehen vor unglaublichen Herausforderungen in fast allen politischen Bereichen: Energiepolitik, Wirtschaftspolitik, Inflation, Außenpolitik. Also ich weiß nicht, ob wir den Bundestag erst 2025 wieder wählen.

Ich würde mir wünschen, die nächste Bundestagswahl käme so schnell wie möglich. Herr Scholz sollte jetzt seinen Rücktritt erklären und den Weg freimachen für ein Bundeskabinett der Experten.

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Alexander Wallasch: Was wird aus der AfD und warum grenzen Sie sich regelmäßig so bewusst von der Partei ab?

Hans-Georg Maaßen: Wenn man sich jetzt die AfD anschaut, stellt man fest, dass sich die Partei in den letzten Jahren erheblich verändert hat. Und mein Eindruck ist, sie hat sich auch dadurch radikalisiert, dass viele moderate und bürgerliche Köpfe der AfD den Rücken gekehrt haben. Ich kenne die AfD nicht, aber Herr Meuthen als langjähriger Parteivorsitzender und zahlreiche andere ehemalige Funktionäre, die die Partei verließen, warnten vor ihrer eigenen ehemaligen Partei, weil sie sich radikalisiert hätte. Diese Leute kennen die Partei besser als ich.

Alexander Wallasch: Aber ist das nicht ein stückweit selbstverständlich? Denn wenn sich, wie wir eingangs festgestellt haben, die Regierungspolitik radikalisiert hat, wie soll man anders reagieren als sich selbst radikaler aufzustellen, wenn man nicht in Gandhis Fußstapfen marschieren will. Druck erzeugt Gegendruck.

Hans-Georg Maaßen: Nein, das sehe ich insoweit nicht. Ich nehme wie auch Herr Meuthen und andere wahr, dass die Radikalen in der AfD dominanter geworden sind.

Alexander Wallasch: Wie radikal muss man denn heute sein, um das Schiff Deutschland noch zu drehen? Ansonsten fährt es wahrscheinlich davon.

Hans-Georg Maaßen: Man sollte nicht radikal, sondern einfach realistisch sein. Und man muss das richtige Momentum haben. Ich bin gegen jede Form von Radikalismus und erst recht Extremismus. Um eine Politikwende zu erreichen, muss man nicht radikal sein. Die Situation dafür muss da sein. Und wenn sie da ist, werden wir eine Politikwende in Deutschland erreichen, auch wenn viele Menschen zuvor politisches Lehrgeld zahlen mussten. Ich hoffe, dass das Lehrgeld nicht zu hoch sein wird. Und dann müssen wir zusammen Deutschland mit Vernunft und mit Augenmaß wieder vom Kopf auf die Füße stellen.

Alexander Wallasch: Vielen Dank für das Gespräch!

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