„Einmal Hallig und zurück“ als irritierende Zeitreise in eine nicht allzu ferne Vergangenheit

Programmfehler bei der ARD: Energiewendekritik in der Prime Time

von Bertolt Willison (Kommentare: 9)

Welcher Praktikant hat diesen Film bloß am Programmdirektor vorbei in die ARD-Timeline gestellt?© Quelle: Pixabay / KirsiAlastalo / GDJ / ARD Mediathek Screenshot, Montage Bertolt Willison

Inzwischen haben wir uns fast daran gewöhnt, dass jegliche Kritik an der Energiewende als rechts, rückwärtsgewandt und lebensfeindlich abgetan wird. Doch manchmal schwächelt der ÖRR und lässt zarte Blüten des Zweifelns an der sogenannten Mehrheitsmeinung zu.

So geschehen am Mittwochabend.

Sommerzeit ist bei den großen Fernsehsendern traditionell Sommerlochzeit. Qualitätsformate wie „Hart aber fair“ ruhen sich aus bis zum Herbst ­- wenn sie überhaupt wiederkommen.

Damit der geneigte, zumeist ältere Zuschauer seine Zeit aber nicht ausschließlich ohne Glotze auf Balkonien oder im Schrebergarten verbringen muss, werden für ihn statt Pausenbild ohne Pause Wiederholungen gezeigt. So auch gestern zur Prime Time um viertel nach Acht in der ARD.

„Einmal Hallig und zurück“: Der Film von Regisseurin Hermine Huntgeburth, erstausgestrahlt in der ARD 2015, verspricht mit den Hauptdarstellern Anke Engelke als Investigativ-Reporterin aus Hannover und Charly Hübner als Hallig-Bauer und Okö-Aktivist und dem Ort der Handlung, irgendeiner Hallig irgendwo im nordfriesischen Wattenmeer, komödiantische Unterhaltung mit Tiefgang vor schöner Naturkulisse. Und dieses Versprechen wird eingelöst. Ein gut zu konsumierender Film auf seine Art, süffig wie ein Flens.

Überraschend an diesem in die Jahre gekommenen Film ist die dort durchschimmernde Kritik an der grünideologisierten Energiewende und an den korrupten Akteuren im Spiel um Macht und viel Geld unter dem Deckmantel „Umweltschutz“.

Weiterlesen nach der Werbung >>>

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Man traut wirklich seinen Augen und Ohren nicht: Das konnte also vor noch nicht einmal zehn Jahren im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt werden. Erstaunliche Meinungsvielfalt damals. Bildungsauftrag erfüllt.

Ein Beispiel gefällig? Hier ist es, beginnend bei Minute 42:00:

Reporterin (hält einen Vogelkadaver in die Luft): Was ist das denn?
Bauer: Das ist eine Lachsseeschwalbe. Das gibts doch nicht. Weibchen. Jetzt haben wir nur noch 41 brütende Pärchen.

Reporterin: Wer hat die denn so zugerichtet?
Bauer: Nicht wer? Was! War ein Windrad.
Reporterin: Die können doch so gut sehen, die Lachseeschwalben, steht in Ihrem Dossier, und so klein sind diese Windräder jetzt auch nicht. Entschuldigung, ich wollte nicht taktlos sein. Ich dachte nur, dass grundsätzlich einer wie Sie ja für Windenergie sein muss, weil es doch alternative Energie ist.
Bauer: Alternative Energie?
Reporterin: Wie, Sie sind gegen alternative Energien?
Bauer: Ich bin nicht gegen alternative Energie. Ich bin dagegen, dass alternative Energie zu einem politischen Slogan verkommt.
Reporterin: Okay, das ist schon klar, aber am Ende kommt es nur darauf an, dass es irgendwann keine Kernkraft mehr gibt, oder nicht?
Bauer: Ja, aber dass man jetzt wahllos Windparks und Offshore-Anlagen in die Landschaft tackert, ohne zu wissen, was sie kosten und ob das überhaupt Sinn macht, das ist neu. Bei Atomkraft, da wusste jeder, das ist scheiße gefährlich! Jetzt schreibst du irgendwo „Alternative Energie” drauf, und alle liegen sich zufrieden in den Armen. Wissen Sie, wie man das nennt? Greenwashing! Bei Ihnen hat das bestens funktioniert.

Welcher Praktikant hat diesen Film bloß am Programmdirektor vorbei in die ARD-Timeline gestellt? Irgendjemand hat da nicht aufgepasst. Hier wird genau das artikuliert, was die immer lauter werdenden Kritiker über die graichenhaften Grünen sagen, was aber im deutschen ÖRR nicht mehr thematisiert werden darf im vom Gender- und Multikulti-Wahn dominierten Programm.

Ob es unterbelichtete TV-Schmonzetten à la Rosamunde Pilcher, Inga Lindström oder Katie Fforde oder der ehemals so anspruchsvolle Tatort sind: Kein Film, auch nicht im Kino, kommt in diesen Zeiten mehr ohne migrantische Figuren mit diversen Geschlechtern aus. Wer an den Trog der Filmförderer möchte, muss sich eben ihren Vergaberichtlinien im neuen Zeitgeist unterwerfen, sonst geht er leer aus.

Würde „Einmal Hallig und zurück“ heute überhaupt noch gedreht werden, dann bestimmt irgendwie anders, zum Beispiel so: Anke Engelke macht mit ihrer ukrainischen Flüchtlingsfamilie einen Ausflug auf die Hallig und besucht dort Charly Hübner, der sich gerade als seine Tante definiert. Charlys Bauernkate erstrahlt in den Farben des Regenbogens, das Reetdach ist längst Solarzellen gewichen. Im Hintergrund werfen Windräder ihre Schlagschatten.

Zweifel am einzigen goldenen Weg in die nachhaltige Zukunft: Fehlanzeige.

Fragen, wie sie die Reporterin in „Einmal Hallig und zurück“ einem Minister stellt, hören wir heute in Pressekonferenzen nicht und schon gar nicht in von den Öffentlich-Rechtlichen ausgestrahlten Filmen:

Minister: Ich versichere noch einmal, dass der Schutz des Wattenmeers für uns höchste Priorität hat. Gut, wenn es dann keine weiteren Fragen mehr gibt.
Reporterin: Ich habe noch Fragen. Hallo, Conny Reitmeier von der Mega. Erstens, Herr Espersen, stimmt es, dass Sie in die Windräder ihrer neuen Anlage völlig veraltete und ineffiziente Generatoren einbauen lassen werden? Und zweitens, Herr Minister Heinz, stimmt es, dass Sie diesen Betrug gegen entsprechende Schmiergeldzahlungen und Sachgeschenke gedeckt haben?

Danke, liebe ARD, für die wohl unfreiwillige Zeitreise in eine nicht allzu ferne Vergangenheit, in der die Diskursrahmen, das ist offensichtlich, viel weiter gesteckt waren als heute in unserer bunten neuen Welt, die so tolerant daherkommt und doch so eingleisig ist.

PS: „Einmal Hallig und zurück“ können Sie sich in der ARD-Mediathek anschauen.

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare