Der Doppelagent

Staatsversagen: Wie ein Spion durch alle Raster deutscher Sicherheit fiel

von Bertolt Willison (Kommentare: 7)

Der Fall Jian G. ist kein AfD-Skandal. Er ist ein staatliches Sicherheitsdesaster.© Quelle: ChatGPT Image

Von der SPD bis zu Maximilian Krah (AfD): Jian G. bewegte sich jahrelang unbehelligt durch die deutsche Politiklandschaft – und spionierte teilweise gleichzeitig für Deutschland und China.

Vor wenigen Tagen, am 30. September 2025, wurde der chinesisch-deutsche Spion Jian G. vom Oberlandesgericht Dresden zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Fast alle großen Schlagzeilen nannten ihn seit seiner Festnahme im April 2024 schlicht „Krah-Mitarbeiter“. Das ist formal korrekt, denn von 2019 bis 2024 war er tatsächlich als Assistent des AfD-Abgeordneten Maximilian Krah im Europaparlament tätig. Doch diese Verkürzung ist eine Irreführung. Der eigentliche Skandal liegt woanders.

Denn Jian G. arbeitete nachweislich seit 2002 für einen chinesischen Nachrichtendienst. Gleichzeitig war er von 2007 bis 2018 Informant des sächsischen Verfassungsschutzes, geführt als Quelle und über Jahre bezahlt, bevor er offiziell „abgeschaltet“ wurde (LVZ). Das heißt: Ein Mann, der längst für Peking spionierte, wurde über ein Jahrzehnt lang direkt vom deutschen Staat als Zuträger beschäftigt.

Und das ist noch nicht alles. Zwischen 2008 und 2015 war Jian G. Mitglied der SPD. Erst nach dieser Episode wechselte er in das Büro von Maximilian Krah. Wer also behauptet, der Fall sei vor allem ein AfD-Skandal, blendet bewusst zwei entscheidende Kapitel aus: seine SPD-Vergangenheit und vor allem die Tatsache, dass er über elf Jahre als Quelle des Verfassungsschutzes geführt wurde.

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Hier stellen sich Fragen, die kaum ein Leitmedium in den Vordergrund rückt: Wie konnte der sächsische Verfassungsschutz einen Doppelagenten über elf Jahre führen, ohne seine Tätigkeit für China zu erkennen? Welche Sicherheitsprüfungen gab es, und warum haben sie versagt? Warum wurde 2018 lediglich „abgeschaltet“ statt Alarm geschlagen? Und wieso konnte dieser Mann 2019 ungehindert ins Europaparlament wechseln und Zugang zu sensiblen Informationen erhalten?

Gehen wir noch einen Schritt weiter: abgeschaltet 2018 und 2019 im Büro des Eu-Spitzenkandidaten der AfD? Wollen wir dem Verfassungsschutz glauben, dass sie jemanden exakt in dem Moment abschalten, wo es interessant wird? Problem: Für einen solchen V-Mann muss die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft werden. Das passierte in Sachsen aber erst 2023. Konnte man vorher also nicht oder darf man es für einen Zeitraum vor 2023 nicht öffentlich zugeben?

Die Fixierung auf die Formel „Krah-Mitarbeiter spionierte für China“ ist politisch bequem, weil sie in die aktuelle Auseinandersetzung mit der AfD passt. Aber sie ist journalistisch unredlich.

Denn die wahre Schlagzeile lautet: Der deutsche Verfassungsschutz beschäftigte elf Jahre lang einen chinesischen Spion.

Wer das verschweigt, betreibt keine Aufklärung, sondern Ablenkung. Der Fall Jian G. ist kein AfD-Skandal. Er ist ein staatliches Sicherheitsdesaster.

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