Impressionen aus Botswana

The Big Five and the Ugly Five

von Corinne Henker (Kommentare: 2)

Im Scheinwerferlicht hat man gute Chancen, Hyänen, Leoparden oder Zibetkatzen zu sehen.© Quelle: Corinne Henker

Eine Flugsafari mit privaten Camps ist wohl die beste, aber auch teuerste Art, Botswana zu erkunden. Dabei sind die Camps nicht so luxuriös wie ein europäisches 5-Sterne-Hotel. Sie sind sehr abgelegen, oft nur mit dem Flugzeug zu erreichen.

Im März erfüllten wir uns einen lang gehegten Traum: eine Flug-Safari durch Botswana. Nach Besuch der Victoria-Fälle in Simbabwe fuhren wir nach Kasane in Botswana und von dort ging es weiter, meist in Kleinflugzeugen für 5 bis 12 Passagiere, hin und wieder auch mit dem Hubschrauber: Savuti-Region im Chobe National Park, nördliches und südliches Okavango-Delta und schließlich das Great Kalahari Game Reserve. Es war so traumhaft, wie es sich anhört: luxuriöse Lodges in der Wildnis, unglaubliche Tierbeobachtungen, interessante neue Bekanntschaften.

In Botswana leben etwa 2,6 Millionen Menschen, genannt Batswana (auch Tswana, Einzahl: Motswana). Die Hauptstadt ist Gaborone, Amtssprachen sind Setswana und Englisch. Das wichtigste Wort ist „Pula“: Es bedeutet „Regen“ oder „Segen“, ist der Name der Landeswährung (1 Pula entspricht etwa 7 Euro-Cent) und gängiger Trinkspruch (wie unser „Prost“).

Die ersten Bewohner Botswanas waren die San. Vor etwa 5.000 Jahren wanderten Bantu-Völker aus dem Norden ins südliche Afrika, um 200 erreichten sie das heutige Botswana und verdrängten die San. In den folgenden Jahrhunderten entstanden lokale Reiche, am bekanntesten die Viehzüchter-Kultur der Toutswe (ca. 7. bis 15. Jahrhundert). Ab 1830 drängten burische Siedler aus Südafrika nach Norden, ab 1840 kamen christliche Missionare. 1845 gründete Sir David Livingstone für die London Missionary Society die erste ständige Missionsstation Botswanas. Die Buren überfielen Dörfer und Missionsstationen, entführten Frauen und Kinder, die Tswana schlugen nach besten Kräften zurück.

In den 1880ern entstanden die Burenrepubliken Stellaland und Goshen auf dem Land der Tswana. Diese wurden jedoch schon bald von britischen Truppen besetzt und 1885 zur Kronkolonie British Bechuanaland erklärt. Heute gehört diese Region zu Südafrika. Gleichzeitig wurde das Gebiet des heutigen Botswana auf Wunsch der Tswana zum britischen Protektorat Bechuanaland erklärt.

Zwar mussten die Tswana Land an britische Siedler abgeben, doch auf diese Weise erhielten sie Schutz vor Buren, Deutschen (Namibia) und Matabele (Simbabwe), der Frieden zwischen den Stämmen wurde aufrechterhalten und sie konnten Stammesstruktur und Selbstverwaltung bewahren.

Schon bald strebte Cecil Rhodes mit seiner British South Africa Company (BSAC) nach Betchuanaland. Unter dem Vorwand des Eisenbahnbaus und der Erschließung des Landes wollte sich Rhodes die Rechte auf dessen Bodenschätze sichern: Seine Firma sollte das gesamte Protektorat übernehmen.

Doch die Stammesführer schlossen sich zusammen und reisten 1885 persönlich nach England, um ihre Rechte durchzusetzen. Mit Hilfe der London Missionary Society begann sie einen Protestzug, um die britische Öffentlichkeit auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Schließlich wurde 1895 ein Vertrag unterzeichnet, der ihnen die Eigenverwaltung ihrer Stammesgebiete auch weiterhin garantierte.

In den Burenkriegen 1899 bis 1902 unterstützten die Tswana die Briten, von denen sie sich größere Freiheiten versprachen. Als Folge des Krieges bildete sich 1910 die Union of South Africa als britische Kolonie, der auch Betchuanaland einverleibt werden sollte. Erneut wandten sich die Stammesführer an die Regierung in England und setzten ihr Recht auf Eigenverwaltung durch. England konnte so einen Krieg vermeiden und vom geringeren Verwaltungsaufwand profitieren. Allerdings fühlte sich die Kolonialmacht damit auch nicht mehr für die Entwicklung des Landes zuständig.

1964 entschieden die Briten, dem Land die Unabhängigkeit zu gewähren. 1965 wurde eine Verfassung nach britischem Vorbild verabschiedet. Am 30. September 1966 wurde Botswana offiziell unabhängig und trat dem British Commonwealth bei. Seretse Khama wurde erster Präsident des Landes. Es gelang ihm, sein Land weitgehend aus den gewaltsamen Konflikten der Nachbarstaaten herauszuhalten.

Botswana gehörte damals zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Es verfügte nur über 5 Kilometer Teerstraße, drei Sekundarschulen und 10 Hochschulabsolventen. Doch die wirtschaftliche Lage verbesserte sich drastisch, als 1967 bei Orapa erste große Diamantenvorkommen entdeckt wurden. Botswana konnte sich 50 Prozent der Gewinne sichern - der Rest geht an den Diamantenmonopolisten De Beers. Kleines Detail am Rande: Die Gesellschaft De Beers Consolidated Diamond Mines wurde 1888 von Cecil Rhodes zusammen mit der Rothschild-Bank und anderen Geschäftspartnern gegründet.

Bis heute beruht die Wirtschaft Botswanas zum Großteil auf dem Export von Diamanten und anderen Rohstoffen. Weitere wichtige Wirtschaftszweige sind Fleischproduktion und Tourismus. Die Einnahmen aus den Diamantenminen führten zu einer raschen Entwicklung des Landes. Botswana gehört heute zu den stabilsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Ländern Afrikas. Laut Demokratieindex ist es das demokratischste Land Afrikas und steht im Korruptionswahrnehmungsindex vor Italien und den meisten ost- und südosteuropäischen Staaten.

Zum Thema Korruption führten wir übrigens in Savuti eine interessante Unterhaltung mit unserem Guide und einem Paar aus Frankreich. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Korruption in westlichen Ländern, speziell in der EU, eine andere ist als in Afrika, Südamerika und den „weniger entwickelten“ Ländern.

Dort, wo ein großer Teil der Bevölkerung unter Armut leidet, kann man mit Geld fast alles erreichen. Im „Wertewesten“ funktioniert das weniger, hier zählen mehr Status und Seilschaften. Die Korruption blüht nur in bestimmten Kreisen, selbst reiche Normalbürger bleiben draußen.

Überflüssig zu erwähnen, dass Vetternwirtschaft in jedem Land der Welt gedeiht. Insgesamt schienen die Menschen, mit denen wir uns unterhielten, recht zufrieden mit ihrer Regierung unter Präsident Mokgweetsi Masisi (Botswana Democratic Party) zu sein. Nach Aussage eines Guides hat jeder Bürger das Recht, sich mit jedem Anliegen persönlich an den Präsidenten zu wenden - und man bekommt auch immer eine persönliche Antwort. Nicht unbedingt die erwünschte, aber niemand muss für Regierungskritik mit Diffamierung oder Ausgrenzung rechnen.

Die Zufriedenheit unserer Gesprächspartner dürfte jedoch auch dadurch begründet sein, dass sie mit ihren Jobs zur privilegierten Bevölkerungsgruppe gehören. Die soziale Ungleichheit ist in Botswana nach wie vor groß, die Arbeitslosigkeit liegt bei 18 Prozent.

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Am schlechtesten geht es vermutlich dem Volk der San. Die Ureinwohner der Region lebten über Jahrtausende als Jäger und Sammler. Sie wurden zunächst von den Bantu-Völkern vertrieben und dann von den weißen Siedlern. Zum Schutz ihrer traditionellen Lebensweise wurde 1961 das Great Kalahari Game Reserve gegründet. Doch kurz nach der Unabhängigkeit wurden in der Nähe Diamanten entdeckt, im Zuge der Erschließung stellte sich heraus, dass unter dem Reservat die größten Diamantenvorkommen der Welt schlummern. Und im Norden breitete sich der Safari-Tourismus aus.

In den 1980ern und 1990ern versuchte man mehrfach, teilweise gewaltsam, die San in andere Gebiete umzusiedeln. Doch viele von ihnen kamen mit der modernen Lebensweise nicht zurecht. In mehreren Gerichtsurteilen wurden die Rechte der San bestätigt. 2011 durften sie schließlich offiziell in ihr Land zurückkehren, Brunnen wurden gebohrt, um ihr Leben in der Kalahari zu erleichtern. Viele San leben jedoch weiterhin als Farmarbeiter und Tagelöhner in extremer Armut. Unser Tracker im Great Kalahari Game Reserve war auch ein San. Er erzählte uns viel über das Leben in der Savanne und nützliche Pflanzen - was wir leider recht schnell wieder vergaßen. Leichter zu merken, aber deutlich unappetitlicher, war seine detailreiche Schilderung darüber, wie sein Volk Schildkröten zubereitet. Nichts für Vegetarier!

Das größte Naturwunder Botswanas ist natürlich das Okavango-Delta. Der Okavango und sein größter Nebenfluss, der Cuito, entspringen in Angola. Das Okavango-Delta ist mit knapp 20.000 Quadratkilometern eines der größten und tierreichsten Feuchtgebiete Afrikas. Seit 2014 gehört es zum UNESCO-Welterbe.

Etwa 5.000 Quadratkilometer stehen ständig unter Wasser, der größte Teil ist saisonal überflutet, knapp 1.900 Quadratkilometer sind trockenes Land. Die Regenzeit dauert von Dezember bis April und reicht aus, um die Pflanzen ergrünen zu lassen. Die Überflutung durch das Wasser aus den Bergen Angolas beginnt im Mai und erreicht das Ende des Deltas bei Maun im Juli/August - zum Höhepunkt der Trockenzeit. Diese Flut schafft die Grundlage für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt.

Während der Flut ist das Okavango-Delta sicher am beeindruckendsten. Allerdings sind die Preise dann etwa doppelt so hoch wie in der Nebensaison. Wir besuchten das Delta am Ende einer sehr trockenen Regenzeit. Viele Wasserlöcher waren ausgetrocknet, das Wasserloch vor unserer Lodge wurde künstlich gefüllt. Zumindest versuchte man das, aber die Elefanten gruben immer wieder die Leitungen aus, um direkt an der Quelle zu trinken.

Dennoch war der März für uns eine ausgezeichnete Reisezeit, wir konnten unglaublich viele Tiere beobachten. So sahen wir an einem Tag alle „Big Five“ (Elephant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard), an einem anderen die „Ugly Five“ (Gnu, Hyäne, Warzenschwein, Pavian, Marabu). Besonders begeistert haben uns die Wildhunde, die leider vom Aussterben bedroht sind. Sie leben in Rudeln von etwa zehn bis fünfzehn Tieren. Meist pflanzt sich nur das dominante Paar fort, die Jungen werden gemeinschaftlich aufgezogen. Auch verwundete und kranke Tiere werden durch das Rudel versorgt, indem die bereits gefressene Nahrung wieder hervorgewürgt wird. Leider trägt diese Gewohnheit auch zur Verbreitung von Krankheiten bei.

Am beeindruckendsten ist jedoch das Jagdverhalten. Wildhunde jagen auf Sicht im Rudel, sie verfolgen ihre Beute (meist Antilopen) über mehrere Kilometer und erreichen dabei Geschwindigkeiten von 55 Kilometer pro Stunde. Wird das Beutetier erlegt, ist es in kürzester Zeit verspeist.

Eine Flugsafari mit privaten Camps ist wohl die beste, aber auch teuerste Art, Botswana zu erkunden. Dabei sind die Camps nicht so luxuriös wie ein europäisches 5-Sterne-Hotel. Sie sind sehr abgelegen, oft nur mit dem Flugzeug zu erreichen. Die Stromversorgung erfolgt über Photovoltaik (mit Notfall-Generator), das Wasser wird aufbereitet. Dementsprechend gibt es keine Klimaanlage, keinen Fön und manchmal auch kein Internet. Die Camps sind nicht eingezäunt, sodass auch große Tiere - und Schlangen - durch das Gelände streifen.

Ein Tag im Camp beginnt mit dem Weckruf um 5.15 Uhr. Eine halbe Stunde später gibt es ein leichtes Frühstück, um 6.15 Uhr startet die Morgensafari. In den privaten Camps fahren die Jeeps auch querfeldein, es gibt Walking Safaris und Touren im Mokoro (dem traditionellen Einbaum, heute aus Fiberglas).

Unterwegs hält man an einem netten Plätzchen, es gibt Kaffee, Tee und Snacks. Gegen 11 Uhr kommt man zurück zur Lodge, etwas später folgt das reichhaltige Mittagessen. Anschließend genießt man die Ruhe, bis um 16 Uhr zum High Tea gerufen wird: schon wieder leckere Snacks und Getränke. Danach geht’s zur Sundowner Safari, der Sonnenuntergang selbst wird meist mit einem alkoholischen Getränk genossen.

In den privaten Lodges darf man auch nach Sonnenuntergang noch unterwegs sein, im Scheinwerferlicht hat man gute Chancen, Hyänen, Leoparden oder Zibetkatzen zu sehen. Der Tag endet mit einem leckeren Abendessen. Wer danach noch nicht müde ist, kann die Erlebnisse des Tages bei einem Drink am Lagerfeuer austauschen.

Es gibt auch günstigere Varianten, zum Beispiel mobile Safaris im Jeep mit Zeltübernachtungen oder Gruppenreisen. Eine Selbstfahrer-Tour ist nur für besonders Abenteuerlustige mit Erfahrung zu empfehlen. Die Straßen sind schlecht und kaum befahren, Ausschilderung mangelhaft, und die Versorgung mit Lebensmitteln ist zwischen Maun und Kasane praktisch nicht existent. Insgesamt bleibt Botswana ein teures Urlaubsland, aber für uns hat es sich gelohnt.

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