Das Christentum in Deutschland steht am Abgrund: Wer überhaupt noch glaubt, dreht sich angewidert weg

Verkommenheit und Gier: Den Kirchen in Deutschland laufen die Mitglieder weg

von Gaia Louise Vonhof (Kommentare: 9)

Im Jahr 2020 flossen rund 570 Millionen Euro abseits der Kirchensteuer von den Ländern an die Kirchen. Grundlage dafür sind über zweihundert Jahre alte Abmachungen zwischen Kirche und Staat.© Quelle: Pixabay / geralt

Das Kreuz mit der Kirche: Leere Worte, leere Bänke? Die Kirche erlebt aktuell einen historisch hohen Mitgliederschwund. Und das nicht ohne Grund.

Mach‘s gut, Kirche. Nein, mach‘s besser, wie manche scherzhaft zum Abschied sagen. Denn wenn es überhaupt noch etwas mit ihr werden soll, muss es die Kirche besser machen als bisher. Ihr historischer Mitgliederschwund hat deutlich mehr Gründe, als es sich die Steuerzahlerkirche Deutschlands selbst eingestehen mag.

Kirchenaustritte sind zum Massenphänomen geworden. Den deutschen Kirchen sterben nicht nur die Mitglieder weg, sie laufen in Scharen davon. Historisch: Die Zahl der Todesfälle wird erstmals von den Kirchenaustritten getoppt.

Und hier die konkreten Zahlen: Die Mitgliederzahl der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) hat sich seit 2022 netto um mehr als eine halbe Million verkleinert. Mit 380.000 lag die Zahl der Kirchenaustritte erstmals über jener der Todesfälle (365.000). Zum Jahresende 2022 zählte sie noch 19,1 Millionen Mitglieder. Damit sind nur noch 22,7 Prozent der Bevölkerung Mitglieder einer evangelischen Landeskirche. Zum Vergleich: Im Jahr 1961 waren es noch 51,1 Prozent.

Aber auch die Katholische Kirche steht dem in nichts nach. Auch hier zunehmend leere Kirchenbänke. Unter kirchenaustritt.de ist zu sehen, dass in 2021 allein 359.338 Kirchenaustritte verzeichnet wurden, noch im Vorjahr 2020 waren es „nur“ 221.290. Vor zehn Jahren, in 2011, waren es circa ein Drittel. Schaut man sich die Tendenz an, wird die Katholische Kirche - die Zahlen sind noch nicht raus – keine Erwartungen an eine Zeitenwende knüpfen dürfen. Die Zahlen werden den Abwärtstrend mutmaßlich bestätigen – möglicherweise sogar noch deutlicher.

Aber woher kommt dieser Schwund? Nicht nur die innerkirchlichen Skandale, sondern vor allem auch der Umgang damit fegt die Kirchenbänke leer. Womit soll man hier beginnen? Vielleicht mit den Vertuschungen eines Kölner Kardinal Woelki, als es um Fälle von sexuellem Missbrauch ging.

Und besagter Woelki muss demnächst vor Gericht erscheinen. Aber nicht etwa als Angeklagter, wie Beobachter der Affäre vermeintlich folgerichtig schließen mögen. Nein, der Scheinheilige klagt in eigener Sache gegen die Bildzeitung. Oder wie wäre es etwa mit diesem spielsüchtigen Priester, dessen Spielschulden in Höhe von 1,15 Millionen Euro vom Erzbistum Köln beglichen wurden. Hier sitzen auch wieder Woelki und sein Vorgänger mit am Spieltisch.

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Es ist eine Schande, es ist widerlich: Die Spielschulden des zockenden Bruders wurden teilweise einem Topf entnommen, mit dem auch Missbrauchsopfer entschädigt werden.

Johannes Norpoth, Sprecher des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, bezeichnete den Vorgang als „verstörend und beschämend“, zumal Entschädigungssummen für Missbrauchsopfer nur einen Bruchteil davon betragen, wenn sie überhaupt etwas bekommen. Für Opfer sexualisierter Gewalt sind Beträge bis zu maximal 50.000 Euro vorgesehen, wobei 60 Prozent der Antragsteller weniger als 20.000 Euro erhielten. Aber nicht nur mit solchen Auffälligkeiten hat die Kirche ihr Ansehen verzockt und ihre  Mitglieder verprellt:

Auch Fälle wie des als „Protzbischof“ in die Annalen eingegangenen Tebartz-van Elst, der sich seine Limburger Oberhirten-Residenz für 31 Millionen zum Luxusdomizil umbauen ließ, inklusive vergoldeter Badewanne. Allein die Inneneinrichtung der bischöflichen Privatgemächer verschlang fast eine halbe Million Euro.

Aber auch nachdem der Bischof zurücktreten musste, fiel er nicht über die Versorgungs-Klippe der Kirche, sondern die katholische Karriere-Leiter hinauf. Er wurde nach Rom in den Vatikan, quasi ins Headquarter der Heuchelei, als Sekretär berufen. Im Jahr des Protzbischof-Skandals, 2014, schnellen die Kirchenaustritte bei den Katholiken auf ein noch nie dagewesenes Hoch.

Immerhin kann man aus der Kirche austreten, mag manch einer denken. Das ist immerhin ein Vorteil. Wer hingegen keine Kriege mitfinanzieren möchte mit seinen Steuern, kann nicht einfach die Steuerzahlungen verweigern, und mehr Strafe als so manchem Kinderschänder droht in Deutschland zumeist auch demjenigen, der nicht bereit ist die Rundfunkgebühren zu zahlen, wie ein Fall aus 2021 zeigte, wo der GEZ-Verweigerer Georg Thiel neben der Propaganda-Abgabe jetzt auch noch für seinen dafür verhängten Gefängnisaufenthalt aufkommen soll.

Leider haben diejenigen, welche aus der Kirche austreten, das Kleingedruckte nicht gelesen. Ja, sie können austreten. Aber nein, damit sind sie nicht fein raus, denn sie finanzieren die Kirche weiterhin mit. Und zwar zwangsweise durch ihre normalen Steuern.

Denn auch wenn nach Austritt die Kirchensteuer, die je nach Bundesland acht oder neun Prozent beträgt, entfällt, finanziert jeder, der irgendwie arbeitet und Steuern zahlt, die Kirche mit, auch wenn er kein Kirchenmitglied ist.
Hier ein erstes Beispiel: So genannte kirchliche Würdenträger wie Bischöfe oder Kardinäle werden nicht von der Kirche und der Kirchensteuer, sondern fast immer von den entsprechenden Bundesländern beziehungsweise vom Staat bezahlt.

Dieses Geld wächst nicht am Baum der Erkenntnis, das haben die Bundesländer von jedem Bürger, der Steuern zahlt, erhalten. Das monatliche Bruttogehalt eines Bischofs startet bei circa 8.000 Euro, eben benannter Woelki schlägt mit 13.800 Euro monatlich zu Buche, das ist sogar nur Mittelmaß, denn Kardinäle wie er können bis zu 15.000 Euro im Monat verdienen.

Im Jahr 2020 flossen rund 570 Millionen Euro von den Ländern an die Kirche, also über eine halbe Milliarde Euro abseits der Kirchensteuer. Grundlage dafür sind über zweihundert Jahre alte Abmachungen zwischen Kirche und Staat.
Darüber hinaus werden aber auch kirchliche Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Senioren-Heime und Krankenhäuser vom Staat subventioniert, und nur zu einem geringsten Anteil aus Kirchensteuern und Kollekten finanziert.

Warum ist das so? Weil solche öffentlichen Einrichtungen im Prinzip Aufgabe des Staates sind, werden private oder kirchliche Träger bezuschusst.

So werden die Kosten von kirchlichen Kitas zu neunzig bis einhundert Prozent und die Kosten von kirchlichen Schulen zu mehr als 98 Prozent vom Staat getragen. Kirchliche Krankenhäuser werden sogar zu einhundert Prozent von Staat und Krankenkassen finanziert..

Dazu muss man wissen: Circa jede zweite Kindertagesstätte und ungefähr jedes vierte Krankenhaus haben einen kirchlichen Träger und bekommen Jahr für Jahr ca. fünfzig Milliarden Euro aus Steuergeldern.

Wer noch die DDR-Kirche der Wendezeit in Erinnerung hat, der denkt dabei an einen geschützten Ort für Andersdenkende, eine Art Schutzraum für politisch nicht Gewollte oder Quer- und Selbstdenker. Seinerzeit war das in Honnis Spitzelstaat noch ein anerkanntes Qualitätsmerkmal. Heute muss man sich über den Zustand der Kirchen nur noch verwundert die Augen reiben. Oder eben nicht mehr.

Der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung von Dezember 2022 attestiert einen Vertrauensverlust in die Kirchen. Jedes vierte Kirchenmitglied in Deutschland denkt über Austritt nach. Jedes fünfte äußert sogar eine feste Austrittsabsicht. Bei den 16- bis 24-Jährigen zeigen sich sogar 41 Prozent entschlossen, die Kirche zu verlassen, unter den 25- bis 39-Jährigen sind es 35 Prozent. Der Nachwuchs will den Karren nicht aus dem Dreck ziehen, weiß aber oft nicht, dass er längst durch das Steuerjoch vor diesen gespannt ist.

Der Kirchen-Kampf um den Nachwuchs treibt derweil seltsame Blüten. Der Berliner Youtuber Leonard Jäger, der mit seinem Kanal „Ketzer der Neuzeit“ seit Kurzem mehr Reichweite hat, nämlich 233 Tausend, als der gebührenfinanzierte „Funk“ der Öffentlich-Rechtlichen mit 223K Subscribern, ist mit seiner Kamera der Einladung zum ersten queeren Gottesdienst – die Theologische Fakultät der Humboldt-Universität hatte eingeladen – gefolgt. Hier wurde quasi Jesus gecancelt und das Vaterunser auf Genderneutral umgedeutet. Die Kirche folgt nach dem Corona-Narrativ jetzt auch der Gender-Agenda. Aber können solche Maßnahmen die Kirchenaustritte bremsen?

Religionsexpertin Yasemin El-Menouar fasst für die Bertelsmann-Stiftung den Niedergang so zusammen:

„Der Trend, dass die Kirchen an gesellschaftlicher Relevanz verlieren, wird durch mehrere Faktoren geprägt: Erstens, die zunehmende Individualisierung, durch die traditionelle kirchliche Formen der Religiosität durch privatere Formen der Spiritualität ersetzt werden. Zweitens, die steigende Vielfalt der Bevölkerung infolge von Einwanderung, und, drittens, eine zunehmend kritische Sicht vieler Mitglieder auf die Kirche.“

Diejenigen Menschen, die der Kirche den Rücken zukehren, haben wohl für sich eine Wahrheit herausgefunden, wie Jesus es einst in einem Gleichnis dargestellt hat: Einem guten Hirten folgen die Schafe gerne.

Noch etwas wird hier vergessen: Die Austritte sind es ja nicht allein. Christ ist man nicht per Geburt, wie etwa im Islam. Und die Taufen werden dramatisch weniger. Es fehlen demnach nicht nur die, die sich schaudernd abwenden, es kommen auch immer weniger durch Taufe hinzu.

Jetzt kann man die Nase rümpfen über Woelki und Co. Aber diese Herren sind nur kleine Bällchen auf diesem Ozean der Schande, die Kriminalgeschichte des Christentums ist Begleiter der Kirchen seit ihrer Gründung. Diese Kriminalgeschichte ist sogar Teil des Gründungsmythos der Kirche.

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