Radikale Abrechnung und linke Doppelmoral im Fokus

Warum (fast) alle Medien einheitlich über den Krieg gegen den Iran jubeln

von Gregor Leip (Kommentare: 17)

Mit religiös-medialem Eifer© Quelle: X/JulianReichelt, Screenshot

Die Welt schweigt, während Israel und die USA den Iran angreift – und die Medien? Ducken sich weg oder schüren Hass. Reichelt tobt gegen den „Mullah-Staat“ und die AfD, Bax verteidigt Völkerrecht mit linksradikalem Zungenschlag. Nur Guterres nennt die Dinge beim Namen. Was steckt hinter der feigen Konformität der Portale? Ein Blick auf ein skandalöses Schweigen.

Von Gregor Leip

In der globalen Medienlandschaft zeigt sich ein bemerkenswertes Phänomen: Trotz klarer Verstöße gegen das Völkerrecht, wie etwa israelische und US-Angriffe auf iranische Ziele, zögern viele Portale – sowohl etablierte als auch alternative – diese Taten eindeutig zu verurteilen.

Stattdessen drängen sich die meisten um eine zurückhaltende, oft konforme Haltung, während wenige Ausnahmen entweder lautstark polarisieren oder kritische Gegenstimmen erheben. Am Beispiel des Iran wird dieses Verhalten besonders deutlich: Julian Reichelt, ehemals Chefredakteur der „Bild“ und nun Kopf von „Nius“, vertritt eine zunehmend radikale, anti-iranische und pro-israelische Haltung, die sich in seinen jüngsten X-Posts zu einer Eskalation steigert, die sogar Teile seiner vielen AfD-nahen Leser verprellt.

Im Gegensatz dazu bietet Daniel Bax, ein linksradikaler und anti-zionistischer Journalist der „taz“, eine der wenigen Stimmen, die völkerrechtliche Fragen differenziert anspricht.

Dabei steht außer Frage, dass der Iran ein repressives Regime ist, während Israel dies nicht ist – eine Tatsache, die es jedoch zu leicht macht, völkerrechtswidrige Angriffe zu befürworten, anstatt sie kritisch zu hinterfragen. UN-Generalsekretär António Guterres hat sich hierzu klar positioniert, was die Debatte zusätzlich beleuchtet.

Der Iran steht seit Jahrzehnten im Zentrum geopolitischer Spannungen, geprägt durch sein Atomprogramm, seine Unterstützung für Gruppen wie die Hisbollah und seine Feindschaft zu Israel und westlichen Staaten.

Angriffe auf iranisches Territorium, wie die israelischen Luftschläge im Juni 2025, bei denen eine Atomanlage zerstört und fast 100 Menschen getötet wurden, sind völkerrechtlich höchst umstritten. Dennoch vermeiden viele Medienportale eine klare Verurteilung, da dies als Unterstützung für den Iran gewertet werden könnte – ein politisch heikles Unterfangen in westlichen Ländern, die Israel als strategischen Partner und Demokratie betrachten.

Es steht außer Frage, dass der Iran ein repressives Regime ist, das Menschenrechte systematisch verletzt, Dissidenten unterdrückt und aggressive regionale Ambitionen verfolgt. Israel hingegen ist eine Demokratie mit Rechtsstaatlichkeit, auch wenn seine Politik im Nahen Osten umstritten ist.

Dieses klare moralische Ungleichgewicht macht es für viele Medien und Kommentatoren allzu leicht, Angriffe auf den Iran zu befürworten oder zumindest nicht zu kritisieren, da sie als notwendige Maßnahmen gegen ein „böses Regime“ wahrgenommen werden. Diese Dynamik führt dazu, dass völkerrechtliche Prinzipien, wie die Souveränität eines Staates, in der Berichterstattung oft in den Hintergrund treten.

Mainstream-Medien wie die „Tagesschau“ implizieren, dass Angriffe auf den Iran Teil eines legitimen Kampfes gegen ein bedrohliches Regime“ seien.

Julian Reichelt, der von 2017 bis 2021 Chefredakteur der „Bild“ war, prägte dort eine reißerische, meinungsstarke Linie, die oft pro-westlich und pro-israelisch ausgerichtet war. Nach seinem Weggang aufgrund von Vorwürfen des Machtmissbrauchs gründete er „Nius“, ein rechtsalternatives Portal, das sich als „Stimme der Mehrheit“ und als „Bewegung“ positioniert.

Seine Berichterstattung von „Bild“ bis „Nius“ war stets von einer klaren Anti-Iran- und pro-israelischen Haltung geprägt, doch seine jüngsten X-Posts vom Juni 2025 zeigen eine deutliche Radikalisierung, die sogar Teile seiner mutmaßlich überwiegenden AfD-nahen Leserschaft zu entfremden droht.

Am 18. Juni 2025 postete Reichelt auf X: „I hate to break it to you, aber: Völkerrecht existiert nicht. Hat es nie, wird es nie. Ist ein vollkommen wertloser Zettel, der schon immer nur Unholde und Diktaturen beschützt hat. Wer mit Völkerrecht argumentiert, ist schlicht nicht besonders schlau.“

Diese Aussage, die das Völkerrecht pauschal als irrelevant abtut, markiert eine radikale Eskalation. Sie nutzt die leicht belegbaren Fakten zum repressiven Regime im Iran, um Angriffe auf das Land zu rechtfertigen, ohne die rechtlichen oder ethischen Implikationen zu berücksichtigen.

Noch deutlicher wird seine Radikalisierung in einem Post vom 19. Juni 2025: „Diese Stellungnahme ist eine katastrophale programmatische Fehlentscheidung der AfD. Man kann nicht glaubhaft gegen Islamismus sein, ohne gegen Islamisten zu sein. Der Islamismus, der nach Deutschland einwandert und in Deutschland wütet, ist direkt und untrennbar verbunden mit (dem Iran).“

Seine pro-israelische Haltung gipfelt in einem Post vom 22. Juni 2025: „Guten Morgen, Mullahs, nie wieder ist jetzt!“ Dieser Satz, gepaart mit einer Kritik an deutschen Gegendemos gegen Israel, zeigt eine nahezu messianische Unterstützung für israelische Aktionen, die den Iran als existenzielle Bedrohung darstellt. Reichelts Radikalisierung könnte darauf abzielen, eine Nische für eine radikal pro-israelische, anti-iranische Rechte in Deutschland zu schaffen, selbst wenn dies seine Kernleserschaft spaltet.

Im Gegensatz zu Reichelts polarisierender Rhetorik bietet Daniel Bax, ein linksradikaler Journalist der „taz“, eine der wenigen Gegenstimmen, die sich kritisch mit der völkerrechtlichen Dimension der Angriffe auf den Iran auseinandersetzen. Bax ist bekannt für seine anti-imperialistische und anti-zionistische Haltung, die sich in einer scharfen Kritik an westlicher Außenpolitik und israelischen Aktionen zeigt.

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In einem Artikel in der taz kritisiert Bax in der „taz“ die Doppelmoral des Westens, der israelische Angriffe auf den Iran toleriert, während er andere Verstöße gegen das Völkerrecht verurteilt. Er argumentiert, dass solche Angriffe die regionale Instabilität verschärfen und die völkerrechtliche Ordnung untergraben.

Bax’ linksradikale und anti-zionistische Perspektive führt jedoch auch zu Kontroversen: Kritiker werfen ihm vor, seine Kritik an Israel sei einseitig und ignoriere die Bedrohung durch den Iran, etwa durch dessen Unterstützung für Hamas und Hisbollah. Dennoch bleibt Bax eine Ausnahme in der deutschen Medienlandschaft, da er sich traut, die völkerrechtliche Problematik von Angriffen auf den Iran explizit zu benennen, wenn auch oft im Rahmen eines Pro-und-Contra-Formats, das seine Position relativiert.

Die Haltung des UN-Generalsekretärs António Guterres ist die wichtige internationale Perspektive auf die Debatte. Guterres hat sich wiederholt klar gegen völkerrechtswidrige Angriffe ausgesprochen, unabhängig davon, wer sie ausführt. In einer Stellungnahme vom 16. Juni 2025 verurteilte er die israelischen Luftschläge auf den Iran und forderte „alle Parteien“ auf, „von weiteren Eskalationen Abstand zu nehmen, um einen umfassenden regionalen Konflikt zu verhindern“.

Er betonte, dass „Angriffe auf die Souveränität eines Staates gegen die Charta der Vereinten Nationen verstoßen“, und wies darauf hin, dass das Völkerrecht „die Grundlage für internationale Stabilität“ sei. Diese Position steht in direktem Kontrast zu Reichelts Behauptung, das Völkerrecht sei „wertlos“, und unterstreicht die Notwendigkeit, auch Angriffe auf ein repressives Regime wie den Iran kritisch zu hinterfragen.

Guterres’ Haltung zeigt, dass eine Verurteilung völkerrechtswidriger Angriffe nicht gleichbedeutend mit einer Unterstützung des iranischen Regimes ist. Dennoch wird seine Position in vielen westlichen Medien heruntergespielt oder ignoriert, da sie das Narrativ stört, dass Angriffe auf den Iran aufgrund seiner Repressivität gerechtfertigt seien. Dies verdeutlicht, wie das moralische Ungleichgewicht zwischen dem Iran und Israel die Debatte verzerrt und es schwer macht, völkerrechtliche Prinzipien konsequent anzuwenden.

Die Zurückhaltung vieler Medienportale ist aber auch auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Faktoren zurückzuführen. Große Medienhäuser, wie jene hinter der „Bild“ während Reichelts Zeit, sind oft Teil von Konzernen mit wirtschaftlichen Beziehungen zu westlichen Staaten oder Israel. Eine klare Verurteilung israelischer Angriffe könnte diplomatische oder finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Alternative Portale wie „Nius“, die sich über Spenden oder Abonnements finanzieren, riskieren, Leser zu verlieren, wenn sie sich zu deutlich positionieren. Reichelts radikale Haltung könnte ein Versuch sein, eine neue, pro-israelische Zielgruppe zu erschließen, auch wenn dies seine AfD-nahe Leserschaft spaltet.

Die „taz“, die durch ihre Genossenschaftsstruktur eine gewisse Unabhängigkeit genießt, muss dennoch ihre linksorientierte Zielgruppe bedienen, die eine kritische Haltung gegenüber westlicher Außenpolitik erwartet.

Die Angst vor gesellschaftlichem Druck, etwa durch „Cancel Culture“ oder Vorwürfe der Voreingenommenheit, verstärkt die Zurückhaltung. Reichelt umgeht diesen Druck durch eine polarisierende, pro-israelische Haltung, die in Deutschland aufgrund der historischen Verantwortung gegenüber Israel breite Akzeptanz findet. Bax hingegen riskiert mit seiner linksradikalen und anti-zionistischen Kritik, als „anti-israelisch“ wahrgenommen zu werden, was in Deutschland besonders sensibel ist und ihn an den Rand der Debatte drängt.

Das klare moralische Ungleichgewicht – der Iran als repressives Regime gegenüber Israel als Demokratie – macht es allzu leicht, solche Angriffe zu befürworten oder zu ignorieren, anstatt sie völkerrechtlich zu hinterfragen.

Die klare Verurteilung der Angriffe durch UN-Generalsekretär António Guterres zeigt, dass eine prinzipientreue Haltung möglich ist, ohne das iranische Regime zu unterstützen. Dieses Spannungsfeld zwischen Konformität, Aktivismus und kritischer Gegenstimme unterstreicht die Herausforderung, in einer polarisierten Medienlandschaft eine differenzierte Berichterstattung zu gewährleisten. Leser sind noch viel mehr als sonst sowieso schon gefordert, Quellen kritisch zu hinterfragen und vielfältige Perspektiven einzubeziehen, um die Komplexität des Iran-Konflikts zu erfassen.

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