Ein Gespräch mit Achim Winter über den Fall Wolfram Weimer

Achim Winter: Warum der Kulturstaatsminister trotz Skandalen im Amt klebt

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

Winters Woche beim Kontrafunk© Quelle: Kontrafunk/Winters Woche Screenshot

Die Weimer-Affäre: Familienverflechtungen und einem Mainstream, der alles verdrängt – warum Weimer bleibt und Merz rational links abbiegt. Kontrafunk-Moderator Achim Winter im Interview über das Brodeln hinter den Kulissen.

Achim Winter, der scharfsinnige Satiriker und Moderator mit über zwei Jahrzehnten TV-Erfahrung, kennt die Tricks des Systems aus erster Hand. Als prominentes ZDF-Gesicht moderierte er unter anderem das Boulevardmagazin Leute heute und begeisterte Millionen mit seinem kabarettistischen Wochenrückblick Winters Woche in hallo deutschland – ein Format, das die Stimmung auf Deutschlands Straßen einfing.

Seit 2024 hat Winter sein Comeback mit einem eigenen, frechen Format: Winters Woche beim Kontrafunk, dem schweizerischen Radio für konservative Gegenstimmen. Hier spaziert er durch Fußgängerzonen, trifft Promis wie Uwe Steimle und entlarvt mit Humor die Absurditäten des Politikbetriebs. Im Interview taucht er tief in die Weimer-Affäre ein – und zeigt, warum Skandale heute nur noch Nebensache sind.

Du hast doch die Affäre um Kulturstaatsminister Wolfram Weimer mitverfolgt. Warum ist Weimer noch im Amt?

Weil es ganz normal ist, im Amt zu bleiben.

Warum?

Früher wurden Leute weggeschickt, wenn sie Briefköpfe verwechselt haben, oder wenn sie irgendwelche Bobbycars angenommen haben. Die Regierenden hatten Angst davor, dass das Image des Betreffenden das Gesamtimage der Regierung beschädigt. Das ist heute nicht mehr der Fall. Denn das Image der Regierung ist dermaßen bescheiden, dass es vollkommen egal ist, was der Einzelne für Dreck am Stecken hat. Es ist wurscht. Die Leute glauben sowieso, dass es alles Idioten sind und da musst du auch niemand mehr rauswerfen. Herr Weimer kann die Geschichte locker aussitzen. In drei Wochen kräht kein Hahn mehr danach – frei nach dem Motto: Na ja, der ist halt auch nicht so ganz koscher. Aber das passt ja in die Regierung rein.

Das heißt aber, dass es auch dem Wähler am Ende gleich ist, ob er jemanden wählt, von dem er nicht weiß, ob er koscher ist?

Wenn der Wähler selber links ist, findet er das alles gut. Da findet er auch das Stadtbild bunt und schön. Die Linken sind außen vor. Aber wenn du nicht links bist und unter den Zuständen in diesem Land leidest, dann hast du zwei Möglichkeiten: Entweder du wählst die Nazis, ja, das ist dir eingebläut worden, darfst du also nicht. Oder du wählst die CDU als letzte rechtere Möglichkeit. Also du bist gezwungen – als Tagesschau-Seher – die CDU zu wählen, ganz egal was sie machen.
Neueste Umfrage haben ergeben, dass Friedrich Merz sehr rational handelt. Die Demoskopie sagt nämlich, dass wenn er mit der AfD zusammenarbeitet, was er tun müsste, verliert er die Hälfte seiner Stammwähler, weil die einfach glauben, dass Adolf Hitler zurückkehrt.

Als die Affäre Weimer hochkochte, haben viele auf die Leitmedien geschaut, wie die darauf reagieren. Erwartungsgemäß haben zunächst jene, die mit der Weimer Media Group in Kooperationen und Partnerschaften stehen, wie die FAZ, Weimer verteidigt. Aber wir hatten auch T-Online mit Lars Wienand und wir hatten den Spiegel mit Anton Rainer, die beide mit großem Rechercheaufwand Wolfram Weimer scharf kritisiert und gute Arbeit abgeliefert haben. Aber auch das ist versandet.

Ja, da gibt es halt widerstreitende Interessen. Auf der einen Seite haben die Mainstreammedien kein Interesse daran, der CDU zu schaden, weil die CDU Teil des Linksblocks ist. Während natürlich solche Leute wie Lars Wienand – in der Wolle gefärbte Antifaschisten – so einem Typen wie Weimer mal eins auswischen wollen. Also da kreuzen sich die Motivationen sozusagen.

Ich hatte den Weimer plötzlich wie ein Wiedergänger von Merz vor mir stehen. Merz vorher mit großen Vorschusslorbeeren aus konservativen Kreisen. Ähnliche Effekte zunächst bei Weimer. Die Linken hatten ihn erwartungsgemäß schwer kritisiert. Und jetzt ist Weimer ins Amt gewählt worden und hat exakt denselben Move gemacht wie Merz, als hätte er wie der Kanzler einen Marschbefehl bekommen Richtung links.

Absolut. Der Weimer ist genau das: Ein Parallelbild von Merz. Es gibt ultra-peinliche Talkshowauftritte von Weimer, wo er sich bei den Grünen anwanzt und ihnen duzend sagt: Wir sind doch im Grunde genommen einig. Ihr seid doch die neue Mitte und lauter so Kram, dass dir die Fußnägel in den Schuhen hochrollen.
Was wir unterschätzen, ist die Intelligenz vom Merz. Merz hört sich jeden Morgen die Demoskopie an. Und das heißt, dadurch, dass sie die AfD so verteufelt haben, verlieren sie die Wähler, wenn sie mit der AfD kooperieren. Die andere Tragödie ist, wenn sie mit der AfD kooperieren, sagen ganz viele konservative Wähler: Na, dann kann die AfD ja nicht so schlimm sein. Dann nehme ich doch das Original. Die sind zudem intelligenter und besser angezogen als die CDU.

Bei der AfD weiß man wenigstens, dass nicht die halbe Bude voller linker Typen ist wie der Polenz. Und dann werden die Leute natürlich auch deshalb AfD wählen. Also: Wenn Merz mit der AfD zusammengeht, verliert er auf einen Schlag 15, 16 Prozent der Wähler. Und das kann er sich nicht leisten. Also macht er genau das, was er gerade tut. Alle wundern sich, aber es ist im Grunde rational. Wolfram Weimer ist in den letzten Monaten immer als Konservativer durchgereicht worden. Er ist hart von links kritisiert worden, bevor er seinen Kniefall gemacht hat.

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Da fallen mir dann noch zwei weitere Protagonisten ein: Alexander Kissler und Christoph Schwennicke. Sie kommen wie Weimer vom „Cicero“, der mal von Weimer gegründet wurde. Christoph Schwennicke schreibt heute schambefreit für T-Online, für ein schwer linkes regierungskonformes Portal. Und Alexander Kissler ist auf der anderen Seite bei Nius angekommen und dort im positivsten Sinne journalistisch förmlich explodiert. Wie ordnest du denn diese drei Cicero-Gewächse miteinander ein?

Wahrscheinlich hat „Cicero“ ähnlich wie die „Welt“ versucht eine Art innere Meinungsvielfalt darzustellen. Da galt Herr Schwennicke vielleicht schon als Linker. Aber das kann ich schwer einschätzen, dafür weiß ich zu wenig über ihn. Auch deshalb, weil ich T-Online schon aus psychischen Gründen nicht lesen kann.
Ich kriege aber mit, was Alexander Kissler macht. Ich kenne ihn seit einigen Jahren. Dr. Kissler war schon immer ein Konservativer. Er schrieb auch für Tichy und kam dann glaube ich bei der NZZ unter. Die NZZ geht heute den Weg der Süddeutschen Zeitung. Also ist er da wieder abgehauen. Herr Kissler ist heute dort angekommen, wo er daheim ist. Damals sah es bei Cicero noch so aus, als wäre das auch so. Also ist Kissler bei „Nius“ quasi heimgekommen und fühlt sich da pudelwohl in diesem Aquarium.

Wolfram Weimer ist in den Leitmedien aktuell hyperpräsent. Aber nicht mit der Affäre, sondern mit Themen aus dem Aufgabenfeld des Kulturstaatsministers. Auf mich wirkt das wie eine gezielte Kampagne.

Man kann es framen, als eine Kampagne der Rechtsradikalen, den armen Herrn Weimer zu schädigen. Das Narrativ ist: Seine Angestellten haben da irgendwas falsch gemacht mit Social Media. Der arme Kerl muss es ausbaden und die Rechten nutzen das aus.

Sie bringen jetzt einen Artikel nach dem anderen über seine aktuelle Arbeit, die  überhaupt nicht mit dem Fall in Verbindung gebracht.

Um ihn zu rehabilitieren. Das Gefühl, dass dieser Mann zurücktreten muss, das haben nur wir. Der Mainstream hat das Gefühl nicht. Der Mainstream sieht hier dieselbe Nummer wie bei Frau Brosius-Gersdorf. Auch bei ihr wurde geframed, dass die Rechtsradikalen sie aus reiner Bosheit anschießen. Das heißt also, da muss sich auch ein Alexander Wallasch als Rechtsradikaler framen lassen. Der arme Herr Weimer wird verfolgt von den Rechten, und damit ist alles wieder in Butter.

Auch Weimers Söhne sind in diesen Skandal verwickelt. Sie sind ebenfalls Autoren bei „TheEuropean“. Einer seiner Söhne hat bei „Höhle der Löwen“ einen Deal bei Herrn Maschmeyer bekommen, der wiederum Sponsor bei Weimer Media Group ist. Der andere Sohn sitzt als Assistent in der Chefetage von Springer samt entsprechendem Wirkkreis. Soll man das noch thematisieren oder ist das dann als Sippenhaft zu bewerten?

Soweit ich weiß, hat einer der beiden Söhne diese Tricks angewendet, die in Social Media verwendet worden sind. Dass man quasi viele Autoren hat, aber diese Autoren sich selber nicht finden können.

Ein Sohn war Webmaster bei TheEuropean.

Genau. Das würde ich dem Herrn Weimer sogar zugestehen, dass der sich gedacht hat, ich bin besonders clever und mach das mal so, da können wir ein bisschen auf die Kacke hauen. Geschäftstüchtig ist die Familie Weimer auf jeden Fall.

Danke für das Gespräch!

 

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