Washington verhängt Visa-Bans gegen fünf Europäer wegen „Zensur“ – doch dahinter steckt mehr als nur Schutz der Meinungsfreiheit

Amerikas vergiftetes Weihnachtsgeschenk: Einreiseverbot für Europas Zensur-Aktivisten

von Alexander Wallasch (Kommentare: 1)

Außenminister Rubio greift an.© Quelle: Pixabay/andrewslockwood50, www.state.gov/biographies/marco-rubio/, Montage: Wallasch

Kurz vor Weihnachten schenkt uns Washington Einreiseverbote für fünf Europäer – darunter Thierry Breton und die HateAid-Chefs. Begründung: Sie zwingen US-Plattformen zur Zensur amerikanischer Meinungen. Doch wer genau hinsieht, erkennt: Die USA köpfen die Überbringer der Nachricht, während die wahren Verantwortlichen in Berlin und Brüssel ungeschoren davonkommen – und nur noch fester zusammenrücken.

Die USA haben kurz vor Weihnachten Einreiseverbote gegen fünf Europäer verhängt. Das ist zunächst nichts Ungewöhnliches: Die Vereinigten Staaten prüfen bisweilen sehr genau, wer einreist, bis hin zur Offenlegung von Usernamen für Social-Media-Accounts.

Bei den genannten fünf Personen geht es allerdings um etwas anderes. Die Einreise wurde jetzt solchen Personen erschwert, die in irgendeiner Weise maßgeblich an der Zensur in Europa beteiligt sind.

Die Betroffenen sind Thierry Breton, ein früherer EU-Kommissar und Architekt des Digital Services Act (DSA), Anna-Lena von Hodenberg und Josephine Ballon als Geschäftsführerinnen der deutschen Organisation HateAid, die vorgeben, gegen Hass und Hetze im Netz zu kämpfen, Imran Ahmed, britischer Leiter des Center for Countering Digital Hate, und Clare Melford, die britische Leiterin des Global Disinformation Index.

Der Vorwurf in der Zusammenfassung: Der federführende US-Außenminister Marco Rubio wirft den Betroffenen vor, durch ihre Arbeit an EU-Regulierungen und Anti-Desinformationskampagnen amerikanische Social-Media-Plattformen zu Zensur amerikanischer Meinungen zu zwingen. Der DSA verpflichtet Plattformen, bestimmte Inhalte zu moderieren – die USA sehen das als extraterritoriale Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Große Aufregung in Europa: Die EU-Kommission verurteilt die Maßnahme scharf und betont, dass Meinungsfreiheit ein gemeinsamer Wert sei, der DSA aber nur illegale Inhalte offline wie online bekämpfe und keine extraterritoriale Wirkung habe.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von „Einschüchterung und Zwang“ gegen die europäische digitale Souveränität. Deutsche Politiker wie Außenminister Wadephul nannten es „nicht akzeptabel“. Die Betroffenen selbst sehen es als Angriff auf Demokratie und Souveränität.

Die Auswahl erscheint seltsam wahllos. Denn HateAid beispielsweise ist mittlerweile offizieller „Trusted Flagger“ der Bundesnetzagentur, handelt also im Regierungsauftrag und wird entsprechend subventioniert. Das Bundeswirtschaftsministerium ist weisungsbefugt. Werden hier die Fußsoldaten sanktioniert, weil man sich an die Großen nicht herantraut?

Das alles wirkt auf besondere Weise unausgegoren und aktivistisch. Wenn die USA die Verantwortlichen treffen wollen, dann müssten Katharina Reiche und Friedrich Merz ein Einreiseverbot bekommen – unnötig zu erklären, dass das einer diplomatischen Katastrophe gleichkäme und gravierende Folgen nach sich ziehen würde.

Hier wird also von den USA der Überbringer der Nachricht geköpft und der Kopf an die eigentlichen Verantwortlichen gesandt. Das allerdings wird die europäische Führung nur noch weiter zusammenschweißen in ihrem Bemühen, die Meinungs- und Pressefreiheit zu unterdrücken.

Interessant in dem Kontext auch die Beschränkung auf den Angriff gegen Meinungen aus den USA. Rubio und Co. ist die Meinungsfreiheit in Europa herzlich egal. Oder sie wissen, dass sie von Berlin bis Peking gleich die halbe Welt sanktionieren müssten, ginge es ihnen wirklich um die Verteidigung der Meinungsfreiheit weltweit. Und dann müssten die USA zudem erklären, mit welchem Recht sie einmal mehr Weltpolizei spielen wollen.

Denn das ist bekanntermaßen in der Vergangenheit auch deshalb schiefgegangen, weil die USA auch ohne Trump als Präsidenten immer schon amerikanische Interessen an die erste Stelle gestellt haben – klassische Aufgabe übrigens einer Regierung eines Nationalstaates. Es wird schwieriger, wenn man sich dann nebenbei noch als Weltpolizei inszeniert.

Geht es den USA von Bush über Obama und von Biden bis Trump in Wahrheit gar nicht um Meinungsfreiheit, sondern um eine Destabilisierung Europas?

Wem hat Deutschland die millionenfachen Massenzuwanderung aus Syrien und Afghanistan zu verdanken? Sie folgte direkt dem militärischen Engagement der USA nach 9/11. Wer hat sich über ein Jahrzehnt hinweg in der Ukraine engagiert und den Konflikt mit Russland provoziert? Wer hat sich aus rein wirtschaftlichen Interessen – sogar unter Androhung von Gewalt – von Minute eins an gegen den deutsch-russischen Nordstream-Deal gestellt? Die Exporte von US-Fracking-Gas wuchsen automatisch um ein Vielfaches.

Weiterlesen nach der Werbung >>>

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Heute werden schon Stimmen laut, die sich – noch mit Augenzwinkern – eine erneute Befreiung Deutschlands durch die Amerikaner wünschen. Und wieder andere haben bereits damit begonnen, Listen mit weiteren Namen deutscher Feinde der Meinungsfreiheit zu schreiben, die man dann der US-Regierung senden will, damit diese Personen ebenfalls US-Sanktionen erhalten.

Ist es blauäugig anzunehmen, die USA habe tatsächlich die Meinungs- und Pressefreiheit im Sinn? Vielleicht wird so ein Schuh draus: Die USA befürworten diese Auseinandersetzung in Europa, indem sie den Regierungen – übrigens zu Recht – eine Verletzung der Meinungs- und Pressefreiheit vorwerfen, weil sie gleichzeitig die Gewissheit haben, dass diese inneren Unruhen Deutschland und Europa auch wirtschaftlich massiven Schaden zufügen.

Was hier in Zukunft noch fehlt um die Sache rund zu machen, sind heimliche Dollarzahlungen an konservative Gruppierungen in Deutschland, um die Regierung zu bekämpfen, so, wie es die USA in den vergangenen hundert Jahren rund um den Erdball praktiziert haben – nicht zuletzt in Libyen und Syrien mit den bekannten Folgen auch für Europa.

Wahr bleibt allerdings, dass Deutschland und die EU massive Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit planen und durchführen. Auch Alexander-Wallasch.de ist aktuell massiv davon betroffen und wird gleich von fünf von Zwangsgebühren finanzierten Landesmedienanstalten verfolgt. Und von mehreren Verfassungsschutzämtern werden Daten gesammelt, wie verschiedene öffentlich gewordene Vorgänge belegen konnten. Übrigens sanktioniert uns auch Google. Wo bleibt da die strenge Hand der US-Regierung?

Tatsache bleibt auch: Das Engagement der US-Regierungen bleibt immer zuallererst eigennützig. Unter Präsident Trump ist die „America First“-Haltung sogar offiziell zur Staatsdoktrin erhoben worden.

Die Opposition in Deutschland und Europa muss hier einen gewaltigen Spagat hinlegen. Einerseits nutzt ihr die US-Kritik, wenn es darum geht, die Meinungs- und Pressefreiheit wieder durchzusetzen. Andererseits darf man nicht zulassen, dass das Engagement und die Einmischung der USA die EU-Staaten auch wirtschaftlich schwächt, indem es Politik handlungsunfähig und entsprechend erpressbar macht.

Das funktioniert erst dann, wenn die Opposition in Deutschland rein gar nichts mehr von der Bundesregierung erwartet und davon ausgehen muss, dass die Herrschenden ihre Macht auf Zeit nicht mehr aus den Händen geben werden – selbst dann nicht, wenn es die Meinungs- und Pressefreiheit insgesamt kostet. Aber was wäre dann die Rolle der USA?

Europa kann sich nur selbst befreien. Die USA sind keine Freunde der Freiheit, wenn es ihnen nicht nutzt.

Trump ist hier keine Ausnahme; er hat dieses Deal-System auf die Spitze getrieben. Auf der Meta-Ebene wäre es interessant, einmal zu erörtern, welches Zusammenspiel es zwischen Kapitalismus, Demokratie und Meinungs- und Pressefreiheit gibt. Hier müsste erst einmal der Gegenbeweis geführt werden, dass die chinesische Diktatur wirtschaftlich nicht erfolgreich ist. Solange das nicht gelingt, ist jedes Misstrauen berechtigt. Die USA sind nicht unserer Freund. Jedenfalls nicht bedingungslos.

Ihre Unterstützung zählt

Mit PayPal

Einen Kommentar schreiben

Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Kommentare