Die Journalistin und Influencerin schimpft über „Lappen“ und „Lauchs“ – aber ihre Kriegsrhetorik hängt am Ukrainekrieg, nicht an Prinzipien

Anabel Schunke will echte deutsche Männer im Schützengraben – doch wer verteidigt den Trümmerhaufen?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 13)

Männer und Deutschland© Quelle: Pixabay/Lenzatic analogicus

Anabel Schunke will echte Männer, die Heimat und Freiheit mit der Waffe verteidigen. Doch wenn Deutschland ein „Trümmerhaufen“ ist – wofür dann sterben? Eine scharfe Erwiderung mit Patriotismus auf Pump.

Die Influencerin und Journalistin Anabel Schunke hat zuletzt mit zwei scharfen wie drastischen Posts via X für Aufregung gesorgt und damit eine schneidige Debatte über die Wehrpflicht und deutsche Männer angestoßen.

Anabel Schunke schrieb:

„Deutsche „Patrioten“ wieder die ersten, die wegen der Musterungen für Männer rumheulen. Erbärmliches Lappenpack. Kein patriotischer Amerikaner, Israeli etc. würde das tun. Es geht auch nicht darum, Merz oder diese Regierung zu verteidigen, sondern die eigene Heimat. Den Westen. Die Freiheit. Gibt‘s hier eigentlich überhaupt noch Männer in diesem Land? Frage für eine Freundin.“

Und hier:

„Dieselben Männer, die sagen, Frauen sollen beim Thema Wehrpflicht die Schnauze halten, wollen in der Regel darüber bestimmen, ob Frauen abtreiben dürfen. Der rechte Rand ist einfach so widerlich. Genau solche Lauchs wie die linken Männer. Erbärmlich. Immer einen auf Patriot und großer Mann machen und dann Frauen im Netz durchbeleidigen und und über den bösen Feminismus ätzen, wenn es um die Wehrpflicht geht. Trümmerhaufen in diesem Land. Niemand hier wird uns verteidigen. Wir können jederzeit überrannt werden. Hier gibt es quasi keine Männer mehr.“

Hier werden gleich mehrere Debatten zusammengeführt. Zum einen jene um die Wiedereinführung der Wehrpflicht, eine zur Definition von Männlichkeit und eine zum Ukrainekrieg.

Zunächst zur Wehrpflicht. Die wurde vor knapp 15 Jahren ausgesetzt. Die Debatte um die Doktorarbeit des ehemaligen Verteidigungsministers von Guttenberg schlug damals höhere Wellen als die Aussetzung der Wehrpflicht.

Und der überwiegenden Zahl jener, die sich heute vehement für diese Wehrpflicht einsetzen, war es bei ihrer Aussetzung und in den Folgejahren noch schnurzegal. Die Wiedereinführung der Wehrpflicht steht im direkten Kontext zum Ukrainekrieg.

Wenn Frau Schunke schreibt: „Wir können jederzeit überrannt werden“, dann wird mutmaßlich hier der Russe gemeint sein und nicht der Däne, Franzose oder Pole. Auch diese Debatte wird hitzig und oft polemisch geführt: Welche Bedrohung für Deutschland geht tatsächlich von Russland aus? Auch hier ist der Ukrainekrieg das Initial. Vorher gab es diese Debatten nicht – jedenfalls nie in diesem Ausmaß.

Aber auch diejenigen, die beharrlich auf Diplomatie und Friedenslösung setzen, dürften kaum bestreiten, dass es eine russische Bedrohung für Deutschland gibt. Selbst der in der Sache viel gescholtene AfD-Chef Chrupalla wird diese russische Bedrohung zugestehen müssen, wenn man sie explizit mit den deutschen Waffenlieferungen und Milliarden für die Ukraine zusammenbringt.

Die Frage, was uns Deutsche dieser Krieg eigentlich angeht, ist mittlerweile zum Tabuthema geworden. Wer sie stellt, wird sofort ins Reich des Bösen auf Putins Seite gestellt. Hier greifen längst ähnliche Mechanismen wie bei der illegalen Massenzuwanderung ab 2015, als jeder Kritiker als „Nazi“ beschimpft wurde. Ebenso war es bei Corona, als Maßnahmenkritiker als Leugner, Aluhüte und Schwurbler gebrandmarkt wurden.

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Aber befindet sich abseits des gesunden Menschenverstands, wer eine Korrelation sieht zwischen Waffenlieferungen und einer wachsenden Gefahr, dass Russland Deutschland beschädigen will? Das dürfte auf allen Seiten der Debatte unstrittig sein.

Anabel Schunke hat mit ihren angreifenden Posts zwei weitere Debatten angestoßen: Eine um Männlichkeit und eine um Patriotismus. Nun mag jeder sein individuelles Bild von Männlichkeit haben. Für Anabel Schunke muss ein Mann Frau und Land mit der Waffe in der Hand verteidigen können und wollen. Sonst sei er kein richtiger Mann, sondern ein Lauch und Lappen.

Und echte Patrioten sind für die Journalistin nur jene deutschen Männer, die sich nicht davor fürchten, das Kriegshandwerk, das professionelle Töten zur Verteidigung des Eigenen zu erlernen. Zugespitzt: Schunke will Männer, die ganz selbstverständlich „die eigene Heimat“, „den Westen“ und „die Freiheit“ verteidigen.

Das ist übrigens auch mit Blick auf die Masse junger Zuwanderer interessant. Ihnen wird als Gruppe nachgesagt, sie kämen teilweise aus archaischen Gesellschaften, die viel schneller als Deutsche bereit seien, gewalttätig zu werden, wenn sie sich oder ihre Gruppe angegriffen fühlen.

Andererseits sind all diese jungen Männer auch Kriegsverweigerer – auf welcher Seite auch immer: Sie haben „Nein“ dazu gesagt, eine Waffe in die Hand zu nehmen und ihre Heimat zu schützen. Sie haben ihre Heimat aufgegeben, die meisten wollen nie zurückkehren. Sie sind also auch Lauch und Lappen?

Aber zurück zur Ursprungsthese: Wer die Wehrpflicht so persönlich, so vehement und angreifend debattiert wie Anabel Schunke, der kann bei allen Meinungsverschiedenheiten nicht abstreiten, dass diese Debatte untrennbar mit dem Ukrainekrieg verbunden ist. Und mit der Frage, warum Scholz und Merz aus dem regionalen Konflikt eine Schicksalsfrage gemacht und Deutschlands Wohlergehen untrennbar mit dem der Ukraine verbunden haben.

So wie Merkel die illegale Massenzuwanderung zum humanitären Imperativ gemacht hatte, haben zwei Bundesregierungen das Schicksal Deutschlands und der Deutschen mit dem Ukrainekrieg verbunden.

Das wirft zwangsläufig Fragen auf zur demokratischen Legitimation für eine solche Kriegsverknüpfung, zur Souveränität Deutschlands im Grundgesetz, zur Kompetenzverteilung zwischen Bundestag und Regierung, zur verfassungsrechtlichen Friedenspflicht und zur Gefahr einer faktischen Kriegserklärung ohne eine formale.

Zuletzt schreibt Anabel Schunke von einem „Trümmerhaufen in diesem Land“. Das ist auch deshalb interessant, weil es sich wohl kaum lohnt, einen Trümmerhaufen zu verteidigen. So wie es möglicherweise einen Unterschied macht, ob ich als Israeli und Amerikaner patriotisch in Flecktarn steige, oder als Deutscher. Und das hat womöglich weniger mit Mut und Courage zu tun als mit einem gegenwärtigen Deutschland, das Patriotismus daheim verachtet, aber in der Ukraine und anderswo befürwortet.

Auch gilt es, sich das große Verrecken in der Ukraine immer wieder vor Augen zu führen. Das oft qualvolle und jämmerliche Sterben der jungen Männer auf beiden Seiten ist der direkte Ausblick auf das, was deutschen Soldaten droht, wenn Deutschland von seiner Regierung in diesen Konflikt gezerrt wird. Nichts daran ist in irgendeiner Weise männlich oder das gottgegebene Schicksal von Männern.

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