Herr Professor Schwab, Sie hatten Probleme an Ihrer Universität in Bielefeld. Was ist da los?
Ich habe einen Vortrag anbieten wollen zum Thema „Meine Rechte als Prüfling im staatlichen Teil der ersten juristischen Prüfung“. Also, wenn man so will, im Staatsexamen. Der Vortrag war ursprünglich als Veranstaltung der Fachschaft Jura geplant. Im Fachschaftsrat hatte es eine Abstimmung gegeben, bei der acht Mitglieder des Fachschaftsrats die Veranstaltung befürworteten, zwei enthielten sich der Stimme und die anderen fünf waren bei der Abstimmung nicht zugegen. Dann ist die Veranstaltung von der Fachschaft beworben worden. Sie hätte ursprünglich am 4. Dezember stattfinden sollen.
Einen Tag vor diesem Termin, also am 3. Dezember, hat die Fachschaft Jura diesen Vortrag ohne Rücksprache mit mir abgesagt. Und wie sich herausstellte, waren es die drei Vorsitzenden der Fachschaft, die per Rundmail an alle Studenten meinen Vortrag abgesagt haben. Die anderen Mitglieder des Fachschaftsrates waren ebenfalls nicht informiert worden. In besagter Mail stand dann, dass man sich deswegen zur Absage entschlossen habe, weil man auf meine außeruniversitären Aktivitäten aufmerksam geworden sei.
Die Fachschaft, so hieß es in der Rundmail weiter, sei eine offene studentische Interessenvertretung, die sich gegen jede Form von Diskriminierung wende, die auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung und auf dem Boden des Rechtsstaats stehe. Und es bestünden berechtigte Zweifel daran, dass diese Ziele mit mir angemessen umzusetzen seien.
Was bedeutet Fachschaft?
Das ist die rechtlich verfasste organisierte studentische Interessenvertretung in einer Fakultät. Und um das gleich mit zu erklären: Der Allgemeine Studierendenausschuss ist das Exekutivorgan der Studierendenschaft der gesamten Universität. Sie sind zuständig für die Vertretung aller Studenten an einer Uni. Eine Fachschaft vertritt die Interessen der Studenten einer Fakultät, der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) die studentischen Interessen an der gesamten jeweiligen Universität.
Wie ging es weiter?
Nach der Absage durch die Fachschaft Jura habe ich die Veranstaltung als eigene unter meinem eigenen Label angeboten und für den 11. Dezember angekündigt. Das habe ich dann meinerseits so via Rundmail kommuniziert. Darauf ist wiederum der AStA aufmerksam geworden und hat am vergangenen Montag, also am 8. Dezember üble Hetzflyer gegen mich verteilt: Ich sei ein Coronaleugner und Verschwörungstheoretiker, würde auch Reichsbürger vertreten und die Studenten hätten Anspruch auf Professoren, die nicht ständig falsche Sachen behaupten würden. Also das ganze Framing aus der Coronazeit wurde da ausgepackt, mit einem kleinen Prinz-Reuß-Sahnehäubchen obendrauf.
Ebenfalls am Montag, den 8. Dezember meldete sich die „Initiative Uni links“ – eine Gruppierung aus dem Umfeld des Studierendenparlament – zu Wort und kündigte eine Blockade meines Vortrags an. Am vergangenen Donnerstag postierten sie sich, natürlich alle vermummt, 45 Minuten vor dem geplanten Veranstaltungsbeginn vor dem Hörsaal, der für mich vorgesehen war, und zwar so, dass niemand den Hörsaal betreten konnte. Als ich mich dann dem Hörsaal näherte, schrien mir die Störer ihre Parolen entgegen: „Hau ab! Hau ab! Alerta! Antifaschista“ usw.
Meine Veranstaltung konnte trotzdem stattfinden, weil Prorektor und Kanzler anwesend waren und dafür gesorgt haben, dass zunächst ich selbst und dann die Menschen, die an meinem Vortrag interessiert waren, in einen anderen nahegelegenen Hörsaal umgeleitet wurden.
Wie ist denn das in dem beschaulichen Bielefeld möglich? Gibt es da eine Vorgeschichte? Bielefelds Uni ist ja nicht unbedingt bekannt für solche Exzesse.
Der AStA hat schon 2022 gegen mich losgehetzt, nachdem ich in der Bielefelder Innenstadt eine Rede gehalten habe, in der ich die Muster hinter der Lockdown- und Impfzwang-Propaganda freigelegt habe. Schon damals haben sie ganz fürchterlich auf mich eingedroschen: Coronaleugner, Verschwörungsideologe, Nazi, usw. Das diesbezügliche AStA-Statement war zwar ein mehrseitiger Text, doch ließ sich dessen intellektuellen Gehalt auf diese Essenz reduzieren. Das Asta-Statement erschöpfte sich in dem üblichen Feindbildvokabular, das wir aus der Coronazeit kennen. Eben daran hat der AStA in seiner jetzigen Redaktion angeknüpft.
Wie ist denn da die Solidarität der Kollegen?
Ich habe mit meinem Dekan gesprochen. Das fand es gut, dass ich diese Veranstaltung anbiete. Eine Kollegin äußerte mir gegenüber, dass es ihr sehr leid tue, dass ich mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen hätte, und dass sie die Veranstaltung selbst ebenfalls gutheißt. Wie meine übrigen Kollegen zu dieser Sache stehen, entzieht sich meiner Kenntnis.
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Ihre Unterstützung zählt
Nun haben Sie neben sich in Bielefeld mit Andreas Zick einen der medial aktivsten Professoren überhaupt vor Ort. Wenn Sie den tendenziell regierungsnah verorteten Zick als Ihren Fürsprecher gewinnen könnten –könnte daraus nicht eine spannende Debatte erwachsen?
Ich habe keinen Kontakt zu Herrn Kollegen Zick. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er mein politisches Wirken überhaupt nicht gut findet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich jemals für mich verwenden würde.
Prof. Zick hätte hier die einmalige Gelegenheit, sich mit Blick auf den Kollegen explizit für die Meinungsfreiheit einzusetzen. Das wäre doch eine Ermunterung und Solidaritätsadresse, wenn man das fakultätsübergreifend bewerkstelligen könnte.
Herr Kollege Zick ist einer der Direktoren des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung. Damit wäre er in rein fachlicher Perspektive genau der richtige Ansprechpartner, wenn es darum geht, gewaltfrei zu kommunizieren, was ja seitens der Antifa in Bezug auf mich eindeutig nicht erfolgt ist.
Wären Sie denn bereit für diese Debatte auch mit Zick?
Ich werde nicht selbst auf Herrn Kollegen Zick zugehen, weil ich nicht aktiv um Unterstützung für mich werben möchte. Ich als Person bin auch gar nicht so wichtig. Viel wichtiger ist es, dass wir alle gemeinsam um die Meinungsfreiheit in diesem Land ringen. Dass wir die aktuell zu beobachtende Zerklüftung des Debattenraums überwinden. Und dass wir der Gefahr begegnen, Framing-Opfer einerseits und wirkliche Rechtsextremisten und Antisemiten auseinanderzuhalten. Denn andernfalls wittern Letztere die Chance, mit ihrem Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft salonfähig zu werden. Wenn eine Diskussion zwischen Herrn Kollegen Zick und mir dazu beitragen kann, diese Ziele zu erreichen, wäre das ein lohnendes Projekt.
Ist Ihre Arbeit in Bielefeld jetzt in irgendeiner Form beeinträchtigt oder können Sie so weiterarbeiten, wie Sie es sich vorgenommen haben?
Meine Vorlesungen am vergangenen Freitag verliefen absolut störungsfrei. Ich bin nicht mehr auf diese Vorfälle eingegangen. Ich werde es in meinen Vorlesungen auch nicht mehr tun. Ganz generell ist mir wichtig, dass das, was ich vortrage, politisch neutral bleibt. Ich versuche meine Studenten immer zu ermuntern, Autoritäten hinterfragen und auch dasjenige, was ich im Hörsaal vortrage, nicht einfach zu schlucken, sondern sich kritisch damit auseinanderzusetzen.
Jede Art von politischer Indoktrination liegt mir fern. Es hat mich als Dozent nicht zu interessieren, welchen Standpunkt meine Studenten auf welchem Politikfeld auch immer einnehmen, sondern ich soll die jungen Menschen auf dem Weg begleiten, eigenverantwortliche, selbstbewusste und verantwortungsbewusste junge Juristinnen und Juristen zu werden.
Wie würden Sie selbst Ihr Verhältnis zu Ihren Studenten einschätzen?
Meine Studenten haben mir unglaublich viel Zuspruch gegeben. Mein Verhältnis zu meinen Studenten ist gut. Natürlich gibt es auch welche, die auf die Framing-Lügen aus der Corona-Zeit reingefallen sind und immer noch denken, ich sei ein ganz böser Nazi. Aber mein Vortrag war sehr gut besucht, es kamen noch nicht einmal alle rein, die gerne Platz genommen hätten. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der eine oder andere nachdenklich geworden ist angesichts des doch sehr bedenklichen Gesichts, das die Antifa-Aktivisten am vergangenen Donnerstag gezeigt haben.
Haben Sie einen autoritären Stil?
Mein Unterricht ist außerordentlich diskursiv. Ich sage auch immer: Leute, ich bin schon oft durch kluge Bemerkungen aus meinem Auditorium zu Problemen, über die ich jahrelang im Unterricht vorher geredet habe, noch einmal nachdenklich geworden. Ich sage meinen Studenten immer: Ich studiere Jura im 79. Semester. Ich werde dafür bezahlt, mein Leben lang Jura zu studieren. Ich muss bloß keine Prüfung mehr schreiben. Und ich muss immer für die Vorstellung offen sein, dass junge Leute auf Ideen kommen, auf die ich noch nicht gekommen bin, über die man aber füglich diskutieren kann.
Danke für das Gespräch!
Martin Schwab ist Jura-Professor an der Universität Bielefeld und dort Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Verfahrens- und Unternehmensrecht.
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