14. Oktober 1993 bis 10. September 2025

Charlie Kirk – Der Leibwächter der westlichen Zivilisation?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 4)

Ein lockerer, ein aufgeschlossener und neugieriger junger Mann mit einem sehr konservativem Weltbild.© Quelle: Youtube/CharlieKirk, Screenshot

Wer war Charlie Kirk? Was wissen wir in Deutschland über den 31-jährigen, dass über die unerträglichen Bilder des Attentats hinausgeht? Der Versuch einer respektvollen Annäherung.

Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber die Bilder des Attentats auf den amerikanischen Aktivisten Charlie Kirk haben sich bei mir eingebrannt. Kirk wurde während einer öffentlichen Veranstaltung auf dem Campus der Utah Valley University erschossen.

Als ich die grausamen blutigen Filmszenen das erste Mal sah, dachte ich auch an die Kinder Kirks, die diese Bilder irgendwann ansehen werden müssen – sie sind ja nicht aus der Welt, wenn die heute dreijährige Tochter und der einjährige Sohn älter werden.

Das Attentat auf den Vater am 10. September 2025 wird sich in das Leben dieser Kinder hineinbrennen, wie kein zweites Ereignis. Es wird die bestimmende Größe in ihren Biografien werden. Immer wieder werden sie sich neu damit auseinandersetzen und den Mord verarbeiten müssen. Der flüchtige Attentäter hat auch die Unbeschwertheit, das Glück und die Leichtigkeit dieser Kinder hingerichtet.

Es mag ein Versäumnis sein, aber ich habe zuvor nie von Charlie Kirk gehört. Aber wenn, dann hätte ich den Freikirchler (Vertreter des US-amerikanischen Evangelikalismus) womöglich sogar kritisiert, seine religiöse Haltung – tief verwurzelt im evangelikalen Christentum – spielte eine entscheidende Rolle in seiner politischen Arbeit.

Auch ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Arbeit und den Thesen von Charlie Kirk mit dem tödlichen Schuss teilweise obsolet geworden. Das ist deshalb besonders erwähnenswert, weil Charlie Kirk – so habe ich es heute nachgelesen – im besonderen Maße dafür gestanden haben soll, sich mit seinen Kritikern auseinanderzusetzen, sich ihnen zu stellen und diese zu stellen.

Charles James Kirk wurde am 14. Oktober 1993 nahe Chicago in Arlington Heights geboren. Mit Blick auf die von ihm mit 18 Jahren gegründete Organisation „Turning Point USA (TPUSA)“, die sehr schnell sehr erfolgreich wurde und Millionen Anhänger hat, mag die Bezeichnung „politischer Missionar“ eine passende Zuschreibung sein.

In Europa sind solche politischen Erweckungsbewegungen weniger erfolgreich, in Deutschland etwa versuchte es einmal Sahra Wagenknecht mit „Aufstehen“ und scheiterte grandios. Mag sein, dass die Amerikaner hier mit Blick auf die großen religiösen Bewegungen anders trainiert sind – dazu passt dann auch der religiöse Anker bei Charles James Kirk.

Er gehörte der Calvary Chapel Association an, einer freikirchlichen Bewegung mit Tausenden unabhängiger Gemeinden, die bibeltreue Lehre, charismatische Elemente und Ablehnung institutioneller Hierarchien (z. B. gegen den Papst) betont. Seine Frau Erika studierte Bibelwissenschaften. Kirk beschrieb sich selbst als „mainline-Presbyterian-turned-evangelical“ – also von einer etablierten presbyterianischen Kirche zu einer freieren, evangelikalen Form übergegangen.

Dogmatisch war Kirk aber nicht: Solange sie seine konservativen Werte teilten, arbeitete Kirk mit einer ganzen Reihe unterschiedlicher christlicher Kirchen zusammen. Und was Charlie Kirk von rein spirituellen Freikirchlern unterschied: Er nutzte den Glauben auch strategisch für seine Politik.

Wie fasst man die Anfänge der Arbeit von Kirk zusammen? Vielleicht beginnend mit dem wichtigsten Auslöser: Barack Obamas Wiederwahl. Kirk sah in der „linken Indoktrination“ an Universitäten eine Bedrohung für die amerikanische Freiheit. Seine Bewegung wuchs explosionsartig: Von ein paar Hundert Mitgliedern zu einer landesweiten Kraft mit Millionen von Followern.

Kirk organisierte erfolgreich Events wie „Change My Mind“-Tische, bei denen er provokativ Themen wie Rasse, Geschlecht und Politik diskutierte. Kirk stand an so einem „Prove Me Wrong“-Tisch, als der Schütze von einem Dach aus zuschlug.

Das Format wurde vom konservativen politischen Kommentator Steven Crowder popularisiert, der seit 2015 regelmäßig solche „Change My Mind“-Veranstaltungen in den USA organisiert. Er lädt dazu bekannte Persönlichkeiten, Akademiker oder auch normale Bürger ein, mit ihm über kontroverse Themen zu diskutieren.

Was machte Kirk aus? In den sozialen Medien wird sein Stil als eine Mischung aus Humor, Direktheit und Konfrontation beschrieben. Das machte ihn auch zum Star einer jungen Rechten in den USA.

Sein Podcast „The Charlie Kirk Show“, der täglich drei Stunden lief, erreichte Millionen, und Bücher wie The MAGA Doctrine (2020) wurden Bestseller. Über den Präsidenten sagte Kirk einmal, er sei „der Leibwächter der westlichen Zivilisation“ – eine Beschreibung, die rückblickend wohl auch dem Selbstbild von Kirk entsprechen könnte. Donald Trump sagte über den Weggefährten, der altersmäßig gut und gern dessen Enkel sein könnte posthum:

„Der großartige, ja sogar legendäre Charlie Kirk ist tot. Niemand verstand die Jugend der Vereinigten Staaten von Amerika besser oder hatte ein besseres Gespür für sie als Charlie.“

Für was stand Charlie Kirk? Zentral war seine Verteidigung konservativer Prinzipien: Begrenzte Regierung, freie Märkte und traditionelle Werte. Er kritisierte „woke“ Ideologien als Bedrohung für die Freiheit – von Klimahysterie bis Geschlechtertheorien.

Als gläubiger Christ zitierte er oft die Bibel, um seine Positionen zu Homosexualität oder Abtreibung zu untermauern, und sah Amerika in einem „Kulturkrieg“, den die Rechte gewinnen müsse. Seine Unterstützung für Trump und MAGA war unerschütterlich: Er organisierte AmericaFest und mobilisierte Gen Z für Themen wie Einwanderung ("Great Replacement") und Waffenrechte ("Gun Control ist Freiheitsdiebstahl").

Seine letzten Posts auf X (@charliekirk11) unterstreichen diese Leidenschaft. Am 10. September kritisierte er die Politik, die einen Mörder mit 14 Vorstrafen freiließ, und nannte es „politisch notwendig, das zu thematisieren“. Davor verurteilte er rassistische Rhetorik wie die des farbigen TV-Kommentators Van Jones, der von einem „Virus im Gehirn weißer Menschen“ sprach, als „das Rassistischste, das ich je gehört habe“.

Für Kirk war der Wille zur Resilienz eine der Kernbotschaften: „Gib nie auf, gib nie nach, und kämpfe immer um den Sieg.“ Kritiker warfen ihm vor, Verschwörungstheorien zu schüren – von der „gestohlenen“ 2020-Wahl bis zur Kritik am amerikanischen Corona-Regime. Außerdem wurde immer wieder behauptet, Kirk dämonisiere Minderheiten.

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Es ist nicht leicht, sich aus der Ferne ein genaues Bild zu machen. Zudem erfordert es ein Maß an Sensibilität und Einfühlungsvermögen, den politischen Aussagen eines Attentatsopfers nachzuspüren, der so grausam ums Leben kam.

Wer allerdings die Debattenoffenheit von Charlie Kirk erlebt oder nachgelesen hat, der darf annehmen, dass Kirk immer offen dafür war, dass man sich kritisch mit seinen Thesen auseinandersetzt. Kirk selbst soll – wohl im Zusammenhang mit dem Attentatsversuch auf Trump – vor einer neuen linken „Assassination Culture“ gewarnt haben, der er jetzt selbst zum Opfer fiel.

Und wer jetzt noch ein paar Zitate von Charlie Kirk lesen will und wer dafür die KI befragt (Grok), der bekommt beispielsweise die folgende Sammlung angeboten:

1. Zum Durchhaltevermögen und Kampfgeist • Original: "Never give up, never surrender, and always go for the win." • Übersetzung: "Gib nie auf, gib nie nach und kämpfe immer um den Sieg." • Quelle: Aus seinem Buch The MAGA Doctrine: The Only Ideas That Will Win the Future (2020). • Kontext: Ein Aufruf an junge Konservative, resilient zu bleiben – ein Leitmotiv in seinen Reden und Events.

2. Zur Freiheit und persönlichen Verantwortung • Original: "Greatness, on the other hand, requires the liberty and the drive to make the most of yourself." • Übersetzung: "Großartigkeit erfordert hingegen Freiheit und den Drang, das Beste aus sich zu machen." • Quelle: Ebenso aus The MAGA Doctrine (2020). • Kontext: Kirk betonte hier die Rolle individueller Freiheit gegen "linke Indoktrination" – ein Kern seiner Botschaft an Studenten.

3. Zur Resilienz in der Erziehung • Original: "We have to tell our babies to stop crying." • Übersetzung: "Wir müssen unseren Babys sagen, aufzuhören zu weinen." • Quelle: Zitiert in einer Rede, gesammelt auf BrainyQuote. • Kontext: Ein provokatives Statement gegen "Überempfindlichkeit" in der modernen Kultur, das seine Kritik an "woke" Erziehung widerspiegelt.

4. Zu Gun Rights und Freiheit • Original: "Having an armed citizenry comes with a price, and that is part of liberty... But I think it’s worth it. I think it’s worth to have a cost of, unfortunately, some gun deaths every single year, so that we can have the Second Amendment." • Übersetzung: "Eine bewaffnete Bürgerschaft hat ihren Preis, und das ist Teil der Freiheit... Aber ich denke, es lohnt sich. Ich denke, es lohnt sich, leider einige Schusswaffentote pro Jahr zu haben, damit wir das Zweite Amendment haben können." • Quelle: Aus einer Rede bei einem Turning Point USA-Event (2023). • Kontext: Ein kontroverses Plädoyer für das Recht auf Waffenbesitz, das nach seinem Tod ironischerweise viel diskutiert wurde.

5. Zur Kritik an "Empathie" • Original: "I can't stand the word 'empathy' actually. I think 'empathy' is a made-up, New Age term that – it does a lot of damage but it is very effective when it comes to politics." • Übersetzung: "Ich kann das Wort 'Empathie' eigentlich nicht ertragen. Ich denke, 'Empathie' ist ein erfundener, New-Age-Begriff, der viel Schaden anrichtet, aber sehr wirksam ist, wenn es um Politik geht." • Quelle: Aus The Charlie Kirk Show (Podcast, 12. Oktober 2022). • Kontext: Kirk sah emotionale Rhetorik als manipulatives Werkzeug der Linken – ein Zitat, das seine Skepsis gegenüber "weicher" Politik unterstreicht.

6. Zu Grenzen und Nation • Original: "Borders are biblical. Defending your nation is biblical. Protecting your family and community is biblical. Preserving your faith and culture is biblical. National suicide by mass migration is diabolical." • Übersetzung: "Grenzen sind biblisch. Die Verteidigung Ihrer Nation ist biblisch. Der Schutz Ihrer Familie und Gemeinschaft ist biblisch. Die Erhaltung Ihres Glaubens und Ihrer Kultur ist biblisch. Nationaler Selbstmord durch Massenmigration ist teuflisch." • Quelle: X-Post (@charliekirk11, 27. Juli 2025). • Kontext: Ein biblisch fundiertes Argument gegen offene Grenzen, typisch für seine Einwanderungskritik.

7. Zur Verteidigung Trumps • Original: "Only in America could a President achieve the lowest ever black and Hispanic unemployment, have black business startups skyrocket 400%, see wages go up for black workers, advocate for prison reform, pardon wrongfully convicted people of color, and still be called a racist." • Übersetzung: "Nur in Amerika könnte ein Präsident die niedrigste je Arbeitslosigkeit bei Schwarzen und Hispanics erreichen, den Start von schwarzen Unternehmen um 400 % in die Höhe treiben, Löhne für schwarze Arbeiter steigen lassen, Gefängnisreformen befürworten, zu Unrecht verurteilte Menschen of Color begnadigen und trotzdem als Rassist bezeichnet werden." • Quelle: Aus The MAGA Doctrine (2020). • Kontext: Eine leidenschaftliche Rechtfertigung von Donald Trumps Politik – ein Markenzeichen von Kirks MAGA-Loyalität.

Ich habe mir für diese Recherche auch eine ganze Reihe von öffentlichen Auftritten von Charlie Kirk angeschaut. Dabei ist mir eines noch besonders aufgefallen: Die so konservative, fast spießige und ein wenig gestrige Anmutung vieler Fotografien des populären Aktivisten wird gänzlich aufgehoben von seinen Auftritten, die tatsächlich einen lockeren, aufgeschlossenen und neugierigen jungen Mann zeigen.

Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren darüber, was dieses schreckliche Attentat und die politische Figur Charlie Kirk konkret und zukünftig mit Deutschland zu tun haben wird. Aber ich bin mir sicher, dass dieser Mord für Amerika eine große Prüfung sein wird, die auch über den Atlantik hinweg Wellen schlagen wird.

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