Empörung wird laut: Das ist rassistisch!

Der Täter war Afrikaner, Araber oder Aborigine – Bundesländer fordern DNA-Herkunftstests

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

Dunkle Hautfarbe ist in Deutschland viel seltener© Quelle: Pixabay/OrnaW

Zwei Bundesländer fordern jetzt die 2019 bereits erweiterte DNA-Analyse bei polizeilichen Ermittlungen auch auf die Herkunft auszudehnen. Möglich ist heute vieles. Aber wie sinnvoll ist es und vor allem: wie rassistisch?

Kurze Version


DNA-Tests wie von „MyHeritage“, die für 33 Euro ethnische Herkunft und Verwandtschaften präzise bestimmen, sind privat beliebt. Baden-Württemberg und Bayern wollen solche Analysen nun auch in der Strafverfolgung einsetzen, um bei schweren Verbrechen wie Sexualdelikten die „biogeografische Herkunft“ von Tätern zu ermitteln. Derzeit ist dies in Deutschland aus Datenschutz- und Diskriminierungsgründen verboten; DNA-Analysen dürfen nur biologische Verwandtschaft, Geschlecht, Hautfarbe, Augenfarbe, Haarfarbe und Alter prüfen.

Die beiden Bundesländer argumentieren, dass Herkunftsanalysen den Täterkreis erheblich eingrenzen könnten. Beispielsweise liegt der Ausländeranteil bei Gruppenvergewaltigungen bei knapp 50 Prozent, was die Ermittlungen fokussieren könnte. Das Bundeskriminalamt führt eine DNA-Datenbank mit 805.000 Personen und 379.000 Spuren (Stand 2023). Gesetzlich geregelt durch die Strafprozessordnung (§§ 81e, f) seit 1997, sind derartige Analysen nur bei schweren Straftaten erlaubt und auf bestimmte Merkmale beschränkt.

Kritiker, wie das Fachportal „Legal Tribune Online“ und der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, bezeichnen den Vorschlag als rassistisch und diskriminierend. Sie verweisen darauf, dass seit 2019 bereits Analysen zu äußeren Merkmalen wie Hautfarbe möglich sind, was ausreichend sei. Die ehemalige Justizministerin Christine Lambrecht betonte 2019, dass nur sichtbare Merkmale analysiert werden sollten, nicht jedoch Herkunft, da dies ermittlungstaktisch kaum Mehrwert biete und verfassungsrechtlich problematisch sei, etwa bei der Offenlegung von Erbkrankheiten.

Baden-Württemberg Justizministerin Marion Gentges (CDU) und Bayerns Justizminister argumentieren, dass alle verfügbaren Instrumente zur Aufklärung schwerer Verbrechen genutzt werden sollten. Der Vorschlag soll im Juni 2025 auf der Justizministerkonferenz in Bad Schandau diskutiert werden. Die Debatte zeigt die Spannung zwischen effektiver Strafverfolgung und dem Schutz vor Diskriminierung.

Der Preis sank vor Weihnachten auf 33 Euro, was zuvor über 80 Euro kostete – entsprechend groß war mutmaßlich der Absatz. Die Rede ist von einem DNA-Test, der laut israelischem Anbieter „MyHeritage“ ziemlich genau „Ihren einzigartigen ethnischen Hintergrund offenbaren und Sie mit neu entdeckten Verwandten zusammenbringen“ kann.

Präzise kann „MyHeritage“ die Abstammung seiner Kunden nach eigenen Angaben „2.114 geografischen Regionen“ zuordnen. Ein Slogan des Unternehmens lautet: „Entdecke dein Erbe und finde neue Verwandte“. Tatsächlich hält „MyHeritage“, was es verspricht: Wenn Blutsverwandte unabhängig voneinander ihre Proben abgeben, werden sie vom Unternehmen treffsicher als enge Verwandte identifiziert.

Von der privaten Neugierde zu Weihnachten zur professionellen Strafverfolgung 365 Tage im Jahr: Baden-Württemberg und Bayern wollen jetzt die bereits zulässige DNA-Analyse etwa bei Sexualverbrechen auch auf die Herkunft ausweiten. Künftig sollen die Ermittler bei der Genanalyse auch die „biogeografische Herkunft“ von Tatverdächtigen überprüfen können.

Übersetzt: Wenn an einem Tatort DNA-Spuren des mutmaßlichen Täters entdeckt wurden, soll man diese jetzt auch dahingehend überprüfen dürfen, woher der Täter ursprünglich stammt. Nun kann ein Täter mit großen bayerischen Herkunftsanteilen auch in Niedersachsen ansässig sein oder andersherum. Wenn aber etwa bei Gruppenvergewaltigungen der Ausländeranteil heute bei knapp fünfzig Prozent liegt, dann könnte die Herkunft den Täterkreis halbieren. Bisher allerdings dürfen Ermittler bei der Genanalyse die „biogeografische Herkunft“ nicht überprüfen.

In Deutschland führt das Bundeskriminalamt (BKA) eine DNA-Datenbank mit Material von 805.000 Personen und DNA aus 379.000 Spuren (Stand 2023).
Durch die Einführung der §§ 81e und f Strafprozessordnung (StPO) durch das Strafverfahrensänderungsgesetz vom 17. März 1997 wurde die Entnahme von DNA-Proben und die DNA-Analyse als Bereich des Strafverfahrens bundesgesetzlich geregelt.

So darf eine DNA-Analyse nicht beim Vorwurf von Bagatelldelikten vorgenommen werden. Gesetzlich festgelegt dürfen „das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der Person festgestellt und diese Feststellungen mit Vergleichsmaterial abgeglichen werden, soweit dies zur Erforschung des Sachverhalts erforderlich ist“. Weiter heißt es: „Andere Feststellungen dürfen nicht erfolgen; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.“

Wenn hier von „Abstammung“ die Rede ist, bezieht sich das allein auf die biologische Verwandtschaft einer Person, insbesondere zur Feststellung von Familienbeziehungen (z. B. Elternschaft, Geschwisterbeziehungen). Es geht dabei nicht um die ethnische oder geografische Herkunft (also z. B. „Herkunft“ im Sinne von Ethnie oder Nationalität), da solche Analysen in Deutschland aus Datenschutz- und Diskriminierungsgründen verboten sind.

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Das wollen zwei Bundesländer jetzt ändern. Deutschlandfunk zitiert Baden-Württemberg Justizministerin Marion Gentges (CDU): „Unsere Ermittler brauchen gerade zur Aufklärung schwerer Verbrechen alle zur Verfügung stehenden Instrumente“. Und Bayerns Justizminister ergänzt, es gehe ihm darum, den Kreis möglicher Tatverdächtiger anhand möglichst vieler Indizien möglichst weit einzugrenzen.

Die beiden Bundesländer wollen den Vorschlag bei der Justizministerkonferenz der Länder im Juni in Bad Schandau vorlegen.

Das juristische Fachportal „Legal Tribune Online“ empörte sich gestern über diesen Vorstoß unter der Überschrift: „Der Vorschlag ist rassistisch“. Das Portal betont, dass die Ermittler seit 2019 bereits Rückschlüsse auf Hautfarbe, Augenfarbe, Haarfarbe und Alter einer gesuchten Person ziehen dürfen. Zuvor durften lediglich Abstammung und das Geschlecht der Person festgestellt und mit Vergleichsmaterial abgeglichen werden.

Gegenüber dem Portal erklärte Ministerin Gentges:

„Die DNA-Untersuchung auf die biogeografische Herkunft hilft dabei, ein möglichst vollständiges Bild vom noch unbekannten Täter zu erlangen. Sie führt die Ermittlungen noch stärker zum Täter hin und entlastet an der Tat Unbeteiligte.“

Die ehemalige SPD-Justizministerin Christine Lambrecht hatte im September 2019 gegenüber der „taz“ Auskunft gegeben. Die Zeitung fragte damals unter anderem:

„Ist es sozialdemokratisch, wenn die Polizei künftig nach einem schwarzen Täter suchen kann, weil Tatortspuren nun auch auf die Hautfarbe untersucht werden dürfen?“

Die Antwort der Ministerin:

„Wenn ein Zeuge sagt, der Täter war dunkelhäutig, dann fahndet die Polizei selbstverständlich auch heute schon nach einem dunkelhäutigen Täter. Die erweiterte DNA-Analyse stellt nur äußere Merkmale fest, die auch ein Zeuge beschreiben könnte.“

Die Zeitung wollte auch wissen, ob es nicht stigmatisierend sei, dass die Polizei nur Hinweise auf dunkle Hautfarbe für Fahndungszwecke benutzen kann, „da dunkle Hautfarbe in Deutschland viel seltener ist als helle Hautfarbe“. Das verneinte die Ministerin damals, ein seltenes Merkmal sei für die Polizei immer nützlicher als ein häufigeres. Im Übrigen könne man so Dunkelhäutige auch entlasten – wenn die Analyse ergebe, dass der Täter hellhäutig war.

Die „taz“ fragte auch, wo denn der Unterschied sei zwischen Herkunftsforschung und Abstammung oder Hautfarbe. Die Ministerin antwortete:

„Ich will die Feststellung äußerer Merkmale erlauben, aber nicht die Ermittlung sonstiger Tatsachen. Woher jemand – oder seine Familie – kommt, kann man nicht sehen, wie er aussieht, hingegen schon.“

Die „biogeografische Herkunft“ treffe Aussagen darüber, von welchem Kontinent jemand komme oder seine Vorfahren stammen. Das helfe ermittlungstaktisch aber nicht weiter, wenn man Haar-, Haut- und Augenfarbe bereits per DNA-Auswertung feststellen könne. Auch auf einen weiteren relevanten Aspekt hatte Ex-Ministerin Lambrecht hingewiesen: Es sei verfassungswidrig, wenn die Polizei etwa Erbkrankheiten des Täters herausfindet, von denen er vielleicht selbst noch nichts wisse.

Lukas Theune, Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins, erklärte gestern gegenüber „Legal Tribune Online“, der Vorschlag aus Bayern und Baden-Württemberg sei „rassistisch und abzulehnen“.

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