Diese Kirchen spenden keinen Trost, sie sorgen viel zu oft dafür, dass Menschen Trost brauchen

Der ungläubige Christian Lindner ließ sich kirchlich trauen – Na und?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 12)

Und wenn diese Kirchen jetzt aufheulen, weil ein Gotteshaus auf Sylt einem nicht an die Institution glaubenden Bundesminister erlaubt, in seinen Mauern zu heiraten, dann ist das … ja was eigentlich? Bemitleidenswert.© Quelle: YouTube / AFP Deutschland, DOKUS DE I Bildmontage Alexander Wallasch

Große Empörung allenthalben über Lindners Sylter Traumhochzeit mit Kirchenkulisse. Insbesondere institutionalisierte Christen sind schwer entsetzt, dass der böse ungläubige Bundesfinanzminister ausgerechnet in einer Kirche die ungläubige Journalistin Franca Lehfeldt geheiratet hat, beide sind ja aus der Kirche ausgetreten.

Was haben wir da also? Eine kirchliche Trauung von zwei nunmehr Konfessionslosen und großes Geschrei, als wäre der Selbstmörder gegen jeden Widerstand auf dem Gottesacker begraben worden. Wie bigott. Wie lächerlich. Ich will begründen, warum:

Wenn man etwas am Ehepaar Lindner/Lehfeldt kritisieren muss, dann doch wohl, dass sie sich in einer Zeit der großen Aufforderungen zum „Gürtel enger schnallen“ überhaupt zu irgendwelchen Feierlichkeiten hinreißen lassen, anstatt in aller Bescheidenheit vorzuführen, dass die Spitze des Staates in erster Linie den Sorgen der Bürger verpflichtet ist.

Keine Frage: Die Politik ist verkommen. Aber warum sollte es ausgerechnet bei den christlichen Kirchen anders sein? Eines der letzten Alleinstellungsmerkmale dieses Vereins sind doch seine Kirchen als Event-Räumlichkeiten.

Konfirmationen, Kommunionen, Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen, Weihnachten – traditionell begibt sich der Deutsche zu solchen Anlässen in eine Kirche, anschließend wird daheim oder im Lokal gebechert und getafelt. Punkt.

Längst schon verlangt niemand mehr ein Glaubensbekenntnis an der schweren Holztür. Und wenn es im heiligen Haus selbst gesprochen werden sollte, ist es für die meisten ohne Belang und auf einem Zettelchen vorgedruckt, damit es die Besucher überhaupt noch zusammenbekommen und damit nicht alles in einem unverständlichen Gemurmel und Gebrabbel endet.  

Die steinernen Gotteshäuser aus unterschiedlichen Kulturepochen sind den Bürgern vom Mund abgetrotzt worden. Die Stuttgarter Zeitung beispielsweise schreibt über die Täufer-Johannes-Kirche: „Erbaut mit Frondienst und schwäbischer Sparsamkeit“. Kirchenhäuser sind demnach immer auch markante Zeugnisse der Unfreiheit, der Unterdrückung, und dennoch meistens im Besitz der Kirchen verblieben.

Die Instandhaltung dieser Gebäude wird im Übrigen nicht nur von den üppigen vom Staat eingezogenen Kirchensteuern, die de facto Mitgliedsbeiträge sind, beglichen. Die Kirchen erhalten Jahr für Jahr auch hunderte von Millionen Euro von den Steuerzahlern, die mit diesen Vereinen längst keine Verträge mehr haben.

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Warum soll dann jemandem, der die Musik bezahlt, nicht Einlass gewährt werden, warum soll er nicht in einer Kirche heiraten, wenn es ihm Spaß macht? Geheiratet wird in Windmühlen, in Leuchttürmen, auf Schiffen und im Flugzeug, warum nicht auch in einer Kirche?

Eigentlich eine Unverfrorenheit anzunehmen, Eheleute ohne Kruzifix im Schlafzimmer wären weniger wert. Viele Deutsche haben Vorfahren, die irgendwann für diese wundervollen Kirchenbauten gebuckelt haben oder um den Zehnten ausgepresst wurden wie Zitronen. Ganz gleich, ob von der Kirche selbst oder vom adligen Bauherrn so eines Gebäudes, der damit seine Sünden bereinigen wollte.

Deutsche Kirchen atmen per se den Geist der Bevölkerung unabhängig ihres aktuellen Glaubensbekenntnisses. Ihre steinernen Mauern sind mit dem Schweiß und nicht selten sogar vom Blut der Menschen getränkt.

Aber auch das ist nur eine Seite der Medaille. Viel wichtiger und bedeutsamer als Legitimation für die doofe Lindner-Sansibar-Hochzeit:

Die Kirchen selbst haben diese Gotteshäuser längst faktisch säkularisiert und politisiert. Vor den Kirchen hängen heute überdimensionale Schwimmwesten als Zeichen der Solidarität mit illegalen Zuwanderern, die EKD ist von den Grünen vereinnahmt worden und der Nächste ist ihnen immer der aus der Ferne Kommende.

Diese Kirchen spenden keinen Trost, sie sorgen viel zu oft dafür, dass Menschen Trost brauchen – das ist die DNA des institutionalisierten Christentums.

Die Kriminalgeschichte des Christentums ist fast zwei Jahrtausende lang. Diese wundervollen Kirchenbauten, die Gemälde, die Musik – sie sind vielfach entstanden nicht wegen der Kirche, sondern trotz der Kirche und ihres Unterdrückungs- und Vernichtungsapparats.

Wenn jemand auf diesem Kontinent Schuld auf sich geladen hat am Menschen, dann sind es die christlichen Institutionen.

Und wenn diese Kirchen jetzt aufheulen, weil ein Gotteshaus auf Sylt einem nicht an die Institution der Kirche glaubenden Bundesminister erlaubt, in seinen Mauern zu heiraten, dann ist das … ja was eigentlich? Bemitleidenswert.

Sinnbildlich für diese ganze Bigotterie steht übrigens die Grüne Katrin Göring-Eckardt, graue Eminenz des Koalitionspartners der Partei von Christian Lindner.

Die Grüne war von 2009 bis 2013 Präses der Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), ihr neuer Lebenspartner ist Vordenker der EKD und einer der aktivsten Antreiber der illegalen Massenzuwanderung über das Mittelmeer.

Klar, konfrontiert man liebe gläubige Freunde im Gespräch mit diesem ganzen Irrsinn, dann wird immer darauf verwiesen, dass das doch aber die Institution Kirche ist und nicht der Glaube an sich. Ja, auch das stimmt. Aber die Kirche ist die längste Zeit Begleiter dieses Christentums und untrennbar mit ihm verbunden. Hier gibt es keine Ausreden.

In besseren Zeiten als diesen wäre es vielleicht schöner und wertvoller für das Ehepaar Lindner/Lehfeldt gewesen, sie hätten die Gelegenheit gehabt, sich als Europäer an einem Ort das Ja-Wort zu geben, der tatsächlich die Wiege dieses Kontinents repräsentiert. Dort, wo die Philosophen der Antike wandelten und den Grundstock lieferten für das, was unseren Wertekanon tatsächlich ausmacht.

In einer Rezension von Matthias Matusseks „Das katholische Abenteuer“ für die Süddeutsche Zeitung bekam ich einmal Gelegenheit, auch mein Glaubensbekenntnis abzulegen. Erlauben Sie mir bitte, es Ihnen hier zu wiederholen:

„Auch im atheistischen Zuhause des Rezensenten gab es Kinderbibeln. Zum Beispiel Gustav Schwabs ‚Sagen des Klassischen Altertums‘. Unser Vater pilgerte mit uns nicht auf den Petersplatz, wir durchstreiften Sommer für Sommer Kleinasien und Griechenland und landeten schließlich in Epidauros. Dieses herrliche antike Theater mit dem weiten Blick über die uralten Olivenhaine hinweg auf die Berglandschaft der Argolis im Sonnenuntergang; fünf Stunden lang unter freiem Himmel mit Zehntausenden Gleichgesinnten aus aller Welt ‚Die Troerinnen‘ auf Altgriechisch. Ich war acht Jahre alt. Und die Wiege des Guten lag für mich nicht in Bethlehem, sondern in diesem Moment ganz im Herzen Europas. Da geht es mir nicht anders als Matthias Matussek: ‚Dieser Kinderglaube hat ein Reservoir angelegt wie einen unterirdischen See. Der mochte im Laufe des Lebens teilweise verschüttet werden, doch er war stets da‘.“

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