Die AfD verleumdet „etablierte journalistische Medien" – sagt die Diakonie

Diakonie geht mit Broschüren gegen AfD-affine Mitarbeiter vor

von Alexander Wallasch (Kommentare: 11)

Wichtig ist der Diakonie, dass sich jeder politisch einbringt© Quelle: Diakonie

Die Diakonie Mitteldeutschland veröffentlicht Handlungsempfehlungen im Umgang mit der AfD bis dahin gehend, dass Mitarbeiter explizit aufgefordert werden, im Gespräch mit potenziellen AfD-Wählern auf Körpersprache und Gesichtsausdruck zu achten. Eine Analyse.

Politische Auseinandersetzungen und Debatten zwischen Parteien im Vorfeld von Wahlen gehören zum demokratischen Einmaleins. Aber wie weit darf eine Bundesregierung gehen, Unternehmen, Gewerkschaften oder staatlich subventionierte Großinstitutionen aufzufordern, aktiv gegen die AfD zu agieren und Mitarbeiter auszugrenzen, die diese Partei präferieren oder Mitglieder sind?

Am Anfang stand die Aufforderung der Politik an Unternehmen, sich von der AfD abzugrenzen. Eine Begründung lieferte beispielsweise Bundesinnenministerin Nancy Faeser Ende 2023 gegenüber dem „Handelsblatt“: „Das Klima der Spaltung und der Ressentiments, das die AfD schürt, schreckt hoch qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland ab.“

Im Ergebnis riet etwa der milliardenschwere Konzernchef Reinhold Würth seinen 25.000 Mitarbeitern in Deutschland schriftlich davon ab, die AfD zu wählen.

Es folgten Gewerkschaften, die eine AfD-Mitgliedschaft für unvereinbar erklärten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) etwa erneuerte einen Unvereinbarkeitsbeschluss zur AfD.

Anschließend meldete sich Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch zu Wort, er ist Herr über mehr als 600.000 Mitarbeiter. Sein Haus wird laut „Deutschlandfunk“ zu über 90 Prozent staatlich bezuschusst.

Schuch will überzeugte AfD-Wähler in den eigenen Reihen nicht dulden. „Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten“, sagte der Diakonie-Chef den Zeitungen der Funke Mediengruppe: „Diese Leute können sich im Grunde auch nicht mehr zur Kirche zählen, denn das menschenfeindliche Weltbild der AfD widerspricht dem christlichen Menschenbild.“ Wer daran nichts ändere, müsse mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen: „Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen“, so Schuch.

Die Diakonie Mitteldeutschland brachte folgend den Forderungen des Präsidenten ihres Bundesverbands Broschüren heraus. Eine dieser Broschüren heißt „Was wäre wenn …?“ und befasst sich mit „Sozialpolitik: Positionen der AfD und der Diakonie im Vergleich“, eine „Handreichung zur Argumentation, 2024“.

Und eine weitere Broschüre heißt „Umgang mit der AfD und anderen rechtsextremen und rechtspopulistischen Organisationen“ . Dazu heißt es, die Broschüre sei eine Empfehlung für Mitgliedsorganisationen und „eine Richtschnur für die politische Arbeit unserer Verbandsgeschäftsstelle.“ Die Broschüre soll „als Anregung für die politische Arbeit anderer Verbände und Initiativen genutzt“ werden.

Quellen dieser Broschüren sind unter anderen das ebenfalls staatlich subventionierte „Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung“, Correctiv, der thüringische Verfassungsschutzbericht und unterschiedliche Bundes- und Landeswahlprogramme der AfD.

Eine Broschüre nennt als Quelle eine inhaltlich ähnliche Broschüre der staatlich subventionierten Amadeu-Antonio-Stiftung mit dem Titel „Demokratie verteidigen. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit der AfD“.

Die Diakonie-Broschüren wurden im Rahmen des Programms „Bündnis Demokratie gewinnt!“ erstellt. Dieses Bündnis wurde ursprünglich 2017 von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) ins Leben gerufen. „Demokratie gewinnt!“ wird unter anderem vom Bundesinnenministerium unterstützt.

Im Vorwort zur Handreichung heißt es über die Motivation zur Broschüre:

„Als Diakonie tragen wir eine besondere Verantwortung, weil sich Verantwortliche in der Zeit des Nationalsozialismus von der nationalsozialistischen Rassenideologie haben leiten lassen“.

Ein solches Denken, das der Tat vorausgehe, dürfe nie wieder gesellschaftsfähig werden. Die Diakonie beruft sich dabei auch auf die Bibel: „Im Alten Testament wird wiederholt darauf verwiesen, Migranten, Witwen, Waisen und arme Menschen wahrzunehmen und zu unterstützen.“

Vorangestellt ist auch ein Zitat des Landeskirchenrates der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland:

„Wir sind mit der katholischen Kirche einig: Die Positionen extremer Parteien wie (…) der AfD können wir nicht akzeptieren. Sie sind mit christlichen Werten und mit der Verfassung unserer Kirche nicht vereinbar.“

Die Diakonie selbst schreibt über die AfD:

„Viele Ansichten sind nicht nur diskriminierend und abwertend gegenüber Menschengruppen, sie schaden den deutschen Wirtschaftsinteressen und der Stellung Deutschlands in der Welt.“

Die Diakonie macht gar keinen Hehl daraus, dass es ihr auch um eine Beeinflussung der kommenden Wahlen im Superwahljahr 2024 geht: Die Broschüren bezögen sich auch auf „die zu diesem Zeitpunkt absehbar wichtigsten Themen der bevorstehenden Wahlkämpfe.“

Aber was hält die Diakonie der AfD konkret vor? Die AfD strebe die Ausbildung einer „kollektiven Identität“ an nach dem Motto „Wir gegen die“, das sei der Klassiker „bei allen Rechtspopulisten weltweit“.

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Weiter heißt es, für die AfD werde Klimaschutz zum Kulturkampf und Migration zur „Umvolkung“. Die AfD provoziere kalkuliert. Gaulands „Vogelschiss“-Äußerung von 2018 wird hier zitiert.

Die AfD versuche, so die Diakonie, Begriffe und Parolen aus der Zeit des Nationalsozialismus zu reaktivieren. Zudem verleumde sie „etablierte journalistische Medien“, spräche von einem „linksideologischen Pressekartell“ und betreibe eine „Täter-Opfer-Umkehr“. Tatsachen verdrehe die AfD auf eine Weise, das „plötzlich die Medien oder andere Schuld tragen zum Beispiel bei „Correctiv“-Veröffentlichungen zum „Geheimtreffen“ 2024 in Potsdam.“

Die AfD betreibe eine „De- und Rekontextualisierung“. Außerdem arbeite die Partei mit einer „Selbstverharmlosung“, welche „Maß und Mitte signalisieren“ und das radikale Programm kaschieren soll.

Zusammengefasst: Die AfD betreibe demnach eine Selbstverharmlosung, weil sie sich nicht proaktiv zu einer von der Diakonie und anderen attestierten Radikalität bekennt. Diese These einer „Strategie der Selbstverharmlosung“ wiederum wurde bereits von Andreas Zick von der Uni Bielefeld in seinen „Mitte-Studien“ genutzt, die wiederum von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung finanziert wurde.

Neben diesen acht Punkten wurde in der Broschüre grafisch eine Sprechblase gestellt, in der zu Sachlichkeit aufgefordert wird: „Nicht provozieren lassen. Ruhig bleiben und nicht in moralisierende Entrüstung geraten.“ Eine Entrüstung, welche die Diakonie demnach schon grundsätzlich voraussetzt, wenn es darum geht, mit vermuteten, mit potenziellen AfD-Wählern oder mit AfD-Mitgliedern zu diskutieren.

Die Diakonie Mitteldeutschland schreibt weiter, die AfD stelle Menschengruppen unter Generalverdacht. Mit Migranten werden ausdrücklich und vorrangig eine „überproportionale Zuwandererkriminalität“ verbunden. Statista schreibt dazu:

„Im Jahr 2023 betrug der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen bei polizeilich erfassten Straftaten in Deutschland 41,1 Prozent. Damit stieg er das dritte Jahr in Folge und auf einen neuen Höchststand - nur 2016 hatte er ebenfalls schon über 40 Prozent gelegen.“

Hier liegt der Schwerpunkt offenbar auf „vorrangig“ in dem Sinne, dass die AfD diesem Tatbestand zu viel Aufmerksamkeit widmet.

Wieder die Sprechblasen empfehlen dem Leser:

„Offene Fragen: Fragen Sie mit ehrlichem Interesse, wie ihr Gegenüber zu seiner Meinung kommt. Zum Beispiel sagt jemand: „Man ist auf der Straße nicht mehr sicher, weil so viele Flüchtlinge hier sind“. Sie könnten nachfragen: „Wie kommen Sie auf Flüchtlinge?““

Die Antwort-Sprechblase lautet dazu:

„Kritik sachlich benennen. So können Sie zum Beispiel sagen, welchen Teil der Argumentation oder Sorge Sie nachvollziehen können: „Ich hatte auch schon mal Angst auf dem Nachhauseweg. Das ist unangenehm“. Aber schließlich: Ich bringe meine Angst aber nicht mit Flüchtlingen in Zusammenhang.“

Wichtig ist der Diakonie, dass sich jeder politisch einbringt. Die Broschüre richtet sich explizit an Mitarbeiter. Wieder eine Sprechblase:

„Man kann nicht nicht kommunizieren! Auch wenn Sie einen Spruch unkommentiert lassen, haben Sie eine Botschaft gesendet … (...)... entweder, dass Sie keine Meinung dazu haben oder, dass Sie der gleichen Meinung sind!“

Dem Diakonie-Mitarbeiter wird mit einer weiteren Sprechblase suggeriert, er sei mit einer Anti-AfD-Einstellung grundsätzlich auf der richtigen Seite, ihm gegenüber säßen „Stammtischparolen“:

„1. Sie können davon ausgehen, dass Ihr Gegenüber auch nicht alle Details kennt und wahrscheinlich einfach nur überzeugender im Auftreten ist.

Sie werden nie allein mit Zahlen und Fakten überzeugen können, erst recht nicht Menschen, die Stammtischparolen verbreiten. Stammtischparolen sind nur Mittel zum Zweck – das heißt, sie sind austauschbar.“

„Suchen Sie sich im Gespräch Verbündete“

Der AfD-Gesprächspartner soll aufgefordert werden beim Thema zu bleiben, wenn „die nächste Stammtischweisheit“ vorgetragen wird. Die Mitarbeiter werden ebenfalls aufgefordert, gegenüber potenziellen AfD-Kollegen auf Ihre Körpersprache und Ihren Gesichtsausdruck zu achten, die Hälfte unserer Kommunikation sei nonverbal.

Außerdem sollen auch andere Mitarbeiter gegen den potentiellen oder schon erwiesenen AfD-Sympathisanten aufgebracht werden, wenn es in einer weiteren Sprechblase heißt: „Suchen Sie sich im Gespräch Verbündete. Sprechen Sie diejenigen in der Runde an, die noch nichts gesagt haben.“

Auf Nachfrage erklärt ein Vertreter der Diakonie Mitteldeutschland, dass sie gar nicht neutral sein müssten. Eine Frage bleibt allerdings unbeantwortet, nämlich die, inwieweit ausgeschlossen werden kann, dass diese an die Mitarbeiter gerichtete Broschüren einen Straftatbestand erfüllen, denn es in § 108 StGB (Wählertäuschung) heißt es unmissverständlich:

(1) Wer rechtswidrig … durch Drohung mit einem empfindlichen Übel, durch Mißbrauch eines beruflichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder durch sonstigen wirtschaftlichen Druck einen anderen nötigt oder hindert, … sein Wahlrecht in einem bestimmten Sinne auszuüben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Nachtrag:

Nach Lektüre des Artikel versprach Marcel Luthe, der Gründer der Good Governance Gewerkschaft:

"Jeden einzelnen von diesem Nudging und der rechtswidrigen Erfassung von Daten zur politischen Orientierung betroffenen Kollegen werden wir durch alle Instanzen vertreten. Die Kirchen und sozialistischen Gewerkschaften knüpfen hier nahtlos an ihre unrühmliche Geschichte der Kollaboration mit antidemokratischen Systemen an."

 

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