Eine Polemik

Eine Aufmunterung fast nur für Männer

von Alexander Wallasch (Kommentare: 10)

Kaufangebot bei Amazon© Quelle: Amazon/ Screenshots, Montage: Wallasch

Heute wurde mir wieder eine Werbung auf die Seite gespült, über die wir reden müssen – unter Männern. Kaufen sollte ich ein T-Shirt, auf dem stand: „Ich bin ein einfacher Mann – ich mag Whiskey und Grillen“.

Das ist schon mehr, als man sonst geboten bekommt, wo es um Bier und Bratwurst geht.

Aber Männer, wirklich: Erkennt ihr euch da wieder? Natürlich ist Grillen auf sympathische Art und Weise archaisch und Fleisch mag ganz gut harmonieren mit unserem Testosteronspiegel, wenn es den Vorgang des Reißens des Wildes in einer zivilisierten Welt nachahmt.

Aber schon beim Alkohol fängt es doch an. Männer saufen doch nicht, weil es ihnen schmeckt, sondern weil sie vergessen wollen und einen Moment der Ablenkung suchen, weg von einer ganzen Reihe an Demütigungen, welche die Challenge „Mann-sein“ immer wieder aufs Neue bereithält.

Als Mann über fünfzig habe ich so ein paar ganz individuelle Erfahrungen gesammelt, mit denen ich den einen oder anderen Kameraden unterhalten kann. Zusammengefasst in 5 Regeln – natürlich völlig unmöglich, stereotyp und klischeehaft.

Regel Nummer 1
Lass dir als Mann niemals einreden, Frauen seien die empathischeren Wesen. Das ist wahrscheinlich das größte Missverständnis zwischen den Geschlechtern überhaupt. Das Gegenteil ist wahr: Empathie ist eine grundmännliche Eigenschaft. Man könnte sogar sagen, Frauen verstehen es nur besonders gut, männliche Empathie nachzuahmen. Zur Empathie gehört nämlich ein bestimmtes Maß an Kontinuität. Wenn aber das Leben Monat für Monat von einem unkontrollierten Hormonsturm durcheinandergewirbelt wird, dann wird es schwierig, hier Balance zu halten und eine Feinjustierung vorzunehmen.

Regel Nummer 2
Als Mann musst du lernen, dass „stark sein“ nicht bedeutet, alles allein zu machen – sondern zu wissen, wann du den Grillanzünder aus der Hand legst.
Stärke wird oft mit dem Bild des einsamen Wolfes gleichgesetzt, der mit einem Bier in der Hand und einem Stück Fleisch in der Pfanne die Welt im Griff hat. Was für ein blödes Klischee!

Echte Stärke zeigt sich, wenn du zugibst, dass du die Bedienungsanleitung für den neuen Gasgrill brauchst – oder dass du jemanden fragst, wie man die verdammten Kohlen gleichmäßig glühen lässt. Mann-sein heißt, Schwäche nicht zu fürchten, sondern sie als Teil des Spiels zu akzeptieren. Denn, seien wir ehrlich: Niemand wurde als Meister des Anzündens geboren, und die Brandblasen an den Fingern beweisen nur, dass du es versucht hast.

Aber geht’s wirklich ums Grillen? Wer die Menschheitsgeschichte anhand genialer Erfindungen und Tüfteleien von Männern nacherzählen will, der weiß, dass die Konstruktion der Grillhalbkugel hier eher zu vernachlässigen ist.

Tiefgreifender Kern: Stärke ist keine Fassade, sondern die Fähigkeit, sich selbst und anderen einzugestehen, dass Perfektion ein Mythos ist. Männer kämpfen oft mit dem Druck, unfehlbar zu wirken, aber wahre Souveränität entsteht, wenn du deine Grenzen kennst und sie mit Humor nimmst. Das übrigens kann man sich besonders gut bei Frauen abschauen – sie sind wahre Meisterinnen darin, Schwächen einfach wegzulächeln, wo Männer schon bereit sind, schon die weiße Fahne zu hissen und unterzugehen.

Regel Nummer 3
Es ist ein Klischee, dass Männer ihre Emotionen hinter einer Wand aus Schweigen und Whiskey verstecken. Aber wenn die Stoßstange des geliebten Oldtimers zerkratzt ist, der Stürmer in der 93. Minute den Elfmeter verschießt oder die Erinnerung an ein Ereignis von Größe und Stärke zurückschweift, dann bricht schon mal der Damm.

Das ist kein Widerspruch, sondern ein Beweis: Männer fühlen tief, nur zeigen sie es in Momenten, die Frauen oft nicht nachvollziehen können. Mitunter schleicht sich sogar der Verdacht ein, dass Frauen uns darum beneiden, im richtigen Moment immer noch einen Kübel Pathos im Gepäck zu haben, den wir uns jederzeit eimerweise über den Kopf schütten können.

Tiefgreifender Kern: Männer lernen, ihre Emotionen zu kanalisieren, oft in scheinbar banale Dinge, weil die Gesellschaft ihnen wenig Raum für offene Verletzlichkeit lässt. Aber diese kleinen Ausbrüche sind ein Ventil – und ein Zeichen, dass unter der harten Schale ein Herz schlägt, das genauso verletzlich ist wie jedes andere. Wahrscheinlich noch viel mehr: Wir lieben unsere Mütter und haben sie nie als Konkurrentinnen betrachten müssen.

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Regel Nummer 4
Männer wissen, dass „Diskutieren“ kein Synonym für „Gewinnen“ ist – vor allem nicht mit der Frau an ihrer Seite. Es geht auch nicht um sinnfreies Schwätzen oder Plauschen. Männer lieben einfach den verbalen Schlagabtausch, das Gefühl, mit einem gut platzierten Argument die Oberhand zu gewinnen. Aber wenn du mit deiner Partnerin diskutierst, ist der Sieg eine Illusion.

Die inflationäre Behauptung, Männer könnten nicht zuhören, ist übrigens Quatsch. Ich kenne eine Menge Männer, die nur noch zuhören. Die von ihrer Partnerin am häufigsten den Satz hören: Nun sag doch auch mal was! Aber diese Männer sollte man einmal im Gespräch mit anderen Männern hören, wenn es darum geht, ein gemeinsames Problem zu lösen. Es gibt kaum sensiblere, einfühlsamere und gruppenkompatiblere Männer, als jene, die hier unter ihresgleichen endlich einmal aus der Starre zurück ins Leben auftauchen. Verletzlich, aber sicher unter Männern.

Tiefgreifender Kern: Beziehungen sind kein Boxring, sondern ein Tanz. Empathie und Geduld sind männliche Tugenden, die oft unterschätzt werden. Ein Mann, der zuhört, statt zu kämpfen, hat die wahre Stärke verstanden – und vielleicht eine Chance, den Abend ohne einen Tanz auf dem Vulkan zu überstehen. Männer sind wahre Giganten – auch als Hormondompteure.

Regel Nummer 5
Ein Mann braucht keinen Midlife-Crisis-Sportwagen – aber er braucht etwas, das ihn daran erinnert, dass er lebt! Die Werbung will uns weismachen, dass ein Mann über fünfzig nur mit einem roten Cabrio oder einer teuren Uhr glücklich wird. Aber das ist Unsinn.

Was ein Mann wirklich braucht, ist ein Moment, in dem er spürt, dass sein Herz noch schlägt. Und da ist der Mann dem Mann am nächsten. Sei es beim Wandern in den Bergen oder beim heimlichen Hören von 80er-Metal im Auto. Es geht nicht um Status, sondern um das Gefühl, lebendig zu sein, trotz grauer Haare und knackender Knie.

Tiefgreifender Kern: Die Suche nach Sinn ist universell, aber Männer neigen dazu, sie in Ritualen oder Leidenschaften zu finden, die ihnen ein Stück Kontrolle über die Vergänglichkeit geben. Es ist nicht die Krise, die uns antreibt, sondern der Wunsch, uns selbst zu spüren – und das ist verdammt männlich.

Aber eine Regel ist dann doch die wichtigste:
Wenn Männer mit Blick auf Frauen Bilanz ziehen, dann stellen viele von ihnen fest, dass der meiste Stress in ihrem Leben von Frauen ausging und noch ausgeht. Aber sie möchten im Leben nicht auf Frauen verzichten. Und das hat mit viel mehr zu tun als mit Hormonen. Frauen sind anders. Oft unergründlich. Aber Männer sind immer neugierig. Was also könnte besser zusammenpassen?

Eine Szene zum Schluss:
Ich bin einmal im Sommer mit der Weißen Flotte von Dresden nach Bad Schandau im Raddampfer gefahren. Unter der Festung Königstein macht die Elbe eine Rechtskurve aus dem Schatten des hohen Felsmassivs heraus in den strahlenden Sonnenschein. Auf der Geraden sah ich rechts ein paar Rauchschwaden kerzengerade in den windstillen Himmel aufsteigen.

Beim näheren Hinsehen sah ich dort Männer gemütlich mit Bier auf weißen Monoblockstühlen vor ihren Kugelgrills sitzen. Am liebsten wäre ich direkt über Bord gesprungen und hingeschwommen. Aber ich bin leider kein guter Schwimmer, und die Strömung war auch viel zu stark, ich wäre erst Kilometer weiter unten angekommen und hätte die ganze Strecke zurücklaufen müssen.

Das jedenfalls hatte ich mir auf die Schnelle ausgerechnet. Ihr wisst schon, Männer: Wenn ein Stock zehn Meter in 5 Sekunden zurücklegt, ist die Strömungsgeschwindigkeit v = 10/5 = 2 m/s. Die Flussgeometrie muss dabei natürlich berücksichtigt werden.

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