Ein exzellenter Kollege hatte mich darauf aufmerksam gemacht. Und ich habe den Wink sofort verstanden. Konkret ging es um ein Geständnis des Welt-Herausgebers und Bestseller-Autors (mit „Shitbürgertum“ Nr. 1) Ulf Poschardt, der in einem aktuellen Interview jene Selbstkritik an den Tag gelegt haben soll, die ich von ihm immer öfter laut eingefordert habe.
Zu meinem Erstaunen hatte ich mir dafür – ebenso wie für Kritik an Julian Reichelts Rolle bei „BILD“ – immer wieder böse Kommentare eingehandelt, die in die Richtung gingen, sich mehr auf das zu konzentrieren, was Poschardt heute macht und doch bitte die ollen Kamellen von früher liegen zu lassen.
Allerdings war es Poschardt selbst, der die alten Geschichten aufwärmte – nicht die eigenen, sondern jene der Ex-„Bild“-Chefs von Reichelt und Diekmann, die er in seinem Bestseller für deren „Welcome-Refugees-Kampagne“ auf den Topf gesetzt hatte.
Grundsätzlich haben meine Kritiker recht: Denn was Poschardt sagt, kann – und muss! – man großteils unterschreiben. Und jetzt also der Wink des Kollegen, dass Poschardt bei der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) im Podcast mit Beatrice Achterberg die Hosen runtergelassen haben soll.
Tatsächlich bezichtigt sich Poschardt hier konkret selbst, Teil des „Bückbürgertums“ gewesen zu sein, einer Gruppe, die das „Shitbürgertum“ durch Duldung erst möglich gemacht habe. Früher sagte man vielleicht Biedermänner, Hofschranzen, was auch immer – aber neue Wörter machen sich immer besser, wenn man noch ein Copyright drunter wurschteln kann.
Aber was hat Poschardt nun Bewegendes gesagt, das als Eingeständnis des eigenen Zutuns gewertet werden darf? Hier im Originalton des TikTok-Ausschnitts – die neue deutsche Rotzigkeit, diese Punk-Attitüde des Ulf Poschardt ist hier in der Verschriftlichung leider nicht transportierbar:
„Wir waren feige gebückte Opportunisten. Und das Shitbürgertum konnte nur so groß werden, weil es das Bückbürgertum gab: Die Wirtschaftsvertreter, die sich bücken vor den Grünen. Die Theaterbesucher (…), Schaubühne, Volksbühne. Da geht der Zahnarzt dann rein und beklatscht gebückt diejenigen, die ihm sagen: Wir nehmen dir das Geld weg.
Und diese Gebücktheit des Bürgertums an Elternabenden, in Sportvereinen, überall da! Aber auch im öffentlichen Raum, ist man sich einfach sehenden Auges vor all diesen kompletten kulturellen Verwerfungen und auch dem Elend dessen, was da in der Wirtschaft passiert, in der Bildung passiert … man hat sich immer weggebückt!“
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Dafür ein „Bravo!“ für Ulf Poschardt. Jetzt muss man diese Haltung des „feigen gebückten Opportunisten“ nur noch mit Inhalten füllen – nacherzählen, wie Kollegen, die sich nicht weggebückt haben, über ein Jahrzehnt hinweg verächtlich gemacht wurden. Als Nazis beschimpft, diskreditiert und aus dem etablierten Journalismus auch unter großen finanziellen Einbußen weggetreten und ausgegrenzt wurden.
Denn auch das gehört zur Wahrheit dazu: Poschardt und seine „Bückbürger“ waren nicht ausschließlich so devot, wie es hier von Poschardt dargestellt wird. Diese Leute einschließlich Poschardt saßen an den Hebeln der Macht. Springer musste husten, dann veränderte sich die Politik und manchmal hustete die Politik und Springer reagierte.
Der ehemalige „Bild“-Chef Diekmann hat dazu seinem ehemaligen Untergebenen Romzheimer ein beeindruckend offenes Interview gegeben, man wähnte sich wohl in einer Art Safe-Room und unter sich.
Julian Reichelt hat an einer Stelle in einer älteren Vlog-Folge mit Giovanna Winterfeldt für „Nius“ in etwa erklärt, Friede Springer habe per E-Mail in die Redaktionen die Leitlinie der Corona-Berichterstattung vorgegeben. Warum sollte das bei der Propaganda-Kampagne für die illegale Massenmigration anders gewesen sein?
Nun hat der rückblickend selbsterklärte Bückbürger Ulf Poschardt vor nicht allzu langer Zeit den Verdienstorden der Ukraine dritter Klasse für erfolgreiche Propaganda erhalten und sich dafür bei Springer umfassend öffentlich abfeiern lassen.
Lieber Ulf Poschardt, wie kam es zu dieser Selbstaufgabe des journalistischen Ethos? Auch dazu möchte ich ein Interview mit Ihnen führen. Bitte schicken Sie meinem virtuellen Vorzimmer (info@alexander-wallasch.de) einen Termin.
Poschardt macht sich im Gespräch mit der NZZ an anderer Stelle auch über Fahrraddemos in Berlin lustig. Diese Versammlungen wären weißer als Auftritte des KuKluxKlan. Ein lauter wie unterhaltsamer Vergleich und wahr dazu. Aber auch hier muss sich Poschardt fragen lassen, ob er, wenn er allein in seinem Ferrari sitzt, wirklich weniger Fahrraddemo ist. Es liegt an ihm.
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Kommentar von Veritas Nocet
Ich habe im Forum von WeLT-online unter den Artikeln von Poschardt ihn mehrfach mit impfen-impfen-impfen-Poschardt angesprochen. Er hat die Beiträge immerhin nicht gecancelt. Und weiterhin als nur zu 80 % glaubwürdig. Zu 100 % fehlt die Eigenerkenntnis des Fehlverhaltens während der Flüchtlingskrise und zu Corona. Auch in Kommentarbereichen der WeLT von anderen Redakteuren. Auch dort keine gecancelten Beiträge. Das ist auch eine Botschaft besonderer Art. Positiv ausgerichtet immerhin.
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Kommentar von Marco B.
@Alexander Wallasch: Könnte ich jetzt frotzelnd antworten: Bei den Strompreisen, in dieser Zeit. Lol - Nun gut, es zeigt wie korrupiert das System mittlerweile ist. Erlebe dies seit einiger Zeit auch bei der Justiz.
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Kommentar von Joly Joker
Nun ich als alter, weißer und weiser Mann, der sein Leben lang schwer geschuftet hat, kenne diese Namen alle nicht. Ich hatte diese Zeit und Muse nicht, die Namen all dieser Journalisten und Dummschwätzer mir zu merken oder sie gar zu bemerken. ich finde es wunderbar, dass Herr Wallasch diese Schwätzer und Spalter und Verhetzer ans Licht der Öffentlichkeit bringt. Vielleicht sollten diese alternativen Aufrechten wozu ich auch Reitschuster, TE und viele mehr zähle mal eine Aktion starten. Etwa eine öffentliche Sammlung von Namen und Adressen von allen, die sich nicht unterdrücken ließen, um solche Opportunisten von Merkel bis runter zu den Lügenbaronen der Medien zum Interview aufzufordern mit anschließender Entschuldigung.
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Kommentar von Frank Zar
"Wenn die Geschichte selektiv für politische oder ideologische Ziele geordnet und bestimmte Aspekte ignoriert und andere hervorgehoben werden, kann sie gefährlich werden." (Holocaust-Historiker David Silberklang)
Klar, eine zweite Chance hat jeder verdient, sagt man...
Ich sehe das anders, denn genau diese Leute, waren Teil einer Ideologie, die meine eigene Geschichte gegen mich verwendet haben.
Das ist unentschuldbar.
Was immer solche Leute äußern, es ist mir egal, die Glaubwürdigkeit liegt bei Null!
Der Nächste, Bitte!
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Kommentar von Rolf Oetinger
Die Deindustrialisierung läuft im mittlerweile fortgeschrittenen Tempo - wir reden von struktureller Rezession aufgrund Ideologie. Die Opposition - inclusive dem gegen die aktuelle Politik aufbegehrenden Bürger - soo verboten werden, will man von Wahlen ausschließen - siehe Ludwigshafen.
Diejenigen, die den Linkskurs bis hin zum Selbstbestimmungsgesetz gefördert haben werden nun Chronisten eines Abgangs. Man schaut zu, wie die "Hochkultur" verschwindet, sich quasi selbst ausradiert, ohne Spuren zu hinterlassen. Sich entschuldigt, dass sie da waren mit ihrem Öko-Fußabdruck, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Datenschutzgrundverordnung und all ihren Empfindlichkeiten von Mikroaggressionen bis hin zur kulturellen Aneignung.
Sie, die selbsternannten Guten, werden nicht als Vorteil auf dem Erdball wahrgenommen sondern als komplett irre. Jeder wendet sich ab und lacht wahlweise oder erschauert.
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Kommentar von Niemand
Poschardt ist nur einer der ersten, die das sinkende Schiff verlassen.
Zu was macht ihn das?
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Kommentar von Marco B.
Diese späte Einsicht bringt nur leider nicht sehr viel. Er hat Kolleg:innen wie Sie, Herr Wallasch nahezu des Lügens bezichtigt, die ganze Presse- und Medienarbeit persifliert, und einem System das Wort geredet, anstelle dieses kritisch zu hinterfragen. Erinnert mich an jemanden der auf dem Sterbebett erkennt wie er Leute um die Existenz, ja sogar um deren Leben gebracht hatte. Zu späte Einsicht.
Antwort von Alexander Wallasch
Mehr Licht!