Auch das Internet durchleuchtet: Facebook, X und Instagram

Entnazifizierung bei Wagenknecht: Ihre „Wachstumswächter“ überwachen jede Neuanmeldung

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Dann ist ja alles gut: „Niemand, mit dem ich gesprochen habe, verherrlicht Putin“© Quelle: Pixabay/ KRiemer

Ist das in Zukunft ein Quell für Befindlichkeiten? Sahra Wagenknecht nimmt nicht jeden in ihr Bündnis auf. Wer dabei sein will, der wird von jetzt eigens dazu ernannten „Wachstumswächtern“ zum gläsernen Menschen. Erst nach einer genauen Internet-Recherche und vier (!) persönlichen Anhörungsgesprächen wird überhaupt erst der Vorschlag an den Vorstand weitergeleitet.

Sie nennen sich noch nicht Tugendwächter, aber sind nah dran: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) beschäftigt nun ganz offiziell „Wachstumswächter“, wie T-Online berichtet.

Das sind Wächter, die sich an der Basis intensiv um jene kümmern, die eine Mitgliedschaft beantragen. Von bis zu vier Gesprächsterminen ist die Rede, bei denen man auf Herz und Nieren durchgecheckt wird. T-Online hat zwei dieser „Wachstumswächter“ vorgestellt, von denen die neue Partei in jedem Bundesland Vertreter verteilt haben soll bzw. wo sie Mitgliedern diese Aufgaben exklusiv zugewiesen hat.

Der 49-jährige Savas Sari ist ein Kieler Junge mit türkischen Wurzeln. Und er ist einer der besagten Wachstumswächter. Ein fleißiger Gärtner im Garten von Sahra Wagenknecht gewissermaßen. Sari gehört zu den Gründungsmitgliedern des BSW. Wer in seinem Schleswig-Holstein beim Team Sahra mitmachen will, kommt am „Bauchgefühl“ von Sari nicht vorbei. Mittlerweile habe er mehr als 50 Bewerbungen auf seinem Tisch liegen.

Zusätzlich zum Bauchgefühl stütze er sich auf Recherchen im Internet. T-Online notiert aus den Gesprächen mit Herrn Sari:

„Wenn aber nichts Bedenkliches auf den gängigen Plattformen wie Facebook, X oder Instagram zu finden sei, sollen sie schnellstmöglich aufgenommen werden.“

Über Savas Sari heißt es, er sei seit 23 Jahren in der Jugendhilfe aktiv und arbeite dort als pädagogischer Leiter, er kämpfe privat gegen die AfD.

In Sachsen-Anhalt ist der 19-ährige John Lucas Dittrich zum „Wachstumswächter“ ernannt worden. Dittrich ist Mitglied in Bundesvorstand des BSW geworden, er studiert Lehramt in Magdeburg und ist somit potentiell ein Vertreter der Jugend für die neue Partei. Er war früher sogar schon Bundesausschussmitglied der Partei „Die Linke“ für Sachsen-Anhalt, bevor er ausgetreten ist.

Das könnte ein interessanter generationenübergreifender Gesprächskreis werden, wenn Bewerber für die Mitgliedschaft jeden Alters erst einmal die Gnade des jungen Dittrich finden müssen. Und der hat klare Vorstellungen, wer vor ihm besteht und wer nicht. Er hat den Weg in die Partei gefunden, möchte aber gar nicht, dass zu schnell zu viele Neue zum BSW kommen. Sein Radar funktioniert, meint Dittrich:

„Wir bekommen das bei unseren Gesprächen mit den Interessenten auch gut mit, wenn jemand extremistische politische Positionen hat.“

Worauf er achte, erklärt Dittrich dem fragenden Portal so:

„Niemand, mit dem ich gesprochen habe, verherrlicht Putin und sagt, dass der ein toller Typ sei. So was wäre auch ein Ausschlusskriterium.“

Ein Politwissenschaftler staunt nicht schlecht gegenüber T-Online, als er von der Vorgehensweise des BSW erfährt. Er sehe die Gefahr, dass das Bündnis mit diesen selbstauferlegten Beschränkungen eine „Kleinstpartei“ bleiben könne. Der Vorwurf einer gewissen Blauäugigkeit des BSW schwingt hier mit:

„Aber gerade nach erfolgreichen Wahlen gibt es neue Bewerberwellen. Die alle mit mehreren Gesprächen kennenzulernen, ist sehr aufwendig."

Das Motto der Wächter lautet übrigens: Genauigkeit geht vor Extremisten. Wie diese Mischung aus Internet-Recherche und individuellem Bauchgefühl das leisten will, wird erst die Zukunft zeigen.

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