Liebe Unterstützer und Freunde, liebe Leser und Leserinnen, ich danke euch für 365 Tage eurer Aufmerksamkeit. Die aktuellen Lesezahlen haben das Superjahr 2024 noch übertroffen.
Mehr Ansporn geht nicht, denn hinter jedem anonym gezählten Leser steht ein Mensch, der meinen Texten seine Zeit schenkt. Man muss hier nicht näher erläutern, dass Zeit ein wunderbares Geschenk ist.
Schade ist, dass es mir nicht immer gelingt, mich bei jedem Unterstützer zu bedanken. Mir fehlt oft einfach eine Kontaktadresse bzw. E-Mail. Deshalb auf diesem Wege ein umfassendes und allergrößtes Dankeschön. Gerade in der Bedrohung erfahre ich ein so hohes Maß an Wertschätzung, dass mir mulmig wird, die Erwartungen zu befriedigen, die selbstverständlich daraus erwachsen.
Weihnachtsgrüße sind traditionell auch sehr persönliche Grüße. Erlauben Sie mir deshalb bitte, aus dem Nähkästchen und Maschinenraum zu erzählen.
In den letzten Wochen waren wir sehr um unsere 97-jährige Tante besorgt, die sich den Oberschenkelhals gebrochen hatte. Umso erfreulicher, dass wir eine Kurzzeitpflege/Reha ganz in der Nähe ihrer Wohnung und also in naher Umgebung gefunden haben. Erschreckend waren die Auswirkungen der Narkosen und Medikamente, die eine Weile brauchten, um wieder ganz aus dem Körper zu verschwinden und die alte geschätzte Klarheit der Tante zurückzubringen.
Denn das war die Tante vor dem Sturz: klar und voller Erinnerungen, die sie eins ums andere Mal zuerst bei Tichys Einblick und später bei Alexander-Wallasch.de freimütig erzählte und die dunklen Ecken dabei nicht ausließ.
Nun also Weihnachten und in wenigen Tagen der Jahreswechsel. Und dann doch wieder dieses eine toxische Telefonat, das harmlos begann und dann in Schreierei endete. Verbunden mit der finalen Erkenntnis, dass es Menschen gibt, die einem nicht guttun, mit denen man aber weiter familiär verbunden bleibt. Blut ist dicker als Wasser – hier als Fluch, man will es ja gegen den Verstand immer wieder nochmal versuchen.
Herausforderung im Hause Wallasch: Der Gasherd ist neu, der alte war zusammengebrochen. Aber der neue ist eine große Unbekannte mit Enttäuschungspotenzial. Wir müssen uns erst aneinander gewöhnen, also lag die Gans schon seit 11 Uhr im Rohr, man weiß ja nie. Am Ende war alles gut und aufgegessen.
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Am Folgetag eine logistische Meisterleistung, die Mutter entlastend bringen wir das Essen mit, aber das heißt Rouladen für 15 Mann, eine noch rübergebracht zur Tante in die Kurzzeitpflege, eine Lore Kartoffeln, Rotkohl und die wiederkehrende Frage, welche Marmelade ideal ist für den Rotkohl. Meine Großmutter bevorzugte Waldfrucht, ich nehme Blaubeere pur, dafür aber gleich ein ganzes Glas.
Die Geschenkorgie wirkt nach wie ein leichter Kater. Überall Berge von Einpackpapier, Kartons und Karten. Bei fünf Kindern, Enkelkindern, Alten, Geschwistern hat jeder für jeden ein Geschenk parat. Ich erinnere mich gut an unseren Ältesten, der als Kind einmal Weihnachten verschwunden war und dann fast apathisch unter seinem Bett gefunden wurde – das Schenken und Schenken und Schenken war ihm viel zu viel geworden.
Die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester ist traditionell die große Umtauschphase im Einzelhandel. Mittlerweile wird das Meiste einfach zu Amazon zurückgeschickt und landet dort in einem routinierten Verwertungskreislauf. Das nächste Amazon-Lager liegt direkt an der Autobahn, wir fahren da regelmäßig vorbei. Nachts sind dort weite Flächen so hell beleuchtet, dass man spekulieren könnte, dass Amazon für Außerirdische noch aus dem All zu erkennen ist.
Wenn ich es richtig erinnere, dann verlangt Amazon fünfzig Prozent Rabatt auf Buchverkäufe. Was machen die eigentlich mit ihren gigantischen Gewinnen? Neulich las ich eine Zahl, die sprachlos macht: Im Jahr 2024 lag der Nettogewinn von Amazon bei rund 59 Milliarden US-Dollar. Und für die ersten drei Quartale 2025 soll sich der Nettogewinn bereits auf über 76 Milliarden US-Dollar summiert haben. Astronomische Summen, die allein ausreichen würden, den Ukrainekrieg zu finanzieren. Geld ist Macht. Aber welche Macht sammelt Amazon hier an?
Zwischen den Tagen wirkt alles seltsam eingefroren. Die Ernüchterung nach Weihnachten hält bis Silvester, um dann noch einmal in einer Nacht zu explodieren. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, dass Silvester jemals hielt, was man sich versprach oder erhoffte. Ältere lassen es einfach über sich ergehen, schauen aus dem Fenster auf das Feuerwerk und erinnern sich an Jahre, als alles noch so unbekannt vor einem lag.
Eine gute Freundin lebt das halbe Jahr über in Asien. Sie schickt Fotos. Die Weihnachtsfeier am Strand unter Palmen, Sundowner inklusive und im Hintergrund ein Mittfünfziger mit Bauchansatz und Weihnachtsmannmütze. Das Buffet ist klassisch asiatisch. Die Gans oder Rouladen und den Rotkohl mit zu viel Blaubeermarmelade vermisst dort offenbar niemand.
Und wenn man noch etwas weiterdenkt, dann wird einem klar, dass in einhundert Jahren alle 8,3 Milliarden Menschen tot sein werden. Aber es werden neue da sein. Und Amazon liefert längst mit Drohnen aus. Wenn es Amazon dann überhaupt noch gibt.
Und wenn man so in der Nachweihnachtszeit ins Grübeln kommt, ist es vielleicht das Beste, einfach mal ein Stündchen spazieren zu gehen. Draußen sind Minusgrade. Dann freut man sich wenigstens, wenn man wieder zu Hause ankommt.
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Kommentar von Maria Eing
Aha..
"Gerade in der Bedrohung erfahre ich ein so hohes Maß an Wertschätzung, dass mir mulmig wird, die Erwartungen zu befriedigen, die selbstverständlich daraus erwachsen."
Lieber Herr Walasch,
dass ich ja ein interessante Erkenntnis, die mich stauen lässt.
Nun, ich unterstütze Sie in ihren zahlreichen stürmischen Bedrohungen, da so was allein nicht durch zu stehen ist !!!!
Wertschätzung und Geld sind da meine Möglichkeiten und darüber freue ich mich, ich bin gerne großzügig, wenn es Schätze gibt, die zu verteilen eine Freude ist.
Erwartungen erwachsen daraus an Sie keine. Ihre Arbeit ist einfach klasse und wertvoll, so passend in dieser Zeit.
Vielen Dank
Maria Eing