Das Bundesinnenministerium meldete dieser Tage auf seiner Webseite, dass der Startschuss für ein „Drohnenabwehrzentrum“ gefallen sei. In dem Zusammenhang wird von Minister Dobrindt (CSU) auch darauf hingewiesen, dass Deutschland in der Sache mit der Ukraine und Israel zusammenarbeiten werde: „Auch ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Israel ist geplant.“
Mit Blick auf die energische öffentliche Debatte um die Einschränkung von Waffenlieferungen an Israel auf Anweisung des Bundeskanzlers Anfang August dieses Jahres steht eine Zusammenarbeit mit Israel in Sachen Drohnenabwehr unter besonderer Beobachtung.
Anfang August hatte Friedrich Merz verkündet, vorerst keine Ausfuhren von Rüstungsgütern mehr zu genehmigen, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnten. Das israelische Sicherheitskabinett hatte im Vorfeld der Entscheidung aus Berlin beschlossen, dass die Armee die Stadt Gaza einnehmen solle.
Ahnte der Kanzler damals noch nicht, dass er wenige Wochen später großes Interesse am Drohnen-Know-how der Israelis entwickeln würde? Schaut man sich genauer an, welche elementare Bedeutung (dazu gleich mehr) Drohnentechnik bei der Einnahme und Zerstörung weiter Teile des Gazastreifens und bei der Eliminierung von Hamas-Kämpfern einnimmt, erkennt man die ganze Brisanz.
Der Drohnenkrieg hatte sein großes Coming-Out im Ukraine-Krieg. Dem Einsatz im Gaza-Krieg hingegen wurde bisher viel weniger Beachtung geschenkt. Mit Blick auf das deutsche Begehren stellt sich hier eine weitreichende Frage: Geht es um die reine Abwehr von Drohnen oder soll gleichzeitig auch der Einsatz von Kampf- und Abwehrdrohnen trainiert werden?
Die Frage ist einfach zu beantworten: Drohnen (Unmanned Aerial Vehicles, UAVs) haben die moderne Kriegsführung revolutioniert, und ein zentraler Aspekt dabei ist der Einsatz von Drohnen zur Abwehr oder Bekämpfung gegnerischer Drohnen. Bisher gibt es kaum alternative Konzepte für den Abschusses feindlicher Drohnen. Jedenfalls keine, die nicht auch die Gefahr eines umfassenden Kollateralschadens mit sich bringen.
So werden Drohnen im Ukraine-Krieg routinemäßig gegen russische Shahed- oder Gerbera-Drohnen eingesetzt, oft kombiniert mit Flugzeugen oder Bodensystemen. Von „Abwehrdrohnen“ ist hier die Rede.
Und als wäre die Gemengelage nicht schon undurchdringbar genug, balgen sich schon die Hersteller um das große Geschäft. Wieder mittendrin der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall. Gegenüber „Bild“ erklärte Rheinmetall-Chef Armin Papperger jüngst:
„Bei der Drohnenabwehr kommt es auf eine schnelle Reaktion an. Ziele müssten schnell erkannt, bewertet und bekämpft werden – angepasst an zivile oder militärische Einsätze.“
Während Kanzler Merz also Waffenlieferungen an Israel wegen des Gaza-Kriegs teilweise einfriert, bemüht sich sein Innenminister Dobrindt darum, von den Erfahrungen des israelischen Drohnenkampfes in Gaza zu profitieren? Was für eine Bigotterie ist das eigentlich?
Im Gaza-Krieg setzt Israel umfassend Drohnen für Aufklärung, gezielte Tötungen und Unterstützung von Bodenoperationen ein. Die israelische Armee (IDF) nutzt Modelle wie die Heron TP und kleinere Quadcopter. Die kleinen ferngesteuerten Quadcopter-Drohnen mit integrierten Gewehren oder Granatwerfern werden eingesetzt, um Personen aus der Nähe zu erschießen oder zu bombardieren. Kommerzielle Modelle wie DJI Mavic oder Agras operieren lautlos und werden oft nachts oder in urbanen Gebieten genutzt, um Hamas-Kämpfer zu jagen oder wen man als Hamas-Kämpfer identifiziert. Dabei helfen auch Firefly (Moaz)-Drohnen für Nahkampf in städtischen Gebieten, wie die Neue Zürcher Zeitung berichtete.
Heron TP-Drohnen werden für Luftangriffe und Aufklärungsflüge eingesetzt. Das sind große, bewaffnete Drohnen (Reichweite über 1.000 km bei einer Traglast bis zu einer Tonne und mehr) für präzise Raketenangriffe und Echtzeit-Überwachung.
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Gemessen an der im Einsatz befindlichen vermuteten Drohnenanzahl müssen es täglich Tausende Stunden über Gaza sein, die dort jede Bewegung akribisch tracken. Zuletzt sind zudem Berichte rund um eine psychologische Kriegsführung aufgetaucht: Danach sollen Drohnen über Zivilisten kreisen mit dem Ziel, Panik zu erzeugen. Die „taz“ titelt dazu: „Israelische Drohnen in Gaza – Testlabor des Grauens“. Weiter heißt es von dem linksgrünen Magazin aus Berlin:
„Die Menschenrechtsorganisation Euro-Med Monitor in Genf hat ein Dutzend Fälle dokumentiert, bei denen Zivilisten durch den Beschuss von Quadcoptern getötet wurden. Einer der gravierendsten Fälle soll sich am 11. Februar ereignet haben, als Quadcopter, laut dem Bericht, in der Raschid-Straße in Gaza auf eine Menge schossen. Die Menschen standen dort für Mehl an.“
Der Vollständigkeit halber: Auch die Hamas setzt Drohnen (z. B. Shahed-Modelle) gegen Israel ein. Und sie finden immer wieder Opfer. Beim Terrorangriff am 7. Oktober 2023 sollen auch eine Anzahl von Quadcopter-Drohnen zum Einsatz gekommen sein, von 35 Stück ist die Rede. Im Kontext Gaza-Krieg soll Israel später auch Lieferungen an die Hamas auf dem Mittelmeer mit Kampfdrohnen angegriffen und neutralisiert haben.
Und das Juristenportal „Beck aktuell“ berichtet zudem, dass Deutschland kurz nach dem mörderischen Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 Israel Drohnen überlassen habe. Das Portal schreibt:
„Die Bundeswehr hatte die waffenfähigen, aber unbewaffneten Drohnen ursprünglich selbst von der israelischen Armee geleast. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel im Oktober 2023 überließ die Bundeswehr zwei dieser Drohnen wiederum der israelischen Armee, was auch vertraglich festgehalten wurde.“
Ein Portal für Sicherheits- und Verteidigungspolitik berichtete im Juni dieses Jahres, die deutsche Luftwaffe habe die fliegerische Ausbildung für die Piloten der Drohne Heron TP auf dem israelischen Stützpunkt Tel Nof im April dieses Jahres wieder aufgenommen. Diese Ausbildung sei seit dem Beginn des Gazakrieges im Oktober 2023 ausgesetzt worden, wie aus einer Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Sebastian Hartmann, hervorgehe.
Die theoretische und simulationsgestützte Ausbildung sei nach Deutschland verlagert worden, während die praktische fliegerische Ausbildung in dem genannten Zeitraum geruht habe.
Wenn die Merz-Regierung also im Kontext des Aufbaus eines Drohnenabwehrzentrums ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Israel ausbaut, dann ist das mit Blick auf die Kompetenz im Drohnenkampf und in der Abwehr von Drohnen eine – rein fachlich – verständliche Entscheidung. Gleichzeitig muss sich die Bundesregierung allerdings darüber klar sein, dass sie hier eine Kompetenz abfragt, die direkt von den Erfahrungen des Drohnenkampfes im Gaza-Krieg profitiert. Aus exakt dem gleichen Grund strebt Dobrindt hier auch eine Zusammenarbeit mit der Ukraine an.
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Kommentar von Eddy Nova
Hier beantwortet sich meine Frage ! Die Altparteien Banden wollen mit Drohnentechnik in den Ukrain Krieg eingreifen , wissen aber genau das dadurch Drohnentechnik Angriffe auf Deutschem Boden seitens Russia die Folge sein könnten. Ich denke jetzt habe ich das richtig verstanden.
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Kommentar von Carl Peter
Wenn Arbeitsplätze und Arbeit verschwinden, fängt die Bevölkerung ja nicht plötzlich an, die Geburtenrate zu hinterfragen und entsprechend zu senken - die Demagogen der Demoskopie sind dabei auch oftmals mit den Dämonen des Krieges identisch, und es mangelt dann natürlich an Menschenmaterial.
Für das Saatgut für diesen Menschenpark wurde darum im Coronawahn erheblich der Preis gesenkt, und man möchte es garnicht glauben, für wie billig eigentlich ein Menschenleben zu haben ist.
Man sollte in Zeiten der Kriegsvorbereitung hier auch besser von Scheinleben sprechen, oder von Scheinexistenzen, deren abstrakte Werte auf berechenbare Bevorratung beruhen.
Und wie verhält es sich nun mit dem Menschen im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit?
Das sollte man die KI bis ins Schwarze Loch hinein fragen.
Vielleicht lauert da eine Lösung, warum sich ein Menschenleben überhaupt individuell rechnen lassen soll - war das nicht ein Fall für die Religion oder Ethikkommission?
Und wenn man ein individuelles Menschenleben hervorhebt, versinkt es dann nicht sogleich im kollektiven Unbewussten?
Es soll nicht wenige Menschen geben, die tot für mehr Umsatz sorgen, als sie lebendig erwirtschaften konnten - so verschwimmt heilsbringend Krieg mit Frieden, und jedes Mal rattern die alten Rechenmaschinen oder summen heute die neuen Datenbanken.
....."I Sing the Body Electric".....
Und Elektrik meint nicht den Strom aus der Steckdose - bei Walt Whitmans Gedicht von 1855, ist der physische Mensch selbst ein elektrisches Kraftwerk - von unerschöpferlicher Schönheit und gewaltiger Schöpferkraft, es droht aber auch gleichzeitig immer die unerschöpferliche Selbstzerstörungswut.
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Kommentar von Karl Georg Lempenheimer
Anzumerken wäre noch, dass Deutschland nur reagiert, nicht agiert. Erst müssen Drohnen über den eigenen Kopf geflogen sein, damit die deutsche Regierung merkt, dass sowas auch hier möglich ist.
Wobei die Frage ist, ob die jüngsten Drohnenshows nicht fürs Volk hausgemacht waren. Schließlich leben wir in einer Demokratie, wo der Wähler überzeugt sein muss. Der Russe hat jedenfalls dementiert, dass er es war.
Die Drohnen müssen irgendwo gestartet sein, hatten eine Strecke zurückzulegen, besonders, wenn sie von welchen kamen, die weiter weg wohnen, auf einem Schiff unterwegs waren, oder die luftquirlende Gerätschaft aus einem Flugzeug verloren haben. Hat unsere Luftüberwachung wohl für Zugvögel gehalten.
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Kommentar von winfried Claus
Von der SS lernten auch die Amerikaner. Es gibt wohl eine Assoziation zwischen Massenmördern? Auf jedenfall gibt es eine Rangliste, der ganz oben steht ist ja bekannt!
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Kommentar von T S
Bigotterie? Nein, völlig verlogenes scheinheiliges Schmierentheater fürs massenjournailisch gehirngewaschene Volk.
Glaubt hierzulande wirklich jemand daß der Ausfuhrstop gen Staatsräson-Israel wirklich ernst gemeint war?
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Kommentar von T. Murx
An den Kommentator Joly Joker: Lesen Sie das Dobrindt-Zitat auf der oben verlinkten Website des BMI: "Die Behörden müssen dürfen was sie können". Wer ohne gepflegten Bademantel wollte ihm widersprechen? Wir treten anscheinend ein in das Zeitalter der Postheuchelei.
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Kommentar von Joly Joker
Dobrindt macht einen auf Kriegsminister? Will er mit Drohnen Illegale Eindringlinge jagen oder gar per Drohne ab nach Nordafrika? Der hat es nicht mal mit der Maut geschafft und jetzt pfuscht er dem Verteidigungsminister in dessen Verantwortungsbereich. Wozu braucht der Dobrindt Experten beim Einsatz von Killerdrohnen in Deutschland? Wen will er damit ausschalten? Antifanten, AFD Abgeordnete oder Messermänner? Er sollte sich dazu mal erklären.