Nachdem bestimmte konservative und rechte Verlage in Frankfurt und Leipzig von den Veranstaltern selbst und von regierungsnahen Medien bekämpft und mit linksextremer Unterstützung diffamiert wurden, bekommt Deutschland jetzt eine neue Buchmesse in Halle.
Veranstalterin der neuen Buchmesse der Ausgegrenzten ist die Löschwitzer Buchhändlerin Susanne Dagen. Die Ausnahme-Verlegerin fällt regelmäßig damit auf, dass sie sich Brandmauern kategorisch widersetzt und Schubladen konsequent vermeidet.
Frau Dagen zur Seite stehen mit „Kontrafunk“ und „Tichys Einblick“ zwei Schwergewichte als Medienpartner.
Zu den bekanntesten rechtskonservativen Playern im Verlagsgeschäft gehört zweifellos Götz Kubitschek und sein Antaios Verlag aus Schnellroda. Er stand mehr als einmal im Zentrum des Hasses der Buchmesse-Veranstalter in Frankfurt und Leipzig, die nicht genehme Aussteller mit der Präsenz einer gewaltbereiten Antifa aus dem Haus treiben wollten.
Wir sprechen mit Kubitschek über die Buchmesse „Seitenwechsel“, die den untragbar gewordenen Verhältnissen Frankfurt und Leipzig etwas Neues entgegensetzen will.
Alternative Buchmesse „Seitenwechsel“ in Halle. Wird damit nicht auch ein Scheitern in Frankfurt und Leipzig dokumentiert? Ist das ein Rückschritt?
Erst mal freut es mich, dass wir noch mal über die Messe sprechen können, die ja morgen schon beginnt. Also das ist natürlich kein Scheitern. Wir wären alle gerne in Frankfurt und in Leipzig als normale Verlage weiterhin Teilnehmer gewesen, als Aussteller willkommen wie jeder andere Verlag.
Aber beide Messebetreiber haben das verbockt, haben uns in Sackgassen geschoben. Die haben in ihren Messehallen gegen uns demonstrieren lassen, haben uns skandalisiert, haben uns das Leben dort so schwer wie möglich gemacht, obwohl wir angemeldet und zugelassen waren. Das alles hat uns nach Alternativen Ausschau halten lassen, und der „SeitenWechsel“: Das ist jetzt die Quittung.
Was wäre Ihr Satz, der noch unschlüssige Gäste locken soll?
Wer wirklich unabhängige, selbstständige Verleger und Projekte kennenlernen will; wer sehen will, wie breit aufgefächert das rechtskonservative Milieu mittlerweile agiert, Bücher verlegt, Bücher macht, Autoren versammelt; wer exzellente Leser, wirklich interessierte Selbstdenker treffen möchte, der muss nach Halle kommen.
Jetzt haben auch linke oder linksradikale Verlage oft ein autonomes Auftreten. Nato-kritisch, friedensbewegt usw. Fehlt in Halle die Angebotsbreite? Ist Einseitigkeit eine Gefahr?
Es ist natürlich Ausdruck des Risses, der durchs Land geht, der die Gesellschaft spaltet – seit zwei Jahrzehnten mindestens, wenn nicht länger –, daß man auf der einen Seite dieses linksliberale Milieu hat, das sich den Staat zur Beute gemacht hat und in die Fördertöpfe greift, die es dort für Verleger, Autoren, Publizisten, Übersetzer usw. gibt. Und auf der anderen Seite stehen diejenigen, die diesen Ton nicht mitflöten und mitspielen wollen, sondern die eben einen anderen Ton einbringen. Das sind wir, die nicht gefördert sind, nicht am Tropf des Staats hängen. So steht man sich gegenüber.
Jetzt haben wir aber den Riesenvorteil, daß die Macherin unserer Messe, die Buchhändlerin und Verlegerin Susanne Dagen aus Dresden, überhaupt nichts dagegen hätte, wenn sich auch „Westend“ angemeldet hätte und „Matthes & Seitz“ und „Merve“ und „zu Klampen“ oder irgendein anderer Verlag, der nicht zu unserem, dem ausgegrenzten Milieu gehört, aber auch unabhängig arbeitet und interessante Bücher macht und sagt, er möchte auch auf diese wachsende und gute Leserschaft zugreifen und möchte sich präsentieren. Und da wäre Frau Dagen hundertprozentig die Letzte, die sagen würde: Naja, wir haben jetzt hier aber leider Gottes eine kleine Brandmauer gegen euch errichtet...
Ist es auch eine sehr späte Messe? So etwas hätte man schon vor fünf oder vor zehn Jahren installieren können entlang des Bedarfs.
Es gab vor über zehn Jahren schon den Versuch, das war damals unter meiner Federführung. Wir haben zweimal in einem großen Saal in Berlin eine alternative Messe angeboten, die damals „ZwischenTag“ hieß. Der Name signalisierte, daß diese Messe zwischen den beiden großen Messen in Frankfurt und Leipzig lag. Auf jeden Fall war das damals schon ein großer Erfolg mit 800–900 Teilnehmern und dreißig Ausstellern. Aber wir haben danach nie wieder einen Saal gefunden dieser Größe.
Es müssen für solche Großprojekte immer mehrere Dinge zusammenkommen: Sie brauchen die Idee - die liegt seit Jahren in der Luft Sie brauchen jemanden, der es durchzieht, jemanden, der ein vermittelnder und verklammernder Charakter ist wie Susanne Dagen – sie ist in der Lage, Bandbreite unter einem Dach zusammenzuspannen.
Und dann brauchen Sie eine Messe, die bereit ist, einer solchen Veranstaltung Raum zu bieten, und – das ist so wichtig! – die nicht einknickt, wenn die sogenannte „Zivilgesellschaft“ Sturm läuft gegen diese alternative Dreistigkeit. Tausende Leute versammeln wir am Wochenende. Und das kann nur dann stattfinden, wenn die Messebetreiber es als das behandeln, was es ist: als einen normalen Vorgang, der nur deswegen als außergewöhnlich gilt, weil ihm das linksliberale Milieu die Normalität abzusprechen versucht.
Alles das ist jetzt also zusammengekommen, hat zusammengefunden. Und deswegen gibt es den „SeitenWechsel“ jetzt, und es gab ihn vor fünf Jahren noch nicht.
Warum gab es das nicht längst bei Ihnen in Schnellroda? So eine Art Messe Wahnfried oder das große Zelt auf dem Acker. Wiesen haben Sie doch da genug. Warum sind Sie noch nicht tätig geworden?
Wir haben über so etwas tatsächlich schon nachgedacht, über ein riesiges Bierzelt. Aber dazu hat Schnellroda weder die Kapazität und die Parkflächen noch das Sicherheitskonzept. Und da ist doch hundertmal besser, wenn das eine professionelle Messe übernimmt und sagt: Oldtimermessen und Handwerkermessen haben wir schon, und jetzt kommt da eine interessante Anfrage, eine neue Büchermesse, das paßt, das können wir stemmen, denn alles ist vorhanden und erprobt: professionelle Betreuung, professioneller Messebau, Standbau, Security, Einlass, Parkplätze.
Das ist das Geschäft von Profis, da müssen wir uns nicht drum kümmern. Nur so geht es in dieser Größenordnung. Stellen Sie sich einmal vor, es wären 3000 Leute in Schnellroda auf so einer Messe. Wir haben jedes Jahr unser Sommerfest mit mittlerweile über 600 Lesern. Wir könnten lockern 1500 Anmeldungen sammeln, aber 600 ist die Obergrenze. Schon damit ist so ein Dörfchen fast überfordert.
Ich bin gespannt auf die Wiedervereinigung Sellner und Krah jetzt auf der Messe. Welche Autoren haben Sie vor Ort?
Martin Sellner ist nicht auf der Messe. Er ist auf einer Konferenz in Portugal. Da hat er vor Monaten schon zugesagt. Und was Krah macht, weiß ich nicht. Wir haben sein Buch noch im Programm, das hat er ja bei uns verlegt. Das wird abverkauft, und gut ist. Also Krah hat keinen Auftritt bei mir am Stand. Ich weiß auch überhaupt nicht, ob er auf der Messe sein wird.
Ansonsten haben wir natürlich mit Aron Pielka, also Shlomo, mit Martin Lichtmesz, mit Sofie Liebnitz, mit Ellen Kositza, mit Erik Lehnert und anderen die Kernmannschaft unseres Verlags am Stand. Wir haben vier Veranstaltungen angemeldet mit Sälen für jeweils 200 Teilnehmer, wo wir neue Bücher und überhaupt Autoren vorstellen.
Denn Sie müssen wissen, daß mit diesen großen Unterstützern der Messe, „Tichys Einblick“, „Kontrafunk“, auch eine Leseklientel auf die Messe kommt, die unseren Verlag noch nicht unbedingt so im Fokus hat, wie sie das eigentlich haben sollte. Und das bedeutet: Antaios stellt sich breit vor.
Welche Bedeutung hat das denn, wenn hier Ihr Kubitschek auf Tichy und Tellkamp trifft?
Das ist Normalität. Der Vortrieb unserer politischen Weltanschauung – in der wir ja alle mindestens zu 75, 80 Prozent übereinstimmen – dieser Vortrieb, der in Sachsen-Anhalt, wo die Messe stattfindet, mittlerweile 40 Prozent der Wähler hinter der AfD versammelt, der kann sich nicht mit irgendwelchen kleinen Unterschieden im Vokabular, im Habitus, in der Angriffslust, der Frechheit und dem Provokationspotential aufhalten. Es geht in dieselbe Richtung, diese Richtung erstreitet sich ihren Raum, und diese Messe ist Teil dieser Richtung.
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Ulf Poschardt wird sich diese „Shitbürger“-freie Messe sicher nicht entgehen lassen, wenn es ihm ernst war. Werden Sie im Gegenzug versuchen, ihn als Autor zu gewinnen?
Er soll einfach Manuskript einreichen. Unser Lektorat ist allerdings eines der härtesten.
Haben Sie gar keine Angst, dass man Ihnen die Reißzähne abfeilt? Dass sich die Kollegen zusammentun, mit der dicken Feile kommen und Sie nachher weichgespülter aus der Veranstaltung gehen, als Sie gekommen sind?
Noch einmal: Normalität! Ich hatte schon mit Leuten zu tun, die hatten nicht dicke Feilen, sondern dicke Stricke im Kopf. Keiner auf der Messe gehört zu diesen Gegnern, und ich glaube: Wenn wir einander auf der Messe begegnen, dann schütteln wir uns die Hand und suchen gemeinsam nach einer Flasche Sekt und Gläsern, um mit Frau Dagen und der Messeleitung darauf anzustoßen, dass hier gemeinschaftlich etwas geleistet wurde, was, meine ich, wirklich ein Meilenstein ist.
Es war in den letzten Jahren oft so, dass man Sie gemieden hat. Mit Kubitschek wollte man sich nicht kontaminieren. Wir reden aktuell immer über die Brandmauer von Merz. Tatsächlich aber gibt es auch in konservativen Kreisen, denen Sie gerade 70, 80 Prozent Übereinstimmung bescheinigt haben, diverse Brandmauern. Wie wird das sein, wenn jemand auf Compact, Jürgen Elsässer und seine Putin-Medaille am Stand trifft? Da sind Konflikte doch vorprogrammiert.
Ach, da bin ich ganz entspannt. Gottes Tierpark ist groß, und für jeden gibt es das artgerechte Ställchen. So wird es auf dieser Messe auch sein. Und das ist ja das Schöne – ich will mal sagen „altliberale“ – an Susanne Dagen und auch an der Messeleitung. Die sagen: Wer sich anmeldet, kann kommen, und dann werden wir sehen, wohin sich die Leser, die mündigen Bürger, diejenigen, die wählen dürfen und die darüber bestimmen dürfen, wohin wir dieses Land schicken in den nächsten zwei Jahrzehnten - daß diese mündigen Leser dann entscheiden auf der Messe: Dieser Stand ist interessant. Dieser Stand ist spleenig. Dieser Stand ist abgefahren. Dieser Stand ist professionell. An diesem Stand gibt es wenigstens was zu lachen oder zu erleben und an jenem Stand muss man hart diskutieren, weil man völlig anderer Meinung ist. Und genau so muss so eine Messe ablaufen.
Wie sieht es denn aus mit Ihrem Testosteronspiegel im Vergleich zu Frankfurt vor Jahren? Ist der sehr abgesackt oder geht noch?
Ich habe da sowieso keine Pulsveränderungen mehr. Wenn man so lange im Geschäft ist und so viel erlebt hat, ist nicht mehr viel aufregend. Antaios ist perfekt vorbereitet auf diese Messe. Alles, was wir drucken wollten und was zum Messetag erscheinen sollte, ist gedruckt. Und wir haben einen wunderbaren Standaufbau konzipiert. Wir werden nachher aufbrechen und diesen Stand bauen. Und dann freue ich mich darauf, dass wirklich Hunderte, wenn nicht Tausende Leser unseren Stand betreten, sich das anschauen und hinterher noch besser wissen, warum Antaios einer der ganz wichtigen Verlage dieses Milieus ist.
Bei Ihnen kann ich über die Jahre keine Verbitterung feststellen. Nun gibt es aber Leute – ich hoffe, ich trete niemandem zu nahe: Ich habe beispielsweise bei Leuten wie Dieter Stein von der Jungen Freiheit mitunter das Gefühl, dass diese ständigen unanständigen Angriffe was mit ihm gemacht haben. Da ist schon so eine Verbitterung eingerissen. Wie konnten Sie das für sich vermeiden? Oder tarnen Sie sich nur besser?
Was ist Verbitterung?
Etwa wenn sich die Mundwinkel schon so sichtbar nach unten fressen.
Es ist immer die Frage, auf welcher Ebene man agiert. Aufs große Ganze gesehen gehöre ich zu den Skeptikern. Parteien sind Parteien und werden unser Land nicht retten, aber sie werden vielleicht manches so regeln, dass es ein wenig besser wird für uns alle.
Aber auf der Ebene des Verlags: Da habe ich es doch in der Hand, wie es läuft. Wie sehen die Bücher aus? Welche Qualität haben sie? Mit welchen Leuten arbeite ich zusammen? Welche Autoren kann ich gewinnen? Und wie sieht eine Reihe aus, die ich konzipiere? Genauso auf so kann es auf einer Messe auch sein: Wie sieht der Messestand aus? Verbreitet der Verlag dort das, was er verbreiten will, also welche Stimmung, welche Kraft, welche Botschaft? Ist es das professionelle, nach vorn gerichtetes Grundgefühl?
Auf dieser Ebene sehen Sie bei mir keine herunterhängenden Mundwinkel, weil ich es in der Hand habe. Und das Antaios-Motto zur Messe lautet: Nichts ist verloren!
Selbstredend sind auch wieder Gegenveranstaltungen geplant. Was bedeutet das denn für die Zahl der Gäste auf der Messe? Fürchten Sie, dass da viele wegbleiben werden?
Es kommt darauf an, wie gründlich die Polizei die Zufahrtswege freihält und wie gründlich sie diese krassen Einschüchterungsversuche, die da von den Verlierern, von der ratlosen und engstirnigen Zivilgesellschaft kommen – inwieweit sie das eindämmt. Es ist ja erbärmlich, wie unsere Gegner gegen diese Messe Sturm zu laufen versuchen. Das ist gar kein Sturmlauf, sondern ein hilfloses Gebettel um Geld und Ressourcen dafür, dass man sich „den Rechten“ in den Weg stellen wolle. Die bekommen also noch nicht mal mehr ohne bezahlt zu werden ihren Hintern vom Pflaster.
Und deswegen kommt es darauf an: Was macht die Polizei? Es ist eine große Messe. Es ist eine offizielle Messe. Es ist keine Hinterzimmerveranstaltung. Und ich bin sehr gespannt, wie man uns eine normale Messe, wie man uns normale Tage ermöglichen wird.
Was erwarten Sie von der Medienberichterstattung?
Wenig von denjenigen, die nicht mehr anders können, weil ihr Gehirn nur noch eine Hälfte hat. Von dort also nur Kleinmacherei, Denunziation, Neid und Gejammer - so eine ratlose „in-Treue-fest-Disziplin“ unter Verlierern.
Aber von denen, die wirklich sehen, wie es in diesem Land aussieht und die wirklich lesen können, was hier gerade passiert, wie stark dieser rechtskonservative Auftritt ist: Die werden das hoffentlich als das beschreiben, was es ist – als einen weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer veränderten Gesellschaft.
Schon mal daran gedacht, Asyl zu beantragen in den USA?
Ach, das ist so ähnlich wie mit den Leuten, die denken, sie müssten wegen der Beschulung ihrer Kinder oder wegen Corona oder wegen irgendwelcher Steuersätze nach Bulgarien, Ungarn, Rumänien oder Panama auswandern.
Wer meint, dass sein eigenes Leben wichtiger ist als die Zukunft unserer Nation und unseres Volkes, der soll gehen, der hat ja eine Lebensentscheidung getroffen. Ich finde das albern, irgendwo Asyl zu beantragen. Wir haben hier zu stehen und zu kämpfen und zu schauen, dass es für die Kinder und Enkel wieder besser wird.
Danke für das Gespräch!
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Kommentar von Carl Peter
Ich würde sogar sagen, es ist ein Scheitern - von - Frankfurt und Leipzig - ähh, natürlich hier mal nur auf die Buchmessen bezogen.
Als Verfechter des Bargelds bin ich selbstredend auch der Büchernarr, der noch "Fahrenheit 451" kennt, also dem Löschen von Büchern einen anderen Wert beimisst, als der heutige digitale Narr.
Elias Canetti hat fast 20 Jahre vor Ray Bradbury schon eine Art Privat-Buch-Dystopie, "Die Blendung" entworfen und sein Protagonist lebte geschunden und ausgeraubt mit und in einer Kopfbiliothek - als geistiges Abbild seiner geraubten echten Bibliothek war ihm aber, als ein Einzelwesen, nur eine Indexierung möglich, nicht aber gleich die gesamten Inhalte mit sich im Kopf herumzutragen, Bradbury hat das Problem dann eleganter auf viele Schultern verteilt.
Also die Idee des privaten Widerstands auf eine unterdrückte Masse ausgeweitet, ohne dass das Private sich in der Masse auflösen sollte - Bradburys Schlussszenario ist auch eine vorgezogene Warnung vor dem Verschwinden privater Bücher, vielleicht sogar vor dem Verschwinden des Privaten überhaupt.
Es wird für die Historie der Bücherwelt unverständlich bleiben, warum renommierte deutsche Buchmessen in den 2020er Jahren Ausschlusskriterien angewendet haben, die dem gesellschaftlichen Wissensstand nicht entsprachen, sondern als beinahe dystopische Maulkorb-Erlasse definiert wurden - ein Staat, der diesen Zustand fördert, hat sich wiedermal unmässig aufgepumpt, und bevor diese Blase platzt, muss dringend Luft raus.
Staatsbürger definiert sich doch so: Der Staat gehört dem Bürger, und nicht der Bürger dem Staat - und jeder Staatsbürger ist auch Privatmensch, allerdings taucht da die Frage auf, wieviele Bürger arbeiten für den Staat und agieren dann sogar als Staat, und wieviele Bürger wollen den Staat nur als Organisationsstruktur ihres Alltags und nicht bis zum Missbrauch unter die Bettdecke oder mitten in den Kopf hinein?
Die Buchmesse in Halle sollte helfen, diese aufgeblähte Staatsquote zu senken, sonst geht der Friedenspreis des deutschen Buchhandels auch noch fehl und wäre besser auch an die NATO adressiert worden - das Licht aus macht darum erstmal der diesjährige Preisträger Karl Schlögel mit Worten, die wahrer nicht sein könnten:
„Ich habe begriffen, dass man Städte als Texte lesen kann, dass man eine Archäologie treiben kann, Schichten der Zeit freilegen kann und dieses Herumgehen in Moskau, ein sehr intensives Wandern oder Flanieren, wenn Sie so wollen, nach Franz Hessel und Walter Benjamin“, sagt er. „Dieses Lesen der Städte, das wurde für mich sozusagen ein Zugang, um Geschichte zu erschließen.“
Dann Lesen wir mal Halle, bevors von Moskau plattgemacht wird.
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Kommentar von Lore Leyh
Ich wünsche der Messe größtmöglichen Erfolg! Hut ab für die Initiatoren und alle Beteiligten! Gern wäre ich selbst auch dabei, ich hoffe dann im nächsten Jahr! Toi toi toi, mit der Bitte um eine umfassende Berichterstattung!
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Kommentar von Rainer Möller
Ich vermute, Kubitschek profitiert hier tatsächlich von seiner Ausbildung als Soldat: Feindschaft ist der Normalfall, sie fordert keinen Gefühlsaufwand, es kommt nur darauf an, ihr aufmerksam und klug entgegenzutreten. Während wir Pazifisten ja leider dazu neigen, uns in eine Welt ohne Feindschaft hineinzuversetzen und dann zu überreagieren (oder völlig umzuschwenken), wenn wir zum erstenmal Feindschaft real erleben.
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Kommentar von Malka
Sehr geehrter Herr Wallasch,
erstmal vielen Dank für die Berichterstattung über die neue Buchmesse in Halle.
Frau Dagen betreibt ja das Buchhaus Loschwitz in Dresden, daher kenne ich als alter Dresdner sie natürlich.
Sie ist mutig, ruhig und standhaft freundlich.
Ich hoffe sehr auf eine große Teilnehmerzahl in Halle.
Herr Tellkamp wird ja sicherlich auch dabei sein.
Off the record möchte ich noch einen kleinen Witz beisteuern, den ich schon von früher her kannte ( mit dem Russen als dritten Part-Trufanow):
„ Ein Amerikaner, ein Franzose und ein Deutscher treffen sich und diskutieren die Frage, was Glück ist.
Der Ami sagt: Glück ist, wenn ich mit meiner Shirley auf der Terrasse sitze, sie im Arm halte, einen Bourbon trinke und in den Sonnenuntergang schaue.
Der Franzose sagt: Glück ist, wenn ich meine Jaqueline im Arm halte, meinen Kindern beim Spielen zuschauen kann und auf die Seine schauen kann.
Der Deutsche: Glück ist, wenn ich-nachdem früh morgens 5 Uhr sechs Mann vom SEK an meiner Tür klingeln und mir mitteilen „Müller-Sie sind wegen Delegitimierung des Staates verhaftet“ und ich antworten kann: Müller wohnt eine Etage höher. DAS ist Glück…
Wie gesagt, die ursprüngliche Variante war mit Trufanow in Russland.
Danke an Hadmut Danisch für die Erstveröffentlichung.
Viel Erfolg der Buchmesse.