Während Hessen Milliarden und tausende Jobs von Google bekommt, spielt der Staatsminister den harten Mann

Größenwahn oder Bauernopfer: Gefährdet Staatsminister Weimer den 5,5-Milliarden-Deal mit Google?

von Alexander Wallasch (Kommentare: 1)

War Weimers große Google-Beschimpfung nur eine Finte?© Quelle: Youtube/Buchmesse/ google, Montage: Wallasch

Zerschlagen oder investieren? Wolfram Weimer droht Google mit dem Hammer, während Boris Rhein und Lars Klingbeil die Milliarden umarmen. Ein abgekartetes Spiel – mit Weimer als Joker, den man jederzeit fallen lassen kann?

Wie glaubwürdig sind Aussagen von Staatsminister Wolfram Weimer bezogen auf die US-Tech-Konzerne, wenn der Kulturstaatsminister vorgibt, Google zerschlagen zu wollen? Ist das Größenwahn oder Teil eines Pokerspiels der Bundesregierung, in dem Weimer nur die unbedeutende Vorhut darstellt, die man im Zweifel opfern kann?

Zwei Ereignisse scheinen hier auf den ersten Blick zu kollidieren: Zum einen Weimers Wunsch, den Konzern zu zerschlagen, wie immer er sich das von Deutschland aus bzw. für Deutschland vorstellt: „Am besten wäre es, wenn Google zerschlagen würde.“ Und zum anderen ist Google gerade im Begriff, 5,5 Milliarden Euro bis 2029 in Deutschland zu investieren.

Wie passt das zusammen? Ein größerer Teil der Milliarden soll laut Presseberichten in Hessen investiert werden, konkret in Hanau und Dietzenbach. In Hessen regiert Boris Rhein (CDU). Hessens Ministerpräsident traf sich zuletzt mit Philipp Justus, dem Deutschlandchef von Google. Das Handelsblatt, welches das Treffen begleitete, fasste zusammen, was die beiden zu besprechen hatten: Wie man den Technologiestandort Deutschland voranbringen will, „was gegen hohe Energiepreise hilft und weshalb Europa Partner braucht, um souverän zu werden“.

Der Kreis zu Weimer schließt sich da, wo besagter Boris Rhein seinerseits die Schirmherrschaft für eine Veranstaltung von Wolfram Weimer in Frankfurt übernommen hat.

Für Vizekanzler und Wirtschaftsminister Lars Klingbeil (SPD) sind die Pläne von Google eine „echte Zukunfts-Investition in Innovationen, Künstliche Intelligenz, die klimaneutrale Transformation und zukünftige Arbeitsplätze in Deutschland“. Das sei, so Klingbeil weiter, „genau das, was wir jetzt brauchen“.

Google erklärte, das Investitionsprogramm werde „voraussichtlich bis 2029 jährlich rund 9000 Arbeitsplätze in Deutschland sichern“. Zudem soll die Nutzung der Abwärme des Rechenzentrums in die Fernwärmenetze eingespeist werden, um Klimaneutralität zu fördern.

Inwiefern gefährdet Wolfram Weimer diese Investition? Seine scharfe Kritik steht mutmaßlich nicht in einem Zusammenhang mit Sonderregelungen, welche die Investition von Google in Deutschland in einem anderen Licht dastehen lassen. Bisher ist jedenfalls nichts bekannt von exklusiven Vergünstigungen, welche über die branchenüblichen steuerlichen Vorteile hinausgingen, wie etwa beschleunigte Abschreibungen für Investitionen in Infrastruktur oder Förderungen für grüne Technologien (z. B. über das EEG oder Forschungsprogramme).

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Die Rhetorik von Weimer ist aggressiv, aber vage – es bleibt unklar, ob er eine globale Zerschlagung meint oder nur regulatorische Maßnahmen in der EU (z. B. via DMA oder Kartellrecht). Zudem ist er mit seinem eigenen Verlag massiv in die Kritik geraten und verweigert den mittlerweile alternativlosen Rücktritt. Als Konzession an seine Kritiker hatte Weimer bereits angeboten, nach dieser Legislatur wieder in die Privatwirtschaft zurückzukehren, aber Weimer wurde nicht gewählt, er kann jederzeit ohne großes Aufheben von Merz entlassen werden.

Rhein ist der „Deal-Maker“ in dieser Konstellation. Hessen profitiert massiv von Googles Plänen. Rheins engster Knotenpunkt zu Weimer: Der hessische Ministerpräsident übernahm Ende Oktober die Schirmherrschaft für den „Frankfurt Finance & Future Summit“ der Weimer Media Group – eine Veranstaltung zu Finanz- und Tech-Themen. Die Zusage kam zwar schon im ersten Quartal 2025, aber inwiefern war da bereits gesichert, dass Weimer den Posten als Staatsminister bekommt? Zudem unterstützte Rhein die Veranstaltung von Weimer mit 30.000 Euro via Hessen Trade & Invest (HTAI).

Anders als Weimer feiert Klingbeil die Google-Investition als „echte Zukunfts-Investition“ in KI, Innovationen, Klimaneutralität und Jobs. Er betont: „Genau das, was wir jetzt brauchen.“

Spielt Weimer am Ende nur den bösen Bullen? Fakt ist: Weimer dient als unbedeutende Vorhut, die – zumindest theoretisch – die Regierung opfern könnte: Seine Kritik signalisiert Europa-Souveränität (DMA-konform), ohne den Deal zu killen. Es wirkt wie reinstes Poker – harte Worte für bessere Konditionen wie etwa mehr lokale Jobs oder Datenschutz-Kompromisse. Rhein nutzt Weimer für Netzwerke, Klingbeil aus Pragmatismus.

Ist das nur die übliche Rhetorik vs. Realpolitik? Fest steht jedenfalls, dass Wolfram Weimer beim Pokerspiel ein paar falsche Asse aus dem Ärmel gepurzelt sind, die ihm jetzt zum Verhängnis werden können. Aber warum fällt er dann nicht?

Das mag daran liegen, dass die Angriffe von Weimer gegen die Tech-Konzerne Teil eines mit der Merz-Regierung abgesprochenen Spiels sind. Dass sich Weimers Einsatz nun gegen Weimers Vergangenheit richtet, war so nicht eingeplant. Das war die große Unbekannte im Spiel.

Der Schutzpanzer um Weimer hält möglicherweise auch deshalb, weil er ursprünglich in Sachen Tech-Konzerne dienlich war und stellvertretend für  Rhein, Klingbeil (unter Regie von Kumpel Merz) den bösen Bullen gespielt hat. Und dem kann man dann den Belohnknochen nicht so einfach wieder wegnehmen.

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