Umständliche Ausreden statt knallharter Selbstkritik

Hört endlich auf zu labern: Von Propaganda zu zaghaftem Krebsgang

von Alexander Wallasch (Kommentare: 7)

Die "Zeit" sucht den Ausgang© Quelle: Zeit.de, Screenshot

Die „Zeit“ und Juli Zeh wollen reden – über Corona, Ukraine, Fehler. Doch statt Verzeihung bleibt Geschichtsklitterung. Ein kritischer Blick auf einen scheinheiligen Kurswechsel.

Kurze Version



Die „Zeit“ wird als regierungsnahes Medium kritisiert, das während der merkelschen Massenmigration, des Corona-Regimes und der Ukraine-Krise Propaganda betrieben habe. Nun versucht das Blatt, sich zaghaft als Vierte Gewalt neu zu positionieren, bleibt aber in der Kritik stecken. Die Schlagzeile „Lassen Sie uns bitte reden“ und Beiträge von Prominenten wie Juli Zeh und Svenja Flaßpöhler suggerieren Gesprächsbedarf über Krieg und Frieden, doch die Selbstkritik bleibt oberflächlich. Statt Verantwortung für frühere Diffamierungen und Ausgrenzungen zu übernehmen, nähert man sich den Themen im Krebsgang, um bloß keine Entschuldigung zu riskieren.

Der Text wirft der „Zeit“ vor, Krisen wie Corona als naturgegeben darzustellen, obwohl die Regierung bewusst Ängste schürte, etwa durch ein geheimes Innenministerium-Papier, das gezielte Angstmache empfahl. Dies führte zu kollektivpsychologischen Schäden, Politikverdrossenheit und Vertrauensverlust in Medien und Staat. Die „Zeit“ wird für ihre Rolle bei der Spaltung der Gesellschaft kritisiert, da sie Kritiker der Corona-Maßnahmen und andere Andersdenkende diffamierte, statt offene Diskussionen zu fördern. Juli Zeh und Co-Autoren sprechen zwar von unterschiedlichen Ängsten in der Pandemie, ignorieren aber, dass die Regierung Grundrechte missachtete und Spaltung gezielt förderte.

Auch zur Ukraine-Krise bleibt die „Zeit“ unpräzise: Der Text betont, dass westliche Ambitionen und die Reaktion auf Russlands Angriff die Eskalation zur „Zeitenwende“ befeuerten, statt Diplomatie zu fördern. Die „Zeit“ habe abweichende Meinungen delegitimiert und „alternativlose“ Politik unterstützt. Ein Beispiel ist die Entlassung einer Redakteurin nach einem kritischen Seenotrettungs-Kommentar. Selbst das Zugeständnis, Angst sei in der Pandemie bewusst eingesetzt worden, wirkt wie Alibi-Selbstkritik. Die „Zeit“ und Zeh schreiben Geschichte um, ohne echte Verantwortung zu übernehmen.

Der Text fordert, dass das Blatt sich den Diffamierten stellt und um Verzeihung bittet, statt im Elfenbeinturm zu verharren. Mutige Journalisten und Aktivisten hätten die Wahrheit ans Licht gebracht, nicht die „Zeit“.

Auch die „Zeit“ muss als eines der einflussreichen regierungsnahen Propagandablätter zur illegalen merkelschen Massenmigration, als Helfershelfer des Corona-Regimes und bei der Eskalation des Krieges in der Ukraine betrachtet werden.

Aber offenbar hat auch die „Zeit“ mittlerweile verstanden, dass sich der Wind gedreht hat und etablierter Journalismus sich – noch ganz zaghaft – wieder an den Idealen einer Vierten Gewalt zu orientieren beginnt. Oder gibt jedenfalls vor, sich darum bemühen zu wollen. Die etablierten Medienschaffenden haben eben vor allem immer auch das: feine Antennen, wenn es Zeit wird, den Ort der Sabotage zu verlassen und aufgeregt in eine andere Richtung zu zeigen.

Welt-Herausgeber Ulf Poschardt mag hier der dunkle Fixstern auch für die Kollegen der „Zeit“ sein. Der Träger des Verdienstordens der Ukraine schwingt sich neuerdings regelmäßig auf zu einer Kollegen- und Publikumsbeschimpfung. Und Julian Reichelt wird darum beneidet, dass er sich mit Nius einfach mal neu erfunden hat, ohne dass sich relevant jemand um den Dreck am Stecken scheren würde. Ein Vorbild für all jene, die jetzt angesichts des Zusammenbruchs der geliebten Ampel das Heil in der Flucht nach vorn suchen.

Die „ZEIT“ macht jetzt auf verständnisvoll und suggeriert Redebedarf. Die Schlagzeile dazu: „Lassen Sie uns bitte reden“. Man will beim Thema Krieg und Frieden „nicht dieselben Fehler machen wie während der Pandemie“. Dafür lässt die „Zeit“ Prominente wie Bestseller-Autorin „Juli Zeh“ zu Wort kommen. Oder auch Svenja Flaßpöhler, Philosophin und Chefredakteurin eines Magazins über Philosophie.

Und dann bemüht man sich ein wenig darum, den Gegner von gestern zu verstehen. Auch jene Kollegen, die man jahrelang diffamiert und ausgegrenzt hat. Und es misslingt selbstverständlich, weil man dazu schon mehr braucht, als die Idee, sich dem Problem im Krebsgang zu nähern, weil man ja immer peinlich darauf bedacht bleiben will, nicht aus Versehen „Verzeihung“ gestammelt zu haben. Das auf keinen Fall!

Es fängt es schon absichtsvoll falsch an:

„Krisen bringen Unsicherheit. Und sie verändern die politische Debatte. Wenn eine Situation als gefährlich eingeschätzt wird, entstehen Ängste, dazu ein Gefühl von Handlungsdruck unter Zeitknappheit. Dies geht fast immer zulasten des demokratischen Prozesses, nicht selten auch zulasten guter Entscheidungen.“

Hier wird die Krise als eine naturgegebene betrachtet und die Möglichkeit einer gezielten Angstmache der Bevölkerung ausgeschlossen. Aber die Regierung hat absichtsvoll Ängste geschürt. Während des Corona-Regimes entwarf die Bundesregierung im Innenministerium ein geheimes „Strategiepapier“, in dem darüber nachgedacht wird, wie den Menschen gezielt Angst eingejagt werden kann, damit sie die Corona-Maßnahmen auch brav befolgen – so unsinnig sie sich auch nachher herausstellen sollten.

Der Focus fragte schon im April 2020: „Wie bekommen wir Corona in den Griff?“ Und antwortet: „Internes Papier aus Innenministerium empfahl, den Deutschen Corona-Angst zu machen“.

Die Gastautoren der „Zeit“ befinden zu Recht:

„Die fehlende Bereitschaft zur offenen und respektvollen Diskussion auch unter Krisenbedingungen hat kollektivpsychologische Schäden in der Gesellschaft hinterlassen, deren Auswirkungen sich in wachsender Politikverdrossenheit und einem Verlust von Vertrauen in Staat und Medien zeigen.“

Aber bis zur Selbsterkenntnis fehlt der entschiedene Schritt: Hier müssten nun die zehn schlimmsten Hetzartikel der „Zeit“ selbst folgen, wo das Blatt eben keine „Bereitschaft zur offenen und respektvollen Diskussion auch unter Krisenbedingungen“ gezeigt hatte.

Jetzt soll man stattdessen applaudieren, dass die „Zeit“ ein bisschen nachdenklich geworden ist? Der Brandstifter schaut auf die dampfende Asche und sagt: Schon irgendwie doof gelaufen.

Aber das ist zu wenig. Juli Zeh und ihre Co-Autoren schreiben weiter:

„Während der Pandemie wurde offensichtlich, dass Krisen voneinander abweichende Ängste hervorrufen können und dass aus diesen Ängsten dann oft gegensätzliche Wünsche an die Politik erwachsen, die eine Gesellschaft spalten können.“

Kann man es noch verkorkster beschreiben? Während der Pandemie wurde offensichtlich, dass die Regierenden Grundrechte über Bord warfen, als gebe es kein Morgen! Sie schürten bewusst und unbewiesener Maßen Ängste und hetzten die Ängstlichen dann auf jene Minderheit, die sich von dieser Angst nicht hatten anstecken lassen. Die Spaltung der Gesellschaft wurde gezielt gefördert, um die Menschen gegeneinander zu hetzen, um sie davon abzuhalten, Maßnahmen der Regierung zu kritisieren.

Wieder Zeh und Co:

„Corona erzeugte bei einem Teil der Bevölkerung vor allem Angst vor Krankheit und Tod, während sich andere stärker vor Demokratiebeschädigung und Freiheitsverlust fürchteten.“

Es war aber vor allem die Corona-Erzählung der Bundesregierung, die Angst schürte. Und die Kritik an Demokratiebeschädigung und Freiheitsverlust war auch keine unbestimmte Furcht, sondern Ergebnis des täglichen Erlebens kritischer Bürger und der Analyse einzelner Fachleute, die dafür ebenfalls diffamiert und ausgegrenzt wurden.

Ein bisschen guter Wille und ein verstecktes Greenwashing der „Zeit“ reicht nicht. Juli Zeh und ihr Auftraggeber schreiben Geschichte um. Hier ist es von besonderer Bedeutung, zu widersprechen und der Geschichtsschreibung einen Widerspruch zu hinterlegen. Wer sich vergewissern will, wie es wirklich war, der findet das umfangreichste Archiv dazu etwa bei Reitschuster.de.

Die „Zeit“ befindet:

„Es fällt offenbar immer noch schwer, unter dem Eindruck großer Herausforderungen zu einer differenzierten und sachlichen Art der Auseinandersetzung zu finden.“

Was für ein Unfug ist das eigentlich? Es geht nicht um die Auseinandersetzung, sondern schlicht darum, anzuerkennen, dass es Opfer und Täter gab! Hier wird der untaugliche – nein, der schäbige Versuch – unternommen, den Eindruck zu erwecken, alle seien irgendwie Opfer einer Naturkatastrophe geworden. Aber die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung waren menschengemacht. Und die Akteure müssen dafür die Verantwortung übernehmen. Um nicht weniger geht es.

Von Corona in die Ukraine: „Seit Februar 2022 verändert der russische Überfall auf die Ukraine die Weltlage“, schreiben die Autoren, die vorgeben, reden zu wollen.

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Dann reden wir. Auch darüber, dass es auch die westlichen Ambitionen, die unheilvolle Vorgeschichte und dann die Reaktion des Westens war, die diese finale und kriegerische Aggression Russlands zu einer „Zeitenwende“, zu einer Veränderung der Weltlage hochskaliert haben.

Wo nüchterne Diplomatie – ja, eine schwere Aufgabe! – so viele Leben hätte retten können, wurden Waffen und Milliarden mit dem Füllhorn in diesen Krieg gegossen, bis am Ende die unwahrscheinliche Niederlage und bedingungslose Kapitulation Russlands zu den einzigen Optionen wurde – ein Teufelskreis mit hunderttausenden Toten!

Gescheitert waren Pläne, an denen auch der heutige Bundespräsident zehn Jahre zuvor beteiligt war, als er noch Außenminister war. Entsprechend bedingungslos entsprechen die Deutschen bis heute noch jedem Wunsch der Ukrainer. Die Ampel ist daran zerbrochen und Friedrich Merz hat die Wähler betrogen und der Demokratie schwer geschadet, nur, um eine Billion Euro neue Schulden aufzunehmen, für welche noch kommende Generationen aufkommen müssen.

Der Vergleich Corona und Ukrainekrieg ist durchaus stimmig, wenn Zeh und ihre Mitautoren befinden:

„Und wieder entsteht das schädliche Diskursmuster – statt in sachliche Analyse und offene Auseinandersetzung zu gehen, werden Entscheidungen als „alternativlos“ gelabelt, um sie auf diese Weise dem politischen Prozess zu entziehen. (…) Daraus folgt dann auch die Delegitimierung von abweichenden Meinungen, die angesichts von Alternativlosigkeiten nur falsch, wenn nicht gar verrückt oder gefährlich sein können.“

Leider wurde auch hier vergessen zu erwähnen, dass die „Zeit“ an maßgeblicher Stelle diese Delegitimierung immer wieder vorangetrieben hat.

Unerträglich in Erinnerung, wie eine Redakteurin von der Chefredaktion gejagt und öffentlich entschuldigt wurde, nachdem sie einen kritischen Kommentar zur Seenotrettung geschrieben hatte.

Nach hinten raus finden die Autoren um Juli Zeh dann doch noch zum eingangs erwähnten Panikpapier der Bundesregierung:

„Auch unter dem Eindruck der aufkommenden Pandemie wurde Angst zum Teil als bewusste Strategie von Politik eingesetzt.“

Und sie fassen bald fünf Jahre später zusammen, was wohl drinstand:

„In dem Text ist von einer ‚gewünschte[n] Schockwirkung‘, von ‚Urangst‘ und Schuldgefühlen von Kindern die Rede, die durch entsprechende Kommunikation geweckt werden sollten.“

Der Vergleich ist sinnvoll. Die Vorgehensweisen des Corona-Regimes sind mit der Ukrainepolitik durchaus vergleichbar. Die etablierten Medien und die Politik arbeiten erneut Hand in Hand.

Zeh und Kollegen schreiben zur deutschen Debatte um den Ukrainekrieg, es sei nicht hilfreich, wenn in den Leitmedien die immer gleichen Militärexperten gehört werden, die unterschiedslos in die Kriegsangst einstimmen:

„So entsteht der Eindruck, die Experten seien sich im Grunde einig: Ein ‚großer‘ Krieg (größer als der jetzige) stehe bevor, Aufrüstung sei das richtige Mittel, denn wenn jetzt nicht mit aller Entschiedenheit gehandelt werde, überfalle Russland eher morgen als übermorgen einen Nato-Staat.“

Die Autoren befinden, nur durch das Anhören verschiedener Stimmen könne in einer Gesellschaft ein Gefühl von gemeinsamem Handeln entstehen. Aber wie glaubwürdig ist das wirklich?

Auch diese Autoren erscheinen weiter beseelt von ihrer Deutungshoheit, die sie für sich noch in Anspruch nehmen. Sie umschiffen jene Autoren und Kritiker, die ihrer Deutungshoheit und damit jener der „Zeit“ gefährlich werden können. Autoren und Experten wie Reitschuster (Corona-Debatte) oder General Kujat (Ukrainekrieg) werden sorgsam gemieden.

Juli Zeh übrigens hatte sich Mitte 2021 gegen die Impfpflicht gestellt, es wäre unredlich, das hier zu unterschlagen. Und ihre Kritik erschien in der „Zeit“ .

Aber es ist auch hier so, wie bei der „Welt“ und Chefredakteur Ulf Poschardt: Es gibt Alibi-Artikel und sie werden oft genannt. Aber beim Bürger bleibt doch am Ende der richtige Eindruck haften: Diese Blätter agierten regierungsnah und tragen maßgeblich eine Mitschuld, dass passiert ist, was die Autoren hier im großen Stuhlkreis und doch unter sich in die Welt hinausposaunen.

Zeh und Co schreiben:

„Die Erkenntnisse aus der Coronazeit liegen auf dem Tisch, wir müssen nur hinsehen und bereit sein, den Diskurs dieses Mal besser zu gestalten als damals …“

Aber sie liegen nur deshalb dort auf dem Tisch, weil es mutige Journalisten, Oppositionelle und politische Aktivisten gab, die sie dort abgelegt und dafür von regierungsnahen Blättern wie der „Zeit“ diffamiert wurden.

Jetzt will die „Zeit“ diese Aufarbeitung unter sich ausmachen. Im geschützten Panik-Raum mit Autoren, die dem Blatt gewogen sind. Aber so funktioniert das nicht. Kommt endlich raus aus euren affigen Elfenbeintürmen und lasst die Hosen herunter. Stellt euch jenen Leuten, die ihr verfolgt und teilweise auch in die Verzweiflung getrieben habt.

Es ist nicht an euch zu entscheiden, wer wem etwas zu verzeihen hat, wie es zuletzt auch ein Julian Reichelt versucht hatte. Diese Entscheidung fällen die Betroffenen.

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