Interview mit einem Braunschweiger Bio-Bauern am Zukunftstag

Im Schatten des Krieges: Grüne Regierung zerstört unsere Bio-Bauern

von Alexander Wallasch

Was macht der Krieg in der Ukraine mit den deutschen Bauern? In den Märkten wird das Mehl knapp, aber das soll mehr daran liegen, dass die Bürger mehr Mehl kaufen und in ihren Keller bunkern.

Im Gespräch mit einem Braunschweiger Biobauern redet sich der Landwirt seinen Frust von der Seele. Aber er erzählt auch von einer großen Liebe zum Beruf.

Der vierzigjährige mehrfache Familienvater – seine Nachfolge auf der Scholle ist gesichert - sprach mit viel Sachverstand, aber auch aus dem Bauch heraus. Unser Gesprächspartner arbeitet in fünfter Generation auf den gleichen Äckern.

Heute nimmt sein Betrieb am Zukunftstag teil: Ein Schüler, der sich für den Beruf interessiert, steht ihm für ein paar Stunden neugierig zur Seite. Der Bio-Bauer ist in Erzähllaune, das wollen wir ausnutzen. Bestimmte Zahlen und Fakten bittet er uns anschließend noch zu prüfen, die würde er aus dem Gedächtnis zitieren.

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Unsere erste Frage richtet den Blick in die Ukraine:

Alexander Wallasch: Was bedeutet der Krieg in der Ukraine für den deutschen Bauern?

Landwirt: Das bedeute erst einmal eine Verknappung. Das Getreide, das in der Ukraine und Russland produziert wird, ist eine erhebliche Menge, ich meine gehört zu haben, es sei ein Drittel vom Weltmarkt.

Alexander Wallasch: Und was bedeutet das für Deutschland?

Landwirt: Das bedeutet automatisch, dass das Getreide knapp wird. Die ukrainischen Bauern können nicht aufs Feld, weil sie ins Gefecht müssen. Die Ernte steht auf dem Spiel. Die Infrastruktur wird zerstört, Straßen, Bahnhöfe, was weiß ich. Und die Russen könnten jetzt, um den Rest der Welt zu ärgern, ihren Export einschränken. Viel Getreide floss hier regelmäßig ab nach Nordafrika, glaube ich. Das heißt, dass die Länder, die sowieso schon zu knapsen haben, noch mehr knapsen müssen. Und wenn das Getreide knapp wird, kommt es zu Preissprüngen.

Alexander Wallasch: Wie sieht es mit den Lagern vom Vorjahr aus?

Landwirt: Getreide aus der alten Ernte ist jetzt schon fast ausverkauft. Das liegt aber zu einem wesentlichen Teil daran, dass es viele Panikkäufe gibt.

Alexander Wallasch: Früher gab es um diese Zeit noch Vorräte vom Vorjahr?

Landwirt: Ja. Die Vorräte sind aber immer noch da, sie werden nur kleiner. Es wird ja nicht automatisch mehr vermahlen dadurch. Die Käuferschicht deckt sich nur schon vorsorglich ein, weil sie nicht wissen, was nachher kommt. Das bedeutet für Druschfrüchte, Futtermittel, Bio, Konventionell und was noch alles, dass sich da aktuell auf dem Markt ein ordentliches Durcheinander abspielt.

Alexander Wallasch: Diese Nachfrager müsste doch für den Bauern ein echter Gewinn sein. Sind die deutschen Landwirte gerade in Goldgräberlaune?

Landwirt: Grundsätzlich könnte es ein Vorteil sein, wenn der Erzeugerpreis stark gestiegen ist. Allerdings sind die Preise für die Bio-Erzeugnisse nicht 1:1 mitgegangen: Wenn vor dem Krieg der Doppelzentner konventioneller Weizen beispielsweise 20 Euro kostete, dann lag der Bioweizen bei 40 Euro.

Jetzt kostet der konventionelle Weizen schon 40 Euro, aber der Bio-Weizen liegt lange nicht bei 80 Euro. Ja, es gibt zwar immer noch eine Preisdifferenz, diese ist aber so klein wie noch nie zuvor. Warum? Weil die Bio-Ware jetzt teilweise in konventionelle Kanäle abfließt. Denn wenn ich beim konventionellen Händler annähernd das Gleiche bekomme, dann bringe ich meine Ernte eben da hin.

Alexander Wallasch: Das heißt, ihr macht nichts anderes als sonst, verdient aber das Doppelte?

Landwirt: Nein, das ist mitnichten der Fall. Denn man erfährt ja aus den Medien nicht nur, dass Mehl knapp wird. Oder auch andere landwirtschaftliche Erzeugnisse. Sondern man erfährt auch, dass die Energie so teuer ist wie nie zuvor.

Alexander Wallasch: Also …

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Landwirt: … Moment bitte, darf ich das kurz einmal vorrechnen? Wenn ich im Jahr zwanzigtausend Liter Diesel brauche. Und der hat irgendwann einmal 1,30 Euro gekostet. Und jetzt kostet er 2,30 Euro, dann ist das ein Euro mehr. Dann sind das mal eben zwanzigtausend Euro Mehrausgaben im Jahr. Das ist aber erst Kostenpunkt Nummer eins. Kostenpunkt zwei sieht dann so aus: Energieintensiv ist auch die Stickstoffproduktion. Die brauchen viel Gas. Das trifft mich als Bio-Bauern erst einmal zweitrangig, weil ich keinen hochkonzentrierten Stickstoff kaufe, sondern Mist von meinem Kollegen.

Aber eben dieser Kollege sagt jetzt: Ja, aber der Dünger, den ich kaufen muss, der ist so teuer geworden, warum soll ich Dir jetzt meinen Mist noch für eine kleine Mark überlassen? Der hebt also den Preis für den Mist an oder er geht sogar so weit, dass er sagt: Wenn der Dünger noch teurer wird, dann nehme ich meinen Mist eben selber als Dünger. Und dann stehe ich als Bio-Bauer ohne da.

Alexander Wallasch: Aber Mal unabhängig vom Ukrainekrieg: Die Ampel-Regierung plante doch von Anfang an, den Spritpreis aus Umweltschutzgründen anzuheben. Dann hätte das Problem für die Landwirte doch sowieso auf der Tagesordnung gewesen.

Landwirt: Das stimmt. Und es hätte keine zusätzliche Kostensteigerung gegeben in dem Maße, keine Erlössteigerung. Denn wenn es keinen Krieg gegeben hätte, läge der Getreidepreis immer noch bei 20 Euro, aber der Sprit wäre doppelt so teuer. Dann wäre das ebenso gewesen.

Alexander Wallasch: Also hat der Ukrainekrieg dafür gesorgt, dass die geplante Preissteigerung für Diesel so abgefedert wurde?

Landwirt: Könnte man fast so sagen. Aber ob der Preis so explodiert wäre, dass weiß ich nicht. Und dass die Trecker noch nicht mit Strom fahren, das sollte sich doch herumgesprochen haben.

Noch ein Beispiel: Wenn der Spediteur mehr Sprit zahlt, dann wird das von ihm umgelegt. Dann reicht er das weiter an seinen Kunden. Aber wenn der Bauer mehr für seinen Kraftstoff bezahlen muss, der Markt sich aber nicht verändert, dann kann der nicht einfach zum Landhändler gehen und sagen: Pass mal auf du, der Sprit ist gerade so teuer, ich möchte jetzt für mein Getreide fünf Euro mehr haben pro Doppelzentner. Der fängt doch sofort an zu lachen.

Alexander Wallasch: Werden diese Preise nicht schon im Jahr vorher verhandelt, um für den Bauern Sicherheit zu schaffen?

Landwirt: Ja, das kann man machen. Man kann Kontrakte abschließen. Dabei sollte man sich aber auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich mache so etwas grundsätzlich nicht. Aber als ich noch konventionell gewirtschaftet habe, hieß es immer: Ein Drittel in der Ernte verkaufen, ein Drittel Kontrakt machen und ein Drittel einlagern, wenn man einlagern kann.

Alexander Wallasch: Nochmal zu Bio-Bauer versus konventioneller Anbau: Hat der Bio-Bauer hier nicht einen großen Vorteil, wenn der konventionelle Anbau jetzt so viele Auflagen bekommt und beispielsweise Jahr für Jahr zwanzig Prozent an Düngemittel einsparen soll? Diese Problematik fällt doch beim Bio-Bauern gar nicht mehr an.

Landwirt: Ja und nein. Es ist so, dass sich von den Auflagen her der konventionelle Anbau gegenüber dem Bio-Anbau immer mehr angleicht. Und das bedeutet, wenn jetzt per se beschlossen wird, der konventionelle Bauer darf nur noch weniger düngen, dann ist das im selben Moment kein Vorteil für die Bio-Bauern, weil es sich immer mehr angleicht.

Bei der Agrarförderung – die Bauern bekommen jedes Jahr Geld von Brüssel, das ist wahnsinnig komplex alles – da ist es in der neuen Förderperiode so, dass die Bio-Bauern sehr benachteiligt wurden.

Alexander Wallasch: Wie das?

Landwirt: Weil etwas bezuschusst wird, dass wir Bio-Bauern sowieso schon erfüllen. Bio-Bauern können also an diesen Förderungen nicht teilnehmen und stehen im Nachteil.

Noch ein Beispiel: Jetzt wurde vorgesehen, vier Prozent der Ackerbauflächen brachzulegen. Auch für Bio-Bauern. Und da frage ich mich, warum? Warum müssen wir ebenfalls vier Prozent brach legen? Obwohl doch das, was wir auf dem Acker machen, eigentlich schon ein fantastischer ökologischer Mehrwert sein sollte. Warum werden wir so benachteiligt, wo doch der ökologische Landbau gefördert werden soll? Das läuft gegeneinander. Ich finde es mittlerweile schon bald falsch, den Öko-Landbau so dermaßen zu fördern. Denn die Nische für den Bio-Bauern bricht hier dramatisch weg.

Alexander Wallasch: Ist das nicht auch ein wahnsinniger Zeitaufwand, diese ganzen Anträge zu bearbeiten?

Landwirt: Ja, das sind etliche hundert Stunden im Jahr. … Aber jetzt muss ich mich weiter um meinen Schüler vom Zukunftstag kümmern. Denn bei mir im Betrieb gibt es für alle Aufgaben – das habe ich meinem Schüler vorhin gerade erklärt - nur einen Mitarbeiter, der für alles zuständig ist und der gleichzeitig auch der Betriebsleiter ist, das bin nämlich ich. Und dass macht die ganze Sache manchmal ein bisschen anstrengend. Aber wenn ich das nicht will, dann muss ich es eben lassen. So einfach.

Alexander Wallasch: Eine letzte Frage bitte noch. Ich wollte als Schüler immer Landwirt werden, aber mein Vater sagte, wenn ich kein Land geerbt hätte, dann würde ich immer der Knecht bleiben. Und dann ließ ich es bleiben …

Landwirt: Nein, da hat der Vater leider etwas Falsches geraten: Die Landwirtschaft ist so vielfältig, die Ausbildung ist so umfangreich. Die unterschiedlichen Bildungswege in der Landwirtschaft sind enorm. Also wenn jemand daran Spaß hat, dann ist das das Beste und vielfältigste was man machen kann. Genau so habe ich es eben dem Jungen vom Zukunftstag gesagt: Ich muss lange überlegen, bis mir ein Beruf einfällt, der so … wie soll ich es sagen? … ja, der so geil ist. Das Positive überwiegt. Und ich hoffe, es überwiegt noch lange für mich.

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