Anwalt Holger Fischer: „Habt Ihr aus der der deutschen Vergangenheit nichts gelernt?“

Jetzt spricht der Anwalt der untergetauchten Holocaust-Überlebenden, die zwangsgeimpft werden soll

von Alexander Wallasch (Kommentare: 9)

Begründung der Aussetzung des Beschlusses: Eine Injektion, die einmal verabreicht wurde, kriege ich aus dem Körper nicht wieder heraus und mir ist das Recht, mich dagegen zu wehren, dauerhaft verloren.© Quelle: Rumble/ report24

Eine Holocaust-Überlebende muss untertauchen, um sich einer mRNA-Zwangsinjektion zu entziehen. Größer kann ein Skandal in Deutschland kaum sein. Alexander-wallasch.de spricht mit dem Anwalt der Frau.

Die Komponistin Inna Zhvanetskaya wurde 1937 in der Ukraine geboren. Heute lebt sie in Deutschland. Die Stationen ihres Lebens liefern Stoff gleich für mehrere Bücher.

Aber was die über 80-Jährige jetzt vor einem Stuttgarter Gericht erleben musste, gehört wohl mit zu den düstersten Etappen ihres Lebens: Frau Inna Zhvanetskaya ist aktuell auf der Flucht vor Zwangseinweisung und Zwangsinjektion mit einem mRNA-Stoff.

Gestern dann ein für die ältere Dame erster Hoffnungsschimmer: Der von ihr zwischenzeitlich beauftragte Hanauer Anwalt Holger Fischer erreichte per Eilantrag die Aussetzung des Beschlusses hinsichtlich der mRNA-Zwangs-Injektion, jedenfalls so lange über die eingereichte Beschwerde nicht entschieden ist.

Hier das Gespräch von alexander-wallasch.de mit Holger Fischer, dem Anwalt von Inna Zhvanetskaya.

Alexander Wallasch: Sind sie der Anwalt von Frau Inna Zhvanetskaya?

RA Holger Fischer: Ja, der anwaltliche Bevollmächtigte.

Alexander Wallasch: Wie kam das zustande? Welche Rolle spielt dabei Cornelia P., die laut Beschluss des Gerichts als Betreuerin von Frau Zhvanetskaya bestellt wurde?

Holger Fischer: Im Grunde genommen nur jene Rolle, dass sich die Betreuerin an das Gericht gewandt und eine Unterbringung und Zwangsimpfung für ihre Betreute beantragt haben muss, sonst hätte das Gericht nicht darüber entschieden.

Das heißt, am Anfang all dessen steht immer ein Antrag des Betreuers auf Unterbringung. Ich persönlich habe die Sache hier am 2. Januar 2023 in den eingehenden Emails gefunden von zwischen den Feiertagen.

Und ich bin von Bekannten der Frau Zhvanetskaya angesprochen worden, ob ich mich dieses Falles annehmen würde, es gäbe einen Beschluss über Unterbringung und Zwangsimpfungen.

Die erste Kontaktaufnahme kam über eine Bekannte von Frau Zhvanetskaya, von der ich dann in der Folge auch eine Erklärung bekommen habe, die mir erlaubt, überhaupt mit ihnen zu sprechen.

Alexander Wallasch: Bedeutet das, auch wenn Frau Zhvanetskaya unter Betreuung steht, kann sie durchaus auch einen Anwalt beauftragen in der eigenen Sache?

Holger Fischer: Man kann das sogar als dementer Mensch. Man kann sogar, wenn man vergessen hat, dass man schon einen Anwalt hat, noch einen Anwalt beauftragen und noch einen. Man darf den Leuten nicht abschneiden, sich einen rechtlichen Vertreter in der eigenen Betreuungssache zu nehmen. Auch beispielsweise schwerst dementen, geschäftsunfähigen Menschen darf dieses Recht nicht abgeschnitten werden.

Alexander Wallasch: Sie haben einen Eilantrag gestellt im Hinblick auf die sofortige Zwangsimpfung, woraufhin nun deren sofortige Vollziehung bis zur Entscheidung über die Beschwerde ausgesetzt wurde. Haben Sie die Beschwerde ebenfalls eingereicht oder woher kommt die?

Holger Fischer: Ich habe zwei Anträge eingereicht. Dies ist einmal die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart Bad Cannstatt über die Genehmigung die Unterbringung und für die Zwangsimpfung. Ebenso wurde ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit dieses Beschlusses zum Landgericht Stuttgart eingereicht.

Alexander Wallasch: Wann war das?

Holger Fischer: Letzte Woche habe ich das eingereicht. Zunächst wurde die Beschwerde eingelegt und als zweites der Eilantrag gestellt. Die Beschwerde gegen den Unterbringungsbeschluss legt man bei dem Gericht ein, das den Beschluss erlassen hat. Das Amtsgericht hilft ab oder hilft in der Regel natürlich nicht ab, sonst hätte es die Entscheidung nicht getroffen.

Dann geht es zur Beschwerdekammer am Landgericht. Der Eilantrag auf Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses wurde beim Landgericht gestellt. Damit ist klar, wenn über meinen Eilantrag positiv entschieden wird, dass die Vollziehung, dass Frau Zhvanetskaya untergebracht und zwangsgeimpft wird, geblockt ist, bis das Landgericht mit genügender Zeit sich in die Sache eingearbeitet hat. Bis dahin geschieht nichts.

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Und dann kam heute Morgen mit gestrigem Datum erst mal die Antwort, dass die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung über die Zwangsimpfung bis auf weiteres ausgesetzt ist bis zur Entscheidung über die Beschwerde.

Begründung: Eine Injektion, die einmal verabreicht wurde, kriege ich aus dem Körper nicht wieder heraus und mir ist das Recht, mich dagegen zu wehren, dauerhaft verloren – man kann es ja nicht mehr rückgängig machen.

Dementsprechend bei nicht offensichtlich erfolglosen Anträgen sagt das Gericht: Okay, an der Beschwerde ist was dran, sie könnte erfolgreich sein. Dementsprechend bei vorläufiger, sogenannter „summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache“ wird dann entschieden: Erst einmal Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit des Beschlusses und abwarten, bis die Entscheidung über die Beschwerde vorliegt.

Bei der Unterbringung hat das Landgericht dies nun nicht getan. Die Unterbringung ist weiter sofort vollziehbar und erfolgt genau wie die Zwangsimpfung aufgrund eines Sachverständigengutachtens, das die Erforderlichkeit der Unterbringung festgestellt hat, wie auch offensichtlich die Erforderlichkeit der Zwangsimpfung.

Ich kann mich aber zu dem Gutachten noch nicht äußern, da ich zwar Akteneinsicht beantragt habe und vorab gebeten habe, man möge mir das Gutachten übersenden, aber das liegt noch nicht vor.

Alexander Wallasch: Kann hier ein zweites Gutachten weiterhelfen? Was spräche dafür, dass hier abweichende Ergebnisse zustande kämen?

Holger Fischer: Ich habe das Gutachten noch nicht gelesen. Ich kann über das Gutachten inhaltlich noch gar nichts sagen.

Alexander Wallasch: Aber der Beschluss bezieht sich doch teilweise auf das Gutachten mit klaren Aussagen.

Holger Fischer: Das Gericht stellt Ermittlungen an und die Ermittlungen werden hier angestellt, indem ein Sachverständiger beauftragt wird. Dieser Sachverständige macht ein Gutachten. Das Gericht könnte theoretisch immer sagen: Das genügt uns noch nicht. Wir holen weitere Erkenntnisse ein. Wir müssen noch mal die Betreuungsbehörde beauftragen. Wir müssen irgendwo noch einen Menschen anhören, zum Beispiel den Betroffenen.

Das alles wissen wir hier noch nicht. Das kann ich erst nach der Akteneinsicht sagen, was gelaufen ist. Nur ganz klar: Wenn das Gericht sagt, ich habe ein Sachverständigengutachten eingeholt, wird es mit 99,9 prozentiger Wahrscheinlichkeit diesem Sachverständigen bzw. den Empfehlungen dieses Sachverständigen folgen.

Alexander Wallasch: Aber wie ist es möglich, dass Sie es so schnell erwirken konnten, dass die Zwangsinjektion ausgesetzt wird, aber sie dieses Gutachten noch nicht vorliegen haben? Das ist ja erst mal ein bisschen verstörend für einen Laien.

Holger Fischer: Dieser Beschluss ist so grottig, der hat an so vielen Stellen grobe Fehler, dass das Landgericht wahrscheinlich gar nicht umhin konnte zu sagen: Wir müssen das aussetzen.
Ich nenne mal ein Beispiel: Die Entscheidung – es nennt sich hier nicht Urteil, es wird im Beschlussverfahren entschieden – die hat eine Begründung, die sogenannten Gründe.

In diesen vorliegenden Gründen, Frau Zhvanetskaya betreffend, findet sich keine Begründung dafür, warum eine Zwangsimpfung erforderlich ist. Das steht da nicht drin. Und wenn ich eine Zwangsimpfung anordne, dann müsste ich doch als Richter auch mal schreiben, warum die sein muss. Da steht aber nichts.

Das ist ein solcher Fehler, der einem sofort auffällt. Was darin noch auffällt: Die Betreuerin bekommt genehmigt vom Gericht, dass sie in die Zwangsimpfung einwilligt. Aber es steht drin „nach internistischer Untersuchung“. Was ist aber diese internistische Untersuchung? Doch eigentlich ein Teil der sachverständigen Ermittlungen, der erst erbracht werden müsste, bevor das Gericht entscheidet.

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Alexander Wallasch: Ist das nicht das ärztliche Beratungsgespräch und die Untersuchung, ob die Impfung tatsächlich an einem gesunden Menschen passiert, weil man einen kranken Menschen nicht impfen darf?

Holger Fischer: Zum Beispiel gibt es Kontraindikationen.

In familiengerichtlichen Entscheidungen bei Kindschaftssachen zur Covid-Impfung ist jetzt in die Oberlandesgerichtsebene hinein gesagt worden: Das Gericht prüft nicht die Impffähigkeit. Das macht nur der impfende Arzt. Vielleicht hätte hier auch das Gericht gesagt, wir treffen keine Entscheidung darüber. Dementsprechend ist die internistische Untersuchung nicht in die Erwägungen des Gerichts einzubeziehen.

Man hätte aber genauso gut sagen können: Wir warten mit der Entscheidung über eine Zwangsimpfung bis zu dem Tag, an dem das Ergebnis der internistischen Untersuchung vorliegt. Das ist schon ein bisschen merkwürdig, was da passiert. Allein im Hinblick auf die Zwangsimpfung. Und es gibt die Voraussetzungen des Paragraphen 1906a, BGB, Absatz 1, da steht genau drin, unter welchen Bedingungen eine Zwangsbehandlung, eine Zwangsmedikation vorgenommen werden darf.

Wenn Sie den Beschluss durchlesen, werden Sie selber als Laie zu der Einschätzung kommen, dass diese Voraussetzungen hier nicht geprüft wurden bzw. dass das Gericht nicht begründen kann, dass die vorliegen.

Alexander Wallasch: Warum passiert es trotzdem?

Holger Fischer: Ja, weil die Richterin das so entschieden hat.

Alexander Wallasch: Aber was würden Sie da mutmaßen? Wir haben hier den vorliegenden Fall einer Holocaustüberlebenden. Wir haben hier den vorliegenden Fall einer älteren Dame. Wir haben also alle Wahrscheinlichkeiten, dass der ergangene Beschluss bei Öffentlichmachung erheblich Empörung auslösen würde. Da wundert mich doch dieser Beschluss der Richterin sehr …

Holger Fischer: Ich weiß nicht, was im Kopf dieser Richterin vorgeht. Ich kann nur sagen, dass ich einen Beschluss über eine Zwangsimpfung so noch nicht gelesen habe. Erst recht nicht mit der Begründung.

Und dass der 1906a BGB, soweit er sich auf Zwangsbehandlungen wie Zwangsmedikation bezieht, ursprünglich in der überwiegenden Anzahl der Fälle für Menschen gedacht ist, die in einer psychiatrischen Klinik mit Psychopharmaka behandelt werden müssen. Und Sie werden keine – erst recht nicht vom Bundesgerichtshof – irgendeine Rechtsprechung zu einer Zwangsimpfung finden. Da gibt es nichts.

Das heißt, wir bewegen uns hier in etwas, was neu aufblüht. Offensichtlich in Stuttgart, wo man ja noch andere merkwürdige Entscheidungen trifft – siehe Ballweg –, wo man dann sagt, in irgendeiner Form, das muss jetzt sein in Covid-Zeiten. Das Phänomen habe ich öfter erlebt, dass man, weil es Covid ist, plötzlich von einer Entscheidungstradition oder von einer Rechtspraxis abweicht, die man jahrelang mit großer Sorgsamkeit gepflegt hat.

Alexander Wallasch: Hätte dieser Beschluss, wenn er denn durchgesetzt werden würde, wenn die Frau zwangsgeimpft wird, wenn sie zwangseingewiesen wird, Auswirkungen auf weitere Beschlüsse anderer Gerichte in anderen Städten? Hat das irgendeine richtungsweisende Auswirkung womöglich?

Holger Fischer: Wenn die Beschwerdekammer jetzt in der Beschwerde entscheidet, dann werden sich zunächst die Amtsgerichte im dortigen Landgerichtsbezirk daran orientieren, weil sie ja dann wissen, was die nächste Instanz demnächst kassieren würde, wenn sie anders entscheiden würden.

Das heißt, wenn der Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstadt in der Beschwerdeinstanz aufgehoben wird, würde es vermutlich nie wieder in dieser Weise entscheiden. Das dient als Orientierungshilfe. Und natürlich sind wir Juristen immer auf der Suche nach etwas, woran wir uns orientieren können zur Auslegung des geschriebenen Rechts.

Und dann suchen wir natürlich nach Rechtsmeinungen von irgendwelchen studierten Gelehrten. Wir suchen aber auch nach Präzedenzfällen, wo man sagt, irgendein Gericht hat sich damit schon eingehend beschäftigt. Und das könnte man hier so ähnlich sehen. Das ist ein vergleichbarer Fall.

Alexander Wallasch: Das heißt, dass wir einen ganz wichtigen Fall haben. Aber wir dürfen die Frage nicht ganz vergessen: Was dürfen, können und wollen Sie uns über den momentanen Zustand von Frau Inna Zhvanetskaya sagen? Wie geht es ihr? Können Sie dazu eine Aussage machen?

Holger Fischer: Ich habe von Frau Zhvanetskaya nur die Einwilligung, dass ich über den Fall weiter berichten darf, nicht über sie selbst. Im Moment geht es der Frau gut, und das ist jetzt erst mal entscheidend. Nichtsdestoweniger darf man nicht vergessen, diese Frau ist auf medizinische Hilfe angewiesen, das heißt, sie braucht ihre Medikamente. Und sie braucht auch eine gewisse pflegerische Unterstützung. Sie ist ja 1937 geboren und dementsprechend schon ganz schön alt.

Dieser Beschluss hat es in sich, der da getroffen wurde vom Amtsgericht. Wir haben normalerweise eine Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik wegen eines ärztlichen Eingriffs, der erforderlich ist, oder wegen einer Behandlung, die erforderlich ist, was in der Regel der Grund für die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik ist.

Ein solcher Beschluss ist erst mal darauf gerichtet, dass eine Unterbringung wegen eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens genehmigt wird. Das ist die Voraussetzung für eine Unterbringung.

Und ansonsten gibt es mit Beschluss dann noch die Genehmigung zur Unterbringung in einem Pflegeheim. Das sind aber zwei unterschiedliche Tatbestandsalternativen. Wir haben einmal die Unterbringung im Krankenhaus und die Unterbringung im Heim, die knüpfen an unterschiedliche Voraussetzungen an. Das wird hier in diesem Beschluss aber beides zusammengewürfelt und es wird auch nicht begründet, warum das eine und/oder das andere erforderlich ist.

Alexander Wallasch: Das ist ja kombiniert mit dem Begriff „Geschlossene“. Gilt das für beide Fälle?

Holger Fischer: Ja, im Heim sind das beschützende oder beschützte Wohnbereiche. Und in der Psychiatrie ist es eine geschlossene Abteilung. Aber beides ist geschlossen bzw. es gibt eben Vorrichtungen.

Das können auch Vorrichtungen sein, wie Sensoren, die piepen, wenn man mit einem Armband durch eine Tür durchgeht. Das wäre auch eine Türsicherung und bedarf eines Beschlusses.

In diesem Beschluss habe ich jetzt zwei unterschiedliche Maßnahmen, die aufeinander folgen und die eigentlich, so kenne ich das seit über zwanzig Jahren, so nicht zusammen entschieden werden. Dies habe ich auch noch einmal bestätigt bekommen von einer Betreuungsrichterin, von einem Sachverständigen, den ich sehr lange kenne, und von einer Kollegin, die ich sehr lange kenne. Alle drei sagen, sowas haben wir noch nie erlebt, dass das in Einem beschlossen wird, bei einer Person, die noch zu Hause in ihrer Wohnung lebt.

Denn man muss hier erst einmal die Diagnostik im Krankenhaus und den Erfolg der Behandlung in diesem Krankenhaus abwarten. Dann würde das Gericht ein neues Gutachten beauftragen. Und würde sagen: Ist die Frau jetzt wirklich nach dieser Krankenhausbehandlung dauerhaft unterbringungsbedürftig? Bei den hiesigen Amtsgerichten bekomme ich einen solchen Langfristbeschluss maximal für ein Jahr.

Ich bekomme immer zwei Beschlüsse: Einen fürs Krankenhaus. Und wenn es dann noch nötig ist, eben auch für das Heim.

Alexander Wallasch: Sie sind ja Fachmann für solche Betreuungsfälle. Sie machen aber auch aus Ihrer Haltung zur mRNA-Injektion kein Geheimnis. Hatten Sie Bedenken, dass das eventuell nicht nur positive, sondern auch negative Auswirkungen für die Vertretung von Frau Inna Zhvanetskaya haben könnte? Dass Sie in der Sache kein unbeschriebenes Blatt sind?

Holger Fischer: Da könnte ich jetzt mal sagen, Frau Zhvanetskaya sieht das ja erst mal so wie ich auch. Oder wie sie es ziemlich klar und deutlich ausdrückte: Ich habe mich bisher nicht impfen lassen und ich will es auch in Zukunft nicht tun. Das ist ihre Ansage mir gegenüber.

Alexander Wallasch: War das von klarem Verstand geprägt? Das ist ja eine wichtige Sache. Haben Sie das Gefühl, das war eine klare und aus einer Nachdenklichkeit heraus resultierende Äußerung?

Holger Fischer: Der sogenannte „natürliche Wille“ eines Betreuten reicht aus, auch der natürliche Wille eines Menschen, der möglicherweise in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt oder geschäftsunfähig ist aber sagt: Ich möchte diese Impfung nicht. Dann habe ich das als Betreuer zu beachten. Dies ist gesetzlich so geregelt.

Wir Betreuer müssen bei ärztlichen Handlungen dem natürlichen Willen, wir müssen überhaupt immer den Wünschen des Betroffenen folgen, wir müssen immer den Wunsch des Betroffenen nach Möglichkeit erfüllen. Wir müssen den natürlichen Willen beachten, wenn wir entscheiden. Das heißt, einen entgegengesetzten Willen des Betroffenen, sich nicht impfen zu lassen, habe ich als Betreuer zu respektieren, wenn ich selbst Betreuer bin.

Alexander Wallasch: Aber doch nur bis zu dem Punkt, wo gesichert ist, dass diese Entscheidung nicht unmittelbar das Leben des Menschen gefährdet …

Holger Fischer: Moment, Moment … und es gibt den mutmaßlichen Willen. Und der mutmaßliche Wille ist anhand von Zeugen oder anderen Beweismitteln zu erforschen.

Der mutmaßliche Wille bei Leuten, die früher mal den Willen hatten und diesen jetzt nicht mehr äußern können. So ist die Abstufung. Und dann müsste man jetzt sagen: Das gilt! Und dann kann man natürlich als Gericht spekulieren und sagen: Der Mensch kapiert gar nicht, wie gefährdet er ist. Dann muss aber klar sein, dass die Gefährdung so groß ist, dass sie wieder die Voraussetzungen des 1906 a BGB erfüllt. Dass es also kein milderes Mittel als den Zwang gibt und dass die Bedrohung eines erheblichen gesundheitlichen Schadens vorliegt.

Alexander Wallasch: Das heißt, das Gericht hätte sich dann mit der mRNA-Injektion auseinandersetzen müssen?

Holger Fischer: Oder erst einmal damit, ob die Gefahr von COVID-19 so groß ist, diese Frau gegen ihren Willen impfen zu müssen, weil sonst ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht. Das hat das Gericht aber erst mal gar nicht in seinen Beschluss reingeschrieben. Ja, insofern wissen wir nicht, wie das Gericht denkt und wie es überhaupt zu der Entscheidung gekommen ist. Wir können es lediglich vermuten.

Und ansonsten muss man erst mal sagen: Es gibt ein vom Bundesverfassungsgericht mehrmals bestätigtes „Recht der Freiheit zur Krankheit“. Das Recht der Freiheit zur Krankheit bedeutet: Ein Mensch darf sagen, ich habe ein Recht zur Krankheit. Ich habe ein Recht, mich nicht behandeln zu lassen, selbst wenn es bedeutet, dass ich weiter in einer geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie bin oder sonst was. Aber ich habe ein Recht zur Krankheit. Ich habe ein Recht, mich nicht behandeln lassen zu wollen. Und das gilt natürlich nicht nur für Psychopharmaka, wo sich der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht bereits auseinandergesetzt haben, sondern auch für eine Impfung, wo es diese spezifische Rechtsprechung bisher gar nicht gibt. Wenn ich überhaupt einen Vergleich ziehen wollte, muss ich sagen: Ein Recht der Freiheit zur Krankheit habe ich als Patient auch bei einer Impfentscheidung. Ich habe das Recht, ein eventuelles Risiko einer möglichen Covid-Infektion oder auch jeglicher anderen Infektion in Kauf zu nehmen.

Alexander Wallasch: Was die Menschen besonders empört hat, war, dass Frau Inna Zhvanetskaya Holocaust-Überlebende jüdischen Glaubens sei. Was wissen Sie über das Schicksal der Familie und das Schicksal von Frau Zhvanetskaya?

Holger Fischer: Es spielt meiner Meinung nach weniger eine Rolle, dass die Frau jüdischen Glaubens ist, als dass hier das Betreuungsrecht nicht beachtet wurde. Die jüdische Herkunft spielt allerdings insoweit eine Rolle, als diese Frau 1937 nach meinem Wissen auf ukrainischem Boden geboren wurde, damals Sowjetrepublik, also einem Gebiet, das unter deutscher Besatzung stand und wo Juden verfolgt wurden.

Danach hat sie wohl einen wesentlichen Teil ihrer Sozialisation in einer bürgerlichen Familie auf russischem Gebiet verbracht. So hat man es mir berichtet. Adolf Hitler ist 1941 in die Ukraine einmarschiert.

Wir haben von der von mir sehr geschätzten Frau, die diesen Fall öffentlich gemacht hat und die ebenfalls jüdischer Herkunft ist, aus einem Bericht auch etwas über die ersten Lebensjahre von Frau Inna Zhvanetskaya erfahren. Das kann man dort auch noch einmal nachlesen.

Ich möchte auch klar machen, dass von einer Zwangsimpfung oder von einer Unterbringung unter diesen Bedingungen ein Muslim, ein Christ, ein Atheist, ein Buddhist, genauso betroffen wäre, wie Frau Zhvanetskaya auch.

Der Unterschied ist nur, dass ein Gericht hier in ganz viele Fettnäpfchen getreten ist. Und der Riesenfettnapf ist die jüdische Herkunft - mögliche Kindheitstrauma infolge dieser jüdischen Herkunft sind nicht auszuschließen …

Alexander Wallasch: Ein deutsches Gericht …

Holger Fischer: Warum spürt das Gericht das nicht? Warum spürt man in Deutschland mittlerweile so wenig? Warum hat man so wenig Sensibilität? Das ist das, wo ich dann sagen würde, das ist dann der Skandal. Und den Deutschen muss man sagen:

Ihr spürt schon wieder nichts und dabei hattet ihr doch alle gesagt, ihr habt aus der deutschen Vergangenheit gelernt. Den Eindruck hat man aber nicht.

Durch den alleinigen Fokus auf Corona haben sie häufig das Maß verloren und die Menschen sind entfremdet von sich und den anderen, erkennen das Wesentliche nicht mehr: Dass es um die Menschlichkeit geht. Und um Demut.

Alexander Wallasch: Danke für das Gespräch!

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