Hausdurchsuchung, Bademantel, Verbotsverfahren. Und jetzt das erlösende Urteil für Compact und Blattmacher Jürgen Elsässer. Die Neuen Medien haben im Zeitfenster zwischen Hausdurchsuchung und endgültiger Verbotsaufhebung kaum Kritik an der Arbeit von Elsässers Compact geübt. Es wäre auch billig gewesen, die Vorgehensweise des Staates gegen Compact zu stützen, indem man in etwa sagt: Na ja, aber …
So ein „aber“ gerät zu schnell auf die schiefe Bahn und relativiert staatliches Unrecht. Was aber vielfach zu spüren war, war ein schlechtes Gefühl dabei, die Arbeit von Jürgen Elsässer zu verteidigen, ohne dabei – selbst auferlegt – ein kritisches Wort zum Inhalt von Compact üben zu dürfen. Die Sehnsucht nach einem erlösenden Disclaimer?
Anwalt und Bestsellerautor Joachim Steinhöfel hat heute im Gespräch mit Maximilian Tichy als erster die Interims-Schutzfolie von Compact abgezogen und das Magazin massiv kritisiert als Schmutzheft „mit widerlichen revisionistischen, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Inhalten“.
Jürgen Elsässer und Anwalt Dr. Ulrich Vosgerau haben ihren Prozess gewonnen. Damit ist die Diskussion eröffnet. Aber wie viel Kritik ist statthaft? In der Leserschaft und Fangemeinde der Neuen Medien wird gern und häufig reflexartig eine Solidarität eingefordert und gegen angebliche Nestbeschmutzer geshitstormt. Angeblich säßen doch alle in einem Boot.
Aber stimmt das wirklich? Kann es vielleicht sein, dass einige Portale bzw. Publikationen gemäßigter agieren und immer den Budenzauber der Raubeine mit ausbaden müssen nur um am Ende selbst im schlechten Licht dazustehen? Oder knapper: Die einen bemühen sich, sorgfältig zu arbeiten und zu recherchieren und zu berichten, während die anderen sich um solche Feinheiten nicht scheren für ein paar Klicks mehr?
Man hört es sehr oft: Ihr müsst mehr zusammenhalten und Dinge gemeinsam ausfechten. Wenn aber diejenigen Portale, welche die wenigste Rücksicht auf journalistische Regeln nehmen, immer wieder negative Aufmerksamkeit auf die Neuen Medien lenken, welcher Mehrwert soll dabei entstehen?
Wer gehört zu diesen neuen Medien, wer wird dazu gerechnet? Das sind zunächst einmal „Achse des Guten“, „Tichys Einblick“ und auch Alexander-Wallasch.de. Dushan Wegner betreibt eine Webseite, die unter dem Begriff „Freie Denker“ Portale zusammenfasst, die zu diesen Neuen Medien gehören.
Wie sieht es hier mit neueren Portalen wie „Nius“ von Julian Reichelt (Ex-„Bild“) aus? Gemessen an der Leserschaft ist die Schnittmengen hier entlang der Analyse-Tools besonders groß. Oder bleibt „Nius“ Mainstream, etwa wie „Cicero“ oder die „Neue Zürcher Zeitung“? Die haben zwar beide ebenfalls Schnittmengen zu den Neuen Medien, halten aber weiterhin den Anschluss an die Mainstreammedien und weisen ein entsprechendes Personalkarussell auf. Irgendwo dazwischen schwebt „Epoch Times“ hinter der Bezahlschranke.
Bei Dushan Wegner nicht präsent sind Portale wie „Youwatch“ und „PI-News“ oder der „Deutschlandkurier“. Etwa „PI-News“ wird regelmäßig vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem markiert. Was von VS-Zuordnungen grundsätzlich zu halten ist, haben die letzten Jahre nachdrücklich bewiesen: Der Verfassungsschutz wird als politisches Instrument der Bundesregierungen missbraucht und zur politischen Feindbekämpfung eingesetzt. Auch im Fall von „PI-News“ und „Compact“?
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Aber nochmal: Müssen zuletzt die – wie beschreibt man das – gemäßigten bzw. die zurückhaltenden, journalistisch sorgfältigen Magazine und Portale der Neuen Medien unter dem Hammer-und-Amboss-Journalismus der radikaleren Neuen Medien leiden?
Tichys Einblick hat sich in den letzten Jahren auch inhaltlich immer wieder abgegrenzt – übrigens auch gegen eigene Autoren! Prominente Fälle hier Jürgen Fritz oder David Berger. Und es war auch für Tichy bisweilen mit großen Nachteilen verbunden.
Welchen Mehrwert hat es also, sich abzugrenzen und für sich klarzustellen, wo Journalismus endet und politischer Aktivismus beginnt, wenn am Ende jeder dran ist und ein politischer Verfassungsschutz und etwa die Landesmedienanstalten auch jene verfolgen, ausgrenzen und diffamieren, die noch eine Unterscheidung treffen?
Der Mehrwert besteht mindestens in der Selbstwahrnehmung und im Berufsethos. Die Neuen Medien kritisieren zu Recht regelmäßig die Arbeit von Journalisten wie Georg Restle – öffentlich-rechtlicher Moderator von Monitor – als so etwas wie einen regierungsnahen Propaganda-Chef. Auch ein Ulf Poschardt von der „Welt“ hätte niemals einen Orden der Ukraine für Waffenbeschaffungspropaganda annehmen dürfen – ein journalistischer Supergau!
Wie genau nehmen es Vertreter der Neuen Medien mit der eigenen Rolle im Spannungsfeld zwischen Journalismus und Aktivismus? Zwischen einem Post auf X und einem Artikel auf dem eigenen Portal?
Wie journalistisch ist es noch, seinen Lesern eine Höcke-Medaille in Silber zu verkaufen und darf man Kuratoriumsmitglied einer politischen Stiftung sein?
Grundsätzlich gilt: Medien sind als Vierte Gewalt oppositionell orientiert. Sie sind von Natur aus oppositionsnah und wurden dafür vom Grundgesetz mit besonderen Rechten ausgestattet. Ihre Aufgabe besteht darin, die Regierungen zu kontrollieren und nicht, mit ihnen zu kooperieren.
Die Kunst besteht darin, sich journalistisch nicht mit einer Sache gemein zu machen, auch wenn es die eigene ist. Journalismus darf nicht gefallen wollen. Demgegenüber verlangen die Geschäftsmodelle der Neuen Medien danach, zu gefallen, wenn Leser hinreichend unterstützen sollen.
Hier kann die Arbeit des Journalisten und der Betreiber der Neuen Medien nur darin bestehen, immer wieder deutlich zu machen, dass er bereit ist, persönliche Abweichungen von der journalistischen Ideallinie immer wieder neu zu korrigieren und zu justieren.
Es geht um journalistische Integrität und Glaubwürdigkeit. Nur hier kann das Alleinstellungsmerkmal und der eigentliche Wert der Neuen Medien verortet liegen. Das ist dann auch die Eintrittskarte in den Schutzraum der Kollegen. Das ist der Stellplatz in einer gemeinsamen Wagenburg.
An meine Leser: Erinnern Sie mich, wenn Sie das Gefühl haben, dass ich von diesem Ideal abweiche. Bedenken Sie dabei aber bitte zu meinen Gunsten, dass sich ein Meinungsstück immer von einer Nachricht unterscheidet.
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Kommentar von Ulric
"... da hat (Steinhöfel) was gesagt...", "... was als Eindruck beim Bürger bleibt..."
Wenn er anklingen läßt: "Schmutzheft mit widerlichen revisionistischen, antisemitischen und verschwörungstheoretischen Inhalten“, dann MUSS er konkrete Beispiele bringen. So aber beschädigt er selbst seine Seriosität. (in meinem Fall: dauerhaft.)
Für Jarno Olbrecht: "... ach so moralischer Steinhöfel..." war klasse.
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Kommentar von Carl Peter
Warum ich gestern wieder in alten Klaus Staeck Katalogen herumblätterte:
Frau Merkel, die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin, hat nun etwas mehr Zeit für ihr Privatleben, und so hat sie sich meiner mehr oder weniger lapidaren Existenz als einfacher Bürger wieder angenähert.
Ihre amtliche Einflussnahme auf mein Privat- und Arbeitsleben war sehr groß, und ich habe mitunter verzweifelt versucht, die Schäden, die sie bei mit verursacht hat, möglichst klein zu halten, was mir erstaunlich gut gelang.
Ich weiß sehr wohl, dass Politiker immer alle Bürger über einen Kamm scheren müssen, bis auf die wenigen, auf die sie keinen Einfluss haben, und diese altgermanische Redewendung da auch garnicht anwenden wollen, aber jemand wie ich musste doch arg zappeln, bis ich mich selbst von verschiedenen Haken befreien konnte, etwa von diesem Corona-Haken, der für mich fortan als Synonym für alles steht, was mich als ordinären Bürger ausweisen soll.
Man merkt, ich nehme das übel, vor allem der Frau Merkel, der ich nur ein einziges Mal quasi irrtümlich und schicksalhaft allein in der Berliner Philharmonie gegenüberstand - ihre überraschten Bodyguards wissen mit Sicherheit noch, wovon ich spreche, nur ich selbst weiß nun wirklich nicht mehr, wann genau das war und es war ja keine Bürger-Fragestunde im Bundeskanzleramt, sondern ein Konzert.
Schwamm drüber, steht bestimmt in irgendwelchen Berichten, sonst wäre es doch Schlamperei, oder?
Mit dem Begriff Schlamperei komme ich nun zu meiner Betrachtung von Frau Faesers Versuch, u. A. einen völkisch-ethnischen Begriff des deutschen Volkes mit dem Compact-Verbot zu unterlaufen - also dem zugrundeliegenden Widerspruch einer zu bewahrenden "ethnokulturellen Identität", die sich nicht gegen andere ihr dagegenstehenden "ethnokulturellen Identitäten" behaupten darf, es also als ein Grundprinzip eines künftigen Ungleichgewichts zwischen einer zu bewahrenden und einer dagenstehenden "ethnokulturellen Identität" anzusehen und zu akzeptieren.
Mir fällt dazu nur der in der Sache natürlich völlig unzutreffende Begriff "Versuchskanninchen" ein, der dann aber ja für alle anzuwenden wäre, oder die "Indianerbücher" von Karl May im Sinne des "verschwundenen Amerikaners".
Ich vermute, in diesem Sinne hat das Gericht das Verbot allerdings nicht aufgehoben, und ich interpretiere die Urteilsverkündung dahingehend, daß in der Verkündung eine etwas umständliche Drohung versteckt wurde, es Compact etwa gleichtun zu wollen.
Der "Persilschein" für Compact gilt nur für Compact, und es wage niemand, auf Grundlage dessen nun erlaubter Präsenz, ein Millionenpublikum zu generieren - das wünscht sich vielleicht auch Herr Steinhöfel, den ich vor wohl über 20 Jahren niemals auf einer alternativen Medien-Seite vermutet hätte.
Mich erschreckt es aber schon zu Genüge, dass der sogenannte "Mainstream-Journalismus" auf mich wie ein militärischer Komplex mit einem NGO- Geheimdienst wirkt, der ein Millionenpublikum in Schach hält - ein Gegenteil dessen, ist für mich aber genauso schlimm, dann dreht sich nämlich alles in einem Kreis.
Als passionierter Autofahrer will ich aber auch mal gradeaus fahren, und nicht in einem Bamberger Gefängnis nur im Hof kreisen dürfen.
In wenigen Wochen liegt dann eine ausführliche Urteilsbegründung vor, und ich hoffe, das Recht kann sich da auch selbst rechtfertigen, was leider oft genug nicht der Fall ist.
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Kommentar von Jarno Olbrecht
@Karl Kallisto
Ich nehme an, unter Menschen mit "untrüglichem moralisch ethischem Kompass" subsumieren Sie alle, die ihre Privatmeinung teilen? Was an Steinhöfels quasi Unterwerfung vor der "Unseredemokratie" Junta nun besonders wertvoll sein soll, oder gar überfordern, haben Sie leider vergessen uns mitzuteilen?
Ich selbst beschäftige insgesamt 3 Anwälte. Zwei kümmern sich um Firmenbelange, der andere vertritt uns bei privaten Rechtsangelegenheiten. Es ist noch niemals vorgekommen, dass einer von denen mir seine Meinung über mein Geschäft oder Privatleben mitgeteilt hat noch seine politischen Ansichten. Mir würde auch kein einziger Grund einfallen, weshalb dies nötig wäre, oder warum ich die Kanzlei danach noch weiter bezahlen sollte? Im ehemaligen Deutschland scheinen Glaubensbekenntnisse und dieser geheuchelte Moralexhibitionismus aber mittlerweile normal zu sein.
Ihr ach so moralischer Steinhöfel ist nämlich in Wahrheit ein selbstgerechter Opportunisr, der genug Angst vor dem System hat, um in dessen Richtung zu brüllen: Ich gehöre zu euch! Solche Menschen finde ich wesentlich schlimmer, als die Roten oder Grünen. Die ziehen ihren Stiefel nämlich durch, falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist. Aber wahrscheinlich hat Ihnen das noch keiner ihrer favorisierten Vorbeter erklärt, stimmt`s?
Aber keine Sorge: Bei Tichy, Achse und Konsorten erscheinen sicher wieder 12 bis 20 Artikel, wie geil Steinhöfel ist und warum er ein Held ist, nur weil er seinen verdammten Job gemacht hat - für den er fürstlich entlohnt wird. Da kann man nachher schon mal über die Kunden herziehen. Ich finde es ekelhaft.
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Kommentar von Jarno Olbrecht
Mir geht dieser Steinhöfel, mit seinem selbstgerechten Habitus, schon seit längerem auf den Docht.
Mich interessiert auch nicht seine Privatmeinung. Aber scheinbar ist es in Deutschland mittlerweile eine Art Pflicht bzw. ein innerer Drang, jedem Menschen seine privaten Ansichten und Befindlichkeiten mitzuteilen. Wen interessiert es, was Steinhöfel über Zeitungen denkt? Ich stelle mir dann immer vor, ich würde meinen wirklich gut betuchten Kunden, erzählen was ich davon halte, dass sie ihre Kinder von Nannys großziehen lassen, während die Dame des Hauses sich gegen 10 Uhr den vierten Drink anrührt... Das geht mich verdammt nochmal einen Scheißdreck an und es interessiert mich auch nicht.
Ich glaube aber, bei Steinhöfel, Tichy, Achse und u.a. "Harmlos"- Konservativen hat das rote Gift längst gewirkt. Diese Leute sichern sich ab und passen die eigene Meinung soweit an, dass sie niemals den Kreis von "Unseredemokratie" ganz verlassen. Aus meiner Sicht sind diese Kreise aber das Hauptproblem, weil sie echte Gegenwehr verhindern und immer noch nicht den Vernichtungswillen der anderen Seite begreifen wollen. Das sie für das System keine echte Gefahr darstellen, sieht man am Umgang mit echten Widerständlern, wie Kellner, Brandenburg, Sellner etc. Die würden ihre Arbeit/Aussagen auch nicht im Nachhinein rechtfertigen und reinwaschen wollen, wie Steinhöfel das hier tut.
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Kommentar von Karl Kallisto
Joachim Steinhöfels Scharfsinn kombiniert mit seinem untrüglichen moralisch-ethischen Kompass kann Menschen überfordern.
Danke, Herr Steinhöfel, für Ihren kraftvollen Einsatz für die Meinungsfreiheit, bei gleichzeitiger Abgrenzung gegen unästhetische Nutznießer derselben.
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Kommentar von Charlotte Hinterhuber
Es ist auch noch etwas eigentlich witziges. Ich merke mir Namen von Autoren nur dann, wenn ich sie für schlecht befinde. Was Literatur angeht, schreibe ich mir die sogar auf, damit ich nicht mehr aus Versehen nochmal was von ihnen kaufe. Bei den sogenannten alternativen Medien wie Tichy und Broder behalte ich sie mir auch so und dann bleibt nicht mehr viel übrig.
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Kommentar von Charlotte Hinterhuber
Herrn Steinhöfels Kommentare lese ich nicht. Er darf gerne ein guter Anwalt sein, der punktgenau ein Urteil begründen kann. Aber was er ansonsten nicht punktgenau begründet, sondern aus seinem Bauchgefühl heraus von sich gibt, interessiert mich nicht. Compact habe ich gefunden während der Corona-Terrorzeit. Ich habe gedacht, es kann doch nicht sein, dass alle verrückt geworden sind, außer ich und sie schienen nicht verrückt geworden zu sein. Natürlich lese ich Tichy und Broder aber zunehmend weniger. Bei Tichy auf jeden Fall Pätov und bei Broder den Sonntagsfahrer aber wenn es um Krieg und Atomkraft geht, also ich habe schon länger keinen Artikel mehr geöffnet.
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Kommentar von winfried Claus
Der Typ findet auch Massenmörder gut, wenn es gute Juden sind. Nun mit der Meinungsfreiheit hat er allerdings Recht, mit dem Rest nicht!
Antisemiten sind die, die Juden hassen, nur weil sie Juden sind!
(Def. Finkelstein)