Niemand macht sich da oben die Finger schmutzig, wieder ist es gelungen, die Bürger aufeinanderzuhetzen

Nein, diese Klimakleber sind nicht das Problem, sie sind allenfalls das Symptom

von Alexander Wallasch (Kommentare: 17)

Der Staat sieht seine Macht solidiert, nur noch jene NGOs, welche sich dem Herrschaftsanspruch unterwerfen, werden dafür durch unbefristete Alimentation belohnt. Aber wer die Waffen jetzt nicht niederlegt, wer den Klebetuben nicht entsagt, wird entsorgt.© Quelle: Youtube RBB24

Der pawlowsche Reflex gegen Klimakleber mag verständlich sein. Aber er ist vor allem auch so gewünscht von der Politik, sorgt er doch dafür, dass der Bürger seinen Unmut nicht dorthin trägt, wo er seine Ursache hat, zurück in die Politik, hinauf in die Ampelregierung.

Haben die Klimakleber die Corona-Maßnahmen und Lockdowns beschlossen, unterstützen sie die Lieferungen schwerer Waffen in die Ukraine, haben sie etwa 2015 die Massenzuwanderung nach Deutschland beschlossen oder haben sie die Energiekrise ausgelöst?

Nein, das waren die Bundesregierungen unter Merkel bzw. die Ampel mit einem Kanzler, der schon unter Merkel ihr treuer folgsamer Minister war.

Die meist jungen Leute mit den Klebstofftuben auf der Straße sind die nützlichen Idioten. Und bis hoch hinauf zum Generalsekretär der Vereinten Nationen wird hier noch Öl ins Feuer gegossen und demokratische Rechte werden via Ausnahmezustand außer Kraft gesetzt.

Ich muss zugeben, ich hatte in den letzten Tagen ein mulmiges Gefühl beim Lesen diverser Artikel zur "Letzten Generation" samt Anwürfen wegen eines Fahrradunfalls mit Todesfolge.

Mal ganz nüchtern überlegt: Staus gibt es in ganz Deutschland, überall wird Geld rausgeschmissen, aber für eine vernünftige Verkehrssituation, für schnellere Reparaturen, Wartungen oder gleich Neubauten fehlt das Geld. Überall wird gestückelt. Wer von Hannover nach Flensburg oder von Würzburg nach Frankfurt will, der orientiert sich am Baustellen-Stau-Melder. In den Innenstädten ist Stau die Regel und nicht die Ausnahme.

Man muss sich zwangsläufig fragen, wie viele Menschen dadurch schon in große Bedrängnis geraten sind, weil diese Staus Rettungswagen behinderten oder Bergungsfahrzeuge nicht schnell genug an die Unglückstelle kamen. Für diese Schlampereien sind Politiker verantwortlich. Wie viele Todesfälle hätten verhindert werden können?

Aber das nur als Gedankenanstoß, denn darum geht es mir nicht einmal.

Mulmig ist mir geworden, als ich querbeet von den etablierten Medien bis zur CDU und von den Alternativen/Neuen Medien bis zur AfD las und hörte, wie man sich gemeinsam über diese Klima-Rebellen erregt. Eine vergleichbare Einigkeit durch fast alle Lager findet man höchstens noch, wenn es um den Ukrainekrieg geht, wobei wir hier die AfD in weiten Teilen ausnehmen dürfen.

Bisher lief das ja ganz gut mit dieser Phalanx aus Streetfightern und Regierung, Antifa und Ampel arbeiten ebenfalls Hand in Hand. Aber jetzt wollen diese Klimarebellen nicht mehr die Fußsoldaten der Ampel sein.

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Die "Letzte Generation" und andere Aufgeregte scheinen langsam begriffen zu haben, dass sie von der Ampelregierung instrumentalisiert wurden. Die Regierung wird auch hier zunehmend als Klientel-Politik und Herrschaftsklasse begriffen – getreu dem alten 68er-Motto: Trau keinem über dreißig.

Christian Lindners Ministerium wurde geentert, der FDP-Chef erklärt sich zunächst noch solidarisch, dann aber nutzt auch er die Gunst der Stunde, sich über den Todesfall von diesen unberechenbar gewordenen Klebstoffschnüfflern zu distanzieren. Zynismus pur. Bundeskanzler und Innenministerin sind ebenfalls auf Distanz gegangen.

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen. Die Straßenbanden werden nicht mehr gebraucht, der Staat sieht seine Macht solidiert, nur noch jene NGOs, welche sich dem Herrschaftsanspruch unterwerfen, werden dafür durch unbefristete Alimentation belohnt. Aber wer die Waffen jetzt nicht niederlegt, wer den Klebetuben nicht entsagt, wird entsorgt.

Die Ampel dokumentiert hier deutlich, in welcher politischen Metamorphose sie sich derzeit befindet: Von der Machteroberung hin zur Etablierung des Machtanspruchs. Man ist großzügig, aber die außerparlamentarischen Kampftruppen sollen jetzt Mäßigung an den Tag legen, der Feind von rechts wird als besiegt betrachtet. Der Bürger ist gezähmt, eingehegt, wehrlos.

Mich erstaunt hier insbesondere, wie willfährig sich auch regierungskritische konservative Stimmen vor den Karren der Ampel spannen lassen in ihrem Furor gegen diese jugendlichen Straßenkleber und Kartoffelbrei werfenden Bilderstürmer. Natürlich sind diese nach Aufmerksamkeit heischenden Maßnahmen der Klimakleber nicht besonders klug gewählt. Von der bösen, zwischenzeitlich vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung kann man durchaus sagen, dass diese letzte Generation von rechts unter Martin Sellner und Co die besseren Ideen hatte.

Denn wenn man – wie auch immer – Deutschland im Sinn hat, ist es nachvollziehbar, warum das Brandenburger Tor besetzt wurde. Oder wenn man zuwanderungskritisch denkt, dann mit einem Schiff aufs Mittelmeer hinauszufahren und sich vor Ort das Treiben der so genannten Seenotretter einmal genauer anzuschauen.

Was allerdings Kartoffelbrei an einem alten Gemälde aussagen will, wenn es um das Klima geht, ist schwer nachvollziehbar. Aber überlegen wir doch mal: Was wäre sinnvoll aus der Perspektive der Klimakinderkleber?

Die Aktionen sollten sich gegen das richten, was man verteufelt. Idealerweise gewaltfrei, kreativ und unglaublich nervig. Wenn ich also der Meinung bin, dass Autos das Klima zerstören, dann ist die Idee, den Autoverkehr zu blockieren so abwegig nicht. Und es passiert gewaltfrei.

Selbstverständlich ist es im selben Moment Aufgabe des Staates, diese Aktionen als das einzuordnen und zu behandeln, was sie sind: Straftaten. Und diese entsprechend zu verfolgen und zu bestrafen. So funktioniert das Spiel zwischen Staat und außerparlamentarischer Bewegungen. Die 68er legten es gezielt mit ihren Aktionen darauf an, immer ein paar Märtyrer in den Knästen zu haben.

Nein, diese Klimakids sind nicht unser wichtigstes Problem. Diese jungen Leute sind nun einmal, was sie sind. Und sie machen auch nichts anderes als die Anti-Corona-Bewegungen oder etwa Kritiker an einer Überfremdung a la Pegida. Sie machen auf ihr Problem aufmerksam, wenn auch mit dem Anliegen gegenüber eher zweifelhaften Mitteln.

Nur, weil sich die Ampelregierung einer Weltuntergangsatmosphäre bedient, um demokratische Rechte der Bürger zu beschneiden, wie sie es unter den Corona-Maßnahmen trainiert haben, heißt das nicht, dass die Alternativen/Neuen Medien und Regierungsgegner im gegenüberliegenden Lager über jedes hingehaltene Stöckchen beziehungsweise über jedes Klebemädchen springen sollten.

Die Herrschenden entsorgen gerade ihre Kampftruppen und sind dabei noch schlau genug, sich nicht selbst die Finger schmutzig zu machen.

Die AfD fordert: „Asphaltkleber, die von Grundsicherung leben, sollten Bürgerarbeit leisten.“ Das ist leider so miefig wie die Forderung der CDU in den 1970er Jahren: „Dann geh doch rüber“, mit Blick auf die DDR.

Tichys Einblick möchte härtere Bandagen sehen: „Wer hier noch von ‚zivilem Ungehorsam' spricht, hat das Wesen der Demokratie nicht verstanden.“ Warum nicht gleich wieder von Langhaarigen und Bombenlegern sprechen?

Die Achse des Guten reiht sich hier nahtlos ein, die konservative Seele mit Anleihen aus dem Gelsenkirchner Barock blüht regelrecht auf: „‚Dann bleib halt zu Hause oder geh‘ arbeiten und kleb dich nicht auf die Straße!', möchte man rufen“.

Polizeigewerkschaftler Rainer Wendt lässt die Katze aus dem Sack und ruft gleich mal nach dem Verfassungsschutz: „Der Einsatz des Verfassungsschutzes zur gezielten Beobachtung dieser Gruppierung sei deshalb angemessen und auch dringend geboten“, zitiert der Beamtenbund den Polizisten.

Man kann es regelrecht hören, wie sich die Ampelvertreter die Hände reiben. Was außer Kontrolle gerät, wird jetzt von der Opposition abgeräumt, niemand macht sich da oben die Finger schmutzig, wieder ist es gelungen, die Bürger aufeinanderzuhetzen.

Und als wären die letzten fünfzig Jahre nie passiert, hat sich die BILD gleich mal an die Spitze dieser Ampelerfüllungsgehilfen wider Willen gesetzt und titelt: „Klima-Kleber VERACHTEN die Demokratie!“

Ernsthaft? Wer verachtet die Demokratie? Wer ist der Feind der Demokratie? Etwa diese paar aufgeregten Kinder, die sich da auf Straßen kleben? Wer hat denn den Verfassungsschutz angewiesen, die Opposition in und außerhalb der Parlamente mit dem neuen Anwurf einer „Delegitimierung des Staates“ zu verfolgen und mundtot zu machen?

Wer hat sich mit den öffentlich-rechtlichen und privaten Medien in einer Art Syndikat der Herrschenden zusammengetan und somit die Medien in ihrer Funktion als vierte Säule der Gewaltenteilung unterwandert? Wer verantwortet die Inflation, wer weigert sich, alles dafür zu tun, den Krieg in der Ukraine endlich mit den Mitteln der Diplomatie zu beenden? Wer verweigert sich, dem Wohle des deutschen Volkes zu dienen, es zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden?

Nein, diese Klimakleber sind sicher nicht das Problem, sie sind allenfalls das Symptom.

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