Kulturstaatsminister Wolfram Weimer wurde 2009 für fünf Jahre in den Medienrat der Medienanstalt Berlin-Brandenburg („mabb“) gewählt. Anfang 2015 schied er aus dem Medienrat aus. Im Zusammenhang mit seiner Wahl 2009 hinterlegte Wolfram Weimer umfangreiche Eckdaten zu seinem Lebenslauf.
Um sicher zu gehen, befragten wir vorab den Medienrat, der telefonisch bestätigte, dass diese biografischen Daten „grundsätzlich von den Betreffenden selbst geliefert“ werden.
Behauptet wird demnach von Weimer selbst, er wäre der beste Abiturient Hessens in seinem Jahrgang gewesen: „Abschluss: Abitur, Notendurchschnitt: 1,0 (Bester Jahrgangsabiturient Hessens)“ Diese Informationen tauchen in vielen biografischen Infos zu Weimer auf, wirken dort aber wie ein Echo von Weimer selbst.
Die Bezeichnung „bester Jahrgangsabiturient Hessens“ hat es ohne zugeordneten Beleg bis in Weimers Wikipedia-Artikel geschafft. Der Wikipedia-Artikel „Wolfram Weimer“ wurde erstmals im Juli 2005 angelegt, „Bester Jahrgangsabiturient Hessens“ kam im Februar 2010 hinzu und führte unter den Wikipedia-Autoren zunächst zu Diskussionen.
In seiner 2023 veröffentlichten, ebenfalls umfangreichen Selbstdarstellung auf Weimers eigener Webseite taucht die Behauptung nicht mehr auf. Hier wird zudem auch auf die Erwähnung des 1er Abiturs verzichtet. Aus Bescheidenheit?
Fakt ist: Nach unseren Recherchen gibt es keine offizielle Rangliste für den „besten Jahrgang“ im Abitur 1983 in Hessen. Es gab keine zentrale Stelle, die eine jährliche Rangliste der besten Abiturjahrgänge in Hessen erstellte oder veröffentlichte. Das Abitur-System in Hessen war zu dieser Zeit dezentral organisiert, ohne zentrale Veröffentlichung der Bestnoten auf Landesebene.
Die Bewertung basierte 1983 auf Noten von 1 bis 6. Die Durchschnittsnoten lagen damals bei ca. 2,5–2,8 (basierend auf KMK-Statistiken ab 1970), und eine perfekte 1,0 war rar, aber durchaus nicht einzigartig. Ohne zentrale Meldung war es unmöglich, „den Besten“ landesweit festzustellen – es sei denn, eine Schule oder Zeitung hätte alle Noten verglichen, was unwahrscheinlich ist.
Dieses Durcheinander weckt allerdings Begehrlichkeiten, sich das Abitur-Zeugnis von Weimer einmal näher anzuschauen.
Der dem Berlin-Brandenburger Medienrat von Weimer 2009 zur Verfügung gestellte Lebenslauf führt zudem Preisauszeichnungen auf, die lohnen, genauer angeschaut zu werden. Hat Wolfram Weimer diese Preise wirklich bekommen?
Stipendien/Auszeichnungen
1983-1989 Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung
1986 Leistungsstipendium der American University
1998 Forschungsstipendium des John F. Kennedy-Instituts in Berlin
1992 Hanns-Martin-Schleyer-Preis
1993 FGH-Publizistikpreis
2001 SWR-Medienpreis Hans Bausch
1991 Promotion: Die Kontroverse um die Bank of North America,Magna cum laude
2002 World Newspaper Award
2004 „Journalist des Jahres“
2007 „Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien“ der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig
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Der Hanns-Martin-Schleyer-Preis etwa wurde 1992 nicht an Weimer, sondern an Birgit Breuel, die ehemalige niedersächsische Ministerin und Chefin der Treuhandanstalt, verliehen, die sich mit der Privatisierung in Ostdeutschland beschäftigte. Wie kam Weimer also zu dieser Behauptung, die sich seit Eröffnung seiner Wikipedia-Seite im Juli 2005 auch in seinem Wikipedia-Artikel befand, bis sie 2007 gestrichen wurde?
Der ersteintragende anonyme Autor des Weimer-Artikels ist ebenfalls erst seit diesem Zeitpunkt in Wikipedia tätig gewesen.
Tatsächlich erhielt Wolfram Weimer 1992 einen Preis, aber dabei handelte es sich um den „Friedwart Bruckhaus-Förderpreis“ der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung. Weimer und eine weitere Autorin wurde der Preis zum Thema „Totalitarismus in Deutschland: Folgen und Bewältigung gestern und heute“ verliehen.
Die Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung bestätigt auf Anfrage, dass es sich um zwei ganz unterschiedliche Auszeichnungen handelt, die entsprechend veröffentlicht werden: Der Preis, den Weimer erhalten hat, ist nicht der Hanns-Martin-Schleyer-Preis. Letzterer wird prominenten Persönlichkeiten verliehen, während der Friedwart Bruckhaus-Förderpreis ein Förderpreis für den Nachwuchs ist.
Kommen wir zu „Journalist des Jahres“. 2004 war das Frank Schirrmacher. Und so wird es auch vom veranstaltenden Magazin auf der Titelseite der Festschrift angezeigt. Allerdings wurde auch Wolfram Weimer neben 74 weiteren Journalisten 2004 vom Medium Magazin ausgezeichnet – hier in der Kategorie „Newcomer“. Auf dem Frank-Schirrmacher-Titelbild lautet die Schlagzeile zum damaligen FAZ-Herausgeber: „Der Journalist des Jahres“.
Und dann steht da bei Weimer unter Auszeichnungen noch: „2002 World Newspaper Award“. Der Preis ist nicht so einfach verifizierbar. Ein Phantompreis? Aber wenn, dann wird er eher an Zeitungen verliehen, als an einzelne Individuen. Hier kann nur Weimer selbst klären, welche Trophäe er meint, in der Vitrine stehen zu haben und ob er womöglich den „European Newspaper Award“ meint, „world“ dann eindrucksvoller klang, aber auch hier ist für 2002 kein Weimer vermerkt.
Korrekt ist hingegen, dass Wolfram Weimer 2007 gemeinsam mit zwei weiteren Personen den Medienpreis der Leipziger Sparkasse bekommen hat und nicht den Medienpreis der Weltbank, was Weimer aber auch nie behauptet hat.
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass hier dasselbe Prinzip wirkt wie beim Hauptmann von Köpenick, der war auch dort tätig, wo er angab zu sein, beim Militär, aber eben als Gefreiter und nicht als Hauptmann. Und so ist es bei Weimer auch mit seinen „Autoren“ bei TheEuropean. Es gibt sie ja tatsächlich. Es gibt Brad Pitt, Plagiatsjäger Weber, Alice Weidel und den Papst, aber eben nicht wissentlich als „Autoren“ bei Wolfram Weimer, er hat sich ihrer ermächtigt.
Nein, Weimer erfindet nichts komplett, aber sein Mofa, mit dem er durch die Welt und ins Ministerium knatterte, hat deutlich ein paar Zacken zu viel am Ritzel, will unbedingt so schnell fahren wie die Enduros der großen Jungs – notfalls muss die Erdkugel eben selbst für ein paar Drehungen gegen Weimers Laufrichtung geschraubt werden.
Und auch für Weimers drei Söhne liegen bereits Paradeuniformen – aka Fantasiejobs – bereit, dazu aber in einem Folgeartikel mehr.
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Kommentar von Georg Bauer
Die Promotionsnote "Magna cum laude" ist so etwas wie eine zwei, also keine eins (Summa cum laude), siehe den Beitrag von A. Wallasch bei TE. Auch das sollte man beachten.
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Kommentar von Joly Joker
Na ja - es ist in weiten Teilen der beratenden Unternehmen üblich Referenzprojekte anzugeben. Dazu werden auch die Projekte der Angestellten, die auch nach Ausscheiden beibehalten werden. Ähnlich läuft es offensichtlich bei politischem Personal - sie Bärböck oder Klabauterbach und all die Doktores mit zweifelhaften Dr. Titel. Das Aufpolieren gehört schon seit Jahrhunderten zum Gewerbe: Rosstäuscher, Autohändler und all die Schminke, Push-Ups und Silikonoptimierungen.....
Solche Petitessen sind doch schon üblich und werden erwartet. Fragen sie doch mal einen Facility-Manager oder ne Nutte aus dem Erleichterungsgewerbe.