Bahnhofsmission stellt sich hinter Obdachlose: „Dies erzeugt schon das Bild bei Betroffenen, dass für sie weniger getan wird.“

Obdachloser droht mit Suizid: Lindau bevorzugt Flüchtlinge bei der Unterbringung

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

„Für Flüchtlinge stehen wohl mehr Mittel zur Verfügung“© Quelle: Pixabay / Ben_Kerckx

Er will nicht obdachlos sein. Er gibt sich mit einem kleinen Zelt zufrieden. Trotzdem wird er vom Campingplatz vertrieben: Die parteilose Bürgermeisterin kümmert sich lieber um Flüchtlinge. So zumindest sieht es der Betroffene. Und offenbar nicht nur er: Die Odyssee eines Unerwünschten beginnt.

Eine E-Mail, welche im Laufe des Vormittags die Redaktion erreicht, hat schon deshalb einen verstörenden Charakter, weil der Absender mit Suizid droht bzw. sich selbst als „z.Z. obdachlos u. suizid-gefährdet!“ bezeichnete. Ist hier Gefahr im Verzug?

In so einem Moment ist guter Rat teuer. Zumal der Betroffene in großer Ausführlichkeit schilderte, dass ihm als Obdachlosen, wie er schreibt, gerade von der Stadt Lindau am Bodensee sehr übel mitgespielt wird.

Was tun? Gleich die Polizei einschalten? Alexander-Wallasch.de entscheidet sich zunächst für einen sanfteren Weg, wir recherchieren entsprechende Institutionen in Lindau, die sich für Obdachlose starkmachen und hier kurzfristig direkt vor Ort und quasi am Mann helfen können und stellvertretend in die Pflicht genommen werden können.

Als erstes bietet sich die Bahnhofsmission an. Und wir liegen damit richtig, denn am Telefon fühlt sich eine nette Dame nicht nur zuständig, sie weiß sogar persönlich um den Absender der E-Mail, seine missliche Lage und die individuellen Probleme. Wir werden an die Leitung der Bahnhofsmission verwiesen, die gar nicht mehr bestätigen muss, sich umgehend um den Mann zu kümmern, sie hat den Kontakt sogar schon aufgenommen.

Was genau sind die über die Obdachlosigkeit hinausgehenden Probleme des Mannes, der uns und weitere alternativen Medien per Mail kontaktiert hat?

Der Mann schreibt unter anderem:

„Es geht um akute Wohnungsnot, den entwuerdigenden Umgang mit obdachlosen (einheimischen) Bürgern durch die Verwaltung der Stadt Lindau, massive Ungleich-Behandlung bzw. politisch gewollte Bevorzugung von 'Flüchtlingen' und 'ankommenden' Migranten bei Wohnraumvergabe und Sozialleistungen, sowie vorsätzliche Missachtung des Art 1(1)GG durch die Stadt-Verwaltung und Jobcenter der Stadt Lindau. Bitte nehmen Sie umgehend Kontakt mit mir auf!“

Dazu schreibt er, er sei seit gestern, 14.5. unerwünscht auf dem Park-Camping Lindau. Tatsächlich hängt eine E-Mail mit an, die der „Geschäftsführer von Lindau-Tourismus“ geschrieben hat:

„Sehr geehrter Herr XXX, hiermit sprechen wir Ihnen für das gesamte Areal des Park-Camping Lindau (Flurstücke 1821 und 1821/1 inkl. Teil des Flurstücks 1832) in 88131 Lindau mit sofortiger Wirkung ein dauerhaftes Hausverbot aus. Betreten Sie dem Verbot zuwider das zuvor genannte Grundstück, werden wir Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstatten.“

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Weitere Emails erzählen von offenen Rechnungen und Aufforderungen, den Platz zu verlassen. Unter anderem heißt es da auch:

„Als touristischer Beherbergungsbetrieb können wir Ihnen an dieser Stelle allerdings nicht weiterhelfen und möchten Ihnen anraten, sich zur weiteren Klärung Ihrer Situation und zur Auslotung potentieller Hilfestellungen an das Bürger- und Ordnungsamt der Stadt Lindau in der Bregenzer Straße 12 zu wenden. Wir hoffen, dass Sie bald einen Weg aus Ihrer schwierigen Situation finden.“

Mehrfach schreibt der Mann verschiedene Stellen der Stadt Lindau an, bis hinauf ins Vorzimmer der Bürgermeisterin. Konkret geht es wohl darum, dass der Campingplatz aus rechtlichen Gründen einen Aufenthalt über fünf Wochen hinausgehend nicht zulässt und die Stadt zu keiner Sondergenehmigung oder ähnlichem bereit war, so der Betroffene in seiner Schilderung gegenüber Alexander-Wallasch.de.

Aber was hat es nun auf sich mit der angeblichen Benachteiligung der Einheimischen gegenüber Flüchtlingen? Von den entsprechenden offiziellen Stellen ist mutmaßlich kein Eingeständnis so einer Ungleichbehandlung zu erwarten. Informationen kommen von unerwarteter Seite. Alexander-Wallasch.de hatte die Leiterin der Bahnhofsmission per Email direkt angesprochen:

„Ist denn etwas dran an der Behauptung, dass Flüchtlinge bevorzugt und ,Einheimische' ohne Obdach das Nachsehen haben?“

Die Antwort kommt prompt:

„Da die Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen von Bundesebene unterstützt wird und die Versorgung Deutscher beim Landkreis bzw. die Unterbringung bei der Stadt angesiedelt ist, stehen im ersteren Fall wohl mehr Mittel zur Verfügung. Dies erzeugt schon das Bild bei Betroffenen, dass für sie weniger getan wird.“

Aber Weiteres möchte die Leiterin über die Medien nicht mitteilen. Und es liest sich tatsächlich so, als hätte sie durchaus Weiteres zu erzählen, kann es aber aus Gründen nicht.

Zwischenzeitlich kam noch eine weitere erklärende Mail der Leitung:

„Damit möchte ich in keinsterweise die Anliegen von Hr. XXXX relativieren! Die Zunahme obdachloser Menschen und deren prekäre Situation sollte auf keinen Fall auf die leichte Schulter genommen werden.“

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