Ist das Veruntreuung von Fondsvermögen?

Ökofonds-Verwalter zahlt Strafen für Klimakleber – Anwalt will Strafanzeige wegen Veruntreuung stellen

von Alexander Wallasch (Kommentare: 6)

„Die Leute legen ja ihr Geld nicht dafür an, dass Strafgelder von Klimaklebern bezahlt werden, sondern weil sie Dividenden haben wollen.“© Quelle: Youtube / TV Berlin Screenshot

Sie verwalten über eine Milliarde Euro in einem Öko-Fonds und bieten so die Gelegenheit für ein perfektes Greenwashing. Werbewirksam begeht Ökoworld AG jetzt möglicherweise eine Straftat, wenn sie Strafgebühren für Klimakleber bezahlen.

Die deutschen Fondsverwalter von „Ökoworld AG“ gelten seit Jahrzehnten als Pioniere im Bereich ethisch-ökologischer Fonds. Das börsennotierte Unternehmen dreht mittlerweile über eine Milliarde Euro (2020).

Gründer und Vorstandsvorsitzender ist der heute 77-jährige Alfred Paltow, der laut Managermagazin 2021 eine Millionendividende für seine Stammaktien erhalten haben soll. Geld ist also vorhanden, wenn werbewirksame Ausflüge wie der im Folgenden geschilderte schiefgehen sollten.

In einer Pressemitteilung vom 2. Mai 2023 teilt das Unternehmen mit: „Die Ökoworld übernimmt nachweislich gezahlte Strafgebühren für Klimakleber:innen.“ Hintergrund ist hier, dass Bundesländer Klimakleber teilweise selbst für ihren Einsatz bezahlen lassen. Die Pressemitteilung stammt offenbar vom Gründer des Unternehmens selbst, ihr ist ein Foto von Platow angehängt. Und der lässt sich dort folgendermaßen zitieren:

„Konsequenzen für den zivilen Ungehorsam sind grundsätzlich nachvollziehbar und wichtig für eine funktionierende Gesellschaft. Wenn es allerdings um einen Notfall namens Klimaschutz geht, kann man dies so aus meiner Sicht nicht praktizieren.“

Und das ist das Angebot von Platows Unternehmen:

„Nach Zahlung der Strafe durch die 'Täter:innen', die sich für den Klimaschutz festgeklebt haben, übernehmen wir die Gebühren zu 100% und überweisen das Geld auf das jeweilige Privatkonto gegen Nachweis des Strafzettels und Überweisungsbeleges. Damit möchten wir ein Signal senden, wie wichtig es ist, für den Klimaschutz aufzustehen, auch wenn man sich dafür hinsetzen und festkleben muss.“

Des Weiteren verweist Platow auch darauf, dass sein Unternehmen bereits Spenden für Aktivisten gezahlt hätten, „die in Lützerath ein Zeichen gegen die Kohlekraft und das Unternehmen RWE gesetzt haben“.

Inwieweit aber ist die Zusage der Übernahme von „Strafgebühren“ selbst schon eine Aufforderung zu einer Straftat? Dazu befragen wir Dirk Schmitz, der ist seit 1991 Rechtsanwalt und Kommunikationswissenschaftler und war zudem viele Jahre ehrenamtlicher Richter.

Sind diese Übernahmezusagen durch die Ökoworld AG eine Straftat?

RA Dirk Schmitz antwortet:

„Es ist eine Straftat, aber woanders. Es könnte Aufforderung zu einer Straftat sein, wenn ich das mache, bevor die Strafe begangen ist. Wenn ich das aber bezahle für Leute, die schon eine Zahlungsaufforderung bekommen haben, dann ist das juristisch zunächst gar nichts. Ich halte das allerdings für eine Aufforderung. Aber an einer anderen Stelle wird es interessant. Dort nämlich, wo vom Fonds Strafgebühren übernommen werden. Dann ist das Veruntreuung am Fondsvermögen. Ich werde hier sorgfältig prüfen, eine Strafanzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden Alfred Paltow zu stellen wegen Verdachts der Veruntreuung. Die Leute legen ja ihr Geld nicht dafür an, dass Strafgelder von Klimaklebern bezahlt werden, sondern weil sie Dividenden haben wollen.“

In dem Zusammenhang interessant, dass Platow selbst laut „Manager Magazin“ in 2020 besagte Millionen-Euro-Dividende auf seine Stammaktien bekommen hat, die Strafgelder soll aber laut Pressemitteilung nicht Platow privat, sondern die Ökoworld AG bezahlen.

Wie steht die Polizei zu dieser Aktion des börsennotierten Fondverwalters? Dazu befragen wir den Chef der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz.

Was sagen Sie zum Angebot der Ökoworld AG?

„Also, ich fordere ja schon immer genau aus dem Grund Haftstrafen. Mir war von Beginn an klar, dass sich immer irgendeine Organisation finden wird, die die Geldbußen, die verhängt werden, übernehmen. Das heißt also, eine verhängte Geldbuße führt nicht zum – sagen wir einmal – notwendigen erzieherischen Ergebnis.

Und ich kann dem nur beikommen, indem die Justiz, also die Gerichte, die zuständig sind, dort hohe Haftstrafen erstens verhängen und zweitens die zuständigen Polizeien, Bund und Länder, mit einem notwendigen Unterbindungsgewahrsam in den Polizeigesetzen ausgestattet werden.

Denn in Berlin haben wir ja immer wieder das Phänomen, dass die Kolleginnen und Kollegen diese Klimachaoten von der Straße holen, und einen Tag später oder einige Stunden später kleben sie sich wieder an die nächste Stelle fest. In Bayern undenkbar, weil in Bayern in solchen Fällen die sogenannte Präventivhaft, also das Unterbindungsgewahrsam, verhängt wird nach richterlicher Anordnung. Und dann gehen diese Klimakleber bis zu dreißig Tage in Polizeigewahrsam, damit eben die Gefahr gebannt ist, dass sie sich wiederholt auf die Straße kleben.

In dem Moment, wo sich jemand auf die Straße festklebt, bestehen ja diverse Straftatverdachtsmomente. Das kann von der Nötigung bis hin zum Landfriedensbruch oder Hausfriedensbruch gehen und was es da nicht alles noch so gibt.

Die Polizei stellt dann die Personalien fest. Damit ist das Strafverfahren sozusagen gesichert, und dann kommt die Justiz ins Spiel, die entscheiden muss, ob eine Untersuchungshaft angeordnet wird oder nicht. In aller Regel natürlich nicht, weil die Gründe für eine Untersuchungshaft in solchen Momenten nicht unbedingt vorliegen. Und jetzt kommt es darauf an: Wie schnell wird das Strafverfahren durchgeführt und wie schnell kommt es zu einer Verurteilung? Und was kommt bei der Verurteilung heraus?

Bei Geldstrafen lachen die sich eins ins Fäustchen, weil es Organisationen gibt, die diese Geldstrafen für sie übernehmen.“

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