Einige Leser werden sagen, das sei ein alter Hut, Jüngere mit dem Kopf schütteln und mahnen, man müsse doch mit der Zeit gehen. Tatsächlich sind ins Digitale hineingeborene Generationen heute viel eher bereit, Dinge von sich preiszugeben.
Was ich gestern an der Ostsee entdeckte, fand ich dennoch verstörend genug, Ihnen davon zu berichten und parallel eine Reihe von Anfragen an Ministerien, Dienste und Datenschutzbeauftragte zu verschicken. Dazu gleich mehr.
Es geht um eine Kennzeichenerkennung bei der Parkplatzbelegung. Wo ganz früher der freundliche Opa saß und zwei Mark entgegennahm und dafür ein flattriges Belegzettelchen herausgab, gab es irgendwann den Euro-Automaten mit automatisierter Schranke. Der lohnt sich offenbar auch irgendwo im Nirgendwo, wenn nur ein Stück Strand zur Verfügung steht, das bevölkert werden will.
Gestern allerdings erlebten wir leibhaftig Stufe drei: Kein Opa, keine Schranke, einfach einfahren und einparken. Oder nicht ganz: Denn beim Verlassen des Parkplatzes muss man an einen Automaten herantreten und seine Autonummer eintippen. Vom Automaten erfährt man anschließend, wie lange man sich dort aufgehalten hat und was man zu bezahlen habe. Kontaktloses Bezahlen mit Karte ist möglich.
Klar, man kann auch einfach rausfahren, aber dann bekommt man Post und muss über 50 Euro Strafe bezahlen. Das bedeutet, dass das betreibende Unternehmen, die Möglichkeit hat, die Adresse des Fahrzeughalters herauszubekommen.
Machen wir es kurz: Hier werden also wegen eines Parkplatzes für Badende auf einer halbwegs trockenen Wiese am Strand Bewegungsprofile erstellt und gespeichert.
Die Generation, die heute regiert – die Grünen und Sozialdemokraten – gingen selbst noch in den 1980ern und 1990ern auf die Barrikaden, wenn sie an einer Volksbefragung teilnehmen sollten oder irgendwo auch nur eine Kamera installiert wurde, die in den öffentlichen Raum hineinblinzelt.
Zur Erinnerung: Die Einwohnermeldeämter haben es aus gutem Grunde zunächst freigestellt, Fingerabdrücke zum Personalausweis abzugeben. Die Diskussion bei der Einführung war groß, mittlerweile ist es bei einer Neuausstellung eines Ausweispapiers zur Pflichtveranstaltung geworden, der Protest wurde über eine Art Toleranzeitraum hinweg einfach ausgeschlichen.
Wird es sich mit diesen unfreiwilligen Bewegungsprofilen bei der Inanspruchnahme von Parkplätzen ebenso verhalten?
Die technischen Details – möglicherweise die Beteiligung von künstlicher Intelligenz (KI) – lassen sich nachlesen. Relevanter ist sicher die Frage, inwieweit es hier ein wie auch immer geartetes Begehren des Staates gibt, bei Bedarf einen Zugriff auf diese Daten zu bekommen. Die anbietenden Unternehmen bewerben es unter anderem wie folgt: „Frischer Wind in der Parkraumbewirtschaftung“.
Und wenn man die technischen Möglichkeiten weiterspinnt, lassen sich flächendeckend ganze Autobahnnetze zu gigantischen KI-moderierten Datenlieferanten ausbauen. Weiterspinnt? Gibt es doch längst! Heise.de sprach schon 2021 von einem geplanten bundesweiten https://www.heise.de/news/Bundesregierung-Kfz-Kennzeichen-Scanning-kommt-bundesweit-5031140.html Kfz-Kennzeichen-Scanning auf Autobahnen. Vor drei Jahren hieß es dazu:
„Laut dem damit geplanten Paragraf 163g StPO dürfen Ordnungshüter "örtlich begrenzt im öffentlichen Verkehrsraum" ohne das Wissen der betroffenen Personen "Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung durch den Einsatz technischer Mittel automatisch" erheben. Die Daten können anschließend abgeglichen werden mit Nummernschildern von Kfz, die auf den Beschuldigten oder auf Verbindungspersonen zugelassen sind oder von ihnen genutzt werden.“
Weiterlesen nach der Werbung >>>
Ihre Unterstützung zählt
Alexander-Wallasch.de wollte jetzt mit Blick auf den kleinen Strandparkplatz wissen:
- Inwieweit sind oder waren Systeme der automatischen Kennzeichenerfassung ein Thema für den Datenschutzbeauftragten? Wenn ja, in welcher Hinsicht?
· Was wissen Sie über polizeiliche Auskunftsbegehren an die Betreiber. Oder solche von Behörden oder Diensten einschließlich BKA, Bundespolizei und Verfassungsschutz?
· In welchem Zusammenhang wurde wie oft und wann gefragt und mit welchem Ergebnis?
· Kann der Datenschutzbeauftragte einen Daten-Missbrauch durch die Betreiber ausschließen?
Antwort kam bisher vom neuen Pressesprecher bei der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Nordrhein-Westfalen.
„Systeme zur Kennzeichenerkennung bei der Parkplatzbelegung waren und sind seit Jahren Gegenstand von Beschwerden bei der LDI NRW. Im Zeitraum von Januar 2023 bis Anfang September 2024 gingen dazu insgesamt 78 Beschwerden ein. Die LDI NRW ist für derartige Beschwerden gegen Betreiber aus NRW die zuständige Aufsichtsbehörde. (...)
Inhaltlich befassen sich die Beschwerden meist mit der Frage nach der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit. Der Schwerpunkt der Beschwerden und der Prüfung liegt dabei auf dem Erfassungsbereich der angebrachten Kameras, den Hinweisbeschilderungen, der Speicherdauer sowie teilweise auch auf der technischen Ausgestaltung der Kennzeichenerkennung. In den meisten Fällen nehmen die Betreiber nach Aufforderung durch uns Korrekturen vor, sodass die Kennzeichenerkennung datenschutzrechtlich jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses der Prüfung durch die LDI NRW nicht mehr zu beanstanden ist.
Teilweise richten sich Beschwerden auch gegen die Mahnschreiben der Betreiber. Für diese zivilrechtlichen Fragen ist die LDI NRW nicht zuständig.
Im Übrigen haben wir keine Erkenntnisse zu Datenmissbräuchen durch die Betreiber. Etwaige polizeiliche oder anderweitige Auskunftsbegehren an die Betreiber sind uns nicht bekannt.
Für weitere Informationen verweisen wir auf Punkt 7.1 im 25. Bericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW sowie Punkt 8.2. im 27. Bericht. Beide Beiträge befassen sich mit der Kfz-Kennzeichenüberwachung beim Parken. Sie finden beide Beiträge auf der Homepage der LDI. https://www.ldi.nrw.de/berichte“.
Ist das nun eine hohe Zahl an Beschwerden? Interessanter ist die Aussage der Landesdatenschützer, dass die Betreiber nach den Beschwerden „in den meisten Fällen“ Korrekturen vorgenommen haben. Es lohnt offenbar noch, Einspruch zu erheben.
Einen Kommentar schreiben
Sie müssen sich anmelden, um Kommentare hinzuzufügen. Aufgrund von zunehmendem SPAM ist eine Anmeldung erforderlich. Wir bitten dies zu entschuldigen.
Zur Anmeldung
Kommentare
melden
Kommentar von .TS.
Diese unheilsame Entwicklung ist zu Recht zu kritisieren, nicht nur weil damit die Fahrzeuge nachverfolgt werden können sondern auch generell die weitere Durchsetzung des öffentlichen Raumes mit Kameraüberwachung ausgeweitet wird.
Sicherlich - natürlich wird "nur" zum Zweck der Kennzeichenerfassung gefilmt und gespeichert, und sofort nahc Gebrauch wieder gelöscht. Aber schon allein aus technischen (Wartung, Fehleranalyse) und ggf. rechtlichen (Beschwerden) Gründen wird länger gespeichert als geparkt, und ob danach wirklich gelöscht wird kann man von außen nicht überprüfen.
Und man hat das nicht zuletzt im Rahmen der Kontakterfassungszettel in der Coronoia-Plandemie gesehen: Ursprünglich wurde hochheilig versprochen diese einzig und allein zum Zwecke der Kontaktverfolgung im "Erkrankung"sfall (eigentlich: positiver Testfall - der Rest konnte ungehindert rumhusten) zu nutzen, aber dann hat es keine 3 Monate gedauert bis der erste Zugriff zum Zecke kriminalogischer Ermittlungen erfolgte.
Und während das Kennzeichen ähnlich einer Telefonnummer nicht zwingend mit dem Träger verknüpft sein muß (Leih- /Ersatzwagen) so kann die Kamera dennoch neben dem Kennzeichen auch die Anzahl und ggf. Aussehen der Insassen sowie Passanten mit aufnehmen. Das Verlangen diesen Datenreichtum dann auch für andere Zwecke abzugreifen ist groß...
Viel problematischer als die Parkraumüberwachung sehe ich jedoch die derzeit schon erhebliche Verbreitung von Parkautomaten die nur per Karte bezahlbar sind oder gleich gänzlich nur virtuell als "Park-Äpp" verfügbar sind - diese sammeln ebenfalls, und das via Kreditkartennnummer oder Äpp-Registrierung und Handykennung noch spezifischer als per Kennzeichen.
@Waltraud Köhler: Völlig korrekt. Man kann allerdings auch heute noch prima ohne Taschenwanze und Knebelkarte auskommen, zumindest hierzulande. Die Parkmöglichkeiten werden aber dank rotzGrüner Verkehrsverhinderungsideologie künstlich verknappt so daß man in Städten kaum noch kostenfrei parken kann - und die kostenpflichtigen werden zunehmend auf rein elektronische Zahlung umgestellt. Per Rad kommt man leider nur ohne Gepäck und nicht allzu weit, und per Bahn wird man noch viel stärker zum Digitalüberwachungsdreck genötigt weshalb ich diese anders als früher nur noch in Ausnahmefällen nutze.
@Karl Georg Lempenheimer: Versuchen Sie das mal, wetten daß dann Ordnungshüter ganz schnell da sind? Stichwort Erschleichen von Leistungen...
@Libkon: Ihre unverschämte Seniorendiskriminierung können sie sich sonstwohin stecken! Zumal es im Gegensatz zu ihrer Trollpolemik vor allem darum geht unsere Zukunft - auch die der noch unmündigen und kommenden Kinder - vor der sich immer stärker ausweitenden realen Totalüberwachungszukunft zu retten.
melden
Kommentar von Waltraud Köhler
Ich kann schon verstehen, dass es den Autor stört, dass der Staat oder irgendwelche Firmen ein Bewegungsprotokoll des Autos machen können.
Nur, hat der Autor mal darüber nachgedacht, bei wie vielen Stellen er inzwischen seine Handynummer braucht um sich zu verifizieren? Über das Handy kann man viel bequemer ein Bewegungsprofil erstellen. Das Handy ist im Normalfall wirklich bei nur einer bestimmten Person und wird nicht wie ein Auto auch mal verliehen. Das Handy wird auch in die Bahn mitgenommen oder aufs Schiff oder ins Flugzeug.
Damit ist somit viel einfacher ein seriöses Bewegungsprofil erstellbar.
PS:
mein Kommentar um 17:54 war ein Fehler, versehentlich zu früh geclickt.
melden
Kommentar von W. Köhler
Ich kann schon verstehen, dass es den Autor stört, dass der Staat, oder irgendwelche Firmen
melden
Kommentar von Libkon
Sorry... keine anderen Probleme? Gibt's seit Eröffnung des Erfolgsmodell Berliner Flughafen. Ist hier in Slowenien normal.
Ehrlich...wo ist das Problem? Es gibt keine Opas mehr.
Beste Grüße
melden
Kommentar von Karl Georg Lempenheimer
Kennzeichen abkleben, wo Parkplätze kein öffentlicher Straßenverkehr sind. Gibt ja keinen mehr, der einen aufhält.
melden
Kommentar von Manfred Sonntag
Solch ein Erfassungssystem existiert seit einigen Monaten auch auf dem Parkplatz unter dem Dresdner Hauptbahnhof. Es ist schon aufschlussreich, Brücken fallen in sich zusammen aber die Schnüffelei im Stile schlimmster Geheimpolizei erreicht die totale Perfektion. Nichts geht mehr, außer Horch & Guck (DDR Ausdruck für Stasi)
melden
Kommentar von Perry Moppins
Ja klar geht um Datensammelwut, 'Predictive Parking' und mehr, Ausforschung, will ick ooch nich, kann weg!
melden
Kommentar von Perry Moppins
Jaja, die KI kann alles besser, die üblichen Harari- und Konsorten-Religiösen ohne Sinn und Verstand, "KI Krishna, KI Krishna, KI, KI" klatschen und singen!
Kleine Netzsuche für ein bekanntes Problem: die Bahn kommt nicht.
Zuerst die üblich Hurra KI-Verkündung:
"Deutsche Bahn weitet Einsatz von KI für pünktlichere Züge aus" (18. Juni 2023, DB com)
Ein Jahr später, war wohl nix, 1:
Warum selbst KI bei der Bahn an ihre Grenzen kommt
"150 Millionen Prognosen erstellt die Bahn täglich mit KI-Hilfe. Selbst das scheint für korrekte Reisevorhersagen nicht auszureichen." (FAZ 10.7.24)
Ein Jahr später, war wohl nix, 2:
"Im ersten Halbjahr 2024 ist die Bahn so unpünktlich gewesen wie lange nicht. Nur 62,7 Prozent aller Züge waren pünktlich, im Juni sogar nur 55,3 Prozent. Wegen Streiks, Baustellen und zuletzt zahlreicher Unwetter war die Bahn im ersten Halbjahr so unpünktlich unterwegs wie lange nicht." (ZDF, 18.07.2024)
Als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet, aber Hauptsache schön laute Propaganda im neuen technoiden Globalkommunismus. muahaha. Die Realität tut weh. Der Opa mit dem Zettel reicht lange hin, und ist auch viel netter. FCK KI.
Satire!
melden
Kommentar von StephanU
Die formalen Anforderungen und Regularien des Datenschutzes sind für die Betreiber in der Tat hoch, so dass der Einspruch bei einem vermuteten Verstoß durchaus sinnvoll ist und der Betreiber ggf. sanktioniert wird.
Wie schon bei Banken und anderen Institutionen werden die Strafverfolgungs- und Justizbehörden auch an diese Daten kommen, wenn es Gesetze und Begründungen hergeben.
Hier bietet sich künftig ein weites Feld, da die digitale Datensammelwut im Kleinen und Großen gerade erst in Fahrt kommt. Dieser Zug ist auch kaum noch aufzuhalten, weil er den Betroffenen auch viel Komfort, Bequemlichkeit und Zeitersparnis bietet. Wer das nicht möchte, für den wird es wahrscheinlich teurer und zeitraubender, wenn er oder sie nicht sogar ganz von bestimmten Angeboten ausgeschlossen werden.