Der Presserat tritt regelmäßig zusammen um Meldungen durchzugehen, die an ihn gerichtet wurden. Er setzt sich zusammen aus Journalisten überwiegend regierungsnaher Publikationen, die sich etwa im linken „Deutscher Journalisten-Verband“ (DJV) versammelt haben. Dazu kommen Verleger.
In seiner vergangenen Sitzung hat nun der Deutsche Presserat u.a. die BILD-Zeitung mit einer öffentlichen Rüge gemaßregelt. Grund dafür war unter anderem, dass die BILD-Zeitung in ihrem Online-Beitrag „HIV-infizierter Syrer verbeißt sich in Schüler (17)“ die Nationalität des syrischen Täters öffentlich gemacht hatte.
Die Rüge im Wortlaut:
„HIV-infizierter Angeklagter wurde identifizierbar – BILD.DE erhielt eine Rüge wegen eines Prozessberichts über einen Mann, der im Streit einem Jugendlichen in die Brust gebissen hatte. Unter der Überschrift „HIV-infizierter Syrer verbeißt sich in Schüler (17)” zeigte die Redaktion ein lediglich mit Augenbalken versehenes Foto des Angeklagten. Nach Ansicht des Presserats war die identifizierbare Darstellung nicht vom öffentlichen Interesse gedeckt und verstieß insbesondere in Verbindung mit der Information über die HIV-Infektion gegen dessen Persönlichkeitsschutz nach Ziffer 8, Richtlinien 8.1 und 8.6 des Pressekodex. Auch an der Nennung der Nationalität des Angeklagten bestand gemäß Ziffer 12, Richtlinie 12.1 kein begründetes öffentliches Interesse, da hier keine in ihrer Art oder Dimension außergewöhnliche Straftat vorlag.“
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In eigener Sache:
Der Presserat weigert sich seit Monaten zu begründen, warum Alexander-Wallasch.de nicht Teilnehmer des Presserates sein darf. Ein halbes Dutzend Nachfragen blieben unbeantwortet oder es hieß, der zuständige Vorsitzende, ein ausgebildeter Jurist, sei im Urlaub. Auch nach der Rückkehr blieb der Genannte allerdings weiter im Urlaubsmodus. Wieder verliefen Nachfragen ergebnislos.
Zur Erklärung: Die Teilnahme am Presserat ist kostenpflichtig. Der Presserat wirbt offensiv um neue Mitglieder aus dem Online-Bereich damit, dass diese dann nicht dem staatlichen Zugriff der Landesmedienanstalten unterliegen.
Wörtlich wird da zunächst gewarnt, welche Folgen eine Verfolgung durch die Landesmedienanstalten hat. Dann wird eine kostenpflichtige Lösung präsentiert. Der Presserat gewissermaßen als Drückerkolonne:
„Bei Verstößen kann die zuständige Landesmedienanstalt Maßnahmen verhängen: Möglich sind die Beanstandung, Untersagung und Sperrung von Texten. Weiter kann die Landesmedienanstalt deren Rücknahme oder Widerruf verlangen (§ 109 Abs. 1 MStV).Die Alternative: Selbstkontrolle durch den Presserat – Journalistische Onlinemedien können sich stattdessen aber auch dem Deutschen Presserat anschließen und sich verpflichten, den Pressekodex und die nach der Beschwerdeordnung verhängten Maßnahmen zu befolgen. Sie unterfallen dann nicht der Regulierung durch die Landesmedienanstalten.“
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Kommentar von F. Lo
Alle juristischen Vorgaben (Artikel, Paragrafen) haben den Charme, interpretationsfähig und -bedürftig zu sein. Was das Gericht letztendlich entscheidet, bleibt abzuwarten. Allerdings scheint der DJV doch den Täterschutz recht hoch zu hängen. Grundsätzlich bleibt erst mal festhalten: Wäre der Syrer nicht hier, hätte es den Kriminalfall gar nicht gegeben (ja, ja, eine populistische Argumentation, ich weiß, nehme ich sofort zurück).
Ziffer 8 – Schutz der Persönlichkeit
8.1 (2) „Die Presse veröffentlicht dabei Namen, Fotos und andere Angaben, durch die Verdächtige oder Täterinnen und Täter identifizierbar werden könnten, nur dann, wenn das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit im Einzelfall die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegt. Bei der Abwägung sind insbesondere zu berücksichtigen: die Intensität des Tatverdachts, die Schwere des Vorwurfs, der Verfahrensstand, der Bekanntheitsgrad der Verdächtigen oder Täterinnen und Täter, deren früheres Verhalten und die Intensität, mit der sie die Öffentlichkeit suchen. Für ein überwiegendes öffentliches Interesse spricht in der Regel, wenn eine außergewöhnlich schwere oder in ihrer Art und Dimension besondere Straftat vorliegt, …“ – Wenn man HIV-infiziert jemanden beißt, ist das also eine nicht so schwere, nicht ungewöhnliche Straftat. Die HIV-Infektion fällt unter Persönlichkeitsschutz, wenn man dem Opfer körperlich so nahekommt?
Ziffer 12 – Diskriminierungen / Richtlinie 12.1 Berichterstattung über Straftaten
„In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täterinnen und Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“ – Hier fällt grundsätzlich auf, dass die Möglichkeit, Vorurteile gegenüber einer Mehrheit/Großgruppe zu schüren, offenbar nicht gegeben ist. Welche Gefahr besteht im konkreten Fall? Dass der einfach gestrickte Mediennutzer annehmen könnte, alle Syrer beißen des Öfteren Jugendliche? Journalisten und Politiker halten den Normalbürger manchmal doch für leicht einfältig. Nur wenn es um Tatverdächtige mit deutschem Pass geht, kommt man seltener auf die Idee, hier würden Deutsche diskriminiert.
Die in den Praxis-Leitsätzen zu 12.1 erwähnte „Gefahr der diskriminierenden Verallgemeinerung“ dürfte im Prinzip doch immer bestehen, wenn man irgendwelche soziodemografische Merkmale über Täter/Tatverdächtige preisgibt.
Und die Anforderung „Vermutungen über den Zusammenhang zwischen Gruppenzugehörigkeiten und Taten müssen von Tatsachen gestützt sein. [Bloße Spekulationen und Hörensagen sind insofern keine Grundlage für verantwortliche Berichterstattung]“ ist in praxi schon anspruchsvoll. In was kann der „Zusammenhang“ zwischen einer Tat und der Zugehörigkeit zu einer Gruppe bestehen?
A) Das Gruppen-Merkmal eines Täters begünstigt die Tat: Eine nachgewiesen charakteristische Weltanschauung, ein bestimmtes Aggressionsniveau, das in einer Gruppe stärker ausgeprägt ist als im Durchschnitt, usw. spielen eine Rolle.
B) Es existiert in der offiziellen Kriminalstatistik eine auffällige Korrelation zwischen einer Tat/einer Neigung zur Kriminalität und einer besonderen Herkunft (bzw. anderen konkreten soziodemografischen Merkmalen). Von dieser kann man aber nur wissen, wenn man bei jeder Tat die Merkmale des Täters kennt und zur Kenntnis nimmt. Andernfalls kämen statistische Auffälligkeiten ja gar nicht ans Licht.
„Vermutungen über den Zusammenhang zwischen Gruppenzugehörigkeiten und Taten müssen von Tatsachen gestützt sein“. Das spricht letztlich doch, im Zweifel, dafür, wenig über den Täter preiszugeben, nicht seine Staatsangehörigkeit, nicht seine Krankheit, evtl. auch nicht sein Alter. Der BILD-Satz „Weil ihm ein Wagen zu langsam fuhr, soll ein HIV-infizierte Syrer (32) ausgerastet sein, biss einem Jugendlichen (17) trotz seiner ansteckenden Krankheit in die Brust. Jetzt muss er sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten“ lautete dann nicht-diskriminierend eher: „Weil ihm ein Wagen zu langsam fuhr, soll ein Mann ausgerastet sein, biss einem männlichen Opfer in die Brust. Jetzt muss er sich aufgrund bestimmter Hintergründe wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten“.