Ist Deutschsein eine Frage des Passes oder des Bauchgefühls?

Spätaussiedlerin oder Migrantin? Die neue Integrationsbeauftragte und ihre Babuschka

von Alexander Wallasch (Kommentare: 1)

Wer bin ich und wo komme ich her?© Quelle: Pixabay/Couleur, Bundestag.de, Screenshots, Montage: Wallasch

Natalie Pawlik sieht sich als Migrantin – obwohl sie als Spätaussiedlerin Herkunftsdeutsche ist. Ihr Interview enthüllt Widersprüche zwischen Volkszugehörigkeit, Grundgesetz und moderner Identitätspolitik. Ein kritischer Blick auf eine dringend notwendige Debatte.

Natalie Pawlik, die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, hat einem Nachrichtenportal ein bemerkenswertes Interview gegeben. Pawlik wird im August 33 Jahre alt und lebte die ersten sechs Jahre ihres Lebens in der kleinen Siedlung Wostok im Rajon Abatskoje im Oblast Tjumen in Russland, erfährt man aus einer Online-Enzyklopädie.

Frau Pawlik ist Sozialdemokratin, ihre Ernennung geht demnach auf den Koalitionspartner SPD zurück. Was zunächst an besagtem Interview verstört, ist der Umgang mit der Herkunft der russlanddeutschen Spätaussiedlerin. Das Nachrichtenportal erklärt, Pawlik gehöre damit zu den elf Prozent der Abgeordneten mit Migrationshintergrund. Und die Integrationsbeauftragte widerspricht nicht.

Aber warum nicht? Gerade in der aktuellen Diskussion um den Volksbegriff und um Ethnien kommt den Spätaussiedlern nämlich eine besondere Rolle zu. Denn sie sind aufgrund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit sofort einbürgerungsberechtigt. Deutsche bekommen den deutschen Pass. Artikel 116 des Grundgesetzes ist hier eindeutig. Andere mögen sagen: Eindeutig völkisch.

Artikel 116 Absatz 1 besagt:

„Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.“

Das Bundesinnenministerium erweitert die Einschränkung auf das Staatsgebiet in den Grenzen von 1937 für Spätaussiedler, als welche Frau Pawlik anerkannt wurde, wie folgt:

„Spätaussiedler sind Deutsche im Sinne des Grundgesetzes, die vornehmlich in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion als Angehörige der deutschen Minderheit leben und dann in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkehren, um sich hier dauerhaft niederzulassen.“

Im Interview wird die Frage einer ethnischen oder kulturellen Volkszugehörigkeit irgendwie geografisch umschifft:

„Von außen betrachtet ist das eine perfekte Integrationsgeschichte. Fühlen Sie sich heute zu 100 Prozent zugehörig?“

Antwort Pawlik:

„Absolut. Deutschland ist meine Heimat.“

Demgegenüber schreiben viele Deutsche heute in den sozialen Medien, Deutschland sei nicht mehr ihre Heimat. Und manche Neudeutsche sagen stolz, ihre wahre Heimat bleibe ihr Herkunftsland.

Das passt zur Überschrift des Interviews. Frau Pawlik wird dort mit folgenden Worten zitiert: „Wer will in einem Land leben, in dem man sich nicht wohlfühlt?“ Dem Portal und der Schlussredaktion ist offenbar die Missverständlichkeit gar nicht aufgefallen!

Denn wo sich Pawlik auf Migranten bezieht – zu denen sie sich als Spätaussiedlerin auch zählt – denen man es in Deutschland noch komfortabler machen will, muss allerdings für ein Mitglied der Bundesregierung entlang ihres Eides die Frage nach dem Wohl der Deutschen an erster Stelle stehen.

In den 1980ern gab es einen Witz über Spätaussiedler: „Das sind gar keine echten Deutschen, die hatten nur einen deutschen Schäferhund.“ Der böse Witz bezog sich darauf, dass es wohl etliche Spätaussiedler gab, deren deutsche Herkunft umstritten war. Oft damit verbunden, dass sie in der Fremde kein Deutsch sprechen durften oder schon verlernt hatten.

Was im Interview mit der neuen Integrationsbeauftragten zunächst verwundert, ist eine Bemerkung über ihre Großeltern. Frau Pawlik erzählt nämlich: „Meine Großeltern, die damals mit uns gekommen sind, hatten zum Beispiel große Sprachschwierigkeiten.“

Das verwundert. Denn hier würde man denken, dass die deutschen Großeltern mindestens als Kinder Deutsch als Muttersprache gelernt haben müssten. Aber es kann ja Gründe geben, möglicherweise ist nur ein Elternteil von Frau Pawlik deutschen Ursprungs.

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Das Portal verheddert sich in diesem Gespräch furchtbar bis hin zu offen rassistischen Anflügen, wenn die Frage etwa lautet:

„Andere Einwanderer haben das Gefühl, nie richtig anzukommen. Hatten Sie es leichter als Menschen, die migrantisch gelesen werden?“

Antwort von der deutschen Spätaussiedlerin Pawlik, die nach deutschem Recht und Grundgesetz schon vor der „Einbürgerung“ Deutsche im ethnischen Sinne war:

„Ich bin weiß, habe blonde Haare und musste bestimmte Erfahrungen nicht machen, die Menschen machen, denen man ihre Migrationsgeschichte ansieht oder die ein Kopftuch tragen. Zudem sind meine Familie und ich als Spätaussiedler hierhergekommen. Für uns war klar, dass wir die Staatsbürgerschaft bekommen und unsere Zukunft in Deutschland ist.“

Unnötig zu erwähnen, dass die junge neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ihre jobrelevanten Standard-Narrative natürlich beherrscht:

„Wir müssen Integration als systemrelevant begreifen. Integration ist ein Gewinn für alle und wir müssen die entsprechenden Strukturen zur Verfügung stellen.“

Was so klingen soll, als sei es naturgegeben, ist allerdings eine politisch-ideologische Aussage, die jeden Widerspruch der letzten zehn Jahre verdient hat. Denn genauso gut könnte man sagen: Deutschland ist Opfer einer anhaltenden illegalen Massenzuwanderung.

Und da lauert schon der nächste Kardinalfehler, der in seiner Wirkmacht den größten Schaden angerichtet hat: Nämlich der Missbrauch eines temporären individuellen Asylrechts als Ansiedlungsprogramm, wie es millionenfach ab 2015 passiert ist. Exakt auch dafür wurde der Begriff „Herrschaft des Unrechts“ geprägt (Vosgerau/Seehofer).

Natalie Pawlik erzählt dem Portal dennoch unverdrossen:

„Die Unsicherheit zum Beispiel während eines zu langen Asylverfahrens macht etwas mit Menschen, ebenso, wenn man von Abschiebung bedroht ist, obwohl man sich angestrengt, arbeitet, die Sprache gelernt, sich integriert hat. Da müssen wir besser werden.“

Aber es gibt einen fundamentalen Unterschied zwischen einer deutschstämmigen Spätaussiedlerin und einem syrischen oder afghanischen Asylanten: Letztere sind gar nicht dazu aufgefordert, sich zu integrieren, zu assimilieren oder anzusiedeln. Sie haben nur, wie jeder andere auch, während ihres zeitlich befristeten Aufenthalts die Gesetze einzuhalten, gern die Regeln auch und sich ansonsten unauffällig zu benehmen.

Die Deutschen wollen dafür kein Danke, sie bezahlen alles inklusive Arztkosten und neuerdings dürfen „Flüchtlinge“ auch eine Arbeit annehmen, was zuvor nicht automatisch gestattet war.

Wenn man aber Millionen Illegale ins Land lässt, die von sich aus nicht mehr gewillt sind, das Land zu verlassen, dann steht man vor einem Haufen Problemen, die man bestimmt nicht einer Integrationsbeauftragten überlassen sollte, die sich nicht einmal über ihre eigene deutsche Herkunft im Klaren ist und sich widerspruchslos als Migrantin definieren lässt. Oder vielleicht ist sie so modern und definiert sie sich einfach neu, so, wie sich heute Männer als Frauen, Frauen als Männer und diese Männer wiederum als Schäferhunde definieren dürfen.

Natalie Pawlik spricht von einer Erfolgsgeschichte der Integration. Aber es kann und darf hier rechtlich nur eine einzige Erfolgsgeschichte für Millionen Syrer und Afghanen geben: Das Ende der Illegalität durch Ausreise in ein befriedetes Herkunftsland, bzw. in ein Land, das mit tatkräftiger Mithilfe dieser jungen Männer befriedet und nach ihren Vorstellungen wiederaufgebaut wird. Idealerweise nicht mit deutschem Geld.

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